Leitsatz (amtlich)
Selbständige Masseure sind jedenfalls dann als in der Krankenpflege tätige Personen krankenversicherungspflichtig (RVO § 166 Nr 5), wenn sie überwiegend auf Grund ärztlicher Anordnungen Massagen verabfolgen.
Normenkette
RVO § 166 Abs. 1 Nr. 5 Fassung: 1957-07-27
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 1959 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist staatlich geprüfte Masseurin und seit 1939 Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Nunmehr ist sie seit längerer Zeit als selbständige Masseurin tätig. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1952 bewilligte ihr die Beklagte die "Umstellung" der bis dahin als freiwillige Versicherung geführten Krankenversicherung (KrV) in eine Pflichtversicherung. Auf Grund des nicht sehr hohen Einkommens der Klägerin ergab sich dabei ein Beitrag von monatlich 9,45 DM.
Am 22. September 1955 eröffnete die Beklagte der Klägerin, daß sie in Zukunft wiederum nur noch als freiwilliges Mitglied versichert werden könne, da nach neueren gerichtlichen Entscheidungen selbständige Masseure nicht der KrV-Pflicht unterlägen. Der Widerspruch der Klägerin hiergegen wurde durch Bescheid vom 21. August 1956 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 22. September 1955 idF des Widerspruchbescheides vom 21. August 1956 und auf Verurteilung der Beklagten zur Weiterführung der Versicherung als einer solchen auf Grund gesetzlicher Versicherungspflicht abgewiesen (Urteil vom 29. März 1957). Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Vorinstanzen schlossen sich der Auffassung der Beklagten an, daß Masseure nicht unter § 166 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung (1. VereinfVO) vom 17. März 1945 (RGBl I 41) fielen. Danach werden für den Fall der Krankheit ua versichert (Nr. 5 daselbst) "die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständigen Personen, die in ihrem Betrieb keine Angestellten beschäftigen, wenn ihr regelmäßiges Jahreseinkommen nicht 6000,- DM übersteigt" - d. i. die Versicherungspflichtgrenze idF des damals maßgebenden Gesetzes über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung und zur Änderung der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 13. August 1952, BGBl I 437 -. Das SG und das Landessozialgericht (LSG) beriefen sich darauf, die Versicherungspflicht der in der Krankenpflege selbständig Tätigen sei erst durch die genannte 1. VereinfVO in die RVO eingeführt worden. Zur Zeit des Erlasses dieser Verordnung habe aber das Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz) vom 28. September 1938 (RGBl I 1309) gegolten. Darin und in den am selben Tage erlassenen Ausführungsverordnungen (RGBl I 1310 und 1314) sei jedoch ein sehr enger Begriff der Krankenpflege geprägt worden, der nur den herkömmlichen Tätigkeitsbereich der Krankenpfleger und Krankenschwestern eingeschlossen habe. Der hier allein in Betracht kommende Begriff der Krankenpflege sei damit ebenso wie nach den noch folgenden reichsgesetzlichen und späteren landesrechtlichen Ausführungs- und Durchführungsverordnungen eindeutig gegenüber der Gesundheitspflege abgegrenzt gewesen. Somit könnten die selbständigen Masseure auch nicht im Sinne des § 166 Nr. 5 RVO als in der Krankenpflege tätige Personen angesehen werden. Zwar seien auf Grund einer Ermächtigung im Krankenpflegegesetz außer der Säuglings- und Kinderpflegeverordnung vom 19. November 1939 (RGBl I 2239), der Verordnung über die Berufstätigkeit und die Ausbildung der medizinisch-technischen Gehilfinnen und medizinisch-technischen Assistentinnen vom 17. Februar 1940 (RGBl I 378), der Verordnung über Wochenpflegerinnen vom 7. Februar 1943 (RGBl I 87) schließlich ua eine Niedersächsische Verordnung über die berufsmäßige Ausübung von Massagen vom 4. Oktober 1948 (Nieders. GVOBl S. 162) ergangen. Daraus könne aber noch nicht geschlossen werden, daß das Gesetz den Masseurberuf ebenso als eine Tätigkeit der Krankenpflege ansehe wie die übrigen Pflegerberufe. Vielmehr habe das Krankenpflegegesetz und die dazu ergangene Krankenpflegeverordnung ausdrücklich die erwähnte Unterscheidung zwischen Krankenpflege und Gesundheitspflege getroffen, und die Ermächtigung des Krankenpflegegesetzes habe sich auch auf die Hilfskräfte in der Gesundheitspflege erstreckt. An keiner Stelle der Niedersächsischen Massageverordnung sei die Tätigkeit des Masseurs denn auch als Krankenpflege bezeichnet worden. Allerdings seien das Krankenpflegegesetz vom 28. September 1938 und die auf Grund der darin enthaltenen Ermächtigung erlassenen Verordnungen jetzt aufgehoben. An ihre Stelle sei das Krankenpflegegesetz vom 15. Juli 1957 (BGBl I 716) getreten, und die Berufsausübung der Masseure sei jetzt im Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 (BGBl I 985) geregelt. Der Begriff der Krankenpflege sei aber auch in diesen beiden Gesetzen gegenüber dem früheren Recht nicht in einem anderen Sinne gebraucht, er bezeichne vielmehr nach wie vor allein die herkömmlichen Aufgaben der Krankenpfleger und Krankenschwestern. Damit könnten die selbständigen Masseure nicht als in der Krankenpflege tätige Personen angesehen werden, zumal sie auch gesunde Menschen massierten. Dazu hat das LSG noch weiter ausgeführt, die Beklagte hätte zwar in ihrem früheren Bescheid vom 17. Dezember 1952 die Versicherungspflicht anerkannt. An diesen rechtswidrigen Bescheid sei sie aber nur für die Vergangenheit gebunden. Sie sei nicht gehindert gewesen, mit den angefochtenen neuen Bescheiden für die Zukunft den dem Gesetz entsprechenden Zustand wiederherzustellen.
Das LSG hat in seinem Urteil die Revision zugelassen. Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt und beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 24. Februar 1959 und das Urteil des SG Oldenburg vom 29. März 1957 aufzuheben und die Beklagte entsprechend den früheren Anträgen zu verurteilen.
Die Klägerin rügt unrichtige Anwendung des § 166 RVO. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung laufe den heutigen Bestrebungen zuwider, den Kreis der Pflichtversicherten weit zu fassen und die Angehörigen derjenigen Berufe, die im allgemeinen nur über ein beschränktes Einkommen verfügen, durch die Sozialversicherungspflicht für den Fall der Krankheit und später auch für das Alter zu sichern. Diese Tendenz zeige sich vor allem darin, daß nicht nur, wie früher, allein die Abhängigen, sondern in ständig zunehmendem Maße auch selbständige Berufe versicherungspflichtig geworden seien. Gerade unter diesem Gesichtspunkt könne die Auffassung der Vorinstanzen nicht überzeugen. Der Begriff der Krankenpflege in § 166 RVO dürfe nicht entsprechend dem Krankenpflegegesetz nur auf die Krankenpfleger und Krankenschwestern beschränkt werden. Wenn das Berufungsgericht auf den Unterschied zwischen Krankenpflege und Gesundheitspflege so großen Wert lege, so wolle es damit die Masseure ersichtlich lediglich als Hilfskräfte in der Gesundheitspflege ansehen. Diese Auffassung werde jedoch schon durch die Niedersächsische Verordnung vom 4. Oktober 1948 widerlegt, da nach dieser Verordnung Massagen an kranken Personen nur von Masseuren ausgeübt werden dürften, die ein Staatsexamen vor einem dazu befugten Gremium abgelegt haben. Allerdings schließe der Beruf eines Masseurs nicht notwendig den Umgang mit Kranken in sich. Ob ein Beruf unter die Krankenpflege oder unter die Gesundheitspflege falle, dürfe aber nicht davon abhängen, daß er ausschließlich den Kranken diene; deshalb müsse es genügen, daß der Masseur die Berechtigung habe, Kranke zu pflegen, und daß er dies auch tue. Schließlich gehe es ihr, der Klägerin, nicht um die Feststellung, daß die Tätigkeit eines Masseurs stets unter den Begriff der Krankenpflege falle, sondern darum, daß die von ihr ausgeübte Tätigkeit darunter falle. Sie behandele ausschließlich kranke Personen. Sie habe bereits vor dem SG Beweis dafür angetreten, daß sie auf Grund ihres Staatsexamens z. B. kranken Personen laut ärztlicher Anordnung Bestrahlungen gebe, und daß sie immer wieder an Lehrgängen des Verbandes Medizinischer Hilfsberufe e. V. teilgenommen habe. Alles dies sei augenscheinlich von den Vorinstanzen bisher als richtig unterstellt worden. Sollten in dieser Richtung Bedenken bestehen, müßte die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision mußte zur Aufhebung und Zurückverweisung führen.
Die Ausführungen und Schlußfolgerungen des LSG zur Frage der Versicherungspflicht selbständiger Masseure wären nur dann richtig, wenn wirklich angenommen werden müßte, daß das Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege vom 28. September 1938 (RGBl I 1309) und die dazu bis zum Erlaß der VereinfVO ergangenen Ausführungs-, Durchführungs- und Ergänzungsbestimmungen von einem so engen Begriff der Krankenpflege ausgehen, daß hierunter Masseure nicht zu verstehen sind, und wenn der Gesetzgeber beim Erlaß der 1. VereinfVO den Begriff der in der "Krankenpflege" selbständig tätigen Personen in dem gleichen Sinn verstanden wissen wollte, wie er sich aus dem Krankenpflegegesetz und seinen Durchführungsverordnungen ergibt. Beides erscheint bei näherer Prüfung jedoch nicht begründet.
Allerdings werden in § 1 des Krankenpflegegesetzes vom 28. September 1938 "die in der Krankenpflege" tätigen Personen den "als Hilfskräfte in der Gesundheitspflege" berufsmäßig tätigen Personen gegenübergestellt, und nach der Aufzählung dessen, was nach § 1 der Zweiten Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege und die Errichtung von Krankenpflegeschulen (Ausführungsverordnung) vom 28. September 1938 (RGBl I 1314) unter Krankenpflege zu verstehen ist, umfaßt diese die Tätigkeit der Masseure nicht. Es ist aber schon zweifelhaft, ob § 1 der genannten Ausführungsverordnung im Zusammenhang mit dem Krankenpflegegesetz und der Ersten Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege und die Errichtung von Krankenpflegeschulen (Krankenpflegeverordnung - KrPflV -) vom 28. September 1938 (RGBl I 1310) überhaupt diejenigen Tätigkeiten erschöpfend aufzählen wollte, die den Oberbegriff der Krankenpflege im Sinne des Krankenpflegegesetzes erfüllen sollten, oder ob hier zunächst nur die wesentlichsten, eine gesetzliche Regelung vordringlich erfordernden Zweige des allgemeinen Berufes der Krankenpflege genannt werden sollten. Dafür spricht vor allem, daß § 1 der Ausführungsverordnung, wie die Überschrift "zu § 1 KrPflV" ergibt, eindeutig nur den Begriff der Krankenpflege im Sinne des § 1 dieser KrPflV erläutern wollte; er sagt damit also nicht, was unter Krankenpflege im Sinne des Gesetzes zur Ordnung der Krankenpflege zu verstehen ist. Zudem behandelt § 1 Abs. 2 KrPflV ua die Berechtigungen anderer "Hilfsberufe in der Gesundheitspflege" und rechnet dazu z. B. die Säuglings- und Kleinkinderschwester und -Pflegerin, die Irrenpflegerin und Irrenpfleger, die Technische Assistentin usw. Es ist indes nicht einzusehen, inwiefern insbesondere die Irrenpflegerin, die doch nicht in der "Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege" im Sinne des § 166 Nr. 5 RVO tätig ist, nicht einmal unter die in der Krankenpflege tätigen Personen fallen soll, obwohl jede Irrenpflege im allgemeinen mit Krankenpflege verbunden ist. Hieraus ist somit eigentlich nur zu folgern, daß die "in der Krankenpflege" tätigen Personen und die "Hilfskräfte in der Gesundheitspflege" nach dem Krankenpflegegesetz überhaupt keine streng voneinander zu trennenden Berufszweige darstellen, sondern daß es sich ersichtlich hierbei um Begriffe handelt, die sich zum Teil decken. In der gleichen Richtung liegt es zudem, wenn in § 1 des neuen Gesetzes über die Ausübung des Berufs der Krankenschwester, des Krankenpflegers und der Kinderkrankenschwester (Krankenpflegegesetz) vom 15. Juli 1957 (BGBl I 716) ausdrücklich gesagt ist, wer die "Krankenpflege" unter der Bezeichnung "Krankenschwester oder Krankenpfleger" ausüben wolle, bedürfe hierzu der Erlaubnis. Damit ist wiederum bestätigt, daß die Tätigkeiten der Krankenschwestern, der Kinderkrankenschwestern und der Krankenpfleger nicht die einzigen Tätigkeiten sind, die nach der Vorstellung des Gesetzes unter den Oberbegriff der Krankenpflege fallen. Dabei ist im übrigen noch zu berücksichtigen, daß die durch das Krankenpflegegesetz von 1938 erstrebte Ordnung der Krankenpflegeberufe und der Hilfskräfte in der Gesundheitspflege infolge des Ausbruchs des Krieges überhaupt nur auf einigen Gebieten, und selbst hier z. T. nur unvollständig durchgeführt worden ist. Deshalb muß es auch aus diesem Grunde bedenklich erscheinen, aus der genannten, vorerst noch unvollständigen Regelung mit dem LSG den Umkehrschluß ziehen zu wollen, daß nach dem Recht der Krankenpflege unter diese nur die Krankenpfleger und die Krankenschwestern fallen.
Weiter kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Gesetzgeber der 1. VereinfVO unter Krankenpflege im Sinne des § 166 RVO wörtlich dasselbe verstanden wissen wollte wie das Krankenpflegegesetz von 1938 sowie die dazu bis 1945 ergangenen reichsgesetzlichen Ausführungs- und Durchführungsbestimmungen, so daß jede erweiternde Auslegung des Begriffs der "in der Krankenpflege selbständig tätigen Personen" unzulässig wäre. Immerhin kehrt der Begriff der Krankenpflege nochmals in dem ebenfalls durch die 1. VereinfVO eingefügten § 165 b RVO wieder. Danach gehören zu den Angestellten insbesondere ua "Angestellte in Berufen der Erziehung, des Unterrichts, der Fürsorge, der Kranken- und Wohlfahrtspflege". Die Einfügung dieser Vorschrift war mit dadurch veranlaßt worden, daß das Reichsversicherungsamt (RVA) in der GE Nr. 3702 (AN 1930, 180) ausgeführt hatte, daß Bademeister und Masseure, selbst wenn sie die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden hätten, keine Angestellten seien, weil sie überwiegend körperlich tätig seien. Hier sollte Abhilfe geschaffen werden, da die ständig gestiegenen Anforderungen an die Ausbildung und die medizinischen Kenntnisse derartiger Personen es nicht mehr vertretbar erscheinen ließen, sie weiterhin, sofern sie als abhängige Arbeitnehmer beschäftigt waren, den Arbeitern und damit der Invalidenversicherung zuzurechnen. Für § 165 b Abs. 1 Nr. 6 RVO ist aber vom Gesetzgeber von vornherein eine weite Auslegung erstrebt worden; denn die einleitenden Worte zu § 165 Abs. 1 RVO "Zu den Angestellten gehören insbesondere" zeigen klar, daß die nachfolgend genannten Berufe nur beispielhaft dafür angeführt werden sollten, wer zu den Angestellten zu rechnen ist, so daß es sich mithin hier um einen auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen sowie u. U. sogar ergänzungsbedürftigen Begriff handelt. Unter Krankenpflege ist deshalb hier jede Betreuung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verstehen (vgl. ua Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 165 b RVO Anm. 11 S. 17/102). Dementsprechend hat der Senat in BSG 10, 82 ausgesprochen, daß ein staatlich geprüfter Masseur, der in einer Krankenanstalt auf Grund ärztlicher Anordnung Massagen ausführt, auf Grund des § 165 b RVO angestelltenversicherungspflichtig ist. Zwar seien die Masseure weder in § 165 b Abs. 1 Nr. 6 RVO noch in § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) - beide idF der 1. VereinfVO - aufgeführt. Dies sei jedoch nicht entscheidend. Vielmehr müsse die Tätigkeit eines Masseurs in einem Krankenhaus im Rahmen der ärztlichen Hilfsberufe derjenigen einer Krankenschwester oder eines Krankenpflegers gleichgeachtet werden, wenn auch nicht zu übersehen sei, daß diese Personen z. T. bei der Verabfolgung von Arzneien, Spritzen und bei der Hilfe im Operationssaal eine weitergehende Verantwortung trügen. Berücksichtige man indes, daß die Tätigkeit eines geprüften Masseurs in einem Krankenhaus jedenfalls weit verantwortungsvoller sei als die eines invalidenversicherungspflichtigen Krankenwärters, so erscheine es nicht gerechtfertigt, die der Krankenbehandlung dienende Tätigkeit eines Masseurs an einem Krankenhaus weiterhin als invalidenversicherungspflichtig anzusehen. In einem nicht veröffentlichten Beschluß vom 24. Oktober 1959 (3 RK 66/58) hat der Senat diese Rechtsprechung auf in Krankenanstalten tätige Masseure, die gleichzeitig medizinische Heilbäder verabfolgen, ausgedehnt. In derselben Richtung geht die Entscheidung des 4. Senats (SozR § 3 AVG Bl. Aa 2 Nr. 4), wonach ein staatlich geprüfter Masseur, der in der medizinischen Abteilung eines städtischen Bades überwiegend auf Grund ärztlicher Anordnungen Massagen ausführt und Bäder verabfolgt, angestelltenversicherungspflichtig ist.
Allerdings kann die Anwendung des § 165 b Abs. 1 Nr. 6 RVO stets nur bei Personen in Betracht kommen, die nach der gesamten Art ihrer gegen Entgelt ausgeübten Beschäftigung Angestellte sein können. Das rechtfertigt es jedoch nicht, den Begriff der Krankenpflege hier grundsätzlich anders auszulegen als in § 166 Nr. 5 RVO. Somit ist ebenso wie für § 165 b Abs. 1 Nr. 6 auch für § 166 Abs. 1 Nr. 5 RVO insoweit eine weitgehende Auslegung zulässig. Eine solche ist auch geboten, da beim Erlaß der 1. VereinfVO bekannt gewesen ist, daß die erstrebte Ordnung der medizinischen Hilfsberufe noch nicht durchgeführt worden war. Es ist somit durchaus nicht auszuschließen, daß durch die Fassung "die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätigen Personen" alle Heilhilfsberufe erfaßt werden sollten, die auf Grund des Krankenpflegegesetzes eine gesetzliche Regelung erfahren hatten oder noch erfahren würden (vgl. hierzu Klopstock, DOK 1956, 318). Für die Masseure sind aber seit 1945 entsprechende eingehende Berufsordnungen ergangen wie für die Krankenschwestern, die Kinderkrankenschwestern und die Krankenpfleger (vgl. z. B. für Niedersachsen die bereits genannte Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Massage vom 4. Oktober 1948 - Nieders. GVOBl 1948, 162 - und für den Bund das Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 - BGBl I 985 -). Es besteht damit kein Grund, den Personenkreis der in der Krankenpflege tätigen Masseure, medizinischen Bademeister und Krankengymnasten grundsätzlich anders zu behandeln als die übrigen in der Krankenpflege tätigen Personen, deren Berufsausübung gesetzlich geregelt ist und die, wie die Krankenpfleger und die Krankenschwestern, schon nach einer lediglich den Wortlaut der Bestimmung des § 166 Nr. 5 RVO berücksichtigender Auslegung unter sie fallen (ebenso Peters aaO, § 166 RVO Anm. 8, und für Krankengymnasten Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II S. 312 t). Bei jenem Personenkreis besteht die gleiche soziale Schutzbedürftigkeit wie bei diesen Personen, bei ihnen allen ist die Interessenlage gleich, ihre Schutzbedürftigkeit und ihr Angewiesensein auf soziale Sicherung unterscheiden sich in keiner Weise.
Somit erscheinen die vom Berufungsgericht gezogenen Umkehrschlüsse nicht überzeugend.
Vielmehr sind die selbständigen Masseure nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedenfalls dann zu den nach § 166 Nr. 5 RVO Versicherungspflichtigen zu zählen, wenn sie auf Grund der einschlägigen Vorschriften zur selbständigen Ausübung ihres Berufs berechtigt sind, und wenn sie auch tatsächlich und nicht nur nebenher (vgl. Urteil des Senats in SozR § 166 RVO Bl. Aa 1 Nr. 1) Massagen auf Grund ärztlicher Anordnungen verabfolgen und damit in einem ihre Berufstätigkeit prägenden Ausmaß in der Krankenpflege tätig sind.
Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Nach ihrem früheren und in der Revisionsinstanz wiederholten Vorbringen ist die Klägerin jedoch vorwiegend in der genannten Richtung tätig. Damit war schon aus diesem Grunde die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht notwendig.
Darüber hinaus ist der Sachverhalt aber auch noch in anderer Hinsicht nicht genügend geklärt. Das LSG wird vor allem zu prüfen haben, ob die Klägerin, sofern sie jetzt als selbständige Masseurin krankenversicherungspflichtig ist, der beklagten Ersatzkasse angehören darf. Zwar würde eine selbständige, versicherungspflichtige Masseurin wohl nicht ohne weiteres Mitglied der Beklagten werden können, vielmehr sich bei der für sie zuständigen Allgemeinen Ortskrankenkasse versichern lassen müssen, da nach der Satzung der beklagten Ersatzkasse zu ihrem Mitgliederkreis nur "auf Privatdienstvertrag beschäftigte Angestellte und Angestellten-Lehrlinge" gehören (vgl. BSG 16, 165). Die Klägerin ist jedoch allem Anschein nach früher einmal rechtswirksam als Versicherungspflichtige Mitglied der Beklagten geworden. Die "Feststellung" im Tatbestand des Berufungsurteils, daß sie "seit 1939 freiwilliges Mitglied der Beklagten" gewesen sei, kann schwerlich richtig sein, da nicht zu erkennen ist, auf Grund welcher Bestimmung sie damals freiwillig der Ersatzkasse hätte beitreten können. Vielmehr kommt in Betracht, ob sie etwa nach Einführung der Versicherungspflicht für die in der Krankenpflege selbständig tätigen Personen durch die 1. VereinfVO, je nachdem, wann sie sich selbständig gemacht hatte, auf Grund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 11. Mai 1942 (AN 1942, 314) oder des § 4 Abs. 1 Satz 4 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 (RGBl I 1537) idF des § 15 des Gesetzes über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung und zur Änderung der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 13. August 1952 (BGBl I 437) weiterhin Mitglied bei der beklagten Ersatzkasse sein konnte. War das der Fall, müßte ihre gegen den "Umstellungsbescheid" vom 22. September 1955/ 21. August 1956 erhobene Anfechtungsklage in vollem Umfang Erfolg haben. Alsdann hätte die Beklagte sie auf Grund der genannten gesetzlichen Bestimmungen sowie nach § 7 Abs. 1 ihrer Versicherungsbedingungen in der Gruppe A als krankenversicherungspflichtiges Mitglied führen müssen.
Schließlich wird das LSG bei seiner endgültigen Entscheidung auch noch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen