Beteiligte
30. Juni 1997 …, Klägerin und Revisionsbeklagte |
Bundesknappschaft, Pieperstraße 14/28, 44789 Bochum, Beklagte und Revisionsklägerin |
1.Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt, Paracelsusstraße 21, 06114 Halle, 2.Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin, 3.Bundesrepublik Deutschland |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist die Versicherungspflicht der bei der Klägerin beschäftigten Beigeladenen zu 5) bis 66) in der knappschaftlichen Renten- und Krankenversicherung über den 30. Juni 1992 hinaus.
Die Klägerin wurde zum 1. Juni 1990 als Rechtsnachfolgerin des seit 1962 bestehenden VEB Zentrales Reparatur- und Ausrüstungswerk G (VEB ZRAW) im Zuge der Privatisierung nach der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl DDR I Nr 14 107) gegründet und aus dem ehemaligen VEB Kombinat Erdöl-Erdgas G ausgegliedert. Der VEB ZRAW hatte die Aufgabe, innerhalb des Kombinats materialtechnisch die Tief- und weitgehend auch die Flachbohrtechnik sowie die Hydrotechnik der gesamten geologischen Industrie der DDR auszustatten. Unter Tage waren seine Beschäftigten in der Regel nicht tätig.
Die Klägerin war ab Juni 1990 (neben sechs weiteren Betrieben) als juristisch und wirtschaftlich selbständiges Unternehmen im Rahmen des Konzerns Erdöl-Erdgas G GmbH, der als Holdinggesellschaft das Kombinat abgelöst hatte, zunächst in ihrem früheren Aufgabenbereich unternehmerisch tätig.
Mit der "Entscheidung über die Gewährung der bergbaulichen Versicherung im Bereich des Ministeriums für Geologie" (Entscheidung) vom 7. September 1984 hatte die Oberste Bergbehörde beim Ministerrat der DDR auf Vorschlag des Zentralvorstandes der IG Bergbau-Energie in Übereinstimmung mit dem Staatssekretariat für Arbeit und Löhne und dem Bundesvorstand des FDGB innerhalb des VEB Kombinats Erdöl-Erdgas G alle Werktätigen des VEB ZRAW sozialversicherungsrechtlich den in bergbaulichen Betrieben beschäftigten Werktätigen gleichgestellt. Im gleichen Bescheid sind auch die Mitarbeiter einer Vielzahl von Einzelbetrieben anderer Kombinate sowie von Forschungseinrichtungen begünstigt worden.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie führe ab 1. Januar 1991 die Kranken- und Rentenversicherung jener Arbeitnehmer durch, die bei der Klägerin am 31. Dezember 1990 beschäftigt und in der bergbaulichen Sonderversicherung versichert seien. Die Klägerin zahlte deshalb den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ab 1. Januar 1991 an die Beklagte, versuchte jedoch (Schreiben vom 24. September 1991), die knappschaftliche Versicherung ihrer Beschäftigten zu "kündigen", weil im Vergleich zu Betrieben ohne einen Bestand an knappschaftlich Versicherten die höheren Beiträge zu einer Wettbewerbsverzerrung führten. Die Beklagte stellte daraufhin mit Schreiben vom 24. Oktober 1991 klar, daß die bei der Klägerin am 31. Dezember 1990 beschäftigten Arbeitnehmer unter die Besitzschutzregelung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 - Einigungsvertrag - (EinigVtr) fielen, und deren Versicherungspflicht deshalb personengebunden in der knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung fortbestehe. Weder der Arbeitgeberwechsel noch die geltend gemachten Umstrukturierungsmaßnahmen und Veränderungen des Tätigkeitsfeldes der Klägerin stünden dem entgegen.
Mit Bescheid vom 4. Juni 1992, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1993, nahm die Beklagte im Einvernehmen mit dem Bundesversicherungsamt (BVA, dem Vertreter der Beigeladenen zu 3), gestützt auf § 45 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X), den Bescheid vom 10. Oktober 1990 mit Wirkung ab 1. Juli 1992 zurück: Sie habe darin die Besitzschutzregelung des EinigVtr ohne Rechtsgrundlage angewandt, weil sie verkannt habe, daß die Arbeitnehmer der Klägerin nach dem Recht der DDR in ihrer am 31. Dezember 1990 ausgeübten Beschäftigung bereits damals nicht (mehr) bergbaulich versichert gewesen seien. Nach dem Recht der DDR hätte nach Gründung der Klägerin und ihrer Ausgliederung aus dem Kombinat eine erneute Entscheidung der Obersten Bergbehörde beim Ministerrat der DDR getroffen werden müssen. Jene sei nicht ergangen und könne auch nicht mehr ergehen, weil der Gleichstellungsbescheid an die Zuordnung des Betriebs zum Verantwortungsbereich des Ministeriums für Geologie der DDR gekoppelt gewesen sei, dieses aber nicht mehr existiere. Dementsprechend habe für die Durchführung der knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung ab dem 1. Januar 1991 keine Rechtsgrundlage bestanden.
Das Sozialgericht (SG) Halle hat mit Urteil vom 25. August 1994 die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 20. April 1995 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klägerin habe (im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft für die betroffenen Arbeitnehmer) den Rücknahmebescheid der Beklagten anfechten dürfen, obwohl sie selbst eher entlastet denn beschwert sei. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 1990 sei rechtmäßig gewesen und habe nicht nach § 45 SGB X aufgehoben werden dürfen. Die knappschaftliche Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 5) bis 66) folge für den Zeitraum ab 1. Januar 1991 aus Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f/bb des EinigVtr und für den Zeitraum ab 1. Januar 1992 aus § 273 Abs 1 Satz 1 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) idF des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG). Diese Besitzschutzregelungen knüpften nur an die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses an. Die Entscheidung der Obersten Bergbehörde der DDR vom 7. September 1984 sei formell gültig und als Verwaltungsakt in der Form einer Sammelverfügung ergangen. Mit der Änderung der Rechtsform der Klägerin zum 1. Juni 1990 sei die Rechtsverbindlichkeit der Entscheidung nicht beseitigt worden. Auch wenn die Klägerin keinen Bezug zum Bergbau mehr aufweise, sich offenbar neu organisiert und anderen Tätigkeitsgebieten zugewandt habe, sei der Gleichstellungsbescheid nach Art 19 des EinigVtr weiterhin wirksam. Diese Entscheidung sei weder aufgehoben worden noch habe sie sich von selbst erledigt. Eines Antrags des Betriebs oder der betroffenen Arbeitnehmer auf erneute Gleichstellung habe es nicht bedurft. Vielmehr könnten die Arbeitnehmer auf die Statusentscheidung der DDR-Behörden vertrauen.
Mit der Revision rügt die Beklagte, das Urteil des LSG beruhe auf der rechtsfehlerhaften Anwendung des § 45 SGB X, des § 177 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), des § 273 SGB VI sowie der Regelung des EinigVtr in Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f/bb Abs 2. Ihr Bescheid vom 10. Oktober 1990 sei von Anfang an rechtswidrig, denn mit der Umwandlung des VEB zur GmbH zum 1. Juni 1990 seien die Voraussetzungen für den Gleichstellungsbescheid der Obersten Bergbehörde der DDR entfallen, nämlich die Zugehörigkeit zum Verantwortungsbereich des Ministeriums für Geologie sowie der bergbauliche Betriebszweck des allein begünstigten VEB ZRAW innerhalb des Kombinats. Im übrigen werde die Bestandskraft der Entscheidung vom 7. September 1984 bis zur Umwandlung nicht bestritten. Danach habe sie sich aber von selbst erledigt. Eine förmliche Aufhebung der Entscheidung sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Art 19 des EinigVtr stehe dem nicht entgegen, denn dessen Satz 2 und 3 ließen die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt.
Die Beklagte beantragt,
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die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 20. April 1995 sowie des SG Halle vom 25. August 1994 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 4. Juni 1992 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1993 abzuweisen. |
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Die Beigeladene zu 3) schließt sich dem Antrag der Beklagten an und weist ergänzend darauf hin,
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mit der Umwandlung des VEB ZRAW zum 1. Juni 1990 habe die allgemeine Versicherungspflicht nach § 2 der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) eingesetzt, da eine Tätigkeit im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Geologie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ausgeübt worden sei. Darauf sei aber die Gleichstellung nach § 63 SVO iVm der Anlage 2 Abschn I Nrn 1 bis 3 sowie Anlage 2 Abschn II gestützt worden. Art 19 des EinigVtr sei nicht einschlägig. Nach Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gleichstellung könne aus der SVO keine Fortwirkung des die Gleichstellung anerkennenden Verwaltungsakts gefolgert werden. Vielmehr knüpfe der erworbene Status an eine bestimmte Tätigkeit in einem anerkannten Betrieb im Verantwortungsbereich des ehemaligen Ministeriums für Geologie an. Im übrigen gewähre die Besitzschutzregelung des EinigVtr entgegen der Ansicht des LSG keinen uneingeschränkten persönlichen Besitzschutz. Auszugleichen sei durch die Knappschaftsversicherung ein besonderes, betriebsbedingtes Risiko, wobei die §§ 62, 63 SVO der DDR den begünstigten Personenkreis weiter gezogen hätten als die §§ 137, 138 SGB VI. Entfalle dieses Risiko, bestehe kein Grund, die knappschaftliche Versicherung fortzuführen; die Beschäftigung iS des § 7 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) dauere dagegen in allen Fällen an. Der Beschäftigungsbegriff der Übergangsregelung des EinigVtr sowie des § 273 SGB VI sei deshalb "betriebsbezogen" auszulegen. |
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision der Beklagten zurückzuweisen. |
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Sie trägt vor, das Beschäftigungsverhältnis habe trotz der Privatisierung des VEB angedauert, nur daran knüpften der EinigVtr und § 273 SGB VI an. Die im Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 und im EinigVtr vorgegebene Privatisierung der VEB habe zu einer Ausgliederung der Kombinate aus dem Zuständigkeitsbereich der Ministerien geführt, davon sei der Sozialversicherungsschutz der Beschäftigten aber nicht berührt. Die Entscheidung vom 7. September 1984 habe nach Art 19 des EinigVtr Bestand und sei von der Beklagten niemals aufgehoben worden, ebensowenig wie ihr Bescheid vom 24. Oktober 1991. Die Annahme der Beklagten, die Entscheidung vom 7. September 1984 beziehe sich nur auf den VEB, nicht aber auf dessen Rechtsnachfolgerin, gehe fehl: Da alle VEB zu privatisieren gewesen seien, würde es andernfalls überhaupt keinen Besitzschutz mehr geben.
Die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) bis 66) stellen keine Anträge und haben sich auch nicht zur Sache geäußert.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
1.a) |
Entgegen der Ansicht des LSG ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin nicht erst aus der Konstruktion einer gewillkürten Prozeßstandschaft für ihre Arbeitnehmer, die Beigeladenen zu 5) bis 66) (§ 202 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm § 51 Abs 1 Zivilprozeßordnung [ZPO]), sondern aus eigenem Recht der Klägerin. Diese wird durch den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 1992 auf der Grundlage des § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht nur finanziell entlastet, sondern gegebenenfalls auch belastet, wenn zB die Beitragssätze bei anderen Krankenversicherungsträgern höher sind als bei der Beklagten. Vor allem hat der Bescheid aber auch organisationsrechtliche Auswirkungen. Die Klägerin muß wissen, bei welchem Träger der Krankenversicherung sie ihre Arbeitnehmer anzumelden und den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzuführen hat. Prinzipiell sind bei Entscheidungen der Einzugsstelle (§ 28b SGB IV) über die Versicherungspflicht gegebenenfalls die abgebenden und aufnehmenden Krankenkassen, die abgebenden und aufnehmenden Rentenversicherungsträger, der Arbeitgeber sowie die Arbeitnehmer Verfahrensbeteiligte, und zwar sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im anschließenden Klageverfahren (§ 12 Abs 2 SGB X, § 75 Abs 2 SGG; BSGE 55, 160, 162; BSGE 15, 122, 123). |
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b) |
Sachlich ist die Beklagte zum Erlaß der angefochtenen Bescheide zuständig gewesen. |
Nach § 273a SGB VI (eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch Art 1 Nr 91 RÜG vom 25. Juli 1991 [BGBl I 1606, 1625]) entscheidet zwar "in Zweifelsfällen" das BVA ua darüber, ob die Zuständigkeit der Beklagten "für Arbeitnehmer außerhalb von knappschaftlichen Betrieben, die denen in knappschaftlichen Betrieben gleichgestellt sind", gegeben ist. Eine am Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Norm orientierte Auslegung der Ausnahmeregelung des § 273a SGB VI führt aber dazu, einen Zweifelsfall in diesem Sinne und damit die sachliche Zuständigkeit des BVA für den Erlaß (positiver wie negativer) Feststellungsbescheide über die Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung auf der Grundlage nachwirkenden DDR-Sozialversicherungsrechts und der Besitzschutzregelung des EinigVtr nur dann anzunehmen, wenn sich Bundesknappschaft und BVA über das Bestehen oder Nichtbestehen der Versicherungspflicht nicht einigen können (teleologische Reduktion).
Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 12/405 S 130 zu Nr 86) führt an, im Beitrittsgebiet sei eine Vielzahl von Arbeitnehmern knappschaftlich versichert, die nicht in knappschaftlichen Betrieben beschäftigt seien. Hervorgehoben werden die Gleichstellungen nach den §§ 62, 63 der SVO vom 17. November 1977 (GBl DDR I 373). Hier solle das BVA in Zweifelsfällen die Rechtmäßigkeit der knappschaftlichen Versicherung "prüfen". Hintergrund war ein besonderer Prüfauftrag der Bundesregierung an das BVA, weil sie befürchtete, die Beklagte habe in einer erheblichen Zahl von Fällen das Weiterbestehen der knappschaftlichen Versicherungspflicht von Einzelpersonen aufgrund der Besitzschutzregelungen des EinigVtr oder die Knappschaftlichkeit von Betrieben zu Unrecht anerkannt. Wegen der hohen Bundeszuschüsse war diese Prüfung, die keinen Aufschub duldete, von finanzpolitischer Bedeutung (vgl Schnupfhagn, BArbBl 1992 Nr 7 - 8, 11, 14 f; Busch, Kompaß 1996, 608, 609 f). Die besondere Entscheidungskompetenz des BVA im Sinne einer Fachaufsicht wurde nur deshalb eingeführt, um der Prüfung Nachdruck zu verleihen und um das Ergebnis so schnell wie möglich umzusetzen. Der umständliche Weg des abgestuften Aufsichtsverfahrens (§§ 29 Abs 1 Satz 1, 89 Abs 1, 90 Abs 1 SGB IV) mit dem Risiko der Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) sollte vermieden werden.
Die Sonderregelung des § 273a SGB VI hat allerdings zur Folge, daß das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin, Rechtsnormen im Einzelfalle in eigener Kompetenz anzuwenden und auch nach außen hin (auch vor Gerichten) als eigenständiger Versicherungsträger aufzutreten, verkürzt wird. Die Auslegung des § 273a SGB VI hat sich deshalb daran zu orientieren, den damit verbundenen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Beklagten auf das nach Sinn und Zweck der Norm Nötige und vom Gesetzgeber Gewollte zu beschränken. Die Reichweite des § 273a SGB VI ist deshalb auf jene "Zweifelsfälle" einzugrenzen, in denen die Beklagte und das BVA unvereinbare Rechtsansichten haben. Es sind dies rechtliche Meinungsverschiedenheiten, die im allgemeinen ein Aufsichtsverfahren nach den §§ 87 ff SGB IV erforderlich machen. Diesem Ergebnis steht auch nicht das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Juli 1968 (SozR Nr 1 zu § 2 Reichsknappschaftsgesetz [RKG]) zur ähnlich lautenden früheren Vorschrift des § 3 Abs 4 RKG entgegen. Die dargelegte spezielle Zielsetzung des § 273a SGB VI gebietet, hier den Begriff "in Zweifelsfällen" enger zu fassen.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 1990 über die Feststellung der knappschaftlichen Versicherungspflicht der am 31. Dezember 1990 bei der Klägerin Beschäftigten für den Zeitraum ab 1. Januar 1991 war nicht rechtswidrig und durfte deshalb auch nicht - wie geschehen - im Verfahren nach § 45 SGB X durch die angefochtenen Bescheide zurückgenommen werden (1). Die angefochtenen Bescheide sind jedoch wegen mittlerweile eingetretener Änderung der Verhältnisse und der eingeschränkten Reichweite der Besitzschutzregelungen des EinigVtr in einen rechtmäßigen Neufeststellungsbescheid nach § 48 SGB X umzudeuten, der jedenfalls für den Zeitraum ab 1. Juli 1992 zu Recht das Ende der knappschaftlichen Versicherungspflicht feststellt. Die Besitzschutzregelung des § 273 Abs 1 Satz 1 SGB VI ist nicht einschlägig (2).
Zu 1)
a) |
Der Feststellungsbescheid vom 10. Oktober 1990 stützt sich inhaltlich zu Recht auf die Entscheidung vom 7. September 1984. Hierbei handelt es sich um einen vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangenen Verwaltungsakt (vgl § 31 Satz 2 SGB X - Allgemeinverfügung) einer Behörde der DDR. Abgesehen von der Frage der genauen gesetzlichen Grundlage (s. unten) hat dieser Verwaltungsakt seinen Verfügungssätzen entsprechend tatsächliche Anwendung gefunden und rechtsgestaltend ab 1. April 1984 ua alle Werktätigen des VEB ZRAW sozialversicherungsrechtlich den in bergbaulichen Betrieben beschäftigten Werktätigen gleichgestellt. Diese Entscheidung ist als Verwaltungsakt auch wirksam geblieben. |
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Nach Art 19 Satz 1 des EinigVtr vom 31. August 1990 (BGBl II 889 ber. 1239) bleiben vor Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR grundsätzlich wirksam. Sie können nach Satz 2 nur aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen des EinigVtr unvereinbar sind. Dies bedeutet, daß nur nach heutigem Rechtsverständnis offensichtliche und unerträgliche Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip zur Aufhebung eines Verwaltungsakts im Rahmen eines Verfahrens nach § 45 SGB X führen können (BSGE 76, 124, 125 mwN; Urteil des 2. Senats vom 18. März 1997 - 2 RU 19/96 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinsichtlich der Entscheidung vom 7. September 1984 kann ein eklatanter Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht festgestellt werden, auch wenn die Suche nach einer Rechtsgrundlage Zweifel offenläßt.
Die Entscheidung vom 7. September 1984 betrifft drei VEB-Kombinate aus dem Bereich der Geologischen Forschung und Erkundung, der Erdöl- und Erdgasgewinnung sowie der Geophysik (darunter das VEB Kombinat Erdöl-Erdgas G , dem unterstellt wiederum der VEB ZRAW), weiter aber auch zwei Institute, das Zentrale Geologische Institut B sowie das Institut für mineralische Rohstoff- und Lagerstättenwirtschaft in D . Damit werden von der Obersten Bergbehörde beim Ministerrat der DDR (auf Vorschlag der Gewerkschaft und in Übereinstimmung mit dem Staatssekretariat für Arbeit und Löhne sowie dem FDGB) "... alle Werktätigen der nachstehend aufgeführten Betriebe und Einrichtungen des Ministeriums für Geologie sozialversicherungsrechtlich den in bergbaulichen Betrieben beschäftigten Werktätigen (rückwirkend ab 1. April 1984) gleichgestellt".
Überwiegende Gründe sprechen dafür, daß die Entscheidung vom 7. September 1984 ihre Rechtsgrundlage nicht in § 63 SVO iVm der Anlage 2 zu § 63 SVO Abschn I Nrn 1 bis 3 sowie Abschn II Satz 1 hat. Diese Rechtsnorm betrifft die individuelle Gleichstellung von Werktätigen außerhalb von bergbaulichen Betrieben, die jedoch überwiegend für den Bergbau tätig sind, wobei außerdem zusätzlich die in der Anlage 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Es sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte festgestellt, daß diese Voraussetzungen bei der Gesamtheit der mit der Entscheidung vom 7. September 1984 begünstigten Werktätigen des VEB ZRAW (oder noch auffälliger der begünstigten Institute) vorlagen. Die Kombinate und Institute gehörten zwar zum Verantwortungsbereich des Ministeriums für Geologie. Aber nichts spricht dafür, daß zB die Werktätigen des VEB ZRAW in ihrer Gesamtheit unmittelbar mit Erkundungsarbeiten, dem Aufschluß und Abbau von Kohlenwasserstoff-Lagerstätten sowie der Erkundung und Errichtung von Untergrundspeichern beschäftigt und ständig im durchgehenden Schichtbetrieb im Feldeinsatz tätig waren (Anlage 2 zu § 63 SVO Abschn I Nr 1) oder als Ingenieure, Techniker usw ... den Ablauf von Erkundungsarbeiten, den Aufschluß und Abbau von Kohlenwasserstoff-Lagerstätten sowie die Erkundung und Errichtung von Untergrundspeichern unmittelbar beeinflußt hatten (Anlage 2 zu § 63 SVO Abschn I Nr 2) oder als Ingenieure, Techniker usw ... überwiegend im Bergbau tätig und dabei mindestens fünf Schichten unter Tage eingesetzt waren (Anlage 2 zu § 63 SVO Abschn 1 Nr 3). Die begünstigten Werktätigen hätten außerdem nach der Anlage 2 zu § 63 SVO Abschn II Satz 2 listenmäßig erfaßt werden müssen. Auch für eine solche Tatsache gibt es keine Anhaltspunkte.
Statt dessen bietet § 62 SVO eher eine Rechtsgrundlage für die Entscheidung vom 7. September 1984. Ihr lag augenscheinlich die Annahme zugrunde, daß die benannten Betriebe im Bereich des Ministeriums für Geologie wegen ihres Aufgabenbereichs und der damit verbundenen Tätigkeiten wie bergbauliche Betriebe anzusehen waren. Deshalb wurde die Entscheidung betriebsbezogen getroffen. Dadurch sollten allgemein alle Beschäftigungsverhältnisse von Werktätigen dieser Betriebe erfaßt werden, auch diejenigen, die erst in Zukunft begründet werden. Die Definition der bergbaulichen Betriebe in § 62 Abs 2 SVO war sehr weit (... Gewinnung von Mineralien oder ähnlichen Rohstoffen mit bergbaulichen Technologien [Satz 1], alle Nebenbetriebe [Satz 2] zählten dazu und gegebenenfalls innerhalb von Kombinaten Teilbetriebe [Satz 3]). Daneben eröffnete § 62 Abs 4 Buchst a SVO die Möglichkeit, in Ausnahmefällen einzelne Betriebsabteilungen nichtbergbaulicher Betriebe, in denen bergmännische Tätigkeiten verrichtet wurden, den bergbaulichen Betrieben gleichzustellen. Die Entscheidung, ob bei dieser weiten Definition ein Betrieb als bergbaulicher Betrieb anzusehen war, traf "in Zweifelsfällen" die Oberste Bergbehörde beim Ministerrat der DDR auf Vorschlag der Gewerkschaft in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des FDGB. Speziell im VEB ZRAW wurden zwar generell keine bergmännischen Tätigkeiten verrichtet. Im gleichen Verfahren können aber auch Werktätige (oder die Gesamtheit der Werktätigen in einem Betrieb) nach § 62 Abs 4 Buchst b SVO den in bergbaulichen Betrieben Beschäftigten gleichgestellt werden, falls sie bergmännische Tätigkeiten verrichten. Alle Einzelheiten der Entscheidung nach Form, Inhalt und betroffenen Betrieben samt ihren Beschäftigten sprechen dafür, daß eine Gleichstellung iS des § 62 Abs 4 SVO getroffen werden sollte.
Die sozialversicherungsrechtlichen Wirkungen der Entscheidung vom 7. September 1984 lassen sich deshalb dahin zusammenfassen, daß der VEB ZRAW faktisch einem bergbaulichen Betrieb gleichgestellt wurde. Alle seit dem 1. April 1984 dort Beschäftigten waren bergbaulich versichert, und es war der um 10 % erhöhte Beitragssatz nach § 13 Abs 1 (nicht Abs 2) der SVO abzuführen.
Dieser in Bestandskraft erwachsene, über viele Jahre hinweg wirksame - wenngleich mit dem Wortlaut der §§ 62, 63 SVO kaum vereinbare - Verwaltungsakt der DDR ist nach Art 19 Satz 1 EinigVtr wirksam geblieben. Der Verwaltungsakt beruht auf der extensiven Auslegung und Anwendung niederrangigen DDR-Rechts durch bzw unter Beteiligung der höchsten Lenkungsorgane der DDR, zB des Staatssekretariats für Arbeit und Löhne. Er diente der Verwaltungsvereinfachung, weil man sich damit die individuelle Gleichstellung (und ständige Überprüfung der Berechtigung) nach § 63 SVO ersparte.
b) |
Der Gleichstellungsbescheid vom 7. September 1984 hat sich nicht durch die Umwandlung der volkseigenen Betriebe "anderweitig erledigt". |
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Durch die Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl DDR I 107) waren in der gesamten DDR ua alle volkseigenen Kombinate und volkseigenen Betriebe zwingend umzuwandeln (§ 2 Abs 1 der Verordnung), in der Regel in Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder in Aktiengesellschaften, und die Geschäftsanteile von der Treuhandanstalt zu übernehmen. Diese allumfassenden Umwandlungen waren politisch motiviert im Sinne einer Dezentralisierung und Privatisierung, ohne unmittelbar den Unternehmensgegenstand und die Aufgaben der Beschäftigten des jeweiligen Betriebes zu verändern. Der umgewandelten Gesellschaft war es vielmehr freigestellt, das vom volkseigenen Betrieb betriebene Unternehmen weiterzuführen (§ 4 Abs 4 der Verordnung). Diese Entwicklung hat auch die Klägerin genommen. Das Kombinat VEB Erdöl-Erdgas G wurde zur Holdinggesellschaft Erdöl-Erdgas G GmbH und der VEB ZRAW zum 1. Juni 1990 zur Maschinen- und Anlagenbau GmbH G umgewandelt - und zwar als juristisch und wirtschaftlich selbständige Unternehmen. Die GmbH wurde damit ohne jegliche Vorbehalte (zB hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse) Rechtsnachfolgerin des umgewandelten VEB, der damit erlosch (vgl § 7 der Verordnung). Zugleich entfiel die zentrale Lenkung der gesamten Erdölindustrie der DDR durch Staatsorgane der DDR. Die Treuhandanstalt, die (zunächst) alle Geschäftsanteile der gegründeten Gesellschaften hielt, hatte keine vergleichbaren Lenkungsaufgaben. Allgemein war eine Änderung des bisherigen Betriebszwecks unmittelbar mit der Umwandlung nicht verbunden. Die jeweiligen Konzepte für die Fortführung der Einzelbetriebe nach der Zerschlagung der Kombinate mußten erst noch gefunden werden. Zunächst wurde mit den übernommenen Beschäftigten wie bisher weitergearbeitet, denn die Auswirkungen der Währungsunion auf den Handel mit den früheren Geschäftspartnern der DDR (RgW-Staaten) sowie auf die Konkurrenzfähigkeit der DDR-Produkte auf dem innerdeutschen Markt und dem Weltmarkt wurden erst im Herbst 1990 deutlich. Die eigentlichen Veränderungen der Betriebsstrukturen, des Betriebszwecks und der Produktionsbereiche fanden auch im vorliegenden Fall, nach den Feststellungen des LSG, die auf den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren (Auskünfte vom 4. September 1990, Schreiben vom 24. September 1991 und 10. Juni 1992) fußen und die die Hauptbeteiligten in der mündlichen Verhandlung des Revisionsverfahrens bestätigt haben, erst im Jahre 1991 und der ersten Hälfte des Jahres 1992 statt.
Wenn angesichts dessen der EinigVtr in Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 1 Buchst f/bb Abs 2 eine, wenn auch eingeschränkte sozialversicherungsrechtliche Besitzschutzregelung für diejenigen Beschäftigten trifft, die am 31. Dezember 1990 in bergbaulichen Betrieben beschäftigt oder solchen Beschäftigten gleichgestellt sind (s unten zu 2), dann wird deutlich und verständlich, daß hierbei die den Vertragspartnern bekannten Umwandlungen nach der Verordnung vom 1. März 1990 für sich genommen keine sozialversicherungsrechtliche Bedeutung haben. Die allumfassenden Umwandlungen der volkseigenen Betriebe in private Gesellschaften als Teil der politischen Umwälzung hatten nach dem oben Dargelegten keine zwangsläufigen rechtlichen Auswirkungen auf die vom EinigVtr erfaßten sozialversicherungsrechtlich erheblichen Tatsachen.
c) |
Dasselbe gilt für den Fortfall des Ministeriums für Geologie der DDR. Jedenfalls nach dem 3. Oktober 1990 bestand dieses Ministerium nicht mehr. Dies hat aber nicht zur Folge, daß nach diesem Zeitpunkt die Entscheidung vom 7. September 1984 für die Nachfolge-GmbH und deren Arbeitnehmer schon deswegen keinen Regelungsgehalt mehr hat. Zwar hob diese Entscheidung die Zugehörigkeit zum Ministerium für Geologie eigens hervor, aber es ist davon auszugehen, daß nicht die formelle Zugehörigkeit, sondern die dadurch bezeichneten gemeinsamen tatsächlichen Aufgaben entscheidungsbegründend sein sollten. Denn die Gleichstellung eines Betriebs mit einem bergbaulichen Betrieb bzw einer individuellen Tätigkeit mit einer solchen in einem bergbaulichen Betrieb nach den §§ 62, 63 SVO erfolgte nach den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmungen wegen besonderer mit einem Bergbaubetrieb verbundener individueller oder kollektiver Belastungen und der Nähe zur Förderung von Bodenschätzen. Die Umwandlung in Privatbetriebe oder die Veränderung der politischen Verhältnisse und exekutiven Zuständigkeiten konnte daran nichts ändern, falls der Aufgaben- und Tätigkeitsbereich gleich blieb. Auch diese Schlußfolgerung wird durch den EinigVtr bestätigt. Nach dem EinigVtr galten die SVO mit geringen Modifikationen auch noch im Jahre 1991 und die §§ 62, 63 SVO noch bis zum 31. Dezember 1990 (EinigVtr Anlage II Kap VIII Sachgebiet F Abschn III Nr 3 Buchst c sowie Nr 10 aaO). Dies war in Kenntnis der allumfassenden Privatisierung sowie der politischen Umwälzung ausgehandelt worden. Dann kann die schon zuvor weggefallene wirtschaftspolitische Zuordnung (zum Kombinat, zum Ministerium für Geologie) und der politische Umbruch kein Grund sein, die bisherigen Entscheidungen nach den §§ 62, 63 SVO als überholt anzusehen oder allein deshalb wegen Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Busch berichtet (Kompaß 1994, 93, 94 f), daß die Oberste Bergbehörde der DDR (sie war bis 3. Oktober 1990 existent) aus diesen Erwägungen heraus und in Kenntnis der bereits im August 1990 ausgehandelten Übergangsregelung des EinigVtr die bisherigen Gleichstellungsbescheide bewußt unangetastet ließ; bei gegenteiliger Rechtsauffassung wäre sie dazu berufen gewesen, diese wegen Änderung der Verhältnisse aufzuheben. |
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Zu 2)
Die Regelung des EinigVtr in Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f/bb Abs 2 führt indessen nur zu einem eingeschränkten Besitzschutz der bei der Klägerin am 31. Dezember 1990 Beschäftigten, der unter dem Vorbehalt der Änderung der Verhältnisse steht.
a) |
Die Regelung begründet in erster Linie (wie mit dem vorzeitig am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen § 177 SGB V hinsichtlich der Krankenversicherung, vgl §§ 308 Abs 1 und 312 Abs 1 SGB V [EinigVtr Anlage I Kap VIII Sachgebiet G Abschn II Nr 1]) für den Zeitraum ab 1. Januar 1991 zusammen mit den §§ 125 bis 145 SGB VI (EinigVtr Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f) die Zuständigkeit der Bundesknappschaft. Nur indirekt läßt sich daraus ein individueller bzw kollektiver Besitzschutz für die am 31. Dezember 1990 in einem bergbaulichen Betrieb iS des DDR-Rechts Beschäftigten oder solchen Beschäftigten herleiten, die nach DDR-Recht diesen Versicherten gleichgestellt waren. |
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Nach Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f/bb Abs 2 des EinigVtr erstreckt sich die Zuständigkeit der Bundesknappschaft auch auf Beschäftigte, die am 31. Dezember 1990 in bergbaulichen Betrieben beschäftigt oder solchen Beschäftigten gleichgestellt sind, solange sie diese Beschäftigung ausüben und sofern für sie der Beitragssatz der bergbaulich Versicherten gilt.
Im vorliegenden Falle waren diese Voraussetzungen am Stichtag 31. Dezember 1990 erfüllt. Alle bei der Klägerin am 31. Dezember 1990 beschäftigten Arbeitnehmer waren den in bergbaulichen Betrieben nach DDR-Recht Beschäftigten gleichgestellt. Die Klägerin hat für sie den erhöhten Beitragssatz für die bergbaulich Versicherten nach § 13 Abs 1 SVO abgeführt und ab 1. Juli 1990 nach Einführung eines gegliederten Sozialversicherungssystems durch das Gesetz über die Sozialversicherung (SVG) vom 28. Juni 1990 (GBl DDR I 486) bereits Knappschaftsbeiträge an das Finanzamt (vgl § 40 Abs 3, § 48 Abs 1 SVG) entrichtet.
b) |
Abzugrenzen ist davon das Weiterbestehen dieser bergmännischen Versicherung (nach dem als Bundesrecht weitergeltenden DDR-Recht) für den Zeitraum ab 1. Januar 1991. Dies ist nach der oa Regelung des EinigVtr nur noch personengebunden möglich und hängt von zwei Kriterien ab: |
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Zum einen wird das weitere Ausüben "dieser Beschäftigung" vorausgesetzt. Das bedeutet nach dem Wortlaut der Regelung und dem Sinnzusammenhang nur eine besonders geprägte Beschäftigung. Die Prägung muß durch solche tatsächlichen Umstände erfolgen, die wegen des besonderen Unternehmensgegenstandes mit seinem Bezug zum Bergbau oder wegen des bergmännischen Charakters der Tätigkeit zur Anerkennung/Gleichstellung als bergbaulicher Betrieb nach DDR-Recht geführt hatten oder aufgrund derer nach DDR-Recht eine kollektive oder individuelle Gleichstellung mit den in einem bergbaulichen Betrieb Beschäftigten verfügt worden war.
Zum anderen muß für diese begünstigten Beschäftigten der (erhöhte) Beitragssatz für bergbaulich Versicherte gelten, dh auch beitragsrechtlich muß eine Verpflichtung des Betriebsunternehmers bestehen, die erhöhten Knappschaftsbeiträge abzuführen. Dies setzt jedenfalls bei Gleichstellungen der vorliegenden Art voraus, daß es sich weiterhin um einen bergbaulichen Betrieb handelt, bzw der Begünstigte muß (individuell oder kollektiv) weiterhin aufgrund eines formell gültigen Bescheides - hier der Entscheidung vom 7. September 1984 - einem bergbaulich Versicherten gleichgestellt sein. Demnach muß eine andauernde knappschaftliche Versicherung - aufgrund jenes formell gültigen Bescheides - auch dann denkbar sein, ohne daß "diese Beschäftigung" fortbesteht; sonst hätte das Nebeneinander beider Kriterien keinen Sinn. Dies aber heißt, daß es, entgegen der Meinung des LSG, nicht allein auf die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses ankommen kann. Der Beigeladenen zu 3) ist deshalb darin beizupflichten, daß die Besitzschutzregelung nicht allein und losgelöst von ihren Inhalten auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne oder des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des Sozialrechts nach § 7 SGB IV abstellt. Gemeint ist nur das spezielle, von dem bergbaubezogenen Unternehmensgegenstand geprägte Beschäftigungsverhältnis im Bergbau oder in gleichgestellten Betrieben, das zur Anerkennung des Betriebs als bergbaulich oder zur Gleichstellung des Einzelnen oder des Kollektivs mit den in bergbaulichen Betrieben beschäftigten Werktätigen zum Stichtag 31. Dezember 1990 geführt hatte.
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Die personengebundene Weiterversicherung in der bergbaulichen Versicherung steht also unter dem Vorbehalt der Änderung der Verhältnisse. Die Entscheidung darüber muß von der nunmehr allein zuständigen Beklagten, die wegen ihrer nach dem EinigVtr begründeten umfassenden Zuständigkeit auch in die früheren Kompetenzen der Obersten Bergbehörde der DDR eingesetzt wurde (vgl § 48 Abs 4 iVm § 44 Abs 3 SGB X), gegebenenfalls im Verfahren nach § 48 SGB X getroffen werden. Wenn zB im Laufe des Jahres 1991 der Grund, der nach Abschn I Nrn 1 bis 3 der Anlage 2 zu § 63 SVO zur individuellen Gleichstellung mit einem bergbaulich Versicherten geführt hatte, entfallen ist, dann hat die Beklagte eine Neufeststellung vorzunehmen. War die Gleichstellung des Betriebs oder der Werktätigen in einem Betrieb betriebsbezogen erfolgt, ist ebenfalls eine Neufeststellung vorzunehmen, wenn die für die Gleichstellung damals maßgeblichen Voraussetzungen der §§ 62, 63 SVO nicht mehr vorliegen, insbesondere wenn es sich wegen Änderung des Produktionsprofils um keinen bergbaulichen Betrieb oder wenigstens einen diesem ähnlichen Betrieb mehr handelt, bzw wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Ausnahmefalls (nach § 62 Abs 4 iVm Abs 5 SVO, siehe oben) nicht mehr vorliegen. Auch dies berechtigt zur Neufeststellung nach § 48 SGB X im Zeitraum nach dem 1. Januar 1991 durch die Beklagte. |
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d) |
Für den Zeitraum ab 1. Januar 1992 ergibt sich aus § 273 Abs 1 Satz 1 SGB VI nichts Abweichendes. Danach ist für Beschäftigte die Bundesknappschaft auch zuständig, wenn die Versicherten aufgrund der Beschäftigung in einem nichtknappschaftlichen Betrieb bereits vor dem 1. Januar 1992 bei der Bundesknappschaft versichert waren, solange diese Beschäftigung andauert. Diese Regelung dient nicht dazu, den Besitzschutz des EinigVtr zu verlängern. Vielmehr ist die Regelung des EinigVtr weiterhin gültiges Bundesrecht und auch mit den oben dargelegten Einschränkungen nach dem 1. Januar 1992 anzuwenden. |
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Die Neufassung des § 273 Abs 1 Satz 1 SGB VI mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch Art 1 Nr 91 des RÜG vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606, 1625) hat zunächst nicht zum Hintergrund, daß durch Art 41 Nr 2 des RÜG die Art 17 bis 22 Einführungsgesetz zum Reichsknappschaftsgesetz (EG-RKG [BGBl III, Gliederungsnummer 822-11]) außer Kraft getreten waren und damit nach dem 1. Januar 1992 neu eingetretene Belegschaftsmitglieder in einen bisher nach Art 17 EG-RKG knappschaftlichen Betrieb nicht mehr der knappschaftlichen Versicherungspflicht unterlagen. Für die bisher insoweit Versicherten bleibt bereits nach Art 27 RÜG die Bundesknappschaft zuständig, solange das Beschäftigungsverhältnis andauert. Diese Zusammenhänge sind der Begründung zum Gesetzentwurf zu entnehmen (BT-Drucks 12/405 S 130 zu Nr 85 [§ 273]). In der Begründung zum jetzigen Art 27 RÜG (BT-Drucks 12/405 S 173 zu Art 26) heißt es, der knappschaftliche Versicherungsschutz der nach Art 17 EG-RKG Begünstigten "soll aus Gründen des Vertrauensschutzes solange fortbestehen, wie das Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber eines solchen Betriebs andauert" (dh eines Betriebs mit dem Tätigkeitsprofil, das zur Begünstigung nach Art 17 EG-RKG geführt hatte).
Alleiniger Zweck des § 273 Abs 1 Satz 1 SGB VI ist vielmehr, über den 31. Dezember 1991 hinaus den Besitzschutz derjenigen zu verlängern, die ihn nach Art 2 § 1b Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetz (KnVNG) zugesprochen erhalten hatten. Die Beschäftigung in dem bei der (nicht mehr knappschaftlichen) "Altgesellschaft" verbleibenden Betrieb oder Betriebsteil oder die Tätigkeit in einem nichtknappschaftlichen Betrieb oder Betriebsteil nach einer geschützten Konzentrationsmaßnahme ist für die Dauer dieser Beschäftigung (mit beliebigen Inhalten) so zu behandeln, als würde sie in einem knappschaftlichen Betrieb ausgeübt (GemeinschaftsKomm-Störmann, § 273 SGB VI Anm 3).
Auch die Vertreter der Gegenmeinung, die - entgegen der Auffassung des Senats - nach seinem Wortlaut den § 273 Abs 1 Satz 1 SGB VI auch als Verlängerungsvorschrift der "Besitzschutzregelung" des EinigVtr (Anlage I Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 1 Buchst f/bb) für den Zeitraum ab 1. Januar 1992 begreifen (GemeinschaftsKomm-Störmann, aaO), müßten bedenken, daß diese Vorschrift sinnvollerweise insoweit nur jene Bedeutung haben kann wie die Ursprungsregelung, die nach wie vor (als Bundesgesetz) in Kraft ist. Dann wäre der Teilsatz "solange diese Beschäftigung andauert" jedenfalls in diesem Zusammenhang ebenso auszulegen wie der wortgleiche Teilsatz der "Besitzschutzregelung" des EinigVtr. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber ab 1. Januar 1992 in Analogie zur Regelung des Art 2 § 1b KnVNG einen Besitzschutz einsetzen lassen wollte, der in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1991 nicht bestanden hatte.
e) |
Die Besitzschutzregelung des § 273 Abs 1 Satz 2 SGB VI ist im vorliegenden Fall ebenfalls nicht einschlägig. Danach bleibt die Bundesknappschaft, wenn Beschäftigte in einem Betrieb oder Betriebsteil, für dessen Beschäftigte die Bundesknappschaft bereits vor dem 1. Januar 1992 zuständig war, infolge einer Verschmelzung, Umwandlung oder einer sonstigen Maßnahme innerhalb von 18 Kalendermonaten nach dieser Maßnahme in einem anderen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens tätig werden, für die Dauer dieser Beschäftigung zuständig. Damit wird Art 2 § 1b KnVNG für neue Konzentrationsvorgänge abgelöst und die bisherige Regelung verlängert, die für Konzentrationsvorgänge im Steinkohlen- und Kalibergbau geschaffen wurde, um jene Umwälzungen, die zum Verlust der Knappschaftlichkeit eines Betriebs, bzw der "knappschaftlichen Versicherung" eines Betriebs (in den Art 17 EG-RKG-Fällen) führen konnten, sozial abzufedern. Ob § 273 Abs 1 Satz 2 SGB VI für den Zeitraum ab 1. Januar 1992 auch für (jetzt knappschaftliche oder "knappschaftlich versicherte") frühere DDR-Betriebe gilt, sollte es zu den geschützten Verschmelzungen, Umwandlungen und sonstigen Maßnahmen kommen, kann der Senat dahingestellt sein lassen. Im vorliegenden Falle ist die Regelung auch nicht anwendbar, da keiner der geschützten Konzentrationsvorgänge nach dem 1. Januar 1992 stattgefunden hat. |
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f) |
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 1992 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1993 erweist sich iS des § 48 SGB X (Neufeststellung wegen Änderung der Verhältnisse) als rechtmäßig. |
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Der ab 1. Januar 1991 nach den obigen Ausführungen einsetzende personengebundene Besitzschutz wurde objektiv rechtswidrig, weil sich die der Bescheiderteilung zugrundeliegenden Verhältnisse von der zweiten Hälfte des Jahres 1991 ab geändert hatten. Die Klägerin war nicht mehr vorwiegend für die Öl- und Erdgasindustrie tätig und hatte sich vom Konzernunternehmen gelöst. Jedenfalls zur Zeit der Bescheiderteilung am 4. Juni 1992 waren diese Vorgänge nach den Feststellungen des LSG so weit fortgeschritten, daß die Voraussetzungen für die Gleichstellung des früheren VEB ZRAW mit einem bergbaulichen Betrieb durch die Entscheidung vom 7. September 1984 auch nicht annähernd mehr gegeben waren. Nach den unangegriffenen (und von den Hauptbeteiligten in der mündlichen Verhandlung des Revisionsverfahrens bestätigten) Feststellungen des LSG waren in der ersten Hälfte des Jahres 1992 alle produzierenden Bereiche verkauft, und die Klägerin betätigte sich nur noch auf den Geschäftsfeldern Elektro-Energie-Versorgung, Wassererzeugung und Wasser-Versorgung sowie Wärmeerzeugung und Wärme-Versorgung im Rahmen eines Industrieparks.
Der Bescheid vom 4. Juni 1992 kann in einen Neufeststellungsbescheid nach § 48 SGB X gemäß § 43 SGB X umgedeutet werden. Dieses Recht steht auch den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (vgl das Teilurteil des Senats vom 28. März 1997 - 8 RKn 9/95 - S 23 des Urteilsabdrucks mwN). Die Umdeutung ist jedenfalls dann zulässig und geboten, wenn zwar die im Bescheid nach § 45 SGB X enthaltene Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides entfällt, sich jedoch am verbliebenen Regelungsgehalt letztlich nichts ändert und lediglich die Begründung (hier für die Beendigung der knappschaftlichen Versicherungspflicht zum 30. Juni 1992) ausgetauscht wird. Die Ausschlußgründe des § 43 Abs 2 SGB X liegen nicht vor.
Da hier die Versicherungsverhältnisse der Beigeladenen zu 5) bis 66) nur mit Wirkung für die Zukunft neu festgestellt wurden und gleichzeitig über § 248 Abs 4 SGB VI sichergestellt ist, daß eine Zuordnung (und Anrechnung) der bisher entrichteten Beiträge zur bergbaulichen bzw knappschaftlichen Versicherung als Pflichtbeitragszeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfolgt, bestehen hinsichtlich der Anwendung des § 48 SGB X mit Blick auf den Vertrauensschutz der Betroffenen keine Bedenken.
Der Anwendung des § 48 SGB X steht auch nicht entgegen, daß Art 19 EinigVtr die Bestandskraft von DDR-Verwaltungsakten bekräftigt, denn nach dessen Satz 3 bleiben "im übrigen" die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt. Dies bedeutet, daß auch die Rücknahmevorschriften des SGB X, welche die Bestandskraft von Verwaltungsakten ausnahmsweise durchbrechen lassen, Anwendung finden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die von der Beklagten und der Beigeladenen zu 3) zu verantwortenden unzutreffenden Gründe der angefochtenen Bescheide die Klägerin verleitet haben, den Rechtsstreit bis zur Klarstellung durch den Senat durchzuführen.
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
BSGE, 267 |
NJ 1997, 413 |
SozSi 1998, 276 |