Leitsatz (amtlich)
Hat eine Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung einer Hinterbliebenen auf Grund des BVG § 28 ambulante ärztliche Behandlung gewährt und stellt sich nachträglich heraus, daß an ihrer Stelle ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nach RVO § 558 Abs 1 Nr 1 zur Gewährung der Krankenbehandlung verpflichtet gewesen wäre, so hat dieser für die ohne Rechtsgrund erbrachten Aufwendungen nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts (öffentlich- rechtlicher Erstattungsanspruch) Ersatz zu leisten.
Normenkette
RVO § 558 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1925-07-14; BVG § 28 Fassung: 1956-06-06
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. August 1959 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Frau A. M in M., Kreis Norden/Ostfriesland, wurde am 27. September 1954 von einem Arbeitsunfall betroffen. Sie war als Aushilfskraft in einem der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) als Mitglied angehörenden landwirtschaftlichen Unternehmen beschäftigt und zog sich auf dem Wege zum Melken einen Bein- und Knöchelbruch zu. Sie ist versorgungsberechtigte Kriegshinterbliebene (Witwe) und erhielt von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) für den Kreis Norden Bundesbehandlungsscheine ausgestellt, auf Grund deren sie wegen der Unfallfolgen zunächst ambulant behandelt wurde. Die Kosten dafür betrugen 35,90 DM. Sie wurden von der AOK bezahlt und ihr vom Träger der Versorgungsverwaltung erstattet. Der Arbeitgeber hatte den Unfall unverzüglich bei der Beklagten angezeigt. Der Durchgangsarzt berichtete ihr, daß stationäre Behandlung als berufsgenossenschaftliche Behandlung durchgeführt werde. Die Beklagte bezahlte die Kosten der Krankenhausbehandlung. Von ihr erfuhr das Versorgungsamt (VersorgA) Oldenburg im Mai 1956, daß die Verletzte aus Anlaß ihres Unfalls Anspruch auf Unfallrente habe. Das VersorgA verlangte die dem Bund entstandenen Behandlungskosten gemäß § 81 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) von der Beklagten ersetzt. Diese lehnte das Begehren mit Schreiben vom 31. Oktober 1956 ab.
Daraufhin hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an das Land Niedersachsen 35,58 DM zu zahlen. Das SG hat durch Urteil vom 20. August 1957 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat ausgeführt: Die infolge eines Arbeitsunfalls erforderlich gewordene Krankenbehandlung der Verletzten, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) unterlag, sei im Sinne des § 28 BVG durch die Beklagte sichergestellt gewesen. Die AOK Norden habe demzufolge der Verletzten die Krankenbehandlung gewährt, ohne dazu verpflichtet zu sein. Daher hätte allenfalls die AOK in entsprechender Anwendung des § 1510 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) einen Ersatzanspruch gegen die Beklagte geltend machen können, weil dieser oblag, die Krankenbehandlung zu gewähren. Daraus folge, daß die Versorgungsverwaltung den Erstattungsanspruch der AOK gegen sie ohne Rechtsgrund anerkannt und erfüllt habe. Der Kläger verlange zu Unrecht Ersatz der Behandlungskosten von der Beklagten. Er könne sich dafür nicht auf § 81 Abs. 2 BVG berufen, da es an einer Leistungspflicht des Klägers nach dem BVG gefehlt habe. Eine analoge Anwendung des § 1510 Abs. 2 RVO entfalle ebenfalls, da hier ein auftragsähnliches Verhältnis zwischen dem Träger der Versorgungsverwaltung und dem Träger der Unfallversicherung (UV) nicht angenommen werden könne. Der Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag scheide aus, da die Versorgungsbehörde nicht in dem Bewußtsein gehandelt habe, ein fremdes Geschäft zu führen. Die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung schließlich seien nach der herrschenden Meinung nicht entsprechend anzuwenden, da im öffentlichen Recht der "Erstattungsanspruch" als besonderes Rechtsinstitut entwickelt worden sei. Danach sei erstattungspflichtig grundsätzlich der Empfänger einer ohne öffentlich-rechtliche Verpflichtung bewirkten Leistung. Das treffe auf die Beklagte nicht zu, da der Behandlungsanspruch der Verletzten gegen sie nicht durch die Leistung des Klägers erloschen sei. Diese Leistung stelle die Beklagte nicht so, als wenn sie ihrer Leistungspflicht gegenüber der Verletzten unmittelbar nachgekommen wäre.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er macht den Klaganspruch zusätzlich auf Grund abgetretener Rechte geltend und stützt sich auf Abtretungsurkunden der AOK und der Verletzten, denen nach seiner Meinung Erstattungsansprüche gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme zustünden. Das Landessozialgericht (LSG) hat am 28. August 1959 die Beklagte verurteilt, dem Kläger 35,58 DM zu zahlen und zur Begründung ausgeführt:
Bei dem Klaganspruch handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung (SV) und der Kriegsopferversorgung (KOV); der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei daher gemäß § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Der Anspruch sei auch auf Grund der Abtretung des Anspruchs auf Krankenbehandlung der Verletzten gegen die Beklagte an den Kläger begründet. Dieser Anspruch beruhe auf einem höchstpersönlichen Recht, sei aber trotzdem übertragbar, weil sich die Verletzte irrtümlicherweise nicht als Versicherte habe behandeln lassen. In einem solchen Falle sei anzunehmen, daß der Versicherte an Stelle der Krankenpflege Geldersatz verlangen könne, soweit der Versicherungsträger leistungspflichtig sei. Die Höhe des abgetretenen Ersatzanspruchs sei unstreitig und übersteige nicht den Satz, den die Beklagte bei der Gewährung der Krankenpflege in Natur aufzuwenden gehabt hätte.
Ein sonstiger Rechtsgrund sei für den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht gegeben. Er lasse sich nicht aus den bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten der Geschäftsführung ohne Auftrag herleiten, da der Kläger nach seinen eigenen glaubhaften Darlegungen die Leistungspflicht der Beklagten nicht gekannt, sondern rechtsirrtümlich angenommen habe, daß er selbst auf Grund des § 28 BVG habe leisten müssen. Eine analoge Anwendung der §§ 1509, 1510 RVO komme nicht in Betracht, da den in §§ 1504 ff RVO geregelten Ersatzansprüchen zwischen den Trägern der KV und der UV die Regelung des § 28 BVG nicht entspreche. Die Versorgungsbehörde habe nur subsidiär zu leisten, wenn die Heilbehandlung nicht anderweitig sicherzustellen sei, anders also als bei dem Verhältnis zwischen den Trägern der KV und der UV, die nach §§ 1504 ff RVO grundsätzlich nebeneinander leistungspflichtig seien. Dem Kläger helfe auch nicht der sogenannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Dieser sei nur für Fälle entwickelt worden, in denen es sich um die Rückforderung einer aus der Versicherung an den Versicherten bewirkten Leistung handele. Dagegen gelte er bei Erstattungsansprüchen zwischen gleichberechtigten öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht, weil Ansprüche dieser Art nicht die Kehrseite des Anspruchs auf Versicherungsleistungen, sondern originäre Ansprüche des einen Beteiligten gegen den anderen seien. Die §§ 812 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) analog anzuwenden, sei zwar grundsätzlich unbedenklich, scheitere hier aber am Fehlen einer unmittelbaren Vermögensverschiebung unter den Beteiligten durch die Gewährung der Krankenbehandlung. Die Beklagte sei nicht unmittelbar auf Kosten des Klägers bereichert worden. Sie sei der Verletzten gegenüber nicht frei geworden, da der Unfallversicherungsträger uneingeschränkt leistungspflichtig bleibe, auch wenn ein Dritter gleichartige und gleichwertige Leistungen erbringe. Demzufolge habe sich die Vermögenslage der Beklagten durch die Zahlung der 35,58 DM durch den Kläger für die Krankenbehandlung nicht verbessert. Sein Anspruch könne auch nicht mit Erfolg auf § 81 BVG gestützt werden, da es sich bei dieser Vorschrift um hier nicht vorliegende Schadensersatzansprüche der Verletzten handele.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14. September 1959 zugestellte Urteil am 8. Oktober 1959 Revision eingelegt und diese am 10. November 1959 wie folgt begründet: Das LSG habe den Ersatzanspruch des Klägers zu Unrecht auf die Abtretungserklärung der Verletzten gestützt. Es gehe zwar unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Reichsversicherungsamtes (RVA) in EuM 47, 149 mit Recht davon aus, daß der Versicherten ein Ersatzanspruch für den Fall zustehen könne, daß sie sich irrtümlicherweise nicht auf Kosten des Versicherungsträgers, sondern auf eigene Kosten habe behandeln lassen. In einem solchen Falle möge eine Abtretung gestattet sein. Der Verletzten habe aber gar keine Forderung zugestanden; denn ihr selbst seien keine Kosten aus der Behandlung erwachsen, deren Ersatz sie von der an sich nach § 558 RVO zur Krankenbehandlung verpflichteten BG hätte verlangen können. Die Verletzte werde auch nicht vom VersorgA auf Ersatz der entstandenen Behandlungskosten in Anspruch genommen. Mit einem der Abtretung zugänglichen Ersatzanspruch habe der Anspruch auf Heilbehandlung gegen die Beklagte nichts zu tun.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er meint, ihm stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Die Beklagte sei praktisch von der Gewährung einer nochmaligen Heilbehandlung für die Verletzte befreit, da diese doch durch das Eingreifen der Versorgungsverwaltung geheilt worden sei. Die Beklagte brauche jedenfalls keine Aufwendungen mehr für die Heilbehandlung der Verletzten zu erbringen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Senat hat von dieser Entscheidungsmöglichkeit Gebrauch gemacht (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, somit zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Der Senat hatte zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage zulässig war. Wäre sie unzulässig gewesen, müßte dies ohne Prüfung des sachlich-rechtlichen Klagevorbringens zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Abweisung der Klage führen, da sonst das Revisionsverfahren einer entscheidenden Grundlage entbehrt (BSG 2, 225). Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen indessen, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, keine rechtlichen Bedenken. Mit der Klage wird ein Ersatzanspruch zwischen der Versorgungsverwaltung und einem Träger der gesetzlichen UV geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Für sie ist nach § 51 SGG der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Der Klaganspruch entspringt einem Rechtsverhältnis, das dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist. Dafür spricht, abgesehen davon, daß für eine Einordnung des mit der Klage verfolgten Ersatzanspruchs in den bürgerlich-rechtlichen Bereich kein Raum wäre, auch, daß derartige Ersatzansprüche in § 81 b BVG in der Fassung des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) seit dem 1. Juni 1960 positiv geregelt sind. Die Klage ist auch zu Recht als eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben worden. Diese findet statt, wenn - wie hier - der öffentliche Rechtsträger seinen Anspruch nicht durch Verwaltungsakt geltend machen kann, weil der Anspruchsgegner auf dem in Betracht kommenden Rechtsgebiet nicht seiner Hoheitsgewalt unterworfen ist. Das für die Klagerhebung erforderliche Rechtsschutzinteresse ist somit gegeben.
Der Revision war jedoch in der Sache der Erfolg zu versagen. Die Beklagte ist dem Kläger zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die er für die ambulante ärztliche Behandlung der Unfallverletzten A M aufgewendet hat. Nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) gewährte der Kläger der Verletzten diese Krankenbehandlung in der irrigen Annahme, daß er dazu verpflichtet sei. Ihm war entgangen, daß die Krankenbehandlung wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls erforderlich geworden war, so daß ihre Gewährung nach § 558 Abs. 1 Nr. 1 RVO der Beklagten oblag. Nach der damaligen und für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Streitfalls maßgebenden gesetzlichen Regelung (§ 28 BVG) hat der Kläger eine Leistung erbracht, deren wirtschaftlicher Wert nicht ihm, sondern der Beklagten zur Last fallen sollte; denn die Krankenbehandlung war in dem hier geleisteten Umfang durch die Beklagte als Träger der SV sichergestellt (§ 2 der Zweiten Verordnung über die Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 28 BVG vom 18. August 1953 - BGBl I 973 -); der Kläger hat der Verletzten daher an Stelle der Beklagten eine Leistung ohne rechtlichen Grund zugewendet. Auf Grund dieses Verwaltungshandelns hat eine Vermögensverschiebung stattgefunden, die, wie von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, dem Werte der aufgewandten Behandlungskosten entspricht. Den Ausgleich hierfür verlangt der Kläger von der Beklagten mit Recht. Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, daß weder die RVO noch das BVG zur Zeit der Entstehung des hier geltend gemachten Ersatzanspruchs eine die streitige Frage regelnde Vorschrift enthielten. Die Frage der Berechtigung eines solchen Ausgleichsanspruchs ist in Rechtsprechung und Schrifttum auch nicht einheitlich beurteilt worden (vgl. Urteile des SG München vom 10. November 1954 - Az. 1000/2/54 -; des Hess. LSG vom 29. Oktober 1957 in BG 1958, 512; des Bayer. LSG vom 26. März 1958 in Breith. 1958, 815; Noeske in WzS 1954, 110; Schlegel in "Der Versorgungsbeamte" 1955, 72 und 88; Müller-Schoppé in BVBl 1955, 34 und vor allem in KOV 1960, 103; Koch in BG 1957, 283; Steffens in "Der Versorgungsbeamte" 1960, 112 und Stefen in BABl 1961, 146). Der Gesetzgeber hat diese Frage erst im Ersten Neuordnungsgesetz des BVG durch § 81 b mit Wirkung vom 1. Juni 1960 positiv geregelt, und zwar sollte dadurch klargestellt werden, daß in den Fällen, in denen die Versorgung zu Unrecht Leistungen gewährt hat, die ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger hätte gewähren müssen, ein Ausgleich vorzunehmen ist (3. WP-BT-Drucks. 1825, 12). Daraus geht hervor, daß der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift etwas regeln wollte, was rechtlich bereits bestand. Nach der in der angeführten Bundestagsdrucksache gegebenen amtlichen Erläuterung der Vorschrift sollte der Rechtsgedanke des internen Leistungsausgleichs der öffentlich-rechtlichen Leistungsträger normiert werden. Damit hat ein im öffentlichen Recht längst geltender Grundgedanke nur seinen ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Diese nicht mit rückwirkender Kraft geschaffene Regelung ergibt nach Auffassung des erkennenden Senats für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Streitfalles einen wesentlichen Hinweis. Sie enthebt freilich nicht der Pflicht, die vor der Einführung des § 81 b BVG geltende Rechtslage daraufhin zu prüfen, ob sich nach ihr der Anspruch des Klägers rechtfertigen läßt. Diese Frage hat der erkennende Senat entgegen der Auffassung des LSG, das die Verurteilung der Beklagten auf die Abtretung des vermeintlich der Verletzten gegen die Beklagte zustehenden Anspruchs auf Ersatz der streitigen Behandlungskosten an den Kläger gestützt hat, aus einem allgemein geltenden Rechtsgrund bejaht.
Die Revision tritt der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Ansicht, daß der Klaganspruch zufolge Abtretung begründet sei, zu Recht entgegen. Insoweit macht die Revision zutreffend geltend, daß eine für die Verletzte verfügbare Forderung auf Ersatz der Behandlungskosten nur hätte entstehen können, wenn sich die Verletzte infolge eines Irrtums über ihre gesetzlichen Ansprüche gegen einen Versicherungsträger auf eigene Kosten hätte ärztlich behandeln lassen. Daß die Leistungspflicht der Beklagten seinerzeit unerfüllt geblieben ist, kann nicht, wie der Kläger meint, zu einer Umwandlung des Anspruchs auf Krankenbehandlung in einem geldwerten Ersatzanspruch der Verletzten gegen die Beklagte führen, nachdem die dieser obliegende Versicherungsleistung der gleichen Art von der Versorgungsverwaltung erbracht worden war. Bei einer solchen Sachlage scheiden Ansprüche der Verletzten, der die Rechtswohltat, auf die sie wegen ihres Arbeitsunfalls Anspruch hatte, zugute gekommen war, aus dem Bereich möglicher Ausgleichsbeziehungen, die sich auf der Grundlage des § 28 BVG ergaben, aus. Diese bestehen lediglich zwischen dem Kläger und der Beklagten als den beteiligten öffentlichen Rechtsträgern. Für die Abtretung einer Ersatzforderung in der vom Kläger geltend gemachten Weise war somit kein Raum.
Bei der Beurteilung des streitigen Ersatzanspruchs hat das angefochtene Urteil im übrigen alle in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigt. So hat es, wie keiner näheren Darlegung bedarf, zu Recht verneint, daß § 81 Abs. 2 und 3 BVG aF den Anspruch stützen könnten. Der Verletzten stand kein Anspruch auf Schadensersatz gegen einen Dritten im Sinne dieser Vorschriften zu (vgl. Grömig in "Der Versorgungsbeamte" 1953, 89, 90 und Steffens, ebenda, 1957, 16).
Die im Fünften Buch der RVO geregelten Beziehungen der Versicherungsträger zueinander und zu anderen Verpflichteten (§§ 1501 ff) berücksichtigen den Versorgungsträger nicht. Ihrer entsprechenden Anwendung auf Fälle der vorliegenden Art stünde auch der Umstand entgegen, daß es sich bei dem dort gesetzlich geregelten Anspruchsausgleich lediglich um das Zusammentreffen von Rechtsträgern handelt, die aus Anlaß eines Krankheitsfalles gemeinsam zu einer nur einmal zu gewährenden Leistung verpflichtet sind (vgl. RVA in EuM 41, 240; 44, 55). Leistet dagegen der Träger der Versorgungsverwaltung infolge irrtümlicher Annahme der Voraussetzungen des § 28 BVG - diese Vorschrift ist durch das Erste Neuordnungsgesetz entfallen, weil sie in § 10 Abs. 3 und 4 dieses Gesetzes aufgegangen ist - an Stelle des verpflichteten Trägers der UV, so ist nur dieser leistungspflichtig. Dieser Unterschied ist so wesentlich, daß für die Beurteilung der sich aus den beiden verschiedenen Sachverhalten ergebenden Ersatzansprüche kein einheitlicher rechtlicher Gesichtspunkt gefunden werden kann. Hiernach können Ersatzansprüche der geltend gemachten Art rechtlich nicht denen gleichgestellt werden, die in §§ 1501 ff RVO normiert sind. Die vorstehend angeführte Rechtsprechung des RVA legt in diesem Zusammenhang allerdings die Prüfung nahe, ob der Kläger etwa mit seinem Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Krankenbehandlung der Verletzten aus den Erwägungen der angeführten Entscheidungen zum Ziele kommen könnte. Dort wurde die Frage, ob die Krankenkasse von dem Träger der UV Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen kann, wenn sie für einen Verletzten, dem Krankenbehandlung aus der gesetzlichen UV zu gewähren war, ohne Rechtsgrund Krankenhilfe gewährt hatte, mit der Begründung bejaht, daß die Krankenkasse objektiv ein Geschäft des Trägers der UV geführt habe und dadurch, ungeachtet ihrer Absicht, dieses fremde Geschäft als ihr eigenes besorgen zu wollen, zu dem Träger der UV in ein "auftragsähnliches Verhältnis" getreten sei, auf das § 1510 RVO seinem Grundgedanken nach anwendbar sei. Der erkennende Senat hatte jedoch Bedenken, mit diesen Erwägungen allgemein die Ersatzpflicht auch zwischen öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern zu begründen, die zueinander kraft Gesetzes nicht in ein auftragsähnliches Verhältnis im Sinne des § 1510 RVO treten können. Ob der Fall anders zu entscheiden wäre, wenn die Versorgungsverwaltung einem unfallverletzten Versorgungsberechtigten Krankenbehandlung aus Gründen besonderer Dringlichkeit und deshalb unter Außerachtlassung von Zuständigkeitszweifeln gewährt, brauchte hier nicht geprüft zu werden, da der vorliegende Streitfall hierzu keine Veranlassung gibt.
Die durch den Mangel einer positiven gesetzlichen Regelung im öffentlichen Recht (RVO, BVG) bestehende Lücke kann nicht ohne weiteres durch das Heranziehen entsprechender privatrechtlicher Vorschriften ausgefüllt werden. Bringt allerdings die privatrechtliche Regelung einen allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck, der für das gesamte Rechtsleben gilt, so darf sie zur Ausfüllung einer Lücke des positiven öffentlichen Rechts herangezogen werden.
In diesem Falle lassen sich privatrechtliche Grundsätze als ein Bestandteil des öffentlichen Rechts anerkennen (vgl. RGZ 107, 190; BSG 6, 200 mit den weiteren Nachweisungen; Palandt, Komm. z. BGB, 20. Aufl., Anm. 6 zur Einf. vor § 812; Reichsgerichtsräte-Komm. Vorbem. 9 zu §§ 812 ff BGB). Ob unter diesen Voraussetzungen die Regelung des Ersatzes von Aufwendungen nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 679 BGB) auf den vorliegenden Fall angewandt werden könnte oder ob dies bei der Betätigung von Verwaltungsbehörden deshalb ausgeschlossen wäre, weil, wie das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hat (VerwRspr. 7, 746), eine Verwaltungsbehörde ohne gesetzliche Ermächtigung keine Maßnahmen treffen dürfe, die nach zwingendem öffentlichen Recht dem Zuständigkeitsbereich einer anderen Verwaltungsbehörde zugewiesen sind, brauchte hier nicht näher geprüft zu werden. Denn nach Lage des vorliegenden Falles wären die Merkmale einer Geschäftsführung ohne Auftrag schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger wegen der irrigen Annahme seiner Verpflichtung zur Gewährung von Krankenbehandlung nach § 28 BVG gar nicht ein Geschäft der Beklagten führen wollte, sondern die Besorgung eines objektiv fremden Geschäfts als eines eigenen beabsichtigte (§ 687 BGB). Der Kläger hat jedenfalls nur seine vermeintliche Verpflichtung erfüllen und nicht gegenüber der Beklagten vorleisten wollen (vgl. Koch in BG 1957, 283; Müller-Schoppe in KOV 1960, 103, 106).
Der erkennende Senat ist der Auffassung des LSG jedoch insoweit nicht gefolgt, als es Ersatzansprüche zwischen Trägern des öffentlichen Rechts nicht auf Grund des "öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs" für berechtigt hält. Bei diesem Erstattungsanspruch handelt es sich, wie übrigens auch das Berufungsgericht nicht bezweifelt, um ein allgemein anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. Lassar, Der Erstattungsanspruch im Verwaltungs- und Finanzrecht, 1921; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Band, Allgem. Teil, 8. Aufl., S. 160; Huber, Wirtschafts-Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 2. Band S. 622; Meier-Branecke in AÖR 1926, 262; Haueisen in NJW 1954, 977; Palandt aaO; Reichsgerichtsräte-Komm. aaO; EuM 30, 43, 44; AN 1944, II 105; Urteil des OVG Münster vom 21. November 1952 in MDR 1954, 61; Urteil des BVerwG vom 19. Dezember 1956 in DVBl 1957, 469 ff; BVerwG 4, 219; 6, 323; BSG 14, 63). Danach gilt heute im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung allgemein der Grundsatz, daß Leistungen, die eines rechtlichen Grundes entbehren, zu erstatten sind. Dieser Grundsatz ist entgegen der Ansicht des LSG nicht auf die Fälle beschränkt, in denen es sich um Ansprüche auf die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen handelt, wobei als Gläubiger derjenige auftritt, der selbst geleistet hat. Er ist nach Auffassung des erkennenden Senats vielmehr auch auf Fälle der hier streitigen Art anwendbar, wenn ein nicht verpflichteter Rechtsträger des öffentlichen Rechts an Stelle des verpflichteten einem berechtigten Dritten geleistet hat. Zwar trifft es zu, daß der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch als Rechtsinstitut eigener Art an Hand von Ansprüchen entwickelt worden ist, welche die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Entschädigungen oder zu Unrecht geleisteter Beiträge zum Gegenstand hatten, also die Kehrseite von Ansprüchen auf derartige Leistungen sind (vgl. BVerwG 4, 219). Zweifellos ist hiervon der Anspruch, der auf den Ausgleich von Leistungen gerichtet ist, die ein Rechtsträger des öffentlichen Rechts an Stelle eines anderen, der dazu verpflichtet war, erbracht hat, zu unterscheiden. Es ist auch notwendig, diesen Unterschied terminologisch durch verschiedene Bezeichnungen zum Ausdruck zu bringen (vgl. Stefen in BABl 1961, 146 und Haueisen in WzS 1962, 1). Nach dem Grundgedanken des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches eigener Art ist dieser Unterschied jedoch rechtlich nicht so wesentlich, daß die Grundsätze, die für dieses Rechtsinstitut entwickelt worden sind, nur für die eigentlichen Erstattungsansprüche und nicht auch für die Ersatz- oder Ausgleichsansprüche gelten könnten. Im übrigen liegt dem Ersatzanspruch der hier geltend gemachten Art eine Leistung an einen Berechtigten zugrunde, der sie von dem Leistenden mangels Zuständigkeit jedenfalls zu Unrecht erhalten hat. Streng genommen, wäre es daher möglich, den Ausgleich zwischen den beiden Rechtsträgern dadurch herbeizuführen, daß der Berechtigte die Leistung demjenigen, der sie zu Unrecht bewirkt hatte, zu erstatten hat und sie von demjenigen, der leisten muß, verlangt. Da dieser umständliche Weg durch den unmittelbaren Ausgleichsanspruch vermieden wird, erscheint es um so unbedenklicher, auch auf ihn die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs anzuwenden. Ob dies für das Gebiet der SV und der KOV uneingeschränkt möglich ist, brauchte nicht allgemein entschieden zu werden. Wohl ist nicht zu verkennen, daß Zweifel in dieser Richtung, wie sie v. Altrock in NJW 1954, 1634 und im Anschluß an ihn das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. Februar 1955 in SGb 1956 S. 298 re. Spalte für Ansprüche auf Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (Erstattungsansprüche) andeuten, vor allem mit Rücksicht auf die in der Regel mögliche Verquickung mit Fragen der Rechtswirksamkeit von Verwaltungsakten bestehen können. Mit Schwierigkeiten dieser Art, die v. Altreck gegen die Auffassung Haueisens in NJW 1954, 977 zu der Empfehlung veranlassen, an Stelle des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Rechtsgebiet der SV den öffentlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch beizubehalten, ist aber bei Ersatzansprüchen von Rechtsträgern des öffentlichen Rechts untereinander nicht zu rechnen. Der im öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verwirklichte allgemeine Rechtsgedanke, daß das, was ohne rechtlichen Grund hingegeben worden ist, zurückgefordert werden kann, liegt zahlreichen besonderen gesetzlichen Vorschriften, wie z. B. §§ 223, 620, 622, 1299, 1301 RVO, §§ 78, 80 des Angestelltenversicherungsgesetzes, §§ 90, 93 des Reichsknappschaftsgesetzes, auch §§ 290 und 350 a des Lastenausgleichsgesetzes (LAG), zugrunde. In ihnen haben die Ansprüche der Versicherungsträger gegen Versicherte auf Erstattung zu Unrecht bewirkter Leistungen nicht ihre Rechtsgrundlage; sie werden aber vorausgesetzt und können deshalb, wie es in § 290 LAG sogar ausdrücklich normiert ist, nur auf den Rechtsgrundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts gestützt werden, daß öffentlich-rechtliche Leistungen, die zu Unrecht erbracht sind, zu erstatten sind.
Hiernach ist der Kläger für die Begründung seines Ersatzanspruchs gegen die Beklagte nicht auf die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) angewiesen. Tatbestände der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Art bezeichnet Lassar in seiner oben angeführten, für die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bahnbrechenden Abhandlung als das Rechtsinstitut der "Abwälzung". Danach soll der öffentlich-rechtliche Ersatzanspruch gegen den Leistungsschuldner davon abhängen, daß an der Ersatzleistung ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Dieses Erfordernis leuchtet ein. Es käme dem Fehlen des Rechtsschutzinteresses für einen Träger des öffentlichen Rechtes gleich, wenn er und seine Anspruchsgegner finanziell auf denselben Rechtstitel angewiesen wären und beide die Angelegenheiten desselben Personenkreises zu verwalten hätten. Für den Kläger und die Beklagte trifft dies jedoch nicht zu. Da die Leistungen in der Versorgungsverwaltung aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werden, diejenigen der gesetzlichen UV grundsätzlich aus Beiträgen der Unternehmer, liegt das öffentliche Interesse an dem vom Kläger begehrten Ausgleich der Leistung auf der Hand (vgl. Koch in BG 1957, 284).
Zu einer Prüfung der Frage, in welchem Umfange die zur Leistung verpflichtete Stelle die Aufwendungen zu ersetzen hat, gibt der vorliegende Streitfall keine besondere Veranlassung, zumal da die Beklagte gegen die Höhe des geforderten Betrages und dessen Entstehungsgrund keinen Einwand erhoben hat. Im übrigen wäre bei der aus § 81 b BVG zu entnehmenden Begrenzung der Aufwendungen, nämlich wie sie der Beklagten als Ersatzschuldnerin nach Gesetz oder Satzung oblagen, der geltend gemachte Betrag von 35,58 DM für die der Verletzten von dem Kläger gewährten ambulanten Krankenbehandlung auch nicht zu beanstanden.
Nach alledem mußte die Revision der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen