Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Arbeits- bzw Beschäftigungslosigkeit. Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze des § 118 Abs 2 SGB 3. Prognoseentscheidung. Erlöschen der Wirkung der Arbeitslosmeldung. Nichtmitteilung der Beschäftigungsaufnahme
Leitsatz (amtlich)
Ist die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von vornherein auf eine Überschreitung der Zeitgrenze von weniger als 15 Stunden angelegt, handelt es sich um keine kurzzeitige Beschäftigung.
Orientierungssatz
1. Ausgehend von der vertraglichen Vereinbarung und der zum Beschäftigungsbeginn anzustellenden prognostischen Betrachtung ist es unerheblich, dass die leistungsrechtliche zulässige Wochenarbeitszeit tatsächlich nur in den ersten Beschäftigungswochen (in der zweiten Kalenderwoche) überschritten wurde (vgl BSG vom 15.12.1999 - B 11 AL 53/99 R = DBlR 4591a, AFG/§ 102). Daher ist auch nicht entscheidungserheblich, ob bei der Bestimmung der "wöchentlich" zulässigen Arbeitszeit iS des § 118 Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB 3 auf die Kalender- oder Beschäftigungswoche abzustellen ist.
2. Eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer iS des § 118 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB 3 liegt nur vor, wenn die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze nicht vorhersehbar ist und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht wiederholt (vgl BSG vom 14.7.1988 - 11/7 RAr 41/87 = SozR 4100 § 115 Nr 2).
3. Bei der Anwendung der Vorschrift des § 122 Abs 2 Nr 2 SGB 3 über das Erlöschen der Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung ist lediglich auf die Aufnahme einer nicht angezeigten Beschäftigung abzustellen, die die Arbeitslosigkeit beendet, ohne dass es auf den zeitlichen Umfang der Beschäftigung ankommt. Die Arbeitslosmeldung soll nicht fortwirken, wenn der Arbeitslose seinen Mitteilungspflichten nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist (Anschluss an BSG vom 13.7.2006 - B 7a AL 16/05 R = SozR 4-4300 § 122 Nr 5).
Normenkette
SGB 3 § 117 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1997-03-24, Nr. 2 Fassung: 1997-03-24; SGB 3 § 118 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1997-12-16, Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Fassung: 1997-12-16, Abs. 2 S. 1 Hs. 2 Fassung: 1997-12-16; SGB 3 § 122 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1999-07-21
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 8. Dezember 2000 und die Rückforderung der bis zum 31. Dezember 2000 erbrachten Leistungen in Höhe von 750,74 Euro.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger antragsgemäß ab 4. April 2000 Alg. Seit Freitag, dem 8. Dezember 2000 war der Kläger bei einem Transportunternehmen beschäftigt und sollte dort je nach Bedarf eingesetzt werden, wobei eine konkrete Stundenzahl nicht vereinbart war. In den ersten beiden Beschäftigungswochen arbeitete der Kläger freitags, montags und mittwochs je fünf Stunden. Seit dem 28. Januar 2001 ist der Kläger bei demselben Arbeitgeber in Vollzeit beschäftigt. Am 9. Januar 2001 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung vom 8. Januar 2001 über Nebeneinkommen ein, wonach der Kläger vom 8. bis 30. Dezember 2000 insgesamt 35 Stunden (Montag 5, Mittwoch 5, Freitag 5) als Kraftfahrer beschäftigt war.
Die Beklagte hob die Entscheidung über die Bewilligung von Alg zunächst mit Wirkung ab 12. Dezember 2000 und später ab 8. Dezember 2000 auf und forderte die Erstattung des überzahlten Alg in Höhe von 1.468,32 DM = 750,74 Euro. Der Kläger habe am 8. Dezember 2000 eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aufgenommen, ohne die Aufnahme der Beklagten unverzüglich mitzuteilen. Damit sei die Rechtswirkung der Arbeitslosmeldung erloschen, eine erneute Arbeitslosmeldung bis zur Aufnahme der Vollzeitbeschäftigung nicht erfolgt (Bescheide vom 12. Januar und 11. Juli 2001; Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2001).
Im Klageverfahren hat der Arbeitgeber angegeben, der Kläger habe von Anfang an je nach Bedarf eingesetzt werden sollen. Es sei nicht zutreffend, dass der Kläger von Anfang an drei Tage in der Woche jeweils fünf Stunden habe arbeiten sollen. Er habe zwar immer an den gleichen Tagen in der Woche gearbeitet, aber je nach Bedarf ein- bis dreimal pro Woche, wobei auch die Dauer des Einsatzes nicht auf eine bestimmte Stundenzahl fixiert gewesen sei (Schreiben vom 28. August 2002). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. September 2005) und das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen. Die Alg-Bewilligung sei gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) mit Wirkung ab 8. Dezember 2000 aufzuheben, weil der Kläger an diesem Tag eine 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aufgenommen habe. Arbeitnehmer hätten nur dann Anspruch auf Alg, wenn sie arbeitslos seien. Arbeitslosigkeit setze voraus, dass der Arbeitnehmer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, wobei § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung nicht ausschließe und gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt blieben. Ausgehend von der Beschäftigungswoche - nicht der Kalenderwoche - habe der Kläger die Grenze der Beschäftigungslosigkeit überschritten, da er am 8., 11. und 13. Dezember 2000 und am 15., 18. und 20. Dezember 2000 je fünf Stunden gearbeitet habe. Bei der Beschäftigung ab 8. Dezember 2000 handelt es sich auch nicht lediglich um eine "gelegentliche Abweichung von geringer Dauer" iS des § 118 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III, da der Kläger je nach Bedarf zwischen ein- bis dreimal pro Woche “auf Abruf„ habe eingesetzt werden sollen, die Dauer des Einsatzes nicht auf eine bestimmte Stundenzahl fixiert und ein dreimaliger, jeweils fünfstündiger Einsatz pro Woche deshalb nicht unvorhersehbar gewesen sei. Ein Leistungsanspruch für die Zeit ab 8. Dezember 2000 könne auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hergeleitet werden. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger tatsächlich mitgeteilt habe, “das Nebeneinkommen sei lediglich anzurechnen„. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne nur auf eine rechtmäßige Amtshandlung und nicht auf eine Anrechnung des Nebeneinkommens entgegen gesetzlichen Vorschriften gerichtet sein. Ein Leistungsanspruch bestehe auch nicht für die Zeit ab dem 22. Dezember 2000. Mit der Aufnahme der 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung ab 8. Dezember 2000 sei gemäß § 122 Abs 2 Nr 2 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen. Eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung iS des § 122 SGB III sei nicht anzunehmen, weil sich aus dem Akteninhalt nicht ergebe, dass der Kläger am 9. Januar 2001 persönlich bei der Beklagten vorgesprochen habe. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Aufhebung der Alg-Bewilligung ab dem 8. Dezember 2000 seien erfüllt (Urteil vom 27. September 2007).
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes. Ob die Kurzzeitigkeitsgrenze des § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III überschritten sei oder nicht, bestimme sich nach der mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung über die geschuldete Arbeitszeit. In seinem Fall seien schwankende Arbeitszeiten vereinbart worden. Bei schwankenden oder wechselnden Arbeitszeiten sei für die Bestimmung der kurzzeitigen Beschäftigung auf den Durchschnitt der (tatsächlichen) Wochenarbeitszeit abzustellen. Seine Gesamtstundenzahl habe aber im Dezember 2000 nur 35 Stunden betragen. Deshalb könne davon ausgegangen werden, dass er nur eine kurzzeitige Beschäftigung eingegangen sei. Entgegen der Auffassung des LSG sei bei der Prüfung der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze zudem auf die Kalenderwoche abzustellen. Er habe diese Grenze nur in einer Kalenderwoche überschritten, so dass es sich um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer gehandelt habe. Für die Frage, ob eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer vorliege, sei das Verhältnis zwischen Arbeitswochen, in denen die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten, und Arbeitswochen, in denen sie nicht überschritten worden sei, maßgeblich. Da er innerhalb von vier Wochen die Grenze von 15 Stunden wöchentlich nur in einer Kalenderwoche überschritten habe, handele es sich nur um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. September 2007 und des Sozialgerichts Bayreuth vom 14. September 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2001 und vom 11. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, das LSG habe unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend entschieden. Das Bundessozialgericht (BSG) tendiere in seinem Urteil vom 13. Juli 2006 - B 7a AL 16/05 R - bei der Prüfung der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze dazu, auf die Beschäftigungswoche und nicht auf die Kalenderwoche abzustellen. Bei der Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer unbefristeten Beschäftigung mit schwankenden Arbeitszeiten komme es nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf den Durchschnitt der Wochenarbeitszeit an. Die Kurzzeitigkeitsgrenze sei vielmehr bereits dann überschritten, wenn die wöchentliche Arbeitszeit nach den getroffenen Vereinbarungen unter vorausschauender Betrachtung zu Beginn der Beschäftigung 15 Stunden und mehr betrage. Dies sei hier der Fall, weil eine Arbeit auf Abruf für eine nicht festgelegte Stundenzahl vereinbart worden sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die Beklagte hat zu Recht nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III die Bewilligung des Alg ab 8. Dezember 2000 aufgehoben und nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X die Erstattung des überzahlten Alg verlangt.
1. Nach § 48 Abs 1 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III muss ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X) bzw er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X), und die Fristen des § 48 Abs 4 SGB X eingehalten sind. Die Bewilligung des Alg war ab 8. Dezember 2000 aufzuheben, weil der Anspruch des Klägers ab diesem Zeitpunkt wegen fehlender Arbeitslosigkeit entfallen war.
Nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) haben Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf Alg, wenn sie ua arbeitslos sind. Nach § 118 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2970) ist ein Arbeitnehmer nur dann arbeitslos, wenn er ua vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Nach § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes (aaO) schließt allerdings die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben. Die Ausübung der am 8. Dezember 2000 vom Kläger aufgenommenen Beschäftigung war jedoch nicht in diesem Sinne kurzzeitig.
2. Die Beurteilung, wann eine Beschäftigung die Zeitgrenze des § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III (ab 1. Januar 2005: § 119 Abs 3 Satz 1 SGB III) überschreitet, ist unter Heranziehung der von der Rechtsprechung des BSG zu den Vorgängervorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) entwickelten Kriterien vorzunehmen. Auch wenn die Regelungen der §§ 117, 118 SGB III den früheren Regelungen der §§ 101, 102 AFG nicht in vollem Umfang entsprechen, haben die schon zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze jedenfalls insofern weiterhin Gültigkeit, als bei der Bestimmung von Arbeitszeiten in Beschäftigungsverhältnissen vorrangig auf die getroffenen Vereinbarungen abzustellen ist. Letzteres war in § 102 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung in Form eines Grundtatbestandes ausdrücklich geregelt. Erst wenn eine Vereinbarung über die Arbeitszeit nicht bestand, war festzustellen, ob die Beschäftigung "der Natur der Sache nach" kurzzeitig war. § 118 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB III sieht zwar diese Unterscheidung nicht mehr vor, sondern stellt nur noch einheitlich auf die Ausübung einer weniger als die maßgebliche Anzahl von Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung ab (vgl zur Gesetzesgeschichte Steinmeyer in Gagel, SGB III mit SGB II, § 119 RdNr 9, 9a, Stand Januar 2005). Dennoch hat sich in der Sache insoweit nichts geändert und kann auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zu § 102 AFG zurückgegriffen werden, wonach es für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer Beschäftigung vorrangig auf die vertraglichen Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise, die an die Verhältnisse zu Beginn der Beschäftigung anknüpft, ankommt (vgl BSG SozR 4100 § 102 Nr 3; BSG, Urteil vom 17. März 1981 - 7 RAr 19/80, DBlR 2676a zu § 104 AFG; BSG, Urteil vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 12/87 veröffentlicht in juris - und BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 11 AL 53/99 R, DBlR 4591a zu § 102 AFG; zuletzt BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a AL 25/06 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - zu § 102 AFG). Dies entspricht auch der in der Literatur vertretenen Rechtsmeinung (vgl ua Steinmeyer, aaO, RdNr 69, 70; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 119 RdNr 59, 60, Stand Januar 2006; Gutzler in Mutschler/Bartz/ Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 119 RdNr 41, 42 mwN).
Maßgeblich sind deshalb die zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber bestehenden vertraglichen Vereinbarungen und eine prognostische Betrachtungsweise anhand der Merkmale und Umstände, wie sie bei Beschäftigungsbeginn vorliegen. Den Feststellungen des LSG lässt sich mit noch hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das Einvernehmen der Arbeitsvertragspartner zu Beginn der Beschäftigung nicht auf eine lediglich kurzzeitige Beschäftigung gerichtet war. Vielmehr war die Vereinbarung regelhaft darauf angelegt, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten, weil ein Arbeitseinsatz je nach Bedarf zwischen ein- bis dreimal die Woche vorgesehen und die Dauer des Einsatzes nicht auf eine bestimmte Stundenzahl fixiert war. Jeweils fünfstündige Einsätze waren danach keineswegs ausgeschlossen, sondern im Gegenteil für den Bedarfsfall dreimal fünfstündige Einsätze pro Woche miterfasst. Diese tatsächlichen Feststellungen sind für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG), da keine Verfahrensrügen erhoben worden sind (vgl dazu im Einzelnen BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10; BSG, Urteil vom 8. Februar 1996 - 11 RAr 61/95, veröffentlicht in juris). Entsprechend der für die Beurteilung maßgebenden voraussichtlichen Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses im Zeitpunkt seiner Begründung erfolgte dann auch dessen tatsächliche Durchführung, wie den vom LSG angeführten handschriftlichen Aufzeichnungen des Arbeitgebers zu entnehmen ist, die der Kläger bestätigt hat („passen so wohl„). Sie stimmen im Übrigen insoweit überein mit den vom LSG in Bezug genommenen Angaben des Arbeitgebers aus Anlass einer im Jahr 2002 durchgeführten Betriebsprüfung, wonach in der Zeit vom 8. Dezember 2000 bis 27. Januar 2001 eine Arbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich vereinbart war (Aktenvermerk vom 10. Januar 2002). Ob den Vertragsparteien die damit einhergehende Überschreitung der leistungsrechtlich zulässigen Wochenarbeitszeit von weniger als 15 Stunden bewusst war, ist für die Beurteilung irrelevant. Ebenso ist ausgehend von der getroffenen Vereinbarung und der anzustellenden prognostischen Betrachtung unerheblich, dass die leistungsrechtlich zulässige Wochenarbeitszeit tatsächlich nur in den ersten Beschäftigungswochen bzw der zweiten Kalenderwoche überschritten wurde (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 11 AL 53/99 R - veröffentlicht in juris). Entgegen der Auffassung des LSG ist daher auch nicht entscheidungserheblich, ob bei der Bestimmung der "wöchentlich" zulässigen Arbeitszeit iS des § 118 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB III (jetzt § 119 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB III) auf die Kalender- oder Beschäftigungswoche abzustellen ist (zur Maßgeblichkeit der Beschäftigungswoche vgl Steinmeyer in Gagel, SGB III, § 119 RdNr 73, Stand Januar 2005; Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl 2007, § 119 RdNr 29; offenbar ab 1. Januar 2005 an die Kalenderwoche anknüpfend Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 119 RdNr 31; SG Dresden, Urteil vom 1. Juni 2001 - S 3 AL 216/99;offen gelassen in BSG, Urteil vom 13. Juli 2006 - B 7a AL 16/05 R = SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 10).
War die Vereinbarung des Klägers mit dem Arbeitgeber von vornherein auf die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze angelegt, kommt - anders als die Revision meint - die zur Ermittlung einer voraussichtlichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit bei schwankenden Arbeitszeiten ergangene Rechtsprechung des BSG schon im Ansatz nicht zum Tragen (hierzu im Einzelnen Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2008 - B 11 AL 44/07 R mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR). Die noch zu § 102 AFG im Zusammenhang mit der Erfüllung der Anwartschaftszeit ergangene Rechtsprechung (vgl BSG, Urteil vom 22. August 1984 - 7 RAr 12/83 = SozR 4100 § 102 Nr 6; BSG, Urteil vom 15. Mai 1985 - 7 RAr 22/84; BSG, Urteil vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 12/87 - jeweils veröffentlicht in juris) betraf Beschäftigungsverhältnisse, in denen entweder vereinbarungsgemäß von Woche zu Woche schwankende oder wechselnde Arbeitszeiten vorgesehen waren (vgl BSG, Urteil vom 22. August 1984, aaO; BSG, Urteil vom 15. Mai 1985, aaO - jeweils zur wissenschaftlichen Hilfskraft) oder gar keine Vereinbarungen über die Arbeitszeit existierten und stattdessen eine Beschränkung der Beschäftigung der "Natur der Sache nach" (vgl § 102 Abs 1 Satz 2 AFG) in Betracht kam (vgl BSG, Urteil vom 15. Juni 1988, aaO - zur Verkäuferbeschäftigung).
3. Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, handelte es sich bei den Überschreitungen auch nicht um gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer iS des § 118 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III, die die Kurzzeitigkeit nicht ausschließen. Gelegentlich ist eine Überschreitung nur, wenn sie nicht vorhersehbar ist und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht wiederholt (vgl BSG SozR 4100 § 115 Nr 2; Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl 2007, § 119 RdNr 31; Steinmeyer in Gagel, SGB III mit SGB II, § 119 RdNr 101, Stand: Januar 2005; Coseriu/Jacob in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck'scher Online Komm, § 119 RdNr 50, Stand Juni 2008). Da nach den Feststellungen des LSG das Merkmal "gelegentlich" schon wegen der Vorhersehbarkeit der zeitlichen Überschreitung bereits bei Beginn der Beschäftigung nicht gegeben war, greift diese Ausnahmeregelung nicht ein.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger bei Bedarf und "auf Abruf" eingesetzt werden sollte. Denn entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang, dass die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber von vornherein auf eine Überschreitung der Zeitgrenze des § 118 Abs 2 Satz 1 SGB III angelegt war. Insoweit bedarf es auch keiner näheren Vertiefung, dass durch das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl I 1966) in § 12 das Abrufarbeitsverhältnis im Einzelnen geregelt worden ist. Danach ist in § 12 Abs 2 TzBfG ua bestimmt, dass der Arbeitnehmer nur zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt (vgl hierzu Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Aufl 2008, 605, § 12 RdNr 14, 25; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 12. Aufl 2007, § 43 RdNr 11 ff; Laux in Laux/Schlachter, Komm z TzBfG, 2007, § 12 RdNr 43). Eine solche Gestaltung seines Arbeitsverhältnisses behauptet der Kläger selbst nicht und selbst wenn es sich um ein Abrufarbeitsverhältnis gehandelt hätte, würde dies an den Voraussetzungen des § 118 Abs 2 SGB III nichts ändern.
4. Ein Leistungsanspruch ergibt sich für die Zeit ab 8. Dezember 2000 auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gemäß §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Zu Recht weist das LSG darauf hin, dass dahingestellt bleiben kann, ob ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger tatsächlich mitgeteilt hat, das "Nebeneinkommen sei lediglich anzurechnen", weil die Anrechnung als Nebeneinkommen bei Überschreitung der Kurzzeitigkeit den gesetzlichen Vorgaben (vgl § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III) widerspricht. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum verbleibt, wenn ein eingetretener Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (ua BSGE 76, 84 = SozR 3-8825 § 2 Nr 3; BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4; BSGE 92, 241 = SozR 4-2600 § 58 Nr 3 mwN).
5. Ein Leistungsanspruch ergibt sich des Weiteren nicht für einen späteren Zeitraum. Insoweit hat das LSG ebenfalls bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme der mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung ab 8. Dezember 2000 erloschen ist. Dies ergibt sich aus § 117 Abs 1 Nr 2 SGB III iVm § 122 Abs 2 Nr 2 SGB III idF des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom 21. Juli 1999 (BGBl I 1648). Wie der 7. Senat des BSG bereits entschieden hat, ist bei der Anwendung des § 122 Abs 2 Nr 2 SGB III lediglich auf die Aufnahme einer nicht angezeigten Beschäftigung abzustellen, die die Arbeitslosigkeit beendet. Denn die persönliche Meldung soll nicht fortwirken, wenn der Arbeitslose seinen Anzeigepflichten nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist (BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 11 mwN). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Nach den Feststellungen des LSG, an die das BSG mangels zulässiger Verfahrensrüge durch die Revision gebunden ist (§ 163 SGG), hat der Kläger am 9. Januar 2001 nicht erneut persönlich bei der Beklagten vorgesprochen, sich deshalb nicht arbeitslos iS des § 122 SGB III gemeldet und damit auch für die Zeit ab 9. Januar 2001 keinen Anspruch auf Alg.
6. Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 8. bis 31. Dezember 2000 nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III für die Zeit ab Eintritt der Veränderung der Verhältnisse aufgehoben hat, liegen auch im Übrigen vor. Das LSG hat ausgehend von dem nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zugrunde zu legenden subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 45; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 mwN) ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Mitteilungspflicht (§ 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB I) grob fahrlässig nicht nachgekommen ist bzw grob fahrlässig nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes weggefallen ist. Die diesbezüglichen Feststellungen des LSG sind unangegriffen und bindend (§ 163 SGG). Die Jahresfrist des § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X iVm § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X, nach der ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Behörde von den die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen aufgehoben werden kann, ist ersichtlich gewahrt.
Nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X hat der Kläger deshalb das in der Zeit ab 8. Dezember 2000 überzahlte Alg in Höhe von 1.468, 32 DM (24 Tage x täglicher Leistungssatz von 61,18 DM) - umgerechnet 750,74 Euro - zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2145619 |
FA 2009, 256 |
NZA-RR 2009, 446 |
SGb 2008, 721 |