Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzlich ist vom Wohnsitzbegriff des BGB § 7 auszugehen.
2. Für die Frage der Auswärtigkeit iS des AFG § 45 spielt es keine Rolle, ob es dem Teilnehmer an der Maßnahme zuzumuten ist, seinen Wohnsitz an den Maßnahmeort zu verlegen.
3. Die Frage der "auswärtigen Unterbringung" iS des AFG § 45 hängt davon ab, wo sich für den Teilnehmer der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse befindet. In der Regel richtet sich dies nach der stärkeren und dauerhafteren Bedeutung des Wohnort-Wohnsitzes im Verhältnis zu der nur vorübergehenden Unterkunft am Maßnahme-Wohnsitz.
4. Hat ein lediger Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend außerhalb seines bisherigen Wohnsitzes Arbeit für unbestimmte Zeit aufgenommen und einen weiteren Wohnsitz begründet, von dem aus er auch an einer Maßnahme der beruflichen Bildung teilnimmt, so steht dies der Annahme einer auswärtigen Unterbringung iS von AFG § 45 und AFuU § 16 Fassung: 1969-12-18 nicht entgegen, wenn er nur deshalb die auswärtige Arbeit aufgenommen hat, weil er nach seiner Umschulung keine der neuen Berufsqualifikation entsprechende Arbeitsstelle an seinem bisherigen Wohnort finden konnte, und wenn er die - später verwirklichte - Absicht hat, bei Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes wieder in die dort beibehaltene Wohnung zurückzukehren.
Normenkette
BGB § 7 Fassung: 1896-08-18; AFG § 45 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 14 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1969-12-18, § 16 Fassung: 1969-12-18
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Januar 1974 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. Januar 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten, die ihm aus Anlaß der Teilnahme an einer von der Beklagten geförderten Maßnahme zur beruflichen Fortbildung wegen auswärtiger Unterbringung entstehen.
Der 1936 geborene Kläger wohnt in seinem Geburtsort H. Er besitzt dort eine von ihm gemietete Wohnung, in die er seinen Vater als Untermieter aufgenommen hat. Der Kläger hat in H die Volksschule besucht und dort von 1952 bis 1967 zunächst als Weber und später als Schlosserhelfer gearbeitet. Von Ende 1967 bis Anfang 1969 wurde er im Berufsförderungswerk H für die Fachgebiete Elektromechanik und Industrieelektronik umgeschult. Weil der Kläger im Bereich seines Wohnortes H in seinem Umschulungsberuf eine Stelle nicht finden konnte, nahm er auf Vermittlung des Arbeitsamtes ab 1. April 1969 bei der G-Werke GmbH in F eine Beschäftigung als Elektroniker auf. Aus diesem Anlaß mietete er vom gleichen Zeitpunkt an in F ein möbliertes Zimmer. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) ruhte das Arbeitsverhältnis des Klägers vom 12. Februar 1972 ab, weil der Kläger vom 14. Februar 1972 bis zum 20. Juli 1973 an einem Lehrgang für Elektrotechnik an der R-Fachschule in N teilnahm. Nach einer Bescheinigung seines Vermieters hat der Kläger das möblierte Zimmer in F in der Zeit vom 1. April 1969 bis 31. Dezember 1971 und dann wieder vom 1. März 1972 bis 30. Juni 1973 gemietet. Nach Abschluß der Bildungsmaßnahme meldete sich der Kläger in F polizeilich in seine Wohnung nach H ab.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger für die Teilnahme an dem Lehrgang an der R-Fachschule in N Unterhaltsgeld und die pauschale Erstattung von Kosten für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sowie von Lernmitteln und Fahrkosten am Unterrichtsort (Bescheide vom 28. März 1972). Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Erstattung weiterer Kosten aus Anlaß auswärtiger Unterbringung, die Kosten für Heimfahrten nach Helmbrechts sowie weitere Kosten für Lernmittel geltend machte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. April 1972). Die Beklagte ging davon aus, daß der Kläger schon vor dem Beginn der Bildungsmaßnahme in F gewohnt und gearbeitet habe, so daß er keinen Anspruch auf Kosten für auswärtige Unterbringung mit Rücksicht auf seinen Wohnsitz in H besitze. Daran ändere es auch nichts, daß der Kläger in die in H beibehaltene Wohnung schon vor Eintritt in die Maßnahme seinen seit Jahren in erheblichem Maße körperbehinderten Vater aufgenommen habe und er aus tatsächlichen und moralischen Gründen veranlaßt sei, in kürzeren zeitlichen Abständen seinen Wohnsitz in H aufzusuchen, um nach seinem kranken Vater und nach seiner Wohnung zu sehen.
Mit Urteil vom 23. Januar 1973 hat das Sozialgericht (SG) Nürnberg die Beklagte verurteilt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Verpflegung und höhere Kosten für Heimfahrten zu gewähren. Nach Auffassung des SG stehen dem Kläger diese Leistungen gemäß § 45 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu, weil er seinen Wohnsitz in H nicht aufgegeben habe.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 17. Januar 1974 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere ausgeführt: Die Berufung sei nicht nach §§ 144 bis 149 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen gewesen. Insbesondere betreffe die Berufung nicht nur die Höhe der Leistung i. S. des § 147 SGG. Die vom Kläger begehrte Kostenerstattung mit Rücksicht auf seine auswärtige Unterbringung stelle eine selbständige Leistung dar. Die Rechtsmittelbelehrung des SG, wonach gegen sein Urteil die Berufung nicht zulässig sei, außer es werde ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt, stehe der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen. Die Berufung sei auch begründet, denn der Kläger erfülle nicht die Voraussetzung einer auswärtigen Unterbringung i. S. von § 45 AFG. Eine solche liege nur dann vor, wenn Teilnehmer an Bildungsmaßnahmen, deren Wohnsitz sich nicht am Ort der Maßnahme befinde, unter Beibehaltung ihrer bisherigen Wohnung eine Unterkunft am Maßnahmeort bezögen. Insoweit sei vom Wohnsitz i. S. von § 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszugehen. Bei mehreren Aufenthaltsorten komme es hierbei auf die tatsächliche Gestaltung des Einzelfalles an. Ein objektiver Prüfstein für die Bestimmung des Wohnsitzes eines unverheirateten volljährigen Arbeitnehmers sei in dieser Beziehung insbesondere sein Beschäftigungsverhältnis. Habe er ein solches am Aufenthaltsort nicht nur für eine begrenzte Zeit aufgenommen, so spreche dies für eine Verlegung des Mittelpunktes seiner Lebensverhältnisse an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort auch tatsächlich wohne. Danach ergebe sich für den Kläger, daß er bereits vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme seinen Wohnsitz im Raum N begründet habe. Mit der Aufnahme des für eine nicht begrenzte Zeit vorgesehenen Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma G-Werke-GmbH in F am 1. April 1969 und der damit im Zusammenhang stehenden Anmietung eines Wohnraumes am Ort der Beschäftigung sei dieser zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse geworden. Hinzu komme, daß der Kläger an diesem Arbeitsverhältnis mehrere Jahre lang festgehalten habe und es auch wegen der Bildungsmaßnahme nicht gelöst, sondern unter Ruhen der gegenseitigen Rechte und Pflichten aufrechterhalten habe. Der Umstand, daß der Kläger auch weiterhin Mieter einer Wohnung in H geblieben sei, ändere daran nichts. Die vom Kläger aufrechterhaltene Meldung in H habe nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen, nach denen der Wohnsitz i. S. des § 7 BGB zu bestimmen sei. Schließlich beweise die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung seines Vermieters, wonach er das Zimmer in F, L Straße ..., vom 1. Januar bis 28. Februar 1972 nicht bewohnt habe, nicht, daß er vor dem Beginn der Fortbildungsmaßnahme seinen Wohnsitz im Raum N aufgegeben und wieder nach H zurückverlegt habe. Denn nach den Lohnangaben der Firma G-Werke-GmbH ergebe sich, daß der Kläger auch in dieser Zeit, und zwar bis zum 12. Februar 1972, ununterbrochen in F beschäftigt gewesen sei. Er habe sich daher höchstens vorübergehend einige Zeit in H aufgehalten, bevor er zum Antritt der Maßnahme nach F zurückgekehrt sei. Auch die Absicht des Klägers, bei Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes später wieder einmal nach H zurückzukehren, sei ohne Bedeutung, denn er habe diese Absicht bis zum Beginn der Bildungsmaßnahme nicht verwirklicht. Auf die nach Abschluß der Bildungsmaßnahme erfolgte Abmeldung komme es nicht an, weil für den erhobenen Anspruch die Verhältnisse vor und während der Bildungsmaßnahme maßgebend seien.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 45 AFG und §§ 14, 16 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85 - AFuU 1969). Er trägt hierzu insbesondere vor: Das LSG habe zu Unrecht darauf abgestellt, daß er bereits vor Beginn der Maßnahme seinen Wohnsitz im Gebiet N begründet habe. Er habe den Willen, seinen Wohnsitz in H zu behalten, deutlich zum Ausdruck gebracht. Er habe sein Zimmer in F am 31. Dezember 1971 aufgegeben und dieses im Februar, mit Wirkung vom 1. März 1972 an, wieder bezogen, insbesondere deshalb, weil er mit Rücksicht auf die Zimmernot im Hochschulgebiet N in N selbst kein Zimmer habe erlangen können. Er habe deutlich gemacht, daß sein berufliches Ziel darin bestanden habe, in der Gegend von Hof eine seiner Ausbildung entsprechende Anstellung zu finden, um die Wohnung in H entsprechend nutzen zu können. Es könne daher nicht die Rede davon sein, daß er. seinen Wohnsitz in H aufgeben wollte. Er habe weder während seines Arbeitsverhältnisses bei G noch während seines Studiums einen entsprechenden Willen gehabt, auf den allein es aber für die Frage ankomme, welcher Wohnsitz Mittelpunkt der allgemeinen Lebensinteressen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 23. Januar 1973 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für auswärtige Unterkunft ... und Verpflegung sowie für Heimfahrten i. S. von § 45 AFG zu.
Die Zulässigkeit der Berufung hat das LSG zutreffend bejaht. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß es sich bei der vom Kläger aus Anlaß auswärtiger Unterbringung begehrten Erstattung von Kosten i. S. von § 45 AFG um eine selbständige Leistung handelt, so daß der Streit um den Bestand dieses Anspruchs nicht lediglich ein Streit um die Höhe der Leistung i. S. von § 147 SGG ist (vgl. Urteil des Senats vom 30.1.1975 - 7 RAr 87/73 - mit weiteren Nachweisen). Da das Urteil des SG in seinem sachlichen Umfang den Anträgen des Klägers entspricht (§ 123 SGG), konnte das LSG insgesamt zur Sache entscheiden.
Das LSG hat den vom Kläger erhobenen Anspruch allerdings zu Unrecht verneint. Nach § 45 AFG trägt die Beklagte ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 AFG) unmittelbar entstehen. Hierzu gehören u. a. Kosten der Unterkunft und Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme auswärtige Unterbringung erfordert. Entsprechendes gilt für in diesen Fällen erhöhte Fahrtkosten zwischen Wohnort und Maßnahmeort (Heimfahrtkosten), deren Erstattung die Beklagte in § 14 Abs. 1 AFuU 1969 näher geregelt hat. Der Erstattungsanspruch für den Mehraufwand an Verpflegungs- und Unterkunftskosten (sowie Heimfahrtkosten) aus Anlaß der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung nach §§ 41, 47 AFG ist auf den Fall beschränkt, daß die Maßnahme nicht am Wohnort des Teilnehmers stattfindet und ihm auch nicht zugemutet werden kann, den Maßnahmeort von seinem Wohnort aus durch tägliches Pendeln zu erreichen, der Besuch der Maßnahme vom bisherigen Wohnort des Teilnehmers aus folglich nicht möglich ist (vgl. zu BT-Drucks. V/4110 S. 10 zu § 44 AFG). Im Rahmen ihres Satzungsrechts hat die Beklagte lediglich für den Fall der internatsmäßigen Unterbringung am Wohnort des Teilnehmers eine Ausnahme zugelassen (vgl. § 16 Abs. 1 AFuU 1969).
Dieser für den Begriff der Auswärtigkeit i. S. von § 45 AFG und § 14 Abs. 1 Satz 2, § 16 AFuU 1969 maßgebliche geographische Unterschied zwischen Wohnort und Maßnahmeort ist im Fall des Klägers gegeben. Auch das LSG geht unangegriffen davon aus, daß der Kläger den Maßnahmeort N von seinem Wohnort H aus durch tägliches Pendeln nicht erreichen konnte.
Zu Unrecht hat das LSG jedoch angenommen, daß H während der Dauer der Maßnahme nicht der Wohnort des Klägers in dem hier maßgeblichen Sinn geblieben ist. Grundsätzlich ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat, vom Wohnsitzbegriff des § 7 BGB auszugehen. Für die Aufhebung des Wohnsitzes kommt es sonach auf die Willensrichtung der betreffenden Person an (§ 7 Abs. 3 BGB). Wie der Senat in der bereits zitierten Entscheidung hervorgehoben hat (aaO), spielt es dabei für die Frage der Auswärtigkeit i. S. von § 45 AFG keine Rolle, ob es dem Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung zuzumuten ist, seinen Wohnsitz an den Maßnahmeort zu verlegen. Der Senat hat diese Auffassung insbesondere damit begründet, daß es sich bei der Wahl des Wohnsitzes um eine höchstpersönliche Entscheidung handelt, die von einer Vielzahl oft unwägbarer Gründe abhängig ist, und daß die Frage der Zumutbarkeit einer Verlegung des Wohnsitzes nicht zu den Voraussetzungen für den Anspruch auf Erstattung von erhöhten Kosten wegen auswärtiger Unterbringung i. S. von § 45 AFG gehört. Jene Entscheidung des Senats betraf wie im vorliegenden Fall einen ledigen Arbeitnehmer.
Das LSG hat diese Rechtslage nicht verkannt. Es geht selbst davon aus, daß der Kläger seinen Wohnsitz in Helmbrechts rechtlich nicht aufgegeben hat, meint aber, daß maßgebend für die Beurteilung des erhobenen Anspruchs nach § 45 AFG der Wohnsitz des Klägers in Fürth sei. Es ist richtig, daß in Fällen dieser Art, in denen der Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung sowohl einen Wohnsitz außerhalb des Maßnahmeortes als auch einen solchen am Maßnahmeort hat, die Frage der "auswärtigen Unterbringung" i. S. von § 45 AFG davon abhängt, wo sich für diesen Teilnehmer der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse befindet. Dies ist, auch hierin stimmt der Senat dem LSG zu (vgl. BSG aaO), nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und richtet sich in der Regel nach der stärkeren und dauerhafteren Bedeutung des Wohnort-Wohnsitzes im Verhältnis zu der nur vorübergehenden Unterkunft am Maßnahme-Wohnsitz.
Für die hiernach erforderliche Abwägung hat das LSG nach Auffassung des Senats jedoch der Beschäftigung des Klägers bei den Grundig-Werken vor Beginn der Maßnahme zu Unrecht die überragende Bedeutung beigemessen. Für den Normalfall mag es zwar ein starkes Indiz für die Verlegung des Mittelpunktes der Lebensverhältnisse darstellen, wenn ein lediger Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend außerhalb seines bisherigen Wohnsitzes Arbeit für unbestimmte Zeit aufnimmt und dort einen neuen (weiteren) Wohnsitz begründet. Den Feststellungen des LSG, die den von der Beklagten festgestellten und den vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt einbeziehen, ist hier jedoch zu entnehmen, daß sich der Kläger zu Recht auf eine gegenteilige Situation beruft. Der Kläger war 15 Jahre in seinem Geburts- und Wohnort H berufstätig gewesen, als er - offenbar wegen einer entsprechenden Behinderung - im Berufsförderungswerk H für die Fachgebiete Elektromechanik und Industrieelektronik umgeschult wurde. Nur weil er in H und Umgebung eine dieser neuen Berufsqualifikation entsprechende Arbeitsstelle nicht finden konnte, nahm er - zwei Monate nach Ende seiner Umschulung - durch Vermittlung der Beklagten die Beschäftigung in den G-Werken in F an. Er behielt die von ihm gemietete eigene Wohnung in H bei, in die er seinen pflegebedürftigen Vater als Untermieter aufgenommen hatte. Er kehrte deshalb und um in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen, immer wieder regelmäßig dorthin zurück, wenn auch nur für kurze Zeiten. Demgegenüber hatte er in F lediglich ein möbliertes Zimmer gemietet. Er gab diesen zweiten Wohnsitz nach Abschluß der beruflichen Bildungsmaßnahme endgültig wieder auf. Dem LSG kann im vorliegenden Fall daher nicht beigepflichtet werden, daß die schon während der Beschäftigung in F bestehende Absicht, bei Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes wieder nach H zurückzukehren, ohne Bedeutung ist. Für die Frage, ob der Kläger in F den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse gehabt hat, kann es entgegen der Auffassung des LSG auch nicht unbeachtet bleiben, daß der Kläger nach Abschluß der Bildungsmaßnahme wieder nach H zurückgekehrt ist. Es ist zwar richtig, daß für den geltend gemachten Anspruch grundsätzlich die Verhältnisse vor und während der Bildungsmaßnahme maßgebend sind; für die tatsächliche und rechtliche Beurteilung dieser Verhältnisse kann aber auch das Verhalten des Teilnehmers nach Abschluß der Bildungsmaßnahme herangezogen werden und von Bedeutung sein, besonders wenn es sich um Lebensumstände höchstpersönlicher Art handelt, wie bei der Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensverhältnisse (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats vom 24. September 1974 - 7 RAr 113/73 -).
Nach Auffassung des Senats ergibt sich aus der Gesamtheit dieser Umstände, daß der Kläger auch während des Lehrgangs in N an der R-Fachschule seinen Wohnsitz i. S. des Mittelpunktes seiner Lebensverhältnisse in H beibehalten hat. Der Senat mißt demgegenüber der Feststellung des LSG, daß auch noch während dieses Lehrganges das Arbeitsverhältnis des Klägers zu den G-Werken nicht gänzlich gelöst war, sondern ruhte, keine entscheidende Bedeutung bei. Einmal kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil der Kläger auch in der Zeit vor Beginn der Bildungsmaßnahme, also bereits während seiner aktiven Beschäftigung bei G, den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse in Hs nicht aufgegeben hat. Zum anderen fällt dieses "Ruhen", das wegen der Behinderteneigenschaft des Klägers ebensogut von der Interessenlage des Arbeitgebers her motiviert sein kann, auch darum nicht ins Gewicht, weil es anschließend nicht mehr zu einem Aufleben des Arbeitsverhältnisses geführt hat.
Hat der Kläger nach allem während der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse in H und dort seinen Wohnsitz, so war er während dieser Teilnahme in F auswärtig untergebracht i. S. von § 45 AFG. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand in F sind demgemäß ebenso wie die erforderlichen Heimfahrtkosten unmittelbar durch die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme entstanden (vgl. BSG vom 29.8.1974 - 7 RAr 51/73 -). Die nach § 45 AFG i. V. m. §§ 14 Abs. 1, 16 AFuU 1969 hierfür vorgesehene Kostenerstattung steht dem Kläger somit zu. Die Beklagte wird das vom SG gemäß § 130 SGG erlassene Grundurteil auszuführen haben. Der Senat hat bereits entschieden (Urteil vom 30.1.1975 - 7 RAr 87/73 -), daß die dabei vorgesehene Pauschalierung ermächtigungskonform (§ 39 AFG) erfolgt ist, so daß es auf die tatsächliche Höhe des Mehraufwandes bei Unterkunft und Verpflegung (§ 16 AFuU 1969) nicht ankommt.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen