Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Vorschrift, daß "infolge der Auflösung der neuen Ehe erworbene Unterhaltsansprüche (auf die wieder aufgelebte Witwenrente) anzurechnen sind" (BVG § 44 Abs 7 idF vor dem 1. NOG KOV bzw BVG § 44 Abs 5 idF des 1. NOG KOV). 2. Zur Frage des Unterhaltsverzichts aus einem "verständigen Grund" iS des BVG § 44 Abs 5 S 2 idF des 2. NOG KOV.
Normenkette
BVG § 44 Abs. 7 Fassung: 1956-06-06, Abs. 5 Fassung: 1960-06-27, Abs. 5 S. 2 Fassung: 1964-02-21
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1967 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin, geb. am 29. August 1905, war in erster Ehe mit P G (G.) verheiratet; G. starb im April 1945 an den Folgen einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Sie heiratete im August 1947 den Bauarbeiter F M. Diese Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Februar 1957 aus Verschulden des Ehemannes geschieden. In der mündlichen Verhandlung der Scheidungssache hatten die Parteien folgende Vereinbarung getroffen:
1. Für den Fall der Ehescheidung verzichtet die Klägerin auf ihre gesetzlichen Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft.
2. Der Beklagte (Ehemann) verpflichtet sich, seine Widerklage zurückzunehmen.
3. Kosten dieser Vereinbarung trägt jede Partei zur Hälfte.
Das Versorgungsamt E bewilligte der Klägerin zunächst eine Witwenbeihilfe nach § 44 Abs. 4 BVG (idF vor dem 1. Neuordnungsgesetz - NOG -) und ab 1. Juni 1960 eine (wiederaufgelebte) Witwenrente nach § 44 Abs. 2 BVG (1. NOG); es rechnete dabei einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehemann in Höhe von 30,- DM an. Mit den Bescheiden vom 19. Juni 1963, 20. Juni 1963 und 22. Juli 1963 wurde die Witwenrente der Klägerin nach Änderung ihres eigenen Einkommens ab 1. Januar 1962 festgesetzt; hierbei wurden für die Zeit bis 31. Mai 1962 ein Unterhaltsanspruch von 30,- DM und für die Zeit ab 1. Juni 1962 ein Unterhaltsanspruch von 50,- DM monatlich angerechnet.
Der Widerspruch gegen diese Bescheide blieb erfolglos (Bescheid vom 29. April 1964).
Während des Klageverfahrens ergingen die weiteren Bescheide vom 13. Juli 1964 und 14. Juli 1964 (vorläufige Feststellung ab 1. Januar 1964), in denen es bei der bisherigen Anrechnung des Unterhaltsanspruchs verblieb.
Das Sozialgericht (SG) Duisburg verurteilte den Beklagten entsprechend dem Klageantrag,
unter Aufhebung der Bescheide vom 19. Juni 1963, 20. Juni 1963 und 22. Juli 1963 idF des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1964 und der Bescheide vom 13. Juli 1964 und vom 14. Juli 1964 der Klägerin die Witwenrente ab 1. Januar 1962 ohne Anrechnung eines zumutbaren Unterhaltsbeitrags des geschiedenen Ehemannes zu gewähren,
(Urteil vom 9. November 1965). Das SG vertrat die Auffassung, Voraussetzung für die Anrechnung sei, daß die Klägerin "infolge Auflösung der neuen Ehe Unterhaltsansprüche gegen den geschiedenen Ehemann" erworben habe, dies sei nicht der Fall, weil die Klägerin bereits vor Erlaß des Scheidungsurteils auf den Unterhalt verzichtet habe. Auf die - zugelassene - Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG Duisburg vom 9. November 1965 auf und wies die Klage ab (Urteil vom 18. Dezember 1965). Das LSG führte aus, Sinn und Zweck der Vorschrift, daß "infolge der Auflösung der neuen Ehe erworbene Ansprüche geltend zu machen und anzurechnen sind" (§ 44 Abs. 7 BVG idF vor dem 1. NOG bzw. § 44 Abs. 5 idF des 1. NOG), erfasse über den Wortlaut hinaus auch alle Unterhaltsansprüche, die wegen eines Verzichts der Witwe zwar nicht "erworben" worden seien, ohne den Verzicht aber erworben worden wären; die Anrechnung beschränke sich deshalb auch nicht auf Ansprüche, auf die nach rechtskräftiger Scheidung verzichtet worden sei. Zwar sei nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BVG idF des Zweiten NOG vom 21. Februar 1964 nicht anzurechnen, wenn die Witwe aus verständigem Grund auf den Unterhalt verzichtet habe; ein verständiger Grund für den Unterhaltsverzicht der Klägerin im Sinne dieser Vorschrift sei jedoch nicht darin zu erblicken, daß sie, wie sie behaupte, damit die Rücknahme der Ehescheidungswiderklage ihres Ehemannes habe erreichen wollen. Der Beklagte sei daher berechtigt, den "fiktiven" Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren Ehemann auf die wiederaufgelebte Witwenrente anzurechnen, sie habe diesen Unterhaltsanspruch auch entsprechend den Einkommensverhältnissen zutreffend ermittelt. Das LSG ließ die Revision zu.
Die Klägerin legte fristgemäß und formgerecht Revision ein. Sie beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1967 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Duisburg vom 9. November 1965 zurückzuweisen.
Sie rügt, das LSG habe § 44 Abs. 5 (1. NOG) verletzt. Da die Klägerin den Unterhaltsverzicht schon vor der rechtskräftigen Auflösung der Ehe vereinbart habe, habe sie einen anrechnungspflichtigen Unterhaltsanspruch im Sinne des § 44 Abs. 5 BVG (1. NOG) "infolge Auflösung der Ehe" nicht mehr erwerben können. Die Klägerin beruft sich insoweit auf Urteile des erkennenden Senats vom 29. September 1964 (8 RV 53/62) und des 9. Senats vom 31. Januar 1963 (9 RV 886/61 - BSG 18, 263); sie wendet sich gegen das Urteil des 10. Senats vom 8. März 1966 (10 RV 708/65 - KOV 1966 S. 228), dessen gegenteiliger Rechtsauffassung über die Auslegung der Anrechnungsvorschrift nicht zu folgen sei.
Im übrigen sei die Klägerin von der Anrechnung des Unterhaltsanspruchs deshalb befreit, weil sie aus einem "verständigen Grund" im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BVG (2. NOG) verzichtet habe; diese "Anrechnungsbefreiungsvorschrift" sei schon seit dem 1. Juni 1960 anzuwenden. Als "verständiger Grund" des Unterhaltsverzichts müsse der Umstand angesehen werden, daß die Klägerin nur unter dieser Bedingung die Rücknahme der Widerklage ihres früheren Ehemannes habe erreichen können; im Hinblick auf die Beurteilung ihres Verhaltens durch die Öffentlichkeit und mögliche neue Heiratspläne habe es der Klägerin nicht gleichgültig sein können, wie die Schuldfeststellung ausfallen werde.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Sie ist jedoch unbegründet.
Streitig ist, ob der Beklagte auf die (wiederaufgelebte) Witwenrente der Klägerin (§ 44 Abs. 2 BVG) ab 1. Januar 1962 zu Recht einen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann (von 30,- bzw. 50,- DM ab 1. Juni 1962) angerechnet hat. Dies ist für die Zeit bis 31. Dezember 1963 nach § 44 (Abs. 5) BVG idF des 1.NOG vom 27. Juni 1960 und für die Zeit ab 1. Januar 1964 nach § 44 (Abs. 5) BVG idF des 2. NOG vom 21. Februar 1964 zu beurteilen.
Nach § 44 Abs. 2 BVG lebt der Anspruch auf Witwenrente wieder auf, wenn die neue Ehe ohne alleiniges oder überwiegendes Verschulden der Witwe aufgelöst wird, jedoch sind nach § 44 Abs. 5 (idF des 1. NOG) die "infolge der Auflösung der neuen Ehe erworbenen Unterhaltsansprüche geltend zu machen und auf die Witwenrente (Abs. 2) anzurechnen". Diese Anrechnungsvorschrift galt schon nach § 44 Abs. 7 BVG idF vor dem 1. NOG, und zwar auf Grund der am 1. April 1956 in Kraft getretenen 5. Novelle zum BVG, als noch kein Rechtsanspruch auf eine (wiederaufgelebte) Witwenrente bestand, der geschiedenen Witwe aber eine Witwenbeihilfe gewährt werden konnte. Sie galt also auch schon, als die Klägerin im April 1957 im Ehescheidungsrechtsstreit auf Unterhalt gegen ihren früheren Ehemann verzichtete. Der Revision ist zuzugeben, daß der Wortlaut dieser Anrechnungsvorschrift des § 44 Abs. 5 BVG nicht zum Ausdruck bringt, daß auch Unterhaltsansprüche anzurechnen sind, auf die durch eine gesetzlich zulässige (§ 72 Satz 3 EheG) Unterhaltsvereinbarung vor der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils verzichtet worden ist; diese Unterhaltsansprüche haben nicht mehr infolge der Auflösung der Ehe erworben werden können.
Die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift - hier die des § 44 Abs. 5 BVG idF des 1. NOG (§ 44 Abs. 7 in der vorangehenden Fassung des BVG) - muß jedoch den Wortlaut stets auch am Sinnzusammenhang messen; ergibt sich aus dem erkennbaren Sinn und Zweck einer Regelung, daß der Wille des Gesetzgebers einen zu engen Ausdruck gefunden hat, so ist eine berichtigende - erweiternde - Auslegung geboten (BSG 14, 238). Der Sinn und Zweck des § 44 Abs. 5 BVG erfordert auch die Anrechnung von Unterhaltsansprüchen, die wegen eines Verzichts der Witwe zwar nicht "erworben" wurden, ohne den Verzicht aber erworben worden wären; er erfordert diese Anrechnung ohne Rücksicht darauf, ob der Verzicht vor oder nach der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils ausgesprochen worden ist. Das Wiederaufleben der Witwenrente bei Auflösung der zweiten Ehe (ohne alleiniges oder überwiegendes Verschulden der Witwe) soll der Witwe den Entschluß zur Wiederheirat erleichtern. Zu diesem Zweck gewährleistet das Gesetz, wenn die zweite Ehe aufgelöst wird, grundsätzlich die gleiche Versorgung wie nach der ersten Ehe. Diese "Mindestversorgung" soll jedoch in erster Linie aus den "infolge der Auflösung der zweiten Ehe neu erworbenen Ansprüchen", d. h. aus den Ansprüchen, die sich aus der zweiten Ehe herleiten, bestritten werden; erst wenn die Versorgung hieraus hinter der nach der ersten Ehe zurückbleibt, soll die wiederaufgelebte Witwenrente die Versorgungslücke füllen. Diesem Sinngehalt des § 44 Abs. 5 BVG widerspricht eine Auslegung, die es zuläßt, daß die Witwe selbst durch einen Unterhaltsverzicht - sei es vor oder nach der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils - eine Versorgungslücke schafft und auf diese Weise die vom Gesetzgeber vorgesehene "Rangfolge" der für ihre Versorgung heranzuziehenden Ansprüche umstößt.
Mit dieser Begründung hat der 11. Senat zu der (mit § 44 Abs. 5 BVG - 1. NOG -) gleichlautenden Vorschrift über die wiederaufgelebte Witwenrente im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1291 Abs. 2 Satz 1 RVO = § 68 Abs. 2 Satz 1 AVG) entschieden, daß ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit eines Unterhaltsverzichts nach § 72 des Ehegesetzes die wiederaufgelebte Witwenrente um den Betrag zu kürzen ist, der der Witwe ohne den Verzicht als gesetzlicher Unterhalt zustehen würde (Urteil vom 2. September 1964, BSG 21, 279). Der 10. Senat hat sich dieser Auffassung angeschlossen; er hat in seinem Urteil vom 8. März 1966 - KOV 1966, S. 228 - ausgeführt, nach § 44 Abs. 5 (1.NOG) sei auch der Betrag anzurechnen, den der geschiedene Ehemann bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zu leisten gehabt hätte; ein Verzicht auf den Unterhaltsanspruch könne also die Anrechnung nicht hindern, und zwar gleichviel, ob der Verzicht vor oder nach Rechtskraft des Scheidungsurteils erfolgt sei.
Der erkennende Senat hat zwar in dem Urteil vom 29. Oktober 1964 - 8 RV 53/62 - in einem Fall, der nach § 44 Abs. 7 BVG (idF vor dem 1. NOG) zu beurteilen war, ausgeführt, "im übrigen wurde der Unterhaltsverzicht der Klägerin bereits vor Erlaß des - rechtskräftig gewordenen - Scheidungsurteils vereinbart, so daß Unterhaltsansprüche infolge Auflösens der Ehe nicht mehr erworben werden konnten" (vgl. auch Urteil des 9. Senats des BSG vom 31. Januar 1963, BSG 18, 268, das jedoch die Anrechnung solcher "fiktiven" Ansprüche für die Zeit nach dem 1. Juni 1960 nicht ausschließt).
Er ist jedoch - wie das LSG - im Anschluß an die Darlegungen des 11. und 10. Senats in den erwähnten Urteilen ebenfalls zu der Auffassung gelangt, daß der Wille des Gesetzes in dem Wortlaut der Vorschrift, der von der Witwe infolge Auflösung der "neuen Ehe erworbene Unterhaltsanspruch ist anzurechnen", einen zu engen Ausdruck gefunden hat. Zur Überprüfung seiner Rechtsauffassung über die Auslegung der Anrechnungsvorschrift hat sich der Senat um so mehr veranlaßt gesehen, als diese Anrechnungsvorschrift durch § 44 Abs. 5 des 2. NOG eine neue Fassung erhalten hat ("Unterhaltsansprüche, die sich aus der neuen Ehe herleiten, sind - unter bestimmten Voraussetzungen - auf die Witwenrente anzurechnen"), die eindeutig auch einen Unterhaltsverzicht vor der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils erfaßt. Diese Vorschrift ist zwar erst am 1. Januar 1964 in Kraft getreten, sie kann daher für den Anspruch der Klägerin vor dem 1. Januar 1964 nicht unmittelbar gelten. Gleichwohl läßt sie Rückschlüsse für die Auslegung der Anrechnungsvorschrift in ihrer früheren Fassung zu; sie läßt erkennen, wie der Gesetzgeber diese Vorschrift aufgefaßt hat, nämlich im Sinne der dargelegten Auslegung des 10. und 11. Senats (vgl. auch Wilke, Handkommentar zum BVG, 3. Aufl. zu § 44 IV, S. 370 unten und die dort angegebenen Unterlagen zur Entstehungsgeschichte des § 44 Abs. 5 - 2. NOG). Deshalb schließt sich der erkennende Senat dem 10. und 11. Senat an.
Die Klägerin hätte ohne den Unterhaltsverzicht einen (realisierbaren) Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann in der von dem Beklagten (jeweils) ermittelten Höhe gehabt; hierüber besteht kein Streit. Sie muß sich daher die wiederaufgelebte Witwenrente um diese "fiktiven" Unterhaltsbeträge kürzen lassen. Zwar hat das 2. NOG, das am 1. Januar 1964 in Kraft getreten ist, durch § 44 Abs. 5 Satz 2 die Anrechnung von Unterhaltsansprüchen, die der frühere Ehemann ohne den Verzicht zu leisten hätte, auf die Fälle beschränkt, in denen die Witwe ohne verständigen Grund auf den Anspruch verzichtet hat; hierauf kann sich die Klägerin jedoch nicht mit Erfolg berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Auffassung zu folgen ist, diese Vorschrift (§ 44 Abs. 1 Satz 2, 2. NOG) sei auch für den zeitlichen Geltungsbereich des 1. NOG sinngemäß anzuwenden, weil es sich insoweit um eine Klarstellung, nicht um eine Rechtsänderung gehandelt habe (verneinend: Urteil des 10. Senats vom 8. März 1966 aaO). Ebenso kann offenbleiben, ob der Unterhaltsverzicht aus einem verständigen Grunde nach §§ 1 Abs. 2, 14 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG vom 11. Januar 1961 ab 1. Juni 1960 beachtlich ist und die Anrechnung ausschließt (Urteil des 9. Senats vom 31. Januar 1963 aaO). Selbst wenn ein Unterhaltsverzicht aus einem verständigen Grunde die Anrechnung auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1964 ausschließen müßte, so würde dies hier am Ergebnis nichts ändern. Der Unterhaltsverzicht der Klägerin war nämlich nicht aus einem verständigen Grund im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BVG (2. NOG) gerechtfertigt.
Als "verständiger Grund" kann nicht ein Grund angesehen werden, der allein aus der Lage und aus den Zielen der Witwe her verständlich erscheint. Die Witwe wird immer, wenn sie auf Ansprüche verzichtet, dafür - allein von ihrer Person aus gesehen - einen "verständigen Grund" haben. Als "verständiger Grund" im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BVG idF des 2.NOG kann daher nur ein solcher Grund angesehen werden, der auch unter Abwägung der Interessen des Beklagten, der die Allgemeinheit vertritt, und insbesondere auch unter Berücksichtigung des mit der wiederaufgelebten Witwenrente verfolgten Zweckes verständig erscheint (Urteil des BSG vom 8. März 1966 aaO; BSG 25, 262, 266). Ein verständiger Grund in diesem Sinne läge danach vor, wenn die Ehefrau auf ihren Unterhalt verzichtet, um den Unterhaltsanspruch der Kinder nicht zu gefährden. Ein verständiger Grund im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BVG idF des 2. NOG kann aber nicht angenommen werden, wenn der Verzicht den Zweck verfolgt, die Art des Schuldausspruchs, von dem auch der Anspruch auf Versorgung abhängt, zu beeinflussen. Im vorliegenden Falle hat die Klägerin auf den Unterhalt verzichtet, um dadurch die Rücknahme der Widerklage ihres Ehemannes zu erreichen. Sie hat damit möglicherweise auch einen Scheidungsausgang verhindert, der nicht zur Feststellung geführt hätte, daß die Ehe "ohne ihr alleiniges oder überwiegendes Verschulden" aufgelöst werde, einen Scheidungsausgang also, bei dem es zu einem "Wiederaufleben" des Anspruchs auf Witwenrente überhaupt nicht gekommen wäre. Daß die Klägerin das Risiko eines solchen Scheidungsausgangs auch deshalb ausschließen wollte, weil ihr "im Hinblick auf die Beurteilung ihres Verhaltens durch die Öffentlichkeit und mögliche neue Heiratspläne die Schuldfeststellung nicht gleichgültig sein konnte", mag aus ihrer Sicht ein verständiger Grund für den Unterhaltsverzicht sein. Es entspricht aber weder dem mit dem Wiederaufleben der Witwenrente verfolgten Zweck noch ist es vom Standpunkt der Allgemeinheit billigenswert, einen solchen Verzicht aus "höchstpersönlichen" Gründen mit öffentlichen Leistungen zu honorieren. Es liegt hier kein Fall vor, in dem es gerechtfertigt wäre, die von der Klägerin durch Preisgabe ihres Unterhaltsanspruchs selbst geschaffene "Versorgungslücke" durch öffentliche Leistungen, also auf Kosten der Allgemeinheit, zu schließen.
Das LSG hat danach die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt. Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen