Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Gehör. gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes. Kostenvorschuß nach § 109 Abs 1 S 2 SGG

 

Orientierungssatz

1. Erklärt sich der Kläger zu einer monatlichen Ratenzahlung von 150 DM bis 250 DM für die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bereit, so läßt dies nicht den Schluß zu, er sei allenfalls bereit, einen Kostenvorschuß in Raten von höchstens 250 DM, bzw nicht bereit, den geforderten Kostenvorschuß in Höhe von 1000 DM zu zahlen.

2. Der Kläger hat ein Recht darauf, die Höhe des Kostenvorschusses zu erfahren (vgl BSG 14.3.1956 9 RV 544/55 = BSGE 2, 258, 261).

3. Ist die Höhe des nach Meinung des LSG zu leistenden Kostenvorschusses nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen und hat es auch nicht zu erkennen gegeben, welches die "gegebenen Umstände" waren, die es bewogen haben, die Einholung des Gutachtens von einem Kostenvorschuß von 1000 DM und von zwei Monatsraten abhängig zu machen, so verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör (§§ 62, 128 Abs 2 SGG).

 

Normenkette

SGG §§ 62, 109 Abs 1 S 2, § 128 Abs 2

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 30.05.1985; Aktenzeichen L 3 U 18/84)

SG Berlin (Entscheidung vom 09.02.1984; Aktenzeichen S 41 U 315/82)

 

Tatbestand

Der Kläger hatte sich am 1. Oktober 1980 bei seiner Tätigkeit für ein Tiefbauunternehmen eine Kreissägeverletzung des Daumens und des Zeigefingers der linken Hand sowie des linken Oberarmes zugezogen. Das Endglied des linken Zeigefingers wurde unterhalb des Köpfchens amputiert. Wegen Neurombildung wurde im Mai 1981 eine Nachamputation vorgenommen.

Die Beklagte lehnte, gestützt auf ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. Dr. H vom 24. November 1981 die Gewährung einer Verletztenrente ab (Bescheid vom 27. April 1982, Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1982). Als Unfallfolgen erkannte sie an: "Kleine reizlose Narbe am linken Daumen, Verlust des Endgliedes sowie des Köpfchens des Mittelgliedes des linken Zeigefingers, Durchblutungsstörungen und Berührungsempfindlichkeit des Zeigefingerstumpfes links, Bewegungsstörung des Restfingers, reizlose Narbe am linken Oberarm nach Hautverpflanzung, im Röntgenbild sichtbare Kalksalzminderung am linken Zeigefingerskelett". Dadurch werde die Erwerbsfähigkeit des Klägers nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Grad (mindestens 20 vH) gemindert. Nicht als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Asthmoide Bronchitis, Schulter-Arm-Beschwerden beiderseits, Neigung zu Rückenbeschwerden." Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, daß er Linkshänder sei und die Verletzungen einen fast völligen Verlust der Gebrauchsfähigkeit der Hand bedeuteten. Die verletzten Finger seien sehr empfindlich, die Durchblutung gestört und der Kalksalzgehalt vermindert. Zudem habe der Unfall infolge der dadurch bedingten Behandlung (Schmerz- und Betäubungsmittel) zu einer starken Allergie geführt. Diese äußere sich in Bronchialasthma, Juckreiz, Schnupfen und manchmal Augenentzündung.

Mit der beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger erneut die im Widerspruchsverfahren erwähnten Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen geltend gemacht und die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines auf dem Gebiet der allergischen Erkrankungen spezialisierten Facharztes beantragt. Auf Ersuchen des SG hat der Facharzt für Orthopädie Dr. J ein Gutachten vom 6. Juni 1983 zu den Fragen erstattet, welche Gesundheitsstörungen bei dem Kläger als Folgen des Unfalls vom 1. Oktober 1980 bestehen, ob eine zusätzliche dermatologische Begutachtung wegen des Ekzems für notwendig gehalten wird und wie hoch die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab Eintritt der Erwerbsfähigkeit eingeschätzt wird. Der medizinische Sachverständige hat die Fragen dahin beantwortet, daß als Folgen des Arbeitsunfalls ein Teilverlust des linken Zeigefingers im Mittelglied mit überempfindlichen Amputationsstumpf sowie kleine Narben am linken Daumen und linken Oberarm bestehen, eine zusätzliche dermatologische Begutachtung nicht für notwendig gehalten wird, da eine Hauterkrankung nicht nachgewiesen werden konnte und die unfallbedingte MdE ab Eintritt der Erwerbsfähigkeit 0 % beträgt. Als weitere unfallbedingte Gesundheitsstörung machte der Kläger nach Erstattung des Gutachtens ein stechendes Gefühl im kleinen Finger und im Daumen der linken Hand sowie Phantomschmerzen im fehlenden Teil des Zeigefingers geltend. Aufgrund der vom Kläger zum Gutachten des Sachverständigen gestellten Fragen hat Dr. J eine ergänzende Stellungnahme vom 19. Oktober 1983 abgegeben. Wegen der von dem Sachverständigen nach Meinung des Klägers nicht beantworteten Frage zur Einstufung der MdE (Frage 4 im Schriftsatz vom 7. September 1983) hat der Kläger beantragt, den Sachverständigen zwecks Erläuterung seines Gutachtens vom 6. Juni 1983 zu laden. Das SG hat dies abgelehnt ua mit der Begründung, daß das Gericht die Frage des Klägers durch die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 19. Oktober 1983 für hinreichend beantwortet halte. Durch Urteil vom 9. Februar 1984 hat das SG die Klage auf Gewährung einer Rente nach einer MdE von mindestens 20 vH abgewiesen.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger dem Landessozialgericht (LSG) Berlin ua vorgetragen, daß seine Allergie durch einen unfallbedingten Schock ausgelöst worden sei, und sich zum Beweis auf ein einzuholendes fachärztliches Sachverständigengutachten berufen. Eine Allergie-Testserie in der Hautklinik des Rudolf-Virchow-Krankenhauses sei auf ärztlichen Rat abgebrochen worden, da deren Fortsetzung für ihn unwägbare gesundheitliche Risiken mit sich gebracht hätte. Die unmittelbaren Unfallfolgen bedingten überdies für sich allein schon eine MdE von 10 vH. Sein Zustand sei erheblich schlimmer als bei einer komplikationslosen Amputation des gesamten Zeigefingers der linken Hand. Der Kläger hat erneut die Anhörung des Sachverständigen Dr. J und, weil dieser Arzt bislang zur Beantwortung der gestellten Fragen nicht bereit gewesen sei, auch die Einholung eines erneuten fachorthopädischen Gutachtens beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Kläger beantragt, den Rechtsstreit durch Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Prof. Dr. B ohne Anforderung eines Kostenvorschusses weiter aufzuklären. Auf Befragen hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt: "Für den Fall, daß der Senat die Einholung dieses Gutachtens von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen würde, wäre der Kläger zu monatlichen Ratenzahlungen von 150 bis 250 DM bereit." Den Antrag auf Anhörung des Dr. J hat der Kläger aufrechterhalten. Die Berufung des Klägers hat das LSG durch Urteil vom 30. Mai 1985 zurückgewiesen. Die unmittelbaren Unfallfolgen bedingten unter Berücksichtigung der Überempfindlichkeit des Amputationsstumpfes und der dadurch selbstverständlichen Funktionsminderung der ganzen Hand eine MdE von 10 vH. Eine etwa durch die Einnahme von Medikamenten verursachte Allergie sei durch den behandelnden Arzt zumeist beherrschbar, indem er andere verträgliche Medikamente wähle oder statt Tabletten Injektionen verabreiche. Der Allergie-Suchtest durch den Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. S habe zu keiner Feststellung aktueller Allergene geführt. Da eine spätere Allergie-Testserie wegen gesundheitlicher Risiken habe abgebrochen werden müssen, lasse sich eine Medikamenten-Allergie nicht feststellen. Der Sachverständige Dr. J brauchte nicht gehört zu werden; er habe die vom Kläger gestellten Fragen beantwortet. Die Frage zur Unterlassung des Allergie-Tests sei nicht mehr sachdienlich, da ein Allergie-Suchtest negativ gewesen sei und eine weitere Allergie-Testserie wegen gesundheitlicher Risiken für den Kläger habe abgebrochen werden müssen. Dem Antrag des Klägers, gemäß § 109 SGG ein nervenfachärztliches Gutachten von dem Neurologischen Prof. Dr. B einzuholen, sei nicht stattzugeben. Der Kläger habe insoweit ausdrücklich erklärt, er sei allenfalls bereit, einen Kostenvorschuß in monatlichen Raten von höchstens 250,-- DM zu zahlen. Der Senat hätte die Einholung des Gutachtens unter den gegebenen Umständen von der Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von mindestens 1.000,-- DM innerhalb von zwei Monaten abhängig gemacht. Da der Kläger einen derartigen Kostenvorschuß zu erbringen nicht bereit sei, habe der Antrag abgelehnt werden können, ohne daß es der Feststellung des Kostenvorschusses bedurft hätte.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Revision durch Beschluß vom 24. Oktober 1985 (2 BU 109/85) zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das LSG habe seinem Antrag vom 12. März 1984 (wiederholt in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 1985), den Sachverständigen Dr. J zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vom 6. Juni 1983 zu laden, nicht stattgegeben. In der ergänzenden Stellungnahme vom 19. Oktober 1983 sei der Sachverständige auf die Fragen des Klägers Nr 1 (betr. Allergie) und Nr 4 (betr. Grad der unfallbedingten MdE) entweder gar nicht oder nur unzureichend eingegangen. Dem in der Berufungsbegründung vom 12. März 1984 gestellten Beweisantrag bezüglich der unfallbedingten allergischen Erkrankung ein fachärztliches Sachverständigengutachten einzuholen, sei das LSG nicht gefolgt. Zwar sei dieser Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt worden, jedoch habe den Umständen des vorliegenden Falles nicht entnommen werden können, daß der Beweisantrag nicht mehr aufrechterhalten werde. Zur Einholung des Gutachtens hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, auch wenn eine Allergie-Testung wegen des gesundheitlichen Risikos für ihn nicht mehr habe vorgenommen werden können. Zu Unrecht habe das LSG den Beweisantrag auf Einholung eines nervenfachärztlichen Gutachtens als unerheblich angesehen. Dr. J sei zur Überprüfung und Bewertung der erheblichen Schmerzbildung im Amputations- und Verletzungsbereich nicht in der Lage gewesen. Das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es ihm in keiner Weise über die Folgen seiner in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung hinsichtlich des Kostenvorschusses für ein von Prof. Dr. B einzuholendes Sachverständigengutachten gemäß § 109 SGG belehrt habe. Es sei für ihn völlig überraschend, in der Urteilsbegründung zu lesen, daß das LSG eine Ratenzahlung von mindestens 500,-- DM monatlich für erforderlich gehalten hätte. Wenn dies vom LSG schon in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht worden wäre, hätte er sich dazu bereiterklärt und den Vorschuß auch gezahlt. In der Ablehnung, ein Gutachten von Prof. Dr. B einzuholen, liege zugleich eine Verletzung des § 103 SGG.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LSG Berlin vom 30. Mai 1985 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie beziehe sich auf ihren Schriftsatz im Beschwerdeverfahren vom 3. September 1985. Von der persönlichen Ladung des Dr. J zur mündlichen Verhandlung seien keine anderen Aussagen zu erwarten gewesen, als er sie in seinem umfassenden Gutachten abgegeben habe. Die Einholung eines Gutachtens auf dem Gebiet der Allergie habe unterbleiben können, weil der Kläger es noch nicht einmal wahrscheinlich gemacht habe und es auch völlig unwahrscheinlich sei, daß die behauptete Allergie auf den Unfall vom 1. Oktober 1980 zurückgeführt werden könne. Daß der Kläger entgegen seiner Behauptung vor dem Unfall an einer asthmoiden Bronchitis gelitten habe, werde durch den Befundbericht des Lungenfacharztes Dr. S an das SG vom 28. Juni 1983 belegt. Die Ablehnung des Antrags nach § 109 SGG könne nicht als Überraschungsentscheidung angesehen werden. Der Kläger sei anwaltlich vertreten gewesen und anwaltlicherseits dürfte die Vorschußpflicht für die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bekannt sein, so daß eine nochmalige Hinweispflicht des LSG in diesem Falle habe unterbleiben können.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die vom Kläger auf Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG gerichtete Revision ist begründet.

Der Kläger macht ausschließlich Verfahrensmängel geltend, auf denen das Urteil des LSG beruhen kann. Er stützt sie darauf, daß das LSG nicht das Erscheinen des Sachverständigen Dr. J zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vom 6. Juni 1983 gemäß § 118 Abs 1 SGG iVm § 411 Abs 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) angeordnet hat, daß es nicht gemäß § 103 SGG Sachverständigengutachten bezüglich seiner von ihm als unfallbedingt angesehenen allergischen Erkrankung und der Schmerzbildung im Amputations- und Verletzungsbereich eingeholt hat und ihm vor Ablehnung seines Antrags, gemäß § 109 SGG ein Gutachten von dem Neurochirurgen Prof. Dr. B einzuholen, nicht nach §§ 62 und 128 Abs 2 SGG Gelegenheit zur Äußerung über die Höhe und die ratenweise Zahlung des zu fordernden Kostenvorschusses gegeben hat.

Jeder der geltend gemachten Verfahrensmängel führt, sofern er tatsächlich vorliegt und das angefochtene Urteil auf ihm beruht, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Die Entscheidung des Revisionsgerichts kann sich daher auf einen der geltend gemachten Verfahrensmängel stützen, ohne daß damit angenommen werden kann, die anderen Verfahrensmängel würden für nicht durchgreifend erachtet.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein prozessuales Grundrecht. Nach §§ 62, 128 Abs 2 SGG darf der Entscheidung des Gerichts - dazu gehört auch die Entscheidung über einen Antrag des Versicherten nach § 109 SGG auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes - kein Sachverhalt zugrunde gelegt werden, der auch nur einem Beteiligten teilweise unbekannt ist und wozu er sich deshalb nicht hat äußern können (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage, § 128 Anm 4). Dies trifft hier hinsichtlich der Tatsachen zu, auf die das LSG die Ablehnung des Antrags des Klägers nach § 109 SGG auf Anhörung des Prof. Dr. B gestützt hat.

Im angefochtenen Urteil ist dazu ausgeführt, "der Senat hätte die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG unter den gegebenen Umständen von der Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von mindestens 1.000,-- DM innerhalb von zwei Monaten abhängig gemacht". Dem Protokoll über die mündliche Verhandlung des LSG am 30. Mai 1985, in der der Antrag auf Anhörung des Prof. Dr. B vom Kläger gestellt worden war, ist nichts dafür zu entnehmen, daß dem Kläger vom Gericht die Höhe des zu zahlenden Kostenvorschusses und die Zahlungsfrist vor der Entscheidung über seinen Antrag genannt worden sind. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S 12) ergibt sich jedoch deutlich, daß das Gericht den Kläger über diese Tatsachen nicht informiert hat. Denn seiner Meinung nach hat das LSG die Höhe des Kostenvorschusses nicht anzugeben (festzusetzen) brauchen, weil der Kläger nicht bereit gewesen sei, eine derartige Kostenvorschußzahlung zu erbringen. Zu dieser Haltung hat sich das LSG durch die Entscheidung des BSG vom 31. März 1963 - 4 RJ 169/63 - (Breithaupt 1964, 908) gerechtfertigt gehalten. In jener Entscheidung hatte es sich um einen Versicherten gehandelt, der, ohne die Frage nach dem Kostenvorschuß zu stellen, die Erklärung abgegeben hatte, er werden keinen Kostenvorschuß leisten. Im vorliegenden Fall war die Sachlage jedoch eine andere. Der Kläger hatte zwar, wie aus dem Protokoll vom 30. Mai 1985 hervorgeht, zunächst beantragt, den Rechtsstreit durch die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG von Prof. Dr. B ohne Anforderung eines Kostenvorschusses weiter aufzuklären. Auf Befragen hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers dann erklärt: "Der Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG konnte im Hinblick auf die erst am 20. Mai 1985 zugestellte Terminsladung erst heute gestellt werden. Für den Fall, daß der Senat die Einholung dieses Gutachtens von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen würde, wäre der Kläger zu monatlicher Ratenzahlung von 150,-- DM bis 250,-- DM bereit." Es entspricht daher nicht den festgestellten Tatsachen, wenn das LSG die Ablehnung des Antrags des Klägers damit begründet, der Kläger habe ausdrücklich erklärt, er sei allenfalls bereit, einen Kostenvorschuß in monatlichen Raten von h ö c h s t e n s 250,-- DM zu zahlen. Die aus dem Protokoll zitierte Erklärung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers enthält weder das Wort "allenfalls" noch "höchstens". Sie läßt vor allem auch nicht den Schluß zu, daß der Kläger nicht bereit gewesen wäre, einen Kostenvorschuß von 1.000,-- DM zu leisten. Mit Raten von monatlichen 250,-- DM kann auch ein Kostenvorschuß von 1.000,-- DM aufgebracht werden. Die Höhe des nach Meinung des LSG zu leistenden Kostenvorschusses ist offensichtlich nicht Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gewesen. Der Kläger hatte aber ein Recht darauf, die Höhe des Kostenvorschusses zu erfahren (BSGE 2, 258, 261). Das LSG hat auch nicht zu erkennen gegeben, welches die "gegebenen Umstände" waren, die es bewogen haben, die Einholung des Gutachtens von einem Kostenvorschuß von 1.000,-- DM und von zwei Monatsraten abhängig zu machen. Der Kläger konnte sich deshalb zu diesen für die Höhe und die Zahlungsfrist des Kostenvorschusses maßgebende Umstände nicht äußern. Damit hat das LSG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§§ 62, 128 Abs 2 SGG) verletzt.

Das angefochtene Urteil beruht auch auf dieser Verletzung, da die Möglichkeit besteht, daß das LSG, hätte es den Kläger darüber gehört, ob er auch einen höheren Vorschuß in angemessenen monatlichen Raten zu zahlen bereit sei, auch ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt hätte. Dann aber wiederum besteht auch die Möglichkeit, daß das LSG, hätte es den Neurochirurgen Prof. Dr. B zu der Frage gehört, ob im Amputations- und Verletzungsbereich der linken Hand des Klägers Schmerzen bestehen, die als Folge des Arbeitsunfalls anzusehen sind, zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

Ob in der Ablehnung des Antrags gemäß § 109 SGG zugleich eine Verletzung des § 103 SGG vorgelegen hat, kann ungeprüft bleiben, da die Entscheidung schon allein durch die Verletzung der Vorschriften in der Gewährung des rechtlichen Gehörs getragen wird.

Die Kostenentscheidung auch für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657755

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