Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung des angemessenen Unterhalts im Zeitpunkt der Scheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Um den angemessenen Unterhalt im Zeitpunkt der Scheidung feststellen zu können, müssen bestimmte Einzelheiten, nämlich der Beruf, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehegatten in diesem Zeitpunkt, aber auch voraussehbare Entwicklungen berücksichtigt werden. Bei den Feststellungen über die wirtschaftliche Lage der geschiedenen Ehegatten kann sich das Gericht wegen des regelmäßig hohen Beweiswertes von Versicherungsunterlagen als Urkunden vor allem auf deren Inhalt stützen.

Entscheidend dafür, ob die Voraussetzungen der 3. Alternative des S 1 erfüllt sind, ist allein, ob in dem Jahr vor dem Tode des Versicherten dieser der geschiedenen Ehefrau tatsächlich Unterhalt gezahlt hat. Das Tatbestandsmerkmal "zur Zeit seines Todes" fehlt in der 3. Alternative.

 

Normenkette

RVO § 1265 S. 1 Alt. 3 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 29. Januar 1964 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin die Hinterbliebenenrente einer geschiedenen Ehefrau gemäß § 1256 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF und § 1265 RVO zusteht.

Der an der Scheidung (1942) allein schuldige Ehemann der Klägerin, der Versicherte, hatte bis zu seiner erneuten Einberufung zum Wehrdienst am 9. Oktober 1944 - kurz vor der Scheidung war er bereits einmal Soldat gewesen - ein monatliches Bruttoeinkommen von 300,- RM (netto etwa 270,- RM), wovon er seinen eigenen Unterhalt, den seiner drei Kinder (geboren 1932, 1934 und 1940) und vom 16. September 1944 an auch den seiner zweiten Ehefrau bestreiten mußte.

Die Klägerin hatte "damals" ein eigenes Arbeitseinkommen, das sie einmal mit 160,- RM monatlich, zum anderen mit 25,- bis 28,- RM wöchentlich angegeben hatte. Der am 26. Januar 1945 als Soldat durch Freitod aus dem Leben geschiedene Versicherte zahlte der Klägerin in dem letzten Jahr vor seinem Tode bis zu seiner Einberufung am 9. Oktober 1944 8 Monate lang Unterhalt. Nach dieser Einberufung gewährte die Stadtverwaltung H nur den drei Kindern des Versicherten einen monatlichen Familienunterhalt von 79,10 RM. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin keinen Familienunterhalt. Während der Einberufung kurz vor der Ehescheidung hatte die Stadtverwaltung H der Klägerin und den drei Kindern einen Familienunterhalt von zusammen 182,80 RM gezahlt.

Die beigeladene H Knappschaft lehnte es mit Bescheid vom 31. Januar 1957 ab, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu gewähren. Nachdem die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, gab die Beigeladene die Rentenakten unter Hinweis auf Art. 1 § 102 des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (KnVNG) an die Beklagte ab, die den Antrag durch Bescheid vom 23. Juli 1958 ablehnte. Auf Veranlassung des Landessozialgerichts (LSG) hat die Beigeladene nachträglich über den Widerspruch dahin entschieden, daß sie den Widerspruch zurückgewiesen hat (Widerspruchsbescheid vom 4. September 1963).

Auf die gegen den Bescheid vom 23. Juli 1958 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1. Juni 1956 Hinterbliebenenrente zu gewähren (Urteil vom 17. November 1961). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat Revision eingelegt. Sie rügt Verletzung der §§ 1256 Abs. 4 RVO aF und 1265 RVO. Das LSG habe die Lebensverhältnisse der Ehegatten, d. h. die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zur Zeit der Scheidung rechtsirrig unberücksichtigt gelassen und nur Feststellungen über die Lebensverhältnisse der geschiedenen Eheleute im Dezember 1944 getroffen. Die Klägerin macht ferner geltend, ihr stehe auch ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach der 2. und 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO zu.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des LSG Niedersachsen vom 29. Januar 1964 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Braunschweig vom 17. November 1961 zurückzuweisen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.

Mit Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente einer geschiedenen Ehefrau in einen solchen bis zum 31. Dezember 1956 nach § 1256 Abs. 4 RVO aF und den weiteren ab 1. Januar 1957 nach § 1265 RVO getrennt (vgl. BSG 5, 276). Nach § 1256 Abs. 4 Satz 1 RVO aF, der bis zum 31. Dezember 1956 gültig war, konnte der Ehefrau, deren Ehe geschieden oder für nichtig erklärt oder aufgehoben war, Witwenrente gewährt werden, sofern ihr der Versicherte nach den Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) vom 6. Juli 1938 zur Zeit des Todes Unterhalt zu leisten hatte. § 1265 RVO ist für die Zeit vom 1. Januar 1957 ab deshalb anzuwenden, weil der Versicherte vor dem Inkrafttreten des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) (1. Januar 1957), aber nach dem 30. April 1942, nämlich am 26. Januar 1945, gestorben ist (Art. 2 § 19 ArVNG). Gemäß § 1265 RVO hat eine frühere Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden ist, nach dem Tode des Versicherten Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG zu leisten hatte (1. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO) oder wenn er ihr zur Zeit seines Todes Unterhalt aus sonstigen Gründen zu leisten hatte (2. Alternative aaO) oder wenn er ihr im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat (3. Alternative aaO). Die ergänzend hierzu mit Wirkung vom 1. Juli 1965 gültige Vorschrift des § 1265 Satz 2 RVO ist auf diesen Fall nicht anzuwenden, da sie nur für Versicherungsfälle (Tod des Versicherten) gilt, die nach dem 31. Dezember 1956 eingetreten sind (Art. 1 § 1 Nr. 27, Art. 5 § 10 Abs. 1 Buchstabe e, Art. 5 § 3 und § 4 Abs. 2 Buchstabe a des Rentenversicherungsänderungsgesetzes - RVÄndG -). Hier ist aber der Versicherungsfall bereits am 26. Januar 1945 eingetreten.

Wenn auch dem LSG ferner darin beizupflichten ist, daß es die Beigeladene für zuständig erklärt hat, soweit der Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente gemäß § 1256 Abs. 4 RVO aF bis zum 31. Dezember 1956 in Rede steht (§ 1544 g Abs. 3 Satz 4 RVO aF, § 1 Abs. 2 des Wanderversicherungsabkommens der Rentenversicherungsträger vom 12. Juni 1944 - AN 1944, 246 -), im übrigen aber die Beklagte für zuständig erklärt hat (§ 1311 RVO = § 102 RKG, Art. 2 § 26 Abs. 1 KnVNG), kann jedoch seiner Begründung, mit der es die Ansprüche nach § 1256 Abs. 4 RVO aF und der 1. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO abgelehnt hat, nicht gefolgt werden. Beide Ansprüche lassen sich auf Grund der bisher vom LSG getroffenen Feststellungen nicht aus dem für das LSG maßgebenden Grund ablehnen, zur Zeit des Todes des Versicherten sei die Klägerin wegen ihres Arbeitseinkommens nicht unterhaltsbedürftig gewesen. Die Ansprüche nach § 1256 Abs. 4 RVO aF und der 1. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO knüpfen übereinstimmend an die Unterhaltspflicht des Versicherten gegenüber der geschiedenen Ehefrau an. Diese Unterhaltspflicht regelt sich im vorliegenden Falle nach den §§ 66 und 67 des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet vom 6. Juli 1938 (RGBl I 807) - EheG 1938 -. Nach § 66 Abs. 1 EheG 1938 hat der allein oder überwiegend schuldige Mann der geschiedenen Frau den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit, die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann, nicht ausreichen. Bei der Feststellung, was "angemessener Unterhalt" ist, ist aber von den Lebensverhältnissen der Ehegatten zur Zeit der Scheidung auszugehen (vgl. Palandt/Lauterbach, BGB, 5. Aufl. 1942, § 66 EheG Anm. 3; BSG SozR RVO § 1265 Nr. 16), d. h. im vorliegenden Falle von der dem Datum nach noch nicht näher festgestellten Scheidung im Jahre 1942. Um den angemessenen Unterhalt im Zeitpunkt der Scheidung feststellen zu können, müssen bestimmte Einzelheiten, nämlich der Beruf, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehegatten in diesem Zeitpunkt, aber auch voraussehbare Entwicklungen berücksichtigt werden. In dieser Hinsicht hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Schon aus diesem Grunde ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zu den Ansprüchen der Klägerin nach § 1256 Abs. 4 RVO aF und denjenigen nach der 1. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO ermitteln müssen, ob und in welcher Weise die Eheleute im Zeitpunkt der Ehescheidung berufstätig waren, ob und über welches Einkommen und Vermögen die Eheleute damals verfügten, ob eine etwaige Erwerbstätigkeit der Klägerin ihren Grund lediglich in kriegsbedingten Umständen, zB einer Dienstverpflichtung, hatte und ob gerade wegen der Kriegsverhältnisse eine solche Beschäftigung anders als in normalen Zeiten hätte beurteilt werden müssen, in denen in der Regel auch von einer einfachen Kreisen angehörenden geschiedenen Frau dann keine Erwerbstätigkeit "den Umständen nach erwartet" werden kann, wenn sie, wie die Klägerin, drei minderjährige Kinder zu betreuen gehabt hätte (vgl. Palandt/Lauterbach, aaO, Anm. 3 b). Falls die Feststellungen des LSG ergeben sollten, daß die Klägerin unterhaltsbedürftig gewesen ist, wird das Berufungsgericht ferner zu prüfen haben, ob der Versicherte überhaupt unterhaltsfähig war, wobei eine maßgebliche Rolle spielt, ob der Versicherte ("zur Zeit seines Todes" gegenüber seinen drei Kindern und seiner zweiten Ehefrau (§ 67 Abs. 1 Satz 2 EheG 1938) unterhaltspflichtig war. Bei seinen Feststellungen über die wirtschaftliche Lage der geschiedenen Ehegatten wird das LSG sich wegen des regelmäßig hohen Beweiswertes von Versicherungsunterlagen als Urkunden vor allem auf den Inhalt der Versicherungsunterlagen der Klägerin und des Versicherten stützen können.

Zur 2. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO ("... wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt ... aus sonstigen Gründen zu leisten hatte ...") hat das LSG nichts festgestellt. Insoweit ist daher ebenfalls die Zurückverweisung der Sache geboten, um dem Berufungsgericht Gelegenheit zur Nachprüfung des Hinterbliebenenrentenanspruchs der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der 2. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO zu geben.

Den Anspruch nach der vorstehend als die dritte bezeichneten Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO ("... wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat") - vom LSG "2. Alternative" genannt - hat das Berufungsgericht deshalb verneint, weil der Versicherte der Klägerin nicht ein volles Jahr lang im letzten Jahr vor seinem Tode, sondern innerhalb dieses Zeitraums nur bis zu seiner Einberufung, d. h. 8 Monate lang, Unterhalt geleistet habe. Dabei hat es offen gelassen, ob der Versicherte der Klägerin vor seiner erneuten Einberufung (9. Oktober 1944) monatlich regelmäßig 60,- RM Unterhalt gezahlt hat und ob diese Unterhaltszahlungen, falls sie erfolgt sind, als "freiwillige" Zahlungen anzusehen sind. Dem SG sei zwar zuzugeben, so hat das LSG unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. Juli 1960 - 1 RA 144/59 - (BSG 12, 279 = SozR RVO § 1265 Nr. 7) ausgeführt, daß außergewöhnliche Umstände, die der Versicherte weder beeinflussen noch beheben könne und die ihn gehindert hätten, laufend Unterhalt zu zahlen, unter Umständen unschädlich seien. Das gelte aber nur dann, wenn trotz des Hindernisses die Absicht, regelmäßig Unterhalt zu zahlen, bestehen geblieben sei. Während in dem vom BSG entschiedenen Fall aus den nach Wegfall des Hindernisses geleisteten Zahlungen auf diese Absicht habe geschlossen werden können, gehe das im vorliegenden Fall nicht an. Hierfür sei zweierlei ausschlaggebend, nämlich einmal, daß der Versicherte am 16. September 1944 - also 24 Tage vor seiner Einberufung - eine zweite Ehe geschlossen habe und daß seine Ehefrau zu diesem Zeitpunkt hochschwanger gewesen sei, zum anderen, daß der Versicherte in seinem Schreiben vom 1. September 1942 an das Amtsgericht Salder im Sorgerechtsverfahren zu verstehen gegeben habe, daß er an der bisherigen freiwilligen Unterhaltszahlung im Falle seiner Wiederverheiratung nicht festhalten wolle und deshalb die Behörde bitte, eine Regelung zu treffen, die seine wirtschaftlichen Belange dann sicherstelle. Daraus sei zwar nicht unbedingt zu folgern, daß er seiner geschiedenen Frau überhaupt keinen Unterhalt habe mehr zahlen wollen. Aus der Tatsache aber, daß "die Behörde eine Regelung" habe treffen sollen - ob das Vormundschaftsgericht hierfür zuständig gewesen sei, könne dahingestellt bleiben - ergebe sich, daß er zumindest vom Zeitpunkt seiner Wiederverheiratung an den Unterhalt für die Klägerin und seine drei Kinder nicht mehr freiwillig habe zahlen wollen.

Dem LSG kann zwar zugegeben werden, daß das BSG in der vom Berufungsgericht genannten Entscheidung (BSG 12, 279, 282 = SozR RVO § 1265 Nr. 7, Blatt Aa 6 Rückseite) ausgeführt hat, daß, selbst wenn man aus dem Gesetz folgere, daß normalerweise ein ganzes Jahr hindurch Unterhaltszahlungen erfolgt sein müßten, dies jedoch dann nicht gelten könne, wenn außergewöhnliche Umstände, die der Versicherte weder habe beeinflussen noch gar habe beheben können, ihn an der Gewährung laufender Unterhaltszahlungen gehindert hätten und wenn aus den - nach Wegfall des Hindernisses - geleisteten Unterhaltszahlungen auf die Absicht regelmäßiger Unterhaltsgewährung geschlossen werden könne. Indes läßt sich auf diese Entscheidung nicht mehr zurückgreifen. Das BSG hat es nämlich in seiner weiteren Rechtsprechung nicht mehr auf die früher von ihm für maßgeblich erachtete Absicht abgestellt, diese vielmehr für unerheblich erklärt (SozR RVO § 1265 Nr. 34, Blatt Aa 34 Rückseite). Entscheidend dafür, ob die Voraussetzungen der 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO erfüllt sind, ist vielmehr allein, ob in dem Jahr vor dem Tode des Versicherten dieser der geschiedenen Ehefrau tatsächlich Unterhalt gezahlt hat (BSG aaO). Lediglich in Ausnahmefällen, zu denen sich das BSG (aaO, Blatt Aa 35) des näheren erklärt hat, mag es angehen, von dem Erfordernis der vollen einjährigen Unterhaltszahlung abzusehen. Von dieser gewandelten Rechtsprechung aus kann es nicht offen bleiben, ob der Versicherte tatsächlich 8 Monate lang vor seiner erneuten Einberufung zum Wehrdienst (9. Oktober 1944) 60,- RM Unterhalt an die Klägerin gezahlt hat. Auf die Absicht des Versicherten, freiwillig Unterhalt zu zahlen, auf die es das LSG entscheidend abgestellt hat, kommt es nicht an.

Da hierzu die erforderlichen Feststellungen fehlen, mußte die Sache auch insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden; das LSG wird die fehlenden Feststellungen nachholen müssen. Sollte sich danach eine tatsächliche Unterhaltsleistung ergeben, die mindestens etwa 25 v. H. des zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs eines Unterhaltsberechtigten betragen hat (BSG 22, 44 = SozR RVO § 1265 Nr. 26), was nach den bisher schon festgestellten Lebensverhältnissen der geschiedenen Eheleute und der sonstigen Umstände des Falles zweifelhaft erscheinen muß, so wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob im vorliegenden Falle Umstände vorhanden sind, die es rechtfertigen, ausnahmsweise eine weniger als ein Jahr umfassende tatsächliche Unterhaltsleistung für genügend zu halten (vgl. BSG SozR RVO § 1265 Nr. 34).

Bei seiner erneuten Entscheidung zu der 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO wird das LSG freilich nicht mehr auf den von ihm erwähnten "letzten wirtschaftlichen Dauerzustand" abheben dürfen. Das BSG hat diesen Begriff nicht im Rahmen der 3. Alternative des 1. Satzes des § 1265 RVO, sondern ausschließlich zu den ersten beiden Alternativen des ersten Satzes des § 1265 RVO verwendet, um das dortige gesetzliche Tatbestandsmerkmal "zur Zeit seines Todes" näher zu umschreiben (BSG 14, 129, 132 f; 14, 255, 259 f). Dieses Tatbestandsmerkmal der 1. und 2. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO fehlt in der 3. Alternative. Damit entfällt die Möglichkeit, die dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "zur Zeit seines Todes" von der Rechtsprechung des BSG gegebene Auslegung auf die auf anderen gesetzlichen Voraussetzungen beruhende 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO zu erstrecken. Entscheidend dafür, ob der Klägerin ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach der 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO zusteht, ist danach - wenn man von den von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen absieht - allein, ob der Versicherte der Klägerin im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt gezahlt hat.

Soweit die Revision im Anschluß an ihre Auffassung, der Klägerin sei wegen ihrer Aufgabe als Mutter gegenüber drei minderjährigen Kindern die Beschäftigung bei den Kleineisenwerken Helmstedt nicht zuzumuten gewesen und daher dürfe diese ihr nicht zugerechnet werden, unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 30. November 1961 - 4 RJ 183/59 - (BSG 16, 21, 25) die Frage aufwirft, ob die öffentliche Hand nach dem Familien-Unterhaltsgesetz (EFUG) vom 26. Juni 1960 (BGBl I 911) nicht verpflichtet gewesen wäre, insoweit Unterhaltsleistungen zu erbringen, die eigentlich der Vater hätte erbringen müssen, übersieht sie, daß das BSG in der genannten Entscheidung zwar die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Leistung nach dem EFUG der Unterhaltsverpflichtung des Versicherten gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau gleichgesetzt hat. Dies hat es jedoch nur im Hinblick auf den Anspruch aus § 1256 Abs. 4 RVO aF und damit einschlußweise auch auf denjenigen aus der 1. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO ausgesprochen. Die Ausgangslage der 3. Alternative des Satzes 1 des § 1265 RVO ist aber eine andere: Wie schon betont, kommt es hierbei nur auf tatsächliche Unterhaltsleistungen und an deren Stelle allenfalls auf tatsächliche Leistungen nach dem EFUG an. Unerheblich ist, ob Leistungen nach dem EFUG von Rechts wegen hätten erbracht werden müssen. Deshalb kann die Revision insoweit mit ihrer Einwendung nicht durchdringen.

Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1982396

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge