Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsschutz ausländischer Arbeitnehmer auf der Fahrt vom Ort der Inlandsbeschäftigung in den Heimatstaat
Orientierungssatz
1. Die wohnlichen Verhältnisse der Versicherten im Inland sind ebenso wie diejenigen, unter denen die Versicherte bei einem Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern lebt, für sich allein nicht geeignet, um die "ständige Familienwohnung" bestimmen zu können.
2. Mitbestimmend sind zusätzlich die sozialen Kontakte eines Versicherten zu anderen Personen (zB Geschwister der Versicherten, die ebenfalls am Inlandswohnort leben, weitere Bekannte).
3. Eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Unfallzeitpunkt spricht für eine Familienwohnung am Arbeitsort der Versicherten.
4. Eine zeitlich begrenzte Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland mit Unterhaltsleistungen an die Eltern kann ein Indiz für eine Familienwohnung im Heimatstaat sein; da im zu entscheidenden Falle die Versicherte jedoch nicht nur zeitlich begrenzt tätig sein wollte, hat das BSG das Vorliegen einer Familienwohnung in Jugoslawien verneint.
5. Die Anwendung des § 550 Abs 3 RVO hängt in jedem Fall davon ab, daß es sich bei dem Ziel des Weges oder seinem Ausgangspunkt um die ständige Familienwohnung des Versicherten handelt und der Versicherte am Beschäftigungsort oder in der Nähe eine Unterkunft hat. Die Wohnung muß den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bilden. Die Beurteilung der Frage, ob die hiernach erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, richtet sich nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse zur Unfallzeit.
Normenkette
RVO § 550 Abs 3 Fassung: 1974-04-01
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 19.06.1980; Aktenzeichen L 7 U 2253/79) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 09.11.1979; Aktenzeichen S 3 U 2122/78) |
Tatbestand
Die 1947 geborene unverheiratete Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Sie arbeitete seit 1970 in der Bundesrepublik Deutschland und war zuletzt seit August 1972 bei einer Lederwarenfabrik in Stuttgart-Feuerbach als Küchenhilfe beschäftigt. Am 16. April 1976 (Karfreitag) erlitt sie als Mitreisende im Kraftwagen eines Arbeitskollegen auf dem Wege von Stuttgart nach D.p./Jugoslawien, dem Wohnsitz ihrer Eltern, in der Nähe von Zagreb einen Unfall, bei dem sie erheblich verletzt wurde. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 27. Juni 1978 Entschädigungsansprüche aus der Unfallversicherung ab, weil die Klägerin sich nicht auf einer unter Versicherungsschutz stehenden Fahrt zur ständigen Familienwohnung (§ 550 Abs 3 Reichsversicherungsordnung -RVO- ) befunden habe. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse der Klägerin sei nicht bei ihren Eltern, sondern an ihrem Beschäftigungsort gewesen.
Die dagegen beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage, die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung des Unfalls vom 16. April 1976 als Arbeitsunfall wegen der dabei erlittenen Gesundheitsstörungen Rente zu gewähren, ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 9. November 1979). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zurückgewiesen (Urteil vom 19. Juni 1980). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Nach der tatsächlichen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Klägerin zur Unfallzeit habe sich der Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse und damit ihre Familienwohnung nicht bei ihren Angehörigen in Jugoslawien, sondern am Ort ihrer Beschäftigung in Stuttgart befunden. Die Klägerin halte sich seit ihrem 23. Lebensjahr (seit 1970) in der Bundesrepublik Deutschland auf und sei seit 1972 bei einer Lederwarenfabrik in Stuttgart tätig gewesen. Ihr Berufsleben habe sich somit zumindest seit 1972 auf den Raum Stuttgart konzentriert. Das gelte zwangsläufig auch für ihren privaten Lebensbereich, da der Wohnort ihrer Angehörigen über 1.000 km von Stuttgart entfernt sei. Der den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse mitbestimmende Kontakt zu anderen Personen habe sich wegen der weiten Entfernung zwischen Stuttgart und D.p. zwangsläufig in Stuttgart vollzogen. Nach ihren Angaben habe die Klägerin in ihrem hiesigen Aufenthaltsbereich einen Bekanntenkreis von sechs Personen gehabt. Zudem wohnten zwei ihrer Geschwister (ein verheirateter Bruder und eine verheiratete Schwester) zur Unfallzeit ebenfalls im Stuttgarter Raum. Die Familie des Bruders habe sie auch besucht. Ihre Schwägerin habe im selben Unternehmen wie sie gearbeitet. Ohne wesentliche Bedeutung sei, daß die Klägerin in D.p. zwanzig Bekannte gehabt habe. Der zahlenmäßig größere Bekanntenkreis an dem Ort, wo sie aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, habe diesen Ort deswegen nicht Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse bleiben lassen, nachdem sie seit Jahren weit von diesem Ort entfernt beruflich tätig sei und hier private Kontakte habe. Der Lebensmittelpunkt in Stuttgart werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Klägerin mehr oder minder regelmäßig jährlich zwei- bis dreimal aus privaten Gründen (Urlaub und Besuche) Fahrten zu ihren Eltern unternommen habe. Der Umstand, daß die Klägerin ihre Eltern monatlich mit ca 100,-- DM bis 150,-- DM unterstützt habe, sage nichts über den Lebensmittelpunkt der Klägerin aus. Die Zahlungen könnten wegen der sich daraus ergebenden finanziellen Unabhängigkeit der Klägerin sogar als Anzeichen für die Verlegung des Lebensmittelpunktes vom ursprünglichen Heimatort weg gewertet werden. Das stehe im Einklang mit der von der Rechtsprechung angeführten Lebenserfahrung, daß ledige Arbeitnehmer, die auswärts beschäftigt und am Ort der Tätigkeit untergebracht seien, sich im weit höheren Maße vom Elternhaus lösten, als dies im Regelfall bei Verheirateten mit eigenem Hausstand am Wohnort der Eltern zu sein pflege. Keine Rolle spiele es, daß sich bei den Eltern der Klägerin noch ein ihr gehörendes Radiogerät und einige Kleidungsstücke befänden und ihr für die Dauer ihres Aufenthaltes ein besonderes Zimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung stehe.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Sie habe im Wohnheim ihres Arbeitgebers zusammen mit einer Arbeitskollegin einen 15 qm großen Raum bewohnt, dessen Einrichtungsgegenstände nicht ihr gehört hätten. Mit zwanzig anderen Arbeitnehmerinnen habe sie sich 2 Toiletten, ein Bad und eine Küche geteilt. Der Raum im Wohnheim habe lediglich zum Schlafen, Umziehen und Aufbewahren persönlicher Dinge, nicht aber zum "Wohnen" gedient. Dazu sei ein - wenn auch bescheidenes - Maß an "Wohnstil" oder "persönlicher Wohnkultur" notwendig. Die Ausstattung des Raumes sei nicht als Wohnung geeignet gewesen, in dem sich ihre Lebensinteressen hätten "kumulieren" können. Ihre Lebensinteressen seien "heimatbezogen" gewesen. Sie habe mit der zum Unfall führenden Fahrt ihre Unterkunft verlassen, um einen Lebensmittelpunkt aufzusuchen. Dabei seien soziologische und psychologische Gegebenheiten zu berücksichtigen. Daß sie schon seit 1972 im Raum Stuttgart arbeite, spreche nicht gegen eine Familienwohnung in Jugoslawien, denn der Gesetzgeber habe keine zeitliche Begrenzung der Abwesenheit von der Familienwohnung bestimmt. Ihre engen Bindungen an das Elternhaus trotz des langen Aufenthalts in der Bundesrepublik gründe sich auf die (zukünftige) Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern; die Mutter sei blind und der Vater taub. Zu Unrecht schließe das LSG aus ihren Kontakten im Raum Stuttgart, daß sich dort auch ihre Familienwohnung befinde. Der Gesetzgeber unterscheide in § 550 Abs 3 RVO eindeutig zwischen Unterkunft und Familienwohnung. Es scheine ein erheblicher Mangel an (studentischer) Lebenserfahrung vorzuliegen, wenn Kontakte begrifflich als Mittelpunkt der Lebensverhältnisse (Familienwohnung) verstanden würden. Sie sei auch unter Berücksichtigung der Entfernung zwischen Stuttgart und ihrem Elternhaus und ihren finanziellen Möglichkeiten regelmäßig zu ihren Eltern nach Jugoslawien gefahren.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom
19. Juni 1980 und des SG Stuttgart vom 9. November 1979
sowie den Bescheid vom 27. Juni 1978 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom
16. April 1976 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihr
wegen der Folgen der bei diesem Unfall erlittenen
Gesundheitsstörungen Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, da es sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang befinde.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Das LSG hat mit Recht entschieden, daß die Klägerin auf der zum Unfall führenden Fahrt von ihrem Beschäftigungsort Stuttgart-Feuerbach zum Besuch ihrer Eltern in D.p./Jugoslawien nicht unter Unfallversicherungsschutz gestanden hat.
Die Klägerin befand sich am 16. April 1976 zwar auf dem Weg von dem Ort ihrer Tätigkeit; die Voraussetzungen des § 550 Abs 1 RVO sind jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die vom Beschäftigungsort unternommene Fahrt nicht mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin, sondern wesentlich allein mit ihrem unversicherten persönlichen Lebensbereich zusammenhing. Die innere Bindung an die Familie als Anlaß der Reise nach Jugoslawien ist nicht geeignet, einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu begründen (BSG USK 72217; BSG Urteile vom 12. Oktober 1973 - 2 RU 25/73 - und vom 4. November 1981 - 2 RU 33/80 - unveröffentlicht).
Die Klägerin hat zur Unfallzeit aber auch nicht nach § 550 Abs 3 RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Nach dieser Vorschrift schließt der Umstand, daß der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in der Nähe eine Unterkunft hat, die Versicherung auf dem Weg von und nach der Familienwohnung nicht aus. Der Gesetzgeber hat damit zwar einen Versicherungsschutz geschaffen, der über den Versicherungsschutz nach § 550 Abs 1 RVO hinausgeht und es ermöglicht, rechtlich die dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Beweggründe für die Fahrt weitgehend unberücksichtigt zu lassen; die Anwendung des § 550 Abs 3 RVO hängt jedoch in jedem Fall davon ab, daß es sich bei dem Ziel des Weges oder seinem Ausgangspunkt um die ständige Familienwohnung des Versicherten handelt und der Versicherte am Beschäftigungsort oder in der Nähe eine Unterkunft hat (vgl BSGE 1, 171, 173; 2, 78, 80; BSG BG 1969, 195; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 485 t mwN).
Nach den von der Rechtsprechung zu dem Begriff "Familienwohnung" entwickelten Grundsätzen muß die Wohnung den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bilden (RVA EuM 49, 140; BSGE 1, 171, 173; 2, 78, 80; 5, 165, 166; 17, 270, 271; 20, 110, 111; 25, 93, 95; 35, 32, 33, 37, 98; SozR 2200 § 550 Nrn 31 und 34; BSG USK, 72217 und 73108; BSG Breithaupt 1966, 383). Die Beurteilung der Frage, ob die hiernach erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, richtet sich nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse zur Unfallzeit (BSGE 2, 78, 81; 35, 32, 33; BSG USK 72217, 73108 und 74108; BSG Urteile vom 31. Oktober 1972 - 2 RU 56/72 - und vom 4. November 1981 - 2 RU 33/80 - unveröffentlicht).
Wie das LSG unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des Falles zutreffend angenommen hat, befand sich der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse der Klägerin zur Unfallzeit nicht mehr im Haus ihrer Eltern in D.p./Jugoslawien. Dieser Mittelpunkt hatte sich an den Ort der Beschäftigung in Stuttgart-Feuerbach verlagert.
Die Klägerin bewohnte in einem Wohnheim ihres Arbeitgebers in Stuttgart-Feuerbach zusammen mit einer anderen jugoslawischen Arbeitnehmerin einen etwa 15 qm großen Raum. Sie meint, von einer Familienwohnung am Ort der Tätigkeit könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der von ihr bewohnte Raum von der Ausstattung her nicht geeignet gewesen wäre, als Mittelpunkt zur Verwirklichung ihrer persönlichen Interessen zu dienen. Die Ausstattung der Unterkunft am Arbeitsplatz kann zwar ein Indiz für die Beibehaltung der Familienwohnung bei den Eltern sein. Andererseits kann die Tatsache, daß dem Versicherten am Ort der Tätigkeit nur ein dürftig ausgestattetes Zimmer zur Verfügung steht, auch auf Umständen beruhen, unter denen alleinstehende Arbeitnehmer häufig ihr außerberufliches Leben einrichten müssen, die aber für die versicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich sind, wie zB Mangel an möblierten Zimmern am Arbeitsort, Sparsamkeit im Wohnungsaufwand, um Anschaffungen zu ermöglichen (vgl BSGE 35, 32, 34; SozR Nr 17 zu § 543 RVO aF; Brackmann aaO S 485 v). Aus ähnlichen Erwägungen braucht nicht entschieden zu werden, ob die Wohnverhältnisse der Eltern der Klägerin in D.p. etwa der Annahme einer Familienwohnung entgegenstehen. Die aus vier Räumen bestehende Wohnung war etwa 65 qm groß und wurde damals von den Eltern und zwei Brüdern der Klägerin bewohnt. Grundsätzlich spricht jedoch nicht schon gegen das Vorhandensein einer Familienwohnung, daß der Versicherte dort unter beengten Verhältnissen zu leben genötigt ist (BSGE 17, 270, 271; SozR Nr 24 zu § 543 RVO aF). Daher sind die Verhältnisse, unter denen die Klägerin in Stuttgart-Feuerbach wohnte, wie auch diejenigen, unter denen die Klägerin bei einem Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern in D.p. lebte, für sich allein nicht geeignet, um an dem einen oder dem anderen Ort die "ständige Familienwohnung" der Klägerin annehmen oder verneinen zu können.
Für den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse mitbestimmend sind entgegen der Auffassung der Revision die sozialen Kontakte des Versicherten zu anderen Personen (BGHZ 7, 104, 107; BSGE 35, 32, 34; BSG USK 72217; BSG Urteile vom 31. Oktober 1972 - 2 RU 137/70 und 2 RU 56/72 - unveröffentlicht). Hierzu hat das LSG zutreffend dargelegt, daß damals zwei Geschwister der Klägerin (ein verheirateter Bruder und eine verheiratete Schwester) im Stuttgarter Raum wohnten, ihre Schwägerin sogar im selben Betrieb wie die Klägerin arbeitete und die Klägerin ihren Bruder besuchte oder von ihm Besuch erhielt. Die Klägerin hatte zudem am Beschäftigungsort auch weitere Bekannte. Zu diesen Verwandten, Verschwägerten und Bekannten fand der wesentliche Kontakt tatsächlich statt. Daß die Klägerin demgegenüber am Wohnort ihrer Eltern in D.p. zahlenmäßig mehr Bekannte hatte als am Ort ihrer Tätigkeit, ist, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nur natürlich, aber im vorliegenden Fall für den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse nicht entscheidend.
Die Rechtsprechung hat der Dauer der auswärtigen beruflichen Beschäftigung eines ledigen Versicherten im Hinblick auf die Lebenserfahrung die Bedeutung beigemessen, daß mit dem Hineinwachsen in eine persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit sich auch der Lebensmittelpunkt des Versicherten an den Ort der Tätigkeit verlagert (BSGE 5, 165, 166; SozR Nr 17 und 24 zu § 543 RVO aF). Die zur Unfallzeit 29 Jahre alte Klägerin lebte und arbeitete bereits seit 1970, mithin seit sechs Jahren in der Bundesrepublik Deutschland; sie war seit vier Jahren bei einer Lederwarenfabrik in Stuttgart-Feuerbach beschäftigt. Das spricht dafür, daß die Klägerin auch ihre Familienwohnung am Arbeitsort hatte. Dies wird noch dadurch unterstrichen, daß die Klägerin dort bis auf einige Kleidungsstücke und ein Radiogerät, die in D.p. geblieben waren, ihre gesamte Habe untergebracht hatte (vgl BSGE 17, 270, 272; BSG USK 73244; BSG Urteile vom 8. September 1977 - 2 RU 121/75 - und vom 4. November 1981 - 2 RU 33/80 - unveröffentlicht).
Der Senat verkennt nicht, daß der Begriff der Familienwohnung auch von psychologischen und soziologischen Gegebenheiten mitbestimmt wird (BSGE 5, 165, 167; 20, 110, 113; 25, 93, 95; SozR Nr 17 zu § 543 RVO aF; BSG USK 72217). Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG vor dem Unfall ihre Eltern laufend mit monatlich 100,-- DM bis 150,-- DM unterstützt und damit einen erheblichen Anteil ihres Nettoverdienstes für deren Unterhalt verwendet. Damit mag ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland durch die Absicht mitbestimmt gewesen sein, durch den dort zu erzielenden Arbeitsverdienst ihre Eltern besser unterstützen zu können, als ihr das in Jugoslawien möglich gewesen war. Diese Haltung der Klägerin läßt auf eine starke innere Verbundenheit zu ihren Eltern schließen. Jedoch können unter diesem Gesichtspunkt allein die Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz nach § 550 Abs 3 RVO nicht als erfüllt angesehen werden, da die tatsächliche Gestaltung der äußeren Verhältnisse dem entgegensteht. Die Klägerin hat in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur zeitlich begrenzt tätig sein wollen, um einem vorübergehenden Notstand ihrer Eltern abzuhelfen. Bei einer zeitlich begrenzten Tätigkeit hätte ihre Familienwohnung unter Umständen in Jugoslawien erhalten bleiben können (vgl BSG SozR Nr 17 zu § 543 RVO aF). Daß die Lebensinteressen der Klägerin, wie sie es ausdrückt, "heimatbezogen" waren und ihre blinde Mutter und ihr tauber Vater in Zukunft einmal pflegebedürftig sein würden, stehen einer Verlegung der Familienwohnung der Klägerin während ihrer sechsjährigen Tätigkeit an den Beschäftigungsort in der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen.
Im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse, die durch den jahrelangen Aufenthalt der Klägerin weit entfernt von der elterlichen Wohnung geschaffen worden sind, können auch die jährlich zwei bis drei Besuche der Klägerin bei ihren Eltern keine ausschlaggebenden Argumente gegen die Verlagerung der Lebensinteressen der Klägerin an dem Beschäftigungsort mehr darstellen, auch wenn in Betracht gezogen wird, daß gerade die weite Entfernung zwischen Stuttgart-Feuerbach und D.p. wie auch die finanzielle Lage der Klägerin häufigeren Reisen zu ihren Eltern entgegenstanden (vgl RVA EuM 47, 419, 420; BSG SozR Nr 17 zu § 543 RVO aF; BSG USK 73108; BSG Urteil vom 12. Oktober 1973 - 2 RU 25/73 - unveröffentlicht).
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen