Leitsatz (amtlich)

§ 4 Abs 3 GAL ist auch insoweit verfassungsmäßig, als er nur beim Bezug eines Altersgeldes, nicht dagegen beim Bezug einer Rente durch den Ehegatten das Altersgeld des Berechtigten auf die einem Unverheirateten zustehende Höhe beschränkt.

 

Normenkette

GAL § 4 Abs 3; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 17.09.1980; Aktenzeichen S 33 Lw 66/79)

 

Tatbestand

Streitig ist,          ob dem Kläger Altersgeld für Verheiratete zusteht.

Der Kläger und seine Ehefrau waren Unternehmer je eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes; beide entrichteten Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Die Beklagte bewilligte beiden Eheleuten ab 1. April 1979 Altersgeld in Höhe der einem Unverheirateten zustehenden Leistung. Mit der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage erstrebt der Kläger die Gewährung von Altersgeld in der einem Verheirateten zustehenden Höhe.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht willkürlich, wenn das Gesetz beim Bezug von Pensionen aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen oder von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Ehegatten das erhöhte Altersgeld gewähre. Die Einkünfte des Ehegatten könnten auch auf anderen Bezugsquellen, etwa Mieteinnahmen oder privaten Lebensversicherungen beruhen, die dann auch berücksichtigt werden müßten. Im übrigen seien diese Einkünfte nicht vom Familienstand abhängig. Im Wege einer typischen Betrachtungsweise dürften sie jedoch außer acht gelassen werden. Außerdem handele es sich bei dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) um ein Absicherungssystem für eine im wesentlichen geschlossene Personengruppe, Überschneidungen mit anderen Systemen der sozialen Versicherung könnten deshalb vernachlässigt werden.

Das SG hat die Sprungrevision durch Beschluß zugelassen. Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Er rügt die Verletzung von Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) durch § 4 Abs 3 GAL. Die Ungleichbehandlung bestehe darin, daß ein verheirateter Berechtigter, dessen Ehegatte einen eigenen Anspruch auf Altersgeld nach dem GAL besitze, ein geringeres Altersgeld erhalte, als derjenige, dessen Ehegatte eine möglicherweise ebenso hohe Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Zur weiteren Begründung bezieht sich der Kläger auf eine von ihm vorgelegte gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. G (B). Darin ist im wesentlichen ausgeführt, daß die Differenzierung zwischen dem normalen Altersgeld für unverheiratete Berechtigte und dem erhöhten Altersgeld für Verheiratete grundsätzlich sinnvoll sei. Man müsse es jedoch als sachwidrig betrachten, einem verheirateten Berechtigten, dessen Ehegatte Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe, ein höheres Altersgeld zuzubilligen als demjenigen, dessen Ehegatte als ehemaliger landwirtschaftlicher Unternehmer Leistungen nach dem GAL erhalte. Der Familienbedarf sei in beiden Fällen identisch. Auch unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips sei die Gewährung einer ca 50 % höheren Leistung an die erstgenannte Personengruppe willkürlich. Im Hinblick auf die Praktikabilität wäre es dem Gesetzgeber ein leichtes gewesen, § 4 Abs 3 GAL dahin zu fassen, daß nur das Altersgeld für unverheiratete Berechtigte gewährt werde, wenn dem Ehegatten ein eigener Anspruch auf Altersgeld oder auf eine zumindest gleichhohe Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom

17. September 1980 und den Bescheid der Beklagten

vom 5. Juni 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides

vom 11. Dezember 1979 aufzuheben und die Beklagte zu

verurteilen, dem Kläger ab 1. April 1979 Altersgeld

nach dem GAL in Höhe der einem verheirateten Berechtigten

zustehenden Leistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, steht dem Kläger nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs 3 GAL Altersgeld nur in der einem Unverheirateten zustehenden Höhe zu, weil seine Ehefrau ebenfalls Anspruch auf Altersgeld hat. Das SG hat auch zu Recht die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 3 GAL bejaht. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 19. März 1980 (SozR 5850 § 4 Nr 4) ausgeführt hat, begegnet diese Vorschrift keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Hinweis des Klägers auf die Differenzierung zwischen Fällen, in denen der Ehegatte des Berechtigten ein Altersgeld, und solchen, in denen er eine Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.

Gegenstand der Prüfung einer gesetzlichen Vorschrift unter dem Gesichtspunkt des hier allein in Betracht kommenden allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) ist nur, ob für sie sachlich einleuchtende Gründe angeführt werden können (BVerfGE 12, 326, 333; 57, 121, 138). Einer solchen Prüfung hält die in § 4 Abs 3 GAL getroffenen Regelung auch insoweit stand, als sie im Ergebnis zwischen dem Bezug eines Altersgeldes und dem einer Rente unterscheidet. Es mag zwar sein, daß die Bedarfslage eines Beziehers von Altersgeld der des Beziehers einer Rente in gleicher Höhe entspricht. Nichts anderes gilt aber für die Bezieher sonstiger Einkünfte, gleichviel welcher Art. Eine Berücksichtigung aller solcher Einkünfte würde zu einer allgemeinen Bedürftigkeitsprüfung zwingen, die nicht nur einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern, sondern auch tragenden Grundsätzen des Sozialversicherungsrechts widersprechen würde. Damit ist eine Differenzierung zwischen verschiedenartigen Einkünften unumgänglich. Dabei hätte der Gesetzgeber auch zwischen Sozialleistungen oder allgemeinen Leistungen aus öffentlichen Mitteln und anderen Mitteln differenzieren können; daß er gerade zwischen Altersgeldern aus der Altershilfe für Landwirte und allen übrigen Einkünften unterschieden hat, läßt sich jedoch auf sachlich einleuchtende Gründe zurückführen. Der Anteil der Bundesmittel an den Altersgeld- und Waisengeldaufwendungen nach dem GAL betrug 1979 87,9 vH gegenüber 23 vH in der Arbeiterrentenversicherung, der Beitragsaufwand für ein Altersgeld für Verheiratete von 1958 bis 1978 6.744,-- DM, während für eine entsprechende Rente im selben Zeitraum eine Beitragsleistung von etwa 40.745,-- DM erforderlich war (vgl Preuß BABl 1980 Heft 9 S 5,8). Damit beruht das Altersgeld in wesentlich geringerem Maße als die Rente auf eigener Leistung und eigenem Kapitalaufwand. Es erscheint daher nicht als willkürlich, wenn der Gesetzgeber zwar einen Altersgeldbezug, nicht aber einen Rentenbezug zum Anlaß für eine Beschränkung von Leistungen, die nur zum geringen Teil auf einem eigenen Beitragsaufwand beruhen, genommen und damit eine Verminderung von wesentlich auf eigener Beitragsleistung beruhenden Unterhaltsmitteln vermieden hat.

Im übrigen hat der erkennende Senat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 19. März 1980 hervorgehoben, daß der Zubilligung eines höheren Altersgeldes an Verheiratete nicht allein der Gedanke eines höheren Bedarfs Verheirateter am Ersatz ihres früheren Verdienstes zugrunde liegt, sondern auch die Erwägung, daß der Ehegatte im Regelfalle ebenso wie der Berechtigte im landwirtschaftlichen Unternehmen tätig gewesen ist. Diese der Lebenswirklichkeit entsprechende Vorstellung hat im Gesetz einen deutlichen Niederschlag gefunden. Wie der Senat schon früher ausgeführt hat (BSGE 35, 115, 117), behandelt das GAL Eheleute mehrfach als eine Einheit (vgl dazu auch SozR 5850 § 9 Nr 1). Betreiben Ehegatten gemeinsam ein landwirtschaftliches Unternehmen, so ist nur derjenige Ehegatte beitragspflichtig, der das Unternehmen überwiegend leitet (§ 14 Abs 4 GAL); gleichwohl ist nur eine Abgabe durch beide Ehegatten eine den Anspruch auf Leistung begründende Abgabe (§ 2 Abs 6 GAL), wobei zudem eine Abgabe an den anderen Ehegatten nicht in Betracht kommt (§ 2 Abs 4 GAL). Damit läßt sich die Regelung des § 4 Abs 3 GAL wesentlich auf den Gedanken zurückführen, daß im vorgestellten Regelfall beide Ehegatten das Unternehmen gemeinsam und, jedenfalls was den Arbeitsaufwand angeht, gleichwertig betrieben haben, und daß der Aufwand des nicht beitragspflichtigen Ehegatten in der Bemessung des Altersgeldes seinen Ausdruck finden soll. Eine solche Fallgestaltung liegt dagegen regelmäßig nicht vor, wenn beide Ehegatten Anspruch auf Altersgeld haben. Hier hat vielmehr in aller Regel jeder der Ehegatten unabhängig vom anderen ein eigenes landwirtschaftliches Unternehmen betrieben, so daß er seine Arbeitskraft nicht voll im Unternehmen des anderen einsetzen konnte; in einem solchen Fall besteht jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Arbeit im vom anderen betriebenen Unternehmen kein Anlaß für die Gewährung einer höheren Leistung. Dagegen läßt der Bezug einer Rente aus der Rentenversicherung nicht den Schluß zu, daß der Rentenberechtigte in der der Abgabe voraufgegangenen Zeit typischerweise nicht oder nur verhältnismäßig geringfügig im Unternehmen des Beitragspflichtigen tätig gewesen ist. Im Gegensatz zu der in § 2 Abs 1 und Abs 2, jeweils Buchst b GAL getroffenen Regelung setzt das Rentenversicherungsrecht die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder auch nur eine fortlaufende Beitragsleistung bis oder nahezu bis zum Versicherungsfall nicht voraus (vgl § 1249 Satz 1 RVO); häufig, wenn nicht sogar zumeist, beruht der Rentenanspruch des mit einem landwirtschaftlichen Unternehmer Verheirateten auf einer zeitlich weit zurückliegenden versicherungspflichtigen Beschäftigung des Ehegatten, der in der Folge, insbesondere in den Jahren vor der Abgabe des Unternehmens, in diesem voll tätig gewesen ist. Diese Unterschiede in der typischen Fallgestaltung rechtfertigen es, den Bezug von Altersgeld anders zu bewerten als den Bezug von Rente, zumal die Rentenversicherungsgesetze Vorschriften über die Behandlung von Ehegatten als Einheit nicht kennen; daß die Fallgestaltungen im einzelnen von den als typisch vorausgesetzten abweichen mögen, hindert den Gesetzgeber nicht, eine typisierende Regelung zu treffen.

Es kommt hinzu, daß, worauf bereits das SG hingewiesen hat, die Altershilfe für Landwirte gegenüber den gesetzlichen Rentenversicherungen eine eigenständige, einer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegende Materie darstellt (vgl BVerfGE 25, 314, 321 f). Das schließt die Befugnis des Gesetzgebers ein, bei der Ausgestaltung ihrer Vorschriften sich aus anderen Gesetzen ergebende Rechtsfolgen weitgehend unberücksichtigt zu lassen; dies gilt insbesondere auch für die Bemessung von Ansprüchen im Hinblick auf Ansprüche ähnlicher Zweckbestimmung, die sich aus anderen Rechtszusammenhängen ergeben (vgl hierzu BVerfGE 43, 13, 22). Es ist daher auch aus diesem Grunde nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit des Bezuges einer Rente durch den Ehegatten des Berechtigten unberücksichtigt gelassen und lediglich den Bezug eines Altersgeldes zum Gegenstand einer Regelung gemacht hat. Daß beim Zusammentreffen nur vorzeitigen Altersgeldes mit einer Rente aus der Rentenversicherung eine Kürzung vorgesehen ist (§ 4 Abs 5 GAL), begründet keinen verfassungsrechtlichen Zwang für den Gesetzgeber, in § 4 Abs 3 GAL nicht zwischen Rente und Altersgeld zu differenzieren. Die Problematik des § 4 Abs 3 GAL ist von der des Abs 5 wesentlich verschieden, ein übergeordnetes gemeinsames Prinzip liegt beiden Regelungen nicht zugrunde. Daß in einem bestimmten Zusammenhang an einen Rentenbezug eine Rechtsfolge geknüpft worden ist, läßt es jedenfalls nicht als unter dem Gesichtspunkt mangelnder Konsequenz in einem den Vorwurf der Willkür begründendem Maße sachwidrig erscheinen, wenn sich der Gesetzgeber nicht überall dort, wo eine solche Anknüpfung in Betracht kommen könnte, zu ihr entschlossen hat; das gilt umsomehr, als, wie bereits dargelegt, einleuchtende Gründe für die Differenzierung ins Feld geführt werden können.

Nach alledem war die Revision in der sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1660187

Breith. 1983, 334

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