Leitsatz (amtlich)

1. Das Studium an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Förderung einer beruflichen Fortbildung nach AFG § 41 Abs 1, wenn nach der Studienordnung generell auch solche Bewerber zugelassen werden, die weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung noch über eine angemessene, dh zeitlich und sachlich entsprechende Berufserfahrung verfügen.

2. Die Zugangsvoraussetzungen für eine Maßnahme der beruflichen Bildung iS von AFG § 41 Abs 1 liegen nicht vor, wenn diese nicht für die Teilnahme an der Maßnahme, sondern erst für die Teilnahme an der die Maßnahme abschließenden Prüfung gefordert werden.

 

Normenkette

AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Juni 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Förderung seines Studiums an der Verwaltungs- und Wirtschafts*-akademie (VWA) Rheinland-Pfalz eV.

Der 1941 geborene Kläger, der die Unterprimareife erreicht hatte, war seit 1961 beim Straßenneubauamt B. als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Ab Oktober 1968 nahm er an einem Beamtenlehrgang teil und legte im Dezember 1970 die Verwaltungsprüfung I ab. Ab Oktober 1971 besuchte er einen Verwaltungslehrgang II mit dem Ziel der Prüfung für den gehobenen nichttechnischen Dienst.

Am 30. März 1972 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt B., sein Studium an der VWA Rheinland-Pfalz mit dem Ziel, das Verwaltungsdiplom zu erwerben, durch die Übernahme von Kosten zu fördern. Das Studium sollte in Teilzeitform durchgeführt werden (2 - 3 Unterrichtstage in der Woche) und voraussichtlich vom 11. April 1972 bis Juli 1975 (7 Semester) dauern. Das Arbeitsamt lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 30. Mai 1972; Widerspruchsbescheid vom 10. April 1973).

Mit Urteil vom 16. Oktober 1973 hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide dem Grunde nach zur Gewährung von Förderungsleistungen verurteilt. Bei seiner Entscheidung hat es sich auf eine im Laufe des Verfahrens eingeholte Bescheinigung des Leiters der VWA vom 2. Oktober 1973 gestützt, wonach der Kläger zur Verwaltungsdiplomprüfung im Jahre 1975 zugelassen werde, sofern er bis dahin die erforderliche Studienzeit von 7 Semestern und die geforderten Übungsarbeiten nachweise. Es seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß der Kläger das Maßnahmeziel nicht erreichen werde.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 6. Juni 1974 das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen. Wie das LSG festgestellt hat, hatte der Kläger im Dezember 1973 die Verwaltungsprüfung II abgelegt und war am 24. Januar 1974 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsinspektor ernannt worden. Die VWA hatte ihn daraufhin mit Schreiben vom 27. Januar 1974 als ordentlicher Hörer zugelassen. Nach einer vom LSG eingeholten Auskunft der Straßenverwaltung Rheinland-Pfalz vom 22. April 1974 war für die Ernennung des Klägers zum Regierungsinspektor zA der Besuch der VWA nicht ausschlaggebend. Die Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis sei formell von dem Bestehen der Laufbahnprüfung, daneben aber auch von dem Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen abhängig gewesen. Das LSG hat den Anspruch des Klägers schon deshalb für unbegründet erachtet, weil es an der erforderlichen arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit im Sinne des § 36 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) fehle. Für die Zeit nach der Ernennung des Klägers zum Regierungsinspektor auf Probe scheitere der Anspruch daran, daß die Förderung von Beamten unter Berücksichtigung der in §§ 1 und 2 AFG genannten Zielvorstellungen des Gesetzes grundsätzlich nicht als arbeits- und sozial*-politisch zweckmäßig angesehen werden könne. Für die Tätigkeit von Beamten seien strukturelle Veränderungen, der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, der Wandel der Produktions- und Arbeits*-methoden, die fortschreitende Automation und sonstige, die Lage des Arbeitsmarktes beeinflussende Faktoren ohne Bedeutung. Durch das nach dem Alimentationsprinzip ausgestattete öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis werde ihnen bereits größtmögliche Krisenfestigkeit garantiert. Dies gelte für Beamte auf Lebenszeit und lasse sich auch auf Beamte auf Probe ausdehnen, deren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im allgemeinen bereits gesichert erscheine. Konkrete Anhaltspunkte, die ausnahmsweise gegen eine reibungslose spätere Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sprechen könnten, seien nicht gegeben. Aber auch für die Zeit vom Beginn des Studiums an der VWA bis zur Ernennung des Klägers zum Regierungsinspektor könne die Zweckmäßigkeit der Maßnahme im Sinne des § 36 AFG nicht bejaht werden. Eine Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Förderung in ein Beamtenverhältnis scheide aus, da der Besuch der VWA nach der Auskunft der Straßenverwaltung Rheinland-Pfalz für die Ernennung des Klägers ohne Bedeutung gewesen sei. Er könne sich nicht darauf berufen, daß er mit der Verwaltungsprüfung II eine Voraussetzung zum Erwerb des Verwaltungsdiploms geschaffen habe. Nach seinem eigenen Vortrag habe er den Verwaltungslehrgang II deshalb besucht, um nach Möglichkeit in die gehobene Beamtenlaufbahn einzutreten. Entscheidend sei somit das eigentliche Ziel des Klägers, Beamter zu werden und die Tatsache, daß er dazu das Verwaltungsdiplom nicht benötigt habe.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger insbesondere eine Verletzung der §§ 36, 37 AFG und § 8 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (ANBA 1971 S 797 - AFuU 1971 -). Er führt hierzu aus: Für den Zeitraum bis zu seiner Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe sei das LSG von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Bis zu dieser Zeit sei er lediglich Verwaltungsangestellter gewesen. Ein Rechtsanspruch auf die Berufung in das Beamtenverhältnis habe nicht bestanden. Auch habe zu Beginn des Studiums keinesfalls festgestanden, daß er überhaupt Beamter werden würde; denn die Verwaltungsprüfung II werde von fast 40% der Teilnehmer nicht bestanden. Durch das Verwaltungsdiplom würden die Aufstiegschancen von Angestellten im öffentlichen Dienst aber wesentlich erhöht. An den Voraussetzungen des § 36 AFG könne der Anspruch des Klägers somit nicht scheitern. Die Beklagte habe seinen Anspruch daher auch nicht wegen Fehlens der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit, sondern allein deshalb versagt, weil aufgrund einer innerdienstlichen Weisung "außerordentliche" Hörer der VWA grundsätzlich nicht zu fördern seien. Daß die Zulassung als außerordentlicher Hörer dem Förderungsanspruch nicht entgegenstehe, habe aber das SG bereits zutreffend entschieden. Auch für die Zeit nach der Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis könne der Anspruch nicht aufgrund des § 36 AFG in Verbindung mit § 8 AFuU 1971 verneint werden. Der weitere Besuch der VWA sei dem "beruflichen Aufstieg" des Klägers im Sinne des § 8 AFuU 1971 förderlich gewesen. Zwar werde durch das Verwaltungsdiplom kein Rechtsanspruch auf eine höher bewertete Position begründet; nach den Bestimmungen des Landes Rheinland-Pfalz seien Beamte, die durch Fortbildung ihre fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweislich wesentlich gesteigert hätten, vom Dienstherrn jedoch zu fördern und gegebenenfalls bei Beförderungen gegenüber anderen Beamten zu bevorzugen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Berufungsurteils und der angefochtenen Bescheide die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 11. April 1972 für die Teilnahme an dem Lehrgang der Verwaltungsakademie M. Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz dem Grunde nach zu gewähren,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Für die Zeit bis zur Ernennung des Klägers zum Regierungsinspektor auf Probe scheitere die Förderung im übrigen aber auch daran, daß der Kläger bei Beginn des Studiums die beruflichen Bedingungen für die Zulassung zur Prüfung als dem Ziel der Maßnahme nicht erfüllt habe. Er habe über eine für das Erreichen des Fortbildungszieles notwendige abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung im Sinne des § 7 Abs 1 Nr 1 AFuU 1971 nicht verfügt. Anders als die übrigen Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung seien die beruflichen Bedingungen zu Beginn der Maßnahme nachzuweisen, da sie der sicherste Anhaltspunkt für die Eignung und damit für die Erwartung eines erfolgreichen Maßnahmeabschlusses darstellten. Die Zulassung als außerordentlicher Hörer könne daher einen Förderungsanspruch nicht begründen.

Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zugelassene Revision des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch auf Förderung seines Studiums an der VWA. Eine Förderung als Ausbildung (§ 40 AFG) oder Umschulung (§ 47 AFG) scheidet nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG zum beruflichen Ausgangspunkt des Klägers und der Art und besonderen Zielsetzung des Studiums aus. Der Studienlehrgang zur Erlangung des Verwaltungsdiploms sollte dem Kläger weder einen erstmaligen beruflichen Abschluß vermitteln (vgl BSGE 37, 163) noch den Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit mit neuem Inhalt ermöglichen, wie es für eine Umschulung bezeichnend ist (vgl BSGE 36, 48). Die Maßnahme ist inhaltlich vielmehr dem Bereich der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 41 Abs 1 AFG zuzuordnen. Der Kläger erstrebt mit dieser verwaltungswissenschaftlichen Zusatzbildung die Erweiterung seiner durch die berufliche Tätigkeit als Verwaltungsangestellter bereits erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie eine Verbesserung seiner Chancen für einen beruflichen Aufstieg innerhalb des öffentlichen Dienstes. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung der Teilnahme des Klägers an der beruflichen Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 41 AFG liegen jedoch nicht vor. Hierfür reicht es nicht aus, daß die Maßnahme inhaltlich den Zielbestimmungen des § 41 Abs 1, 1. Halbs AFG entspricht. Erforderlich ist ferner das Vorliegen bestimmter Zugangsvoraussetzungen in Bezug auf ein bestimmtes berufliches Wissen der Teilnehmer, und zwar entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung (§ 41 Abs 1, 2. Halbs AFG). Dabei kann nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestimmung die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht nur als eine auf den Teilnehmer bezogene subjektive Förderungsvoraussetzung (vgl § 7 Abs 2 AFuU 1971) begriffen werden; sie muß vielmehr generell eine objektive Voraussetzung für die Teilnahme sein, wenn diese als berufliche Fortbildung förderbar sein soll. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl ua BSG SozR 4100 § 41 Nr 1; BSGE 36, 48; Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 46/73).

Der Studienlehrgang zur Erlangung des Verwaltungs- und Kommunal*-diploms erfüllt nach seiner förmlichen Ausgestaltung diese gesetzlichen Voraussetzungen jedoch nicht. Nach der Zulassungs- und Studien*-ordnung der VWA Rheinland-Pfalz eV vom 20. Juni 1969, von deren Inhalt das Revisionsgericht aufgrund der Feststellungen des LSG ausgehen kann, ist auch Berufsfremden die Teilnahme an dem Lehrgang generell ermöglicht. Hiernach unterscheidet die VWA zwischen Vollhörern und Gasthörern (vgl §§ 2 und 5 aaO), wobei Vollhörer die ordentlichen und die außerordentlichen Hörer sind (§ 2 aaO). Als ordentliche Hörer für den Studienlehrgang zur Erlangung des Verwaltungs- und Kommunal*-diploms werden nach § 3 A der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 zugelassen:

1.

Beamte - gleich welcher Laufbahn -, die die Prüfung für den gehobenen Dienst oder eine gleichwertige Prüfung abgelegt haben oder die sich in einer Planstelle des gehobenen Dienstes befinden und eine mindestens einjährige Berufstätigkeit nachweisen,

2.

Angestellte im öffentlichen Dienst - gleich welcher Fachrichtung -, die sich in einer gleichwertigen Stelle wie Beamte des gehobenen Dienstes befinden und eine mindestens einjährige Berufstätigkeit nachweisen.

Nun bedeutet zwar noch nicht die Tatsache, daß auch Gasthörer ohne die in § 3 aaO geforderte spezifische berufliche Vorbildung an den Vorlesungen teilnehmen können, daß es der Maßnahme im ganzen an den in § 41 Abs 1 AFG verlangten Zugangsvoraussetzungen fehlt. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 98/73 -), steht es der Förderungsfähigkeit als Fortbildungsmaßnahme nicht entgegen, daß einzelne Lehrveranstaltungen auch der Ausbildung nicht einschlägig beruflich vorgebildeter Teilnehmer dienen können. Entscheidend ist allein, daß die durch die Maßnahme vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten nur im Zusammenhang mit der beruflichen Vorqualifikation zum Ziel der beruflichen Fortbildung führen. Das Verwaltungs- und Kommunal*-diplom ist vorliegend jedoch ohne das Durchlaufen des vorgeschriebenen Studiengangs als Vollhörer erreichbar (vgl § 2 der Prüfungsordnung für die Erteilung eines Diploms an der VWA Rheinland-Pfalz eV vom 20. Juni 1969 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 1. September 1969 S 186 -, geändert am 26. Juni 1970 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 20. Juli 1970 S 184 - und am 28. Januar 1975 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 10. Februar 1975 Nr 641).

Nach § 4 der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 können zum ordentlichen Studienlehrgang als außerordentliche Hörer aber auch zugelassen werden:

1.

Angehörige des öffentlichen und privaten Dienstes, die bei Studienbeginn eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit nachweisen und die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentliche Hörer im Laufe des Studienlehrgangs voraussichtlich erfüllen werden,

2.

Angehörige des öffentlichen und privaten Dienstes, die die unter Nr 1 aufgeführten Voraussetzungen nicht erfüllen, jedoch aufgrund ihrer Vorbildung und ihres beruflichen Werdegangs im Sinne der Ziele der Verwaltungs- und Wirtschafts*-akademie besonders förderungswürdig erscheinen.

Diese vom Veranstalter getroffene Regelung hält sich erkennbar nicht im Rahmen der in § 41 Abs 1, 2. Halbs AFG vorgeschriebenen Mindestbedingungen. Für die Zulassung nach § 4 Abs 1 Nr 2 aaO ergibt sich dies schon daraus, daß der nach dieser Bestimmung zu berücksichtigende "berufliche Werdegang" eine Konkretisierung auf ein bestimmtes einschlägiges Berufswissen sowie eine Begrenzung in zeitlicher Sicht nicht enthält. Sie stellt sich - entsprechend ihrer Kennzeichnung - als eine echte, dem Maßnahmeträger bewußt einen Ermessenspielraum einräumende Ausnahmeregelung dar. Gleiches gilt für die Bestimmung des § 4 Abs 1 Nr 1 aaO. Auch die danach für die Zulassung als außerordentlicher Hörer zu Beginn des Studiums nachzuweisende praktische Tätigkeit von zwei Jahren genügt nicht den Anforderungen des § 41 Abs 1 AFG. Insbesondere ersetzt sie nicht - was hier allein in Betracht zu ziehen ist - die alternative Voraussetzung einer angemessenen Berufserfahrung. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 22. Oktober 1974 - 7 RAr 38/74 und 7 RAr 65/73 - entschieden hat (vgl BSGE 38, 174 = SozR 4100, § 41 Nr 11 und BSG in SozR 4100, § 41 Nr 12), muß die angemessene Berufserfahrung zu etwa gleichwertigen und gleichartigen Kenntnissen geführt haben wie die abgeschlossene Berufsausbildung. Hiervon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die Zeit der berufspraktischen Tätigkeit mindestens dem Zeitraum entspricht, der als Ausbildungszeit für den Berufsabschluß erforderlich ist. Abgesehen davon, daß auch der Begriff "praktische Tätigkeit" in § 4 Abs 1 Nr 1 der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 sich einer vergleichenden Bewertung unter Qualitätsgesichtspunkten entzieht, ist eine nur zweijährige praktische Tätigkeit schon von der Dauer her nicht als die einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichwertige Berufserfahrung anzusehen. Die nach § 3 A der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 für die Zulassung als ordentlicher Hörer nachzuweisende Befähigung für den gehobenen Dienst kann zB von Laufbahnbewerbern grundsätzlich nur durch Ableisten eines mindestens dreijährigen Vorbereitungsdienstes mit abschließender Laufbahnprüfung erworben werden (vgl § 24 Nr 2 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 14. Juli 1970 - GVBl Rheinland-Pfalz S 242 - bzw § 24 Abs 1 der Landesverordnung über die Laufbahnen der Beamten des Landes Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 1971 - GVBl Rheinland-Pfalz S 143; ferner § 18 Nr 2 des Bundesbeamtengesetzes bzw § 23 Abs 1 der Bundeslaufbahnverordnung). Ob die Dauer des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst unter Berücksichtigung der sonstigen Zugangsbedingungen für ordentliche Hörer überhaupt als zeitliche Untergrenze in Betracht gezogen werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, da selbst diese im Falle des § 4 Abs 1 Nr 1 der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 nicht erreicht wird.

Der Umstand, daß die Zulassung nach § 4 Abs 1 Nr 1 aaO weiterhin davon abhängig gemacht wird, daß die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentlicher Hörer im Laufe des Studienlehrgangs voraussichtlich nachgewiesen werden, reicht nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht aus, die Voraussetzungen des § 41 Abs 1, 2. Halbs AFG als erfüllt anzusehen. Für "die Teilnahme an der Maßnahme", nicht aber etwa für die Teilnahme an der Prüfung muß die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung institutionell gefordert werden. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl ua BSG SozR 4100 § 41 Nr 1; Urteil vom 24. September 1974 - 7 RAr 112/73 -; Urteil vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 98/73 -). Eine Förderung auf die Vermutung hin, daß der Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines dann eintretenden Ereignisses möglicherweise alle Voraussetzungen des Anspruchs erfüllen würde, kennt das AFG nämlich nicht (vgl Urteil vom 26. August 1975 - 7 RAr 68/74 -). Selbst wenn aber hiervon abgesehen werden könnte, so würde dies für den vorliegenden Fall nichts ändern. Aus § 2 Abs 3 der Prüfungsordnung der VWA vom 20. Juni 1969 ist zu ersehen, daß sogar für die Zulassung zur Prüfung eine einschlägige berufliche Vorbildung nicht zwingend erforderlich ist.

Da sonach für einen Teil der Teilnehmer die Möglichkeit der Teilnahme an dem Studienlehrgang zur Erlangung des Verwaltungs- und Kommunal*-diploms auch ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung besteht, ist die Förderung der Teilnahme an dem Studienlehrgang der VWA generell ausgeschlossen. Die Zugangsbedingungen müssen - wie bereits ausgeführt - zwingend Voraussetzung der Teilnahme sein (vgl auch BSG in SozR 4100, § 41 Nrn 11 und 12) -. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes steht dem nicht entgegen. Zwar heißt es in der Begründung des Bundestagsausschusses für Arbeit zur Einführung dieses Tatbestandsmerkmals, daß als berufliche Fortbildung im Sinne des AFG nur Maßnahmen anzusehen sind, die als Zulassungsvoraussetzung für den Regelfall - je nach Fortbildungsziel - eine angemessene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung oder beides zusammen verlangen (vgl Schriftlicher Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, zu BT-Drs V/4110 S 9 § 40). Die nach dieser Formulierung bestehende Möglichkeit, daß auch Ausnahmen von der Regel denkbar sein könnten, hat im Gesetz jedoch keinen Niederschlag gefunden. Selbst wenn Ausnahmen als zulässig anzuerkennen wären, so könnte es sich nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedenfalls nur um Ausnahmen im Sinne von echten Einzelfallentscheidungen in Grenzfällen handeln. Als Ausnahmeregelung in diesem Sinne ist es aber nicht mehr anzusehen, wenn der Maßnahmeträger die außerordentliche Zulassung eines bestimmten Personenkreises planmäßig vorsieht und diese fest kalkulierte und integrierte Teilnehmergruppe allenfalls durch die jeweilige Auslastung der Maßnahme durch ordentliche Teilnehmer als variierbar erscheint. So ist es aber ersichtlich im vorliegenden Fall. Wenn die Bestimmung des § 4 Abs 1 Nr 2 aaO bei großzügiger Betrachtungsweise unter Umständen noch als bloße Normierung einer Kompetenzbefugnis zur Einzelfallentscheidung im oben genannten Sinne angesehen werden könnte, so beinhaltet § 4 Abs 1 Nr 1 der Zulassungs- und Studien*-ordnung vom 20. Juni 1969 jedenfalls eindeutig die Institutionalisierung eines "Ausnahmefalles" als Regel. Es ist nicht ersichtlich, daß Bewerber bei Nachweis der entsprechenden Anforderungen nicht zugelassen werden könnten, soweit die Kapazität der Akademie und der Anteil der ordentlichen Hörer dies erlaubten, Maßnahmen dieser Art zu fördern, ist jedoch nicht Sinn und Zweck des AFG. Die Zugangsbedingungen haben nicht nur die Funktion eines zu den Zielbestimmungen des § 41 Abs 1, 1. Halbs AFG hinzutretenden ergänzenden Auslegungsmerkmals. Sie sind insbesondere auch als eine Ausprägung des die berufliche Bildungsförderung nach dem AFG allgemein beherrschenden Prinzips zu begreifen, die Förderungspflicht der Beklagten auf möglichst zweckmäßige Maßnahmen zu beschränken. Mindestgarantie für eine zeitlich und inhaltlich zweckmäßige Ausgestaltung einer Fortbildungsmaßnahme ist jedoch eine relativ gleichwertige berufliche Ausgangsposition der Teilnehmer. Läßt der Maßnahmeträger in nennenswertem Umfang auch Teilnehmer mit geringeren Anforderungen oder gar ohne berufliche Kenntnisse zu, so wird die Maßnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder einen Teil der Teilnehmer qualitativ über- oder unter*-fordern, oder ihr kommt überhaupt mehr allgemeinbildender als berufsbildender Charakter zu. Die Zugangsbedingungen erfüllen somit auch eine Filterfunktion in dem Sinne, daß vom Gesetzgeber als unzweckmäßig angesehene Investitionen oder gar Fehlinvestitionen bereits im Ansatz vermieden werden.

Nach alledem scheitert der Anspruch des Klägers bereits daran, daß die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme wegen Fehlens der nach § 41 Abs 1, 2. Halbs AFG erforderlichen objektiven Voraussetzungen nicht förderbar ist. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen Förderungsmittel bewilligt habe. Eine Verwaltungsübung, die dem Gesetz nicht entspricht, gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl BSGE 38, 63 = SozR 4100 § 151 Nr 1 mit weiteren Nachweisen).

 

Fundstellen

BSGE, 246

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