Leitsatz (amtlich)
1. Beschäftigte der in AVG § 6 Abs 1 Nr 2 iVm Nr 3 genannten Körperschaften sind - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - nur dann versicherungsfrei, wenn eine der genannten Körperschaften ihr Arbeitgeber ist.
Bayerische Sparkassen, denen der Gewährträger (Zweckverband) die Regelung der Dienstverhältnisse der bei ihnen verwendeten Beamten und Angestellten übertragen hat (Spk BY Art 12 Abs 4), sind Arbeitgeber dieser Beamten und Angestellten.
2. Die Regelung, daß in AVG § 8 Abs 1 genannten Beschäftigten, denen Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und auf Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist, versicherungspflichtig bleiben, wenn sie nicht auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit werden, verstößt nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums (GG Art 33 Abs 5).
Orientierungssatz
1. Bayerische Sparkassen sind keine "Gemeinden" oder "Gemeindeverbände" iS des AVG § 6.
2. Zur Frage, wann das Recht auf die Geltendmachung einer Beitragsforderung in der Sozialversicherung als verwirkt angesehen werden kann.
Normenkette
AVG § 6 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-02-23, Nr. 3 Fassung: 1957-02-23, § 8 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1229 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1957-02-23, § 1231 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; GG Art. 33 Abs. 5; SparkG BY Art. 12 Fassung: 1956-10-01
Tenor
Die Revisionen gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. September 1964 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beigeladenen Sparkassenbeamten schon vor ihrer durch das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Wirkung vom 18. April 1958 an ausgesprochenen Befreiung von der Angestelltenversicherungspflicht von Gesetzes wegen versicherungsfrei gewesen sind und ob im Falle des Bestehens einer Versicherungspflicht die klagende Sparkasse oder der beigeladene Zweckverband Schuldner der Beiträge gewesen ist.
Die als Anstalt des öffentlichen Rechts in Bayern errichtete klagende Sparkasse wird von dem als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten beigeladenen Zweckverband desselben Namens betrieben. Die beigeladenen Beamten waren bei der klagenden Sparkasse beschäftigt. Der Verwaltungsrat der Sparkasse hatte nach der Satzung des Zweckverbandes das Recht, die bei der Sparkasse beschäftigten Beamten und Angestellten anzustellen und ihre sonstigen Dienstverhältnisse zu regeln. Auf Grund der Bestimmungen der Zweckverbandssatzung trug die Sparkasse den gesamten Besoldungsaufwand für die bei ihr Beschäftigten einschließlich der anteilig nach der Beschäftigungszeit bei der Sparkasse errechneten Versorgungslasten. Für diese Beamten waren vor dem 18. April 1958 keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden.
Anläßlich einer Betriebsprüfung bei der klagenden Sparkasse im Jahre 1959 stellte die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) fest, daß die damals bei der Sparkasse beschäftigten beigeladenen Beamten erst mit Wirkung vom 18. April 1958 von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) idF vom 23. Februar 1957 (BGBl I 88) befreit worden waren. Sie forderte deshalb durch Bescheid vom 30. Dezember 1959 von der klagenden Sparkasse Sozialversicherungsbeiträge (zur Angestellten- und Arbeitslosenversicherung) in Höhe von ins. 8.580,28 DM und für Zeiten vom 1. März 1957 an für die beigeladenen Beamten nach. Den Bescheid über die Beitragsforderung ließ sie am 31. Dezember 1959 dem Sparkassenleiter der klagenden Sparkasse aushändigen.
Mit der nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 10. März 1960) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beitragsforderung sei nicht begründet; denn die beigeladenen Beamten seien von Gesetzes wegen auch schon vor dem 18. April 1958 sozialversicherungsfrei gewesen. Außerdem habe die Beklagte sich zu Unrecht an sie, die Sparkasse, gewandt. Selbst wenn die beigeladenen Beamten in der streitigen Zeit sozialversicherungspflichtig gewesen wären, wäre ausschließlich der beigeladene Zweckverband Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge gewesen. Der Bescheid hätte daher dem allein vertretungsberechtigten Vorsitzenden des Vorstandes des Zweckverbandes zugestellt werden müssen. Die Folge der falschen Inanspruchnahme sei die Verjährung der Beitragsforderung für das Jahr 1957.
Durch Urteil vom 1. Oktober 1962 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und der beigeladene Zweckverband Berufung eingelegt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 23. September 1964 zurückgewiesen, ohne ausdrücklich über das Rechtsmittel des beigeladenen Zweckverbandes zu entscheiden. In seinen Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Beitragsforderung zu Recht gegen die Klägerin gerichtet. Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei die klagende Sparkasse Arbeitgeberin der beigeladenen Sparkassenbeamten gewesen. Diese Beurteilung werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß es sich um Beamte des beigeladenen Zweckverbandes handele. Als solche seien sie nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 iVm Nr. 3 AVG versicherungsfrei gewesen; denn sie seien weder Beamte einer Gemeinde noch eines Gemeindeverbandes.
Gegen dieses Urteil haben die klagende Sparkasse und der beigeladene Zweckverband Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil, das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 1959 idF des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1960 aufzuheben,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie wenden sich gegen die Auffassung des LSG, die Sparkasse sei Arbeitgeberin der beigeladenen Sparkassenbeamten gewesen, und halten daran fest, daß Arbeitgeber und Dienstherr dieser Beamten der Gewährträger der Sparkasse, nämlich der Zweckverband, gewesen sei und die Beamten als Beamte eines Gemeindeverbandes nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 iVm Nr. 3 AVG versicherungsfrei gewesen seien. Der verfassungsmäßig verbürgte Grundsatz, daß der Dienstherr seinen Beamten angemessene Alimentation sowie Versorgung und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu gewähren habe, schließe deren zusätzliche Sicherung durch ihre Einbeziehung in die Sozialversicherung aus. Auf jeden Fall sei die Beitragsforderung verwirkt, da die AOK sie, die Sparkasse, trotz wiederholter Betriebsprüfungen in den letzten Jahren nicht auf die Rechtslage hingewiesen habe.
Die beklagte AOK und die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte haben beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Die Revisionen sind zulässig, und zwar auch die des beigeladenen Zweckverbandes. Zwar hat das Berufungsgericht nicht ausdrücklich auch über die von dem Zweckverband eingelegte Berufung entschieden. Selbst wenn aber insoweit kein Urteil ergangen wäre, ist die Revision des Zweckverbandes auf alle Fälle statthaft, weil er als Beigeladener nach § 75 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Einlegung eines Rechtsmittels befugt ist.
Die Revisionen sind jedoch unbegründet. Die beigeladenen Beamten sind als "Angestellte" im sozialversicherungsrechtlichen Sinne versicherungspflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG; § 56 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -). Schon der Wortlaut der die Versicherungsfreiheit von Beamten regelnden Vorschrift (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 iVm Nr. 2 AVG), der auf "Beamte und sonstige Beschäftigte" abstellt, läßt erkennen, daß das Beamtenverhältnis sozialversicherungsrechtlich zu den abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gehört, die grundsätzlich Versicherungspflicht begründen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1963 - 3 RK 99/59 - in SozR RVO § 169 Nr. 4 Bl. Aa 3 R mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts). Nach der Art und Weise ihrer Beschäftigung gehören die als Beamte tätigen Arbeitnehmer regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - zu den "Angestellten" im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.
Als solche wären die Sparkassenbeamten nur dann versicherungsfrei, wenn einer der Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht begründenden Ausnahmeregelungen bei ihnen Platz griffe. Die für die beigeladenen Beamten ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 8 AVG) wirkt erst vom 18. April 1958 an, wie auch die Revisionskläger nicht verkennen. Wenn diese dessen ungeachtet für die Zeit vor dem 18. April 1958 Versicherungsfreiheit nach § 6 AVG beanspruchen, so steht das in Widerspruch zu dem Befreiungsbescheid; denn auf Antrag des Arbeitgebers können nach § 8 AVG u.a. nur solche Personen von der Versicherungspflicht befreit werden, die in Betrieben oder im Dienst anderer als der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AVG genannten öffentlich-rechtlichen Körperschaften stehen. Wer mit anderen Worten schon nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 iVm Nr. 3 AVG versicherungsfrei ist, kann nicht zusätzlich noch nach § 8 AVG von der Versicherungspflicht befreit werden. Es gibt auch keine vorsorgliche oder bedingte Befreiung von der Versicherungspflicht, wie die Revisionskläger anzunehmen scheinen. Die Befreiungsbehörde (§ 8 Abs. 1 letzter Satz iVm § 6 Abs. 2 AVG) kann vielmehr die Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann aussprechen, wenn sie das Vorliegen der Voraussetzungen festgestellt hat. Deshalb hat das Bayerische Staatsministerium des Innern im vorliegenden Fall mit seinem Befreiungsbescheid die Vorfrage verneint, daß die beigeladenen Beamten bei einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband beschäftigt und deshalb versicherungsfrei sind. Da indessen die Beurteilung der Vorfrage durch die Befreiungsbehörde weder die Beteiligten noch das erkennende Gericht dieses Rechtsstreits bindet, ist die Frage, ob die beigeladenen Beamten bei einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde beschäftigt sind (§ 6 Abs. 1 Nr. iVm Nr. 3 AVG), unabhängig von der Auffassung der Befreiungsbehörde zu prüfen.
Wie schon die Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG erkennen läßt, die auf die "Beschäftigten" als den entscheidenden Oberbegriff abstellt, ist für die Beurteilung der Versicherungsfreiheit der von dieser Vorschrift erfaßten Personen von ihrem Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne auszugehen. Das abhängige Beschäftigungsverhältnis, dessen Pole Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind, ist wie allgemein im Recht der Sozialversicherung die Grundlage auch für die Frage, ob in ihm Versicherungsfreiheit des "beschäftigten" Arbeitnehmers besteht. Bestätigt wird diese Auffassung im übrigen durch die mit § 6 AVG korrespondierende Regelung in § 8 AVG. Wenn hier der "Arbeitgeber" in Zusammenfassung der im einzelnen in dieser Vorschrift genannten Körperschaften und Verbände als zur Stellung des Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht berechtigt erklärt wird, ist damit die gleiche Funktion angesprochen, die auch den Körperschaften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AVG eignet.
Wie das LSG zutreffend aus der Gestaltung des Dienstverhältnisses der beigeladenen Sparkassenbeamten gefolgert hat, war deren Arbeitgeber die klagende Sparkasse. Arbeitgeber ist nach der festen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSG 13, 130, 132; 13, 196, 201; 15, 65, 69; Urteil vom 29. März 1962 - 3 RK 38/58 - in SozR RVO § 380 Nr. 1) derjenige, zu dem der Arbeitnehmer im Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, die sich vornehmlich in seiner - regelmäßig mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers verbundenen - Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers äußert. Wie die Feststellungen des LSG im einzelnen erweisen, sind die beigeladenen Sparkassenbeamten vollständig in diesem Sinne in den Betrieb der Sparkasse eingegliedert. Darüber hinaus ist die Sparkasse auch die Anstellungskörperschaft der Sparkassenbeamten. Zwar bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 der Satzung des beigeladenen Zweckverbandes - vgl. auch Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Sparkassengesetzes idF der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1956 - Bayer.SpkG - (Bayer. BS I 574) -, daß die Beamten und Angestellten der Sparkasse Beamte und Angestellte des Zweckverbandes seien. Indessen hat der Zweckverband im vorliegenden Fall in § 10 Abs. 3 seiner Satzung von der Ermächtigung des Art. 12 Abs. 4 Bayer. SpkG Gebrauch gemacht, wonach der Gewährträger (= Zweckverband) die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse verwendeten Beamten und Angestellten auf den Verwaltungsrat der Sparkasse übertragen kann. Wie in der Entschließung des Bayerischen Staatsministers des Innern vom 27. Juni 1957 Nr. I B 5 - 3064/2-3 (Bayer. BS VI, III 537) im Abschnitt IX "Zu Art. 12 Abs. IV und V SpkG" zutreffend zum Ausdruck gebracht ist, muß diese Übertragung umfassend verstanden und auf alle personalrechtlichen Entscheidungen wie vor allem Anstellung, Entlassung, Beförderung, Versetzung, erst recht Regelung der Arbeitszeit, des Urlaubs u.ä. bezogen werden. Das folgt aus dem in Art. 12 Abs. 4 Bayer.SpkG verwandten weitgefaßten Begriff "Regelung der Dienstverhältnisse", aber auch aus dem in der genannten Entschließung hervorgehobenen Zweck dieser Vorschrift, die Möglichkeit zu geben, auf das aus dem Dualismus zwischen Gewährträgerorgan und Verwaltungsrat resultierende doppelgleisige Verfahren, wie es in Art. 12 Abs. 3 festgelegt ist, zu verzichten.
Ob die dem Gewährträger (Zweckverband) verbliebene Befugnis, den Stellenplan festzusetzen (vgl. § 7 Abs. 2 Buchst. d der Satzung), zur Erhaltung der Dienstherrneigenschaft genügt - wie die oben genannte Entschließung des Bayerischen Staatsministers des Innern vom 27. Juni 1957 annimmt -, ist fraglich; doch kann diese Frage hier auf sich beruhen. Jedenfalls liegen die personalrechtlichen Entscheidungsbefugnisse in bezug auf die Sparkassenbeamten im wesentlichen bei der Sparkasse und bestätigen, daß sie deren Arbeitgeberin sind.
Hiernach wären die Sparkassenbeamten versicherungsfrei, wenn ihr Dienst bei der Sparkasse eine Beschäftigung bei einer "Gemeinde" oder einem "Gemeindeverband" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG darstellte. Beides liegt nicht vor.
Wie sowohl der in der Vorschrift verwandte unmißverständliche Begriff - "Gemeinde" - als auch der Zusammenhang der Aufzählung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG erkennen läßt, meint diese Vorschrift mit "Gemeinde" die Gebietskörperschaft der untersten Ebene, die politische Gemeinde. Die klagende Sparkasse ist aber als Anstalt des öffentlichen Rechts eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die selbständig neben der Gebietskörperschaft "Gemeinde" steht. Die beigeladenen Sparkassenbeamten sind daher nicht Beamte einer Gemeinde.
Ebensowenig gehören sie einem "Gemeindeverband" an. Nach § 205 AVG iVm § 111 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bestimmt die oberste Verwaltungsbehörde des Landes - auch mit Wirkung für § 6 AVG -, welche Verbände als Gemeindeverbände zu gelten haben. In Bayern sind dies nach § 5 Nr. III der noch heute gültigen Bekanntmachung der Staatsministerien des Innern und für Landwirtschaft und Arbeit zum Vollzuge der RVO vom 25. März 1931 (Bayer. BS IV 633) nur die kreisfreien Gemeinden, Landkreise und Bezirke. Demnach können in Bayern nur Gebietskörperschaften - keineswegs aber eine Sparkasse - ein "Gemeindeverband" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG sein. Demnach sind die beigeladenen Sparkassenbeamten auch nicht Beamte eines Gemeindeverbandes. An diesem Ergebnis würde sich im übrigen auch nichts ändern, wenn die Auffassung der Revision zuträfe, daß Arbeitgeber der beigeladenen Sparkassenbeamten nicht die Sparkasse, sondern der Zweckverband sei; denn auch Zweckverbände gehören nicht zu dem Kreise der Gebietskörperschaften, die in Bayern allein einen "Gemeindeverband" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG bilden können.
Die Sparkassenbeamten gehören somit einer "anderen als der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 aaO genannten öffentlich-rechtlichen Körperschaften" (§ 8 Abs. 1 AVG) an, wie auch der Bayerische Staatsminister des Innern in seinem Befreiungsbescheid und erneut - im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge - in einer in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hat. Solche Beamtenkönnen nur auf dem in § 8 Abs. 1 AVG vorgesehenen Wege von der Versicherungspflicht befreit werden, wie es im vorliegenden Falle auch mit Wirkung vom 18. April 1958 an geschehen ist.
Der Revision ist zuzugeben, daß die Sparkassenbeamten dergestalt für einen begrenzten Zeitraum, was ihre Versorgung und Hinterbliebenenversorgung betrifft, doppelt gesichert gewesen sind. Die gesetzliche Regelung, die dieses Nebeneinander des Schutzes der Angestelltenversicherung und zugleich einer beamtenrechtlichen Versorgung zuläßt, ist aber entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb verfassungswidrig. Wohl gehört das Alimentations- und Versorgungsprinzip zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes - GG - (vgl. BVerfG 3, 58, 160; 8, 1, 16 ff). Insbesondere prägt der hergebrachte Grundsatz der Beamtenversorgung, nach dem unter Wahrung des Leistungsprinzips und Anerkennung aller Beförderungen das Ruhegehalt aus dem letzten Amt zu berechnen ist, das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beamten; er gehört zu den Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums ruht (BVerfG 11, 203, 210 ff). Hieraus könnte aber allenfalls gefolgert werden, daß es gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verstieße, wenn die herkömmliche beamtenrechtliche Versorgung durch Ausdehnung der Pflichtversicherung auf die Beamtenersetzt würde. Der hergebrachte Grundsatz der Beamtenversorgung verbietet aber die zusätzliche Sicherung der Beamten durch Einbeziehung in die Sozialversicherung jedenfalls dann nicht, wenn die dadurch eintretende Mehrbelastung zumutbar ist. Das ist aber der Fall bei dem Beamten, der neben seiner Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen noch dem Schutz der Rentenversicherung unterstellt wird. Seiner Verpflichtung, den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge zu tragen, steht die Anwartschaft auf zusätzliche Leistungen aus der Rentenversicherung - gegebenenfalls die Beitragserstattung (§ 82 AVG) - gegenüber. Für die arbeitgebende Verwaltung wird die Regelung dadurch zumutbar, daß sie der Gefahr der doppelten Belastung durch Aufwendungen für die soziale Sicherheit ihrer Beamten dadurch begegnen kann, daß sie den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 AVG rechtzeitig stellt.
Demnach waren die beigeladenen Sparkassenbeamten in der Zeit für die die beklagte AOK die Beiträge nachgefordert hat, versicherungspflichtig. Zu Recht hat die AOK die Sparkasse als den Arbeitgeber in Anspruch genommen (§ 118 Abs. 1 AVG).
Die AOK hat das Recht auf Geltendmachung ihrer Beitragsforderung entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch verwirkt, daß sie die Sparkasse trotz wiederholter Betriebsprüfungen nicht auf die Rechtslage, d.h. auf die Möglichkeit, die Befreiung ihrer Beamten von der Versicherungspflicht zu beantragen, hingewiesen hat. Dem Rechtsgedanken der Verwirkung ist wesenseigen, daß es sich bei ihr nur um Fälle des Rechtsmißbrauchs handeln kann, die auf Tatbeständen und Rechtsfolgen einer illoyalen Verzögerung der Rechtsausübung beruhen. Der bloße Zeitablauf kann für sich genommen nicht den Rechtsverlust durch Verwirkung herbeiführen; es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, welche die späte Ausübung des Rechts mit der Wahrung von Treu und Glauben als nicht vereinbar und dem Rechtspartner gegenüber wegen des illoyalen Verhaltens des Berechtigten als nicht zumutbar erscheinen lassen (BSG 7, 199, 200 f; 16, 79, 83). Hat ein Berechtigter - wie im vorliegenden Fall - jedoch nur aus Unkenntnis oder unrichtiger Beurteilung der Rechtslage davon abgesehen, seinen Anspruch sofort nach Fälligkeit geltend zu machen, und nicht durch sein Verhalten in seinem Rechtspartner die Überzeugung genährt, er werde seinen Anspruch fallen lassen, so reicht jedenfalls dies allein für die Verwirkung des Anspruchs nicht aus (vgl. BSG 23, 62, 66). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die relativ kurze Verjährungsfrist des § 29 Abs. 1 RVO (iVm § 205 AVG), die auch für Beitragsrückstände gilt, das Ausmaß der Belastung des Arbeitgebers durch nachträgliche Beitragseinziehung in vernünftigen Grenzen hält, so daß diese regelmäßig wirtschaftlich tragbar bleibt (BSG 21, 52, 56).
Die Revisionen müssen daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Fundstellen