Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Plausibilitätsprüfung. Abrechnung eines Medizinischen Versorgungszentrums. gesetzliche Krankenkasse. Kassenärztliche Vereinigung. Berufung. Rückwirkungsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Prüfung der Plausibilität der Abrechnung eines Medizinischen Versorgungszentrums sind Zeiten der nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung genehmigten internen Vertretung der angestellten Ärzte wegen Krankheit oder Urlaub nur bis zur Dauer von drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten zu berücksichtigen.
2. Gesetzliche Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen können sich nicht auf das Rückwirkungsverbot berufen, soweit es um die Ausgestaltung der ihnen gesetzlich zugewiesenen und geregelten Aufgaben im Bereich der Gewährung von Krankenversicherungsleistungen einschließlich der Leistungserbringung geht.
Normenkette
GG Art 20 Abs. 3; SGB V § 106a Abs. 2 S. 2 Fassung: 2003-11-14, S. 2 Hs. 2 Fassung: 2015-07-16, S. 3 Fassung: 2003-11-14, S. 4 Fassung: 2003-11-14, S. 9 Fassung: 2015-07-16, Abs. 6 Fassung: 2015-07-16, § 106d Abs. 2 S. 9; Ärzte-ZV § 32b Abs. 6, § 32 Abs. 1 S. 2; ÄBedarfsplRL § 38 Abs. 1 S. 3 Fassung: 2007-02-15, S. 4 Fassung: 2007-02-15, § 51 Fassung: 2012-12-20
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. Januar 2018 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über sachlich-rechnerische Richtigstellungen, die sich ursprünglich auf Honorarbescheide für die Quartale 3/2007 bis 4/2009 bezogen. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind noch Richtigstellungen für die Quartale 4/2007 bis 2/2008.
Die Klägerin ist Trägerin eines MVZ, in dem zum Zeitpunkt seiner Gründung der Arzt für Orthopädie Dr. A. und der Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. B. als Vertragsärzte mit vollem Versorgungsauftrag sowie der Arzt für Orthopädie Dr. C. als angestellter Arzt auf einer vollen Stelle tätig waren. Vor der Gründung des MVZ hatten diese drei Ärzte als Vertragsärzte in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zusammengearbeitet.
Zum 31.12.2006 wurde das Beschäftigungsverhältnis mit Dr. C. beendet. Auf ihn folgte ab dem 1.1.2007 die ebenfalls auf einer vollen Stelle mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigte Ärztin für Orthopädie D. Zum 1.10.2007 reduzierte Frau D. ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 19,25 Stunden (Bedarfsplanungsfaktor 0,5). Auf der frei gewordenen halben Stelle wurde der Facharzt für Orthopädie Dr. E. beschäftigt. Nachdem Frau D. vollständig aus dem MVZ ausgeschieden war, wurde Dr. E. ab dem 1.7.2008 auf einer vollen Stelle beschäftigt. Zum 31.5.2009 schied auch Dr. E. aus. Die frei gewordene Arztstelle wurde zum 1.7.2009 mit dem Facharzt für Orthopädie Dr. F. nachbesetzt.
Die Beklagte stellte im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung Auffälligkeiten fest und setzte nach Anhörung der Klägerin das Honorar für die Quartale 3/2007 bis 4/2008 neu fest. Soweit die Klägerin gegen die Richtigstellung für das Quartal 3/2007 Widerspruch eingelegt hatte, half die Beklagte ihm ab. Bezogen auf die übrigen Quartale half sie dem Widerspruch teilweise ab und ermittelte eine Rückforderung von 160 470,49 Euro. Dabei legte sie für den in den Quartalen 4/2007 bis 2/2008 auf einer halben Stelle beschäftigten Dr. E. Arbeitszeiten von 260 Stunden im Quartalszeitprofil und für die folgenden Zeiten der Beschäftigung auf einer ganzen Stelle von 780 Stunden zugrunde. In der Zeit, in der Dr. E. auf einer halben Stelle beschäftigt war, verdoppelte sie die auf ihn bezogene Grenze von 260 Stunden im Quartalszeitprofil - jedoch nur für einen Zeitraum von drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten - unter Berücksichtigung des Umstands, dass dieser zusätzlich Krankheits- oder Urlaubsvertretungen geleistet hatte. Im Quartal 4/2007 berücksichtigte die Beklagte die von der Klägerin angegebenen Tage der Vertretung. Im Quartal 1/2008 berücksichtigte sie Zeiten der Vertretung durch Dr. E. im Umfang von neun Wochen und im Quartal 2/2008 von drei Wochen, nicht jedoch darüber hinausgehende Vertretungen, und kürzte das Honorar der Klägerin für die darüber hinausgehend durch Dr. E. erbrachten Leistungen. Weitere nicht mehr streitgegenständliche Kürzungen bezogen sich auf die Abrechnung der Gebührenordnungsposition 31920 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (Kontraktionsmobilisierung).
Der dagegen gerichteten Klage gab das SG insoweit statt, als die Beklagte den Richtigstellungen bezogen auf den auf einer halben Stelle beschäftigten Dr. E. (Quartale 4/2007 bis 2/2008) nur 260 Stunden anstelle von 390 Stunden im Quartalszeitprofil zugrunde gelegt hatte. Damit habe die Beklagte gegen die gesetzliche Vorgabe verstoßen, nach der Vertragsärzte und angestellte Ärzte entsprechend dem jeweiligen Versorgungsauftrag gleich zu behandeln seien. Ebenso wie bei Vertragsärzten mit halbem Versorgungsauftrag seien für die auf einer halben Stelle angestellten Ärzte 390 Stunden als Quartalszeitprofil zugrunde zu legen. Dagegen seien die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden, soweit die Beklagte die Vertretungszeiten in Anwendung von § 32 Abs 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) auf drei Monate innerhalb von zwölf Monaten beschränkt habe.
Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Bei einer Beschäftigung auf einer halben Stelle sei mit dem SG eine Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden zugrunde zu legen. Ferner sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass Leistungen bei Überschreitung der Grenze von 780 Stunden im Quartalszeitprofil nicht mehr ordnungsgemäß erbracht seien. Die Berufung der Klägerin sei jedoch begründet, soweit die Beklagte Zeiten der internen Krankheits- und Urlaubsvertretung in Anwendung von § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV lediglich im Umfang von bis zu drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten berücksichtigt habe. Auf Zeiten der internen Vertretung innerhalb eines MVZ finde § 32 Ärzte-ZV keine Anwendung.
Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, dass § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV mit der darin geregelten Begrenzung der Urlaubs- und Krankheitsvertretung auf drei Monate innerhalb von zwölf Monaten auch auf Vertretungen innerhalb eines MVZ anzuwenden sei. Dem stehe die Entscheidung des BSG vom 14.12.2011 (B 6 KA 31/10 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 8) nicht entgegen. Nach dieser Entscheidung handele es sich bei der kollegialen Vertretung innerhalb einer BAG nicht um eine Vertretung iS des § 32 Ärzte-ZV. Auf MVZ, in denen angestellte Ärzte tätig würden, sei diese Rechtsprechung nicht übertragbar. Einer internen Vertretung innerhalb des MVZ stünden auch Gesichtspunkte der Bedarfsplanung entgegen. Eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit eines Angestellten sei nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) genehmigungsbedürftig, wenn sie eine Erhöhung des Anrechnungsfaktors zu Folge habe. Außerdem stünde eine zeitlich unbegrenzte Vertretungsmöglichkeit im Widerspruch zu den für die Nachbesetzung von freien Stellen in einem MVZ geltenden Fristen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 17.1.2018 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 11.10.2016 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass § 32 Ärzte-ZV nicht bei einer internen Vertretung, sondern nur dann zur Anwendung komme, wenn das MVZ nicht in der Lage sei, seinen Versorgungsauftrag mit den bereits bei ihm beschäftigten Ärzten zu erfüllen. Interne Vertretungen seien nicht auf einen Zeitraum von drei Monaten zu beschränken. Darin liege keine Umgehung der Regelungen zur Bedarfsplanung, weil der insgesamt genehmigte Tätigkeitsumfang des MVZ zu keinem Zeitpunkt überschritten werde. Auch die Regelungen zur Nachbesetzung von frei gewordenen Arztstellen in MVZ würden nicht umgangen, weil es hier um die Vertretung eines angestellten Arztes gehe, der weiterhin im MVZ beschäftigt sei, und nicht um die Besetzung der Stelle eines ausgeschiedenen Arztes.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass Urlaubs- und Krankheitsvertretungen innerhalb des MVZ im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung nur bis zur Dauer von drei Monaten innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten berücksichtigt werden können. Die angefochtenen Bescheide sind in Übereinstimmung mit der Entscheidung des SG allein insoweit zu beanstanden, als die Beklagte der sachlich-rechnerischen Richtigstellung in den Quartalen 4/2007 bis 2/2008 für den auf einer halben Stelle beschäftigten Dr. E. eine Quartalsarbeitszeit von nur 260 anstelle von 390 Stunden zugrunde gelegt hat.
I. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellungen ist § 106a Abs 2 SGB V(hier noch idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190, im Folgenden: aF; heute § 106d Abs 2 SGB V) . Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest. Die Prüfung der Abrechnungen des Vertragsarztes bzw des MVZ auf sachlich-rechnerische Richtigkeit zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 17 RdNr 19; BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 20/13 R - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 45/17 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 28 RdNr 14; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 19 RdNr 10, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen, jeweils mwN). Dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes (§ 106a Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden (§ 106a Abs 2 Satz 3 SGB V aF). Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zugrunde zu legen (§ 106a Abs 2 Satz 4 SGB V aF).
Die näheren Einzelheiten des Plausibilitätsprüfungsverfahrens ergeben sich aus der auf der Grundlage von § 106a Abs 6 SGB V aF vereinbarten "Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen" (AbrPr-RL) in der hier für die Quartale 1/2008 und 2/2008 grundsätzlich noch maßgebenden, vom 1.4.2005 bis zum 30.6.2008 geltenden Fassung (DÄ 2004, A-2555, A-3135; im Folgenden aF). Allerdings ist § 8 AbrPr-RL vom 7.3.2018 (DÄ 2018, A 600; im Folgenden: AbrPr-RL 2018) nach der Übergangsregelung in § 22 Abs 3 AbrPr-RL 2018 auf Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2014 noch nicht abgeschlossen waren. § 8 Abs 2 AbrPr-RL 2018 sieht ebenso wie § 8 Abs 2 AbrPr-RL aF gleichrangig die Ermittlung eines Tageszeit- und eines Quartalszeitprofils vor (vgl BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B - juris RdNr 6). Eine weitere Überprüfung nach § 12 AbrPr-RL erfolgt gemäß § 8 Abs 3 Satz 1 AbrPr-RL aF bzw § 8 Abs 4 Satz 1 AbrPr-RL 2018, wenn die auf der Grundlage von Prüfzeiten ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als zwölf Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt (vgl BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 19 RdNr 11, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 44/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 21 RdNr 15; BSG Urteil vom 15.5.2019 - B 6 KA 63/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 23 RdNr 21).
II. Zu den Pflichten, deren Verletzung eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zur Folge hat, gehört auch die nach § 15 Abs 1, § 28 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V, § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV, § 15 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) gebotene persönliche Erbringung der vertragsärztlichen Leistung durch den Vertragsarzt selbst (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 18 RdNr 20 mwN). Während der zugelassene Vertragsarzt die Leistung als Person zu erbringen hat, erbringt ein MVZ wie die Klägerin die vertragsärztlichen Leistungen durch ihre Angestellten und die im MVZ tätigen Vertragsärzte. Das ändert jedoch nichts daran, dass die vertragsärztlichen Leistungen nur durch genau die Ärzte erbracht werden dürfen, auf die sich die Anstellungsgenehmigungen und die Zulassungen als Vertragsarzt beziehen (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 37). Dementsprechend können Anstellungsgenehmigungen ebenso wie vertragsärztliche Zulassungen auch nur personenbezogen erteilt werden (BSG Urteil vom 15.5.2019 - B 6 KA 5/18 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für BSGE und SozR 4, RdNr 37 ff, 45). Die Eignung eines anzustellenden Arztes muss nach § 32b Abs 2 Satz 3 iVm § 21 Ärzte-ZV grundsätzlich derjenigen eines Vertragsarztes entsprechen (BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14 RdNr 15), und die damit angestrebte Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 37).
Soweit einem MVZ eine Anstellungsgenehmigung nicht für die Beschäftigung im Umfang einer vollen Arztstelle erteilt wird, wird die Genehmigung mit Bezug auf eine bestimmte Wochenarbeitszeit erteilt (vgl § 38 BedarfsplRL in der Fassung vom 15.2.2007, BAnz 2007, 3491 ≪im Folgenden aF≫ entsprechend § 51 BedarfsplRL idF 20.12.2012 ≪BAnz AT 31.12.2012 B 7≫). Damit wird ua gewährleistet, dass die nach § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V auch in gesperrten Planungsbereichen mögliche Nachbesetzung einer Arztstelle nicht zu einer Erhöhung der Überversorgung führt (vgl BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - BSGE 122, 55 = SozR 4-2500 § 103 Nr 22, RdNr 23; BSG Urteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 23/13 R - BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 17). Demselben Ziel dient § 42 BedarfsplRL aF (heute § 55 BedarfsplRL), der bestimmt, dass eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, die zu einer Erhöhung des Anrechnungsfaktors führt, der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss bedarf.
Die Beschränkung der Anstellungsgenehmigung auf einen festgelegten zeitlichen Umfang ist bei der Erbringung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen zu beachten. Von der Anstellungsgenehmigung umfasst ist grundsätzlich nur die Erbringung solcher Leistungen, die der angestellte Arzt innerhalb der genehmigten Arbeitszeit erbringt. Leistungen die ein angestellter Arzt außerhalb des genehmigten Tätigkeitsumfangs erbringt, sind im Grundsatz nicht rechtmäßig erbracht, sodass dem Anstellungsträger dafür keine Vergütung zusteht.
Die Plausibilitätsprüfung dient auch der Aufdeckung von Verstößen gegen die aus der Anstellungsgenehmigung folgenden Beschränkung des Tätigkeitsumfangs. Bereits § 8 Abs 5 AbrPr-RL aF stellte klar, dass die in Abs 3 geregelten Maßstäbe (Auffälligkeit bei Überschreitung der auf der Grundlage von Prüfzeiten ermittelten täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden an mehr als drei Tagen im Quartal oder im Quartalszeitprofil von mehr als 780 Stunden) auch für die arztbezogene Prüfung in MVZ gilt. In diesem Zusammenhang verwies § 8 Abs 5 AbrPr-RL aF ausdrücklich auf die aus § 44 Abs 6 BMV-Ä aF und § 34 Abs 12 Arzt-Ersatzkassenvertrag aF folgende Pflicht zur arztbezogenen Kennzeichnung ua der durch MVZ abgerechneten Leistungen, die bereits in den hier maßgebenden Quartalen 4/2007 bis 2/2008 und damit vor Einführung der "Lebenslangen Arztnummer" (LANR) zum 1.7.2008 bestand (vgl jetzt § 37a, § 44 Abs 7 BMV-Ä). Nichts anderes folgt aus § 8 Abs 2 AbrPr-RL 2018, der die gleichrangige Bildung von Tages- und Quartalsprofilzeiten auf alle angestellten Ärzte erstreckt. Auffälligkeiten können danach nicht nur daraus resultieren, dass die in dem MVZ angestellten Ärzte insgesamt Leistungen in einem nicht mehr plausiblen Umfang erbringen, sondern auch daraus, dass ein einzelner angestellter Arzt Leistungen in einem Umfang erbringt, der nicht mit der auf ihn persönlich bezogenen Anstellungsgenehmigung zu vereinbaren ist.
III. In Übereinstimmung mit der Auffassung des SG und auch des LSG liegen Auffälligkeiten, die eine weitere Überprüfung nach § 12 AbrPr-RL erforderlich machen, nicht bereits vor, soweit der in den Quartalen 4/2007 bis 2/2008 auf einer halben Stelle (Anrechnungsfaktor 0,5 nach § 38 Abs 1 Satz 4 BedarfsplRL aF) beschäftigte Dr. E. eine wöchentliche Arbeitszeit von 260 Stunden überschritten hat, sondern erst bei Überschreitung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 390 Stunden. Das lässt sich zwar nicht ohne Weiteres aus den Vorgaben der AbrPr-RL aF ableiten (nachfolgend 1.), folgt aber aus dem in § 106a Abs 2 Satz 2 SGB V aF (heute § 106d Abs 2 Satz 2 SGB V) und dem in § 8 Abs 4 Satz 2 AbrPr-RL 2018 geregelten Gebot, Vertragsärzte und angestellte Ärzte bezogen auf die im Tageszeitprofil und im Quartalszeitprofil maßgebenden Stundengrenzen gleich zu behandeln (nachfolgend 2.). Das rückwirkend in § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V und in § 8 Abs 4 Satz 2 ArbrPr-RL 2018 geregelte Gebot der Gleichstellung von angestellten Ärzten mit Vertragsärzten verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (nachfolgend 3.).
1. § 8 Abs 5 AbrPr-RL aF verwies für die arztbezogene Prüfung in MVZ nur ganz allgemein auf § 8 Abs 3 ArbrPr-RL aF, der die Grenze für die Auffälligkeit im Quartalszeitprofil auf 780 Stunden festlegte. Wie diese Regelung auf angestellte Ärzte zu übertragen ist, war nicht näher geregelt. Bei angestellten Ärzten, die in Teilzeit beschäftigt sind, stellte sich außerdem die Frage der Vereinbarkeit der für die Auffälligkeit maßgebenden Grenzen mit den Vorgaben aus der Anstellungsgenehmigung: Nach § 38 Abs 1 Satz 3 und 4 BedarfsplRL aF sind teilzeitbeschäftigte Ärzte bei der Feststellung des örtlichen Versorgungsgrades der ambulanten Versorgung nach Maßgabe des konkreten Beschäftigungsumfangs in der ambulanten Versorgung zu berücksichtigen. Dabei gilt bei einer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von bis zu zehn Stunden pro Woche ein Anrechnungsfaktor von 0,25, bei einer Arbeitszeit von über zehn bis 20 Stunden pro Woche ein Anrechnungsfaktor von 0,5 und bei einer Arbeitszeit von über 20 bis 30 Stunden pro Woche ein Anrechnungsfaktor von 0,75. Der Umstand, dass Änderungen der Arbeitszeiten, die zu einer Erhöhung des Anrechnungsfaktors führen, nach § 42 BedarfsplRL aF der vorherigen Genehmigung bedürfen, spricht dafür, dass Überschreitungen der Arbeitszeiten ohne die erforderliche Genehmigung zu Auffälligkeiten im Rahmen der Plausibilitätsprüfung führen müssen. Bezogen auf den in den Quartalen 4/2007 bis 2/2008 auf einer halben Stelle beschäftigten Dr. E. würde das bedeuten, dass die Grenze zur Auffälligkeit bei Überschreitung der auch von der Beklagten zugrunde gelegten 260 Stunden pro Quartal (20 Wochenstunden in 13 Wochen) erreicht wird.
2. Unter Berücksichtigung des mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) in § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V verankerten Gebots, angestellte Ärzte und Vertragsärzte "entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrages" bei der Plausibilitätsprüfung gleich zu behandeln, ist das SG indes zutreffend davon ausgegangen, dass für die Grenze zur Auffälligkeit im Quartalszeitprofil auch bei den in Teilzeit beschäftigten Ärzten weder die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit noch die nach der BedarfsplRL maßgebende Zeitgrenze ausschlaggebend ist, sondern dass die Grenze entsprechend dem Umfang der Beschäftigung auf einer viertel, einer halben oder einer dreiviertel Stelle als Bruchteil der für vollzeitbeschäftigte Ärzte geltenden Grenze von 780 Stunden zu bilden ist. Für den auf einer halben Stelle beschäftigten Dr. E. ist deshalb im Quartalszeitprofil die Grenze von 390 Stunden maßgebend. § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V ist zwar erst zum 23.7.2015 angefügt worden. Nach § 106a Abs 2 Satz 9 SGB V(heute als § 106d Abs 2 Satz 9 SGB V) gilt Satz 2 und damit das genannte Gleichbehandlungsgebot jedoch auch für Verfahren, die - wie das vorliegende - am 31.12.2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren. Daran anknüpfend regelt § 22 Abs 3 Satz 1 AbrPr-RL 2018, dass § 8 AbrPr-RL 2018 auch auf solche Verfahren anzuwenden ist, die am 31.12.2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren.
Der Senat verkennt nicht, dass eine Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden entspricht, was nach § 38 Abs 1 Satz 4 BedarfsplRL aF nicht einem Anrechnungsfaktor von 0,5, sondern von 0,75 entspräche. Das in § 106a Abs 2 Satz 2 SGB V geregelte Gleichbehandlungsgebot erfordert bezogen auf die Plausibilitätsprüfung gleichwohl eine solche Festlegung. Damit übereinstimmend regelt der nach § 22 Abs 3 Satz 1 AbrPr-RL 2018 hier anzuwendende § 8 Abs 4 Satz 2 AbrPr-RL 2018 - anknüpfend ua an die Festlegung der im Quartalszeitprofil maßgebenden Grenze von 780 Stunden (§ 8 Abs 4 Satz 1 AbrPr-RL 2018) -, dass "ein reduzierter Umfang des Versorgungsauftrags bzw. des Tätigkeitsumfangs des angestellten Arztes bzw. Therapeuten […] anteilig zu berücksichtigen" ist. Dass Vertragsärzte mit halbem Versorgungsauftrag erst bei Überschreitung von 390 Stunden im Quartalszeitprofil auffällig werden, hat auch die Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Für angestellte Ärzte mit halber Stelle kann dann aber bei Beachtung des § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V und des § 8 Abs 4 Satz 2 AbrPr-RL 2018 nichts anderes gelten. Damit wird im Übrigen gewährleistet, dass die Grenze, bei deren Überschreitung das MVZ auffällig wird, nicht davon abhängt, ob eine volle Stelle mit einem vollzeit- oder mit mehreren teilzeitbeschäftigten Ärzten besetzt ist.
3. Die rückwirkende Anwendung des mit dem GKV-VSG in § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V und des in § 8 Abs 4 Satz 2 AbrPr-RL 2018 verankerten Gebots der Gleichstellung von angestellten Ärzten mit Vertragsärzten bezogen auf die Plausibilitätsprüfung steht nicht im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in der Gesetzesbegründung des GKV-VSG (BT-Drucks 18/4095 S 110) zur Einführung des § 106a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V vertretene - die Gerichte nicht bindende (vgl BVerfG Beschluss vom 2.5.2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20, 37 = juris RdNr 67 mwN) - Auffassung, nach der die Neuregelung nur klarstellende Funktion habe, zutrifft. Jedenfalls schützt das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot hier nicht die beklagte KÄV.
Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit gesetzlichen Beschränkungen beim Richtgrößenregress (Beratung vor Regress) seine Auffassung im Einzelnen begründet, nach der sich gesetzliche Krankenkassen und KÄVen auf das Rückwirkungsverbot nicht berufen können, weil sie nicht Träger von Grundrechten sind (BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 26 ff). Daran hält der Senat auch mit Blick auf die dazu in Teilen der Literatur (vgl Kingreen, SGb 2019, 449; ders SGb 2019, 556, 558; wie hier dagegen: Huster/Ströttchen, SGb 2019, 527; ausdrücklich offen gelassen: BSG Urteil vom 30.7.2019 - B 1 A 2/18 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen) geäußerte Kritik jedenfalls bezogen auf die rückwirkende Begünstigung von Leistungserbringern in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder der sachlich-rechnerischen Richtigstellung fest. Das BVerfG hat die Grundsätze zum Rückwirkungsverbot nicht allein aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art 20 Abs 3 GG, sondern aus den Grundrechten "im Zusammenwirken" mit dem Rechtsstaatsprinzips abgeleitet (vgl zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20, 38 = juris RdNr 71; BVerfG Beschluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 = juris RdNr 41; BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - juris RdNr 63). Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass die dazu vom BVerfG entwickelten Maßstäbe nur für Grundrechtsträger gelten können. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sind die Grundrechte ihrem Wesen nach auf juristische Personen des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Aufgaben und somit als Teil der Staatsverwaltung nicht anwendbar (BVerfG Beschluss vom 9.6.2004 - 2 BvR 1248/03 - SozR 4-2500 § 266 Nr 7 RdNr 14 = juris RdNr 23 mwN; vgl BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/01 R - BSGE 90, 231, 267 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 107 ff; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 26 ff, jeweils mwN).
Mit Blick auf die zur abgabenrechtlichen Festsetzungsverjährung ergangene Entscheidung des BVerwG vom 23.1.2019 (9 C 2.18 - NVwZ 2019, 1522 RdNr 27 ff), nach der bei rückwirkenden Gesetzesänderungen jedenfalls im Abgabenrecht verfassungsrechtliche Grenzen auch insoweit zu beachten sind, als davon juristische Personen des Privatrechts in öffentlicher Hand (kommunale Wohnungsbaugesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung) betroffen sind, stellt der Senat klar, dass die Aussagen in der og Entscheidung des Senats (BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 26 ff) in erster Linie auf die Ausgestaltung der den Krankenkassen und den KÄVen gesetzlich zugewiesenen und geregelten Aufgaben im Bereich der Gewährung von Krankenversicherungsleistungen einschließlich der Leistungserbringung zu beziehen sind. Abgesehen davon, dass sich der Senat in dem Urteil nicht mit abgabenrechtlichen Besonderheiten befasst hat, drängt sich in der Fallgestaltung, die das BVerwG zu entscheiden hatte, die Frage auf, ob allein der Umstand, dass ein Unternehmen (juristische Person des Privatrechts) in öffentlicher Hand und deshalb im Regelfall (zu Ausnahmen, die bei einer von einem ausländischen Staat getragenen inländischen juristischen Personen des Privatrechts gelten sollen, vgl BVerfG Urteil vom 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 - BVerfGE 143, 246 = juris, RdNr 191 ff) nicht grundrechtsfähig ist, eine Ungleichbehandlung gegenüber Wettbewerbern rechtfertigt, auf die das nicht zutrifft. Im Unterschied dazu handelt es sich bei den Krankenkassen um Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V), deren Aufgabe bei der Gewährung von Leistungen an Versicherte in erster Linie in dem Vollzug einer detaillierten Sozialgesetzgebung, gleichsam nach Art einer übertragenen Staatsaufgabe, besteht (BVerfG Beschluss vom 9.4.1975 - 2 BvR 879/73 - BVerfGE 39, 302, 313 f = juris RdNr 69). Daran hat sich im Grundsatz auch durch die Einführung "wettbewerblicher" Elemente und die Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Krankenkassen etwa im Bereich der selektivvertraglichen Versorgung nichts geändert. Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Krankenkassen besteht nach wie vor darin, als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung öffentlich-rechtlich geregelten Krankenversicherungsschutz für die Versicherten zu gewähren. An der fehlenden Grundrechtsfähigkeit der Krankenkassen hat das BVerfG deshalb festgehalten (zum Risikostrukturausgleich: BVerfG Beschluss vom 9.6.2004 - 2 BvR 1248/03 - SozR 4-2500 § 266 Nr 7 RdNr 19 ff = juris RdNr 28 ff). Für KÄVen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 77 Abs 5 SGB V) mit der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung betraut sind und die den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen haben, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB V), gilt insoweit nichts anderes (vgl BVerfG Beschluss vom 8.12.1982 - 2 BvL 12/79 - BVerfGE 62, 354, 369 f = SozR 2200 § 368n Nr 25, S 70 f = juris RdNr 45; BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 27.9.2000 - 2 BvR 687/00 - juris RdNr 2).
Es ist allgemein anerkannt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Grundrechten keine Beschränkungen bezogen auf begünstigende rückwirkende Änderungen ableiten lassen und dass das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot deshalb nur für den Bürger belastende Regelungen gilt (vgl BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1, 20 f = juris RdNr 63; BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 30.10.2010 - 1 BvR 1993/10 - NJW 2011, 986, 987 RdNr 16, jeweils mwN; Huster/Ströttchen, SGb 2019, 527, 530). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die daraus folgende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers allein dadurch beschränkt wird, dass Aufgaben im Bereich der Gewährung von Sozialleistungen nicht unmittelbar durch staatliche Stellen, sondern durch Körperschaften des öffentlichen Rechts in mittelbarer Staatsverwaltung wahrgenommen werden. Nach Auffassung des Senats ist das nicht der Fall. Weder Krankenkassen noch KÄVen werden durch die Verfassung davor geschützt, dass der Gesetzgeber Ansprüche von Bürgern auf Sozialleistungen rückwirkend erhöht oder umstrittene Fragen zur Rückforderung überzahlter Sozialleistungen gesetzlich zugunsten von Bürgern oder - wie hier im Leistungserbringungsrecht - zur Rückforderung überzahlter Vergütungen gesetzlich zugunsten von Leistungserbringern entscheidet. Auch soweit sich gesetzliche Krankenkassen von anderen Sozialversicherungsträgern dadurch unterscheiden, dass sie in einem - allerdings sehr weitgehend reglementierten - Wettbewerb zueinander stehen, wird dieser Aspekt jedenfalls bei einer alle Versicherten oder alle Leistungserbringer gleichermaßen begünstigenden Regelung nicht unmittelbar angesprochen. Insofern unterscheidet sich die verfassungsrechtliche Position von Krankenkassen und KÄVen nicht von der eines Rentenversicherungsträgers, der zB eine den Versicherten begünstigende rückwirkende Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten umzusetzen hat.
IV. Das Urteil des SG ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden, soweit es die Entscheidung der Beklagten gebilligt hat, Zeiten der genehmigungsfreien internen Vertretung auf drei Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten zu beschränken. Das LSG hat der Berufung der Klägerin zu Unrecht teilweise stattgegeben.
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung des Senats, nach der es sich bei der gegenseitigen (internen) Vertretung der Partner einer BAG nicht um eine Vertretung iS des § 32 Ärzte-ZV handelt, auf MVZ und die dort angestellten Ärzte übertragbar ist. Nach dieser Rechtsprechung, die zu einer aus Vertragsärzten mit voller Zulassung bestehenden BAG ergangen ist, liegt ein Vertretungsfall nur dann vor, wenn der Ausfall eines BAG-Partners nicht durch die weiterhin tätigen anderen Partner aufgefangen werden kann und deshalb ein externer Arzt in der BAG tätig wird (BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 31/10 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 28 f mwN). Das hat ua zur Folge, dass die Ausnahmen, die für Vertretungsfälle bezogen auf die Beschränkung eines Arztes entweder auf die Teilnahme an der hausärztlichen oder auf die fachärztliche Versorgung gelten, in Fällen der gegenseitigen Vertretung der Praxispartner nicht eingreifen. Für die interne Vertretung eines im MVZ angestellten Arztes durch einen anderen dort bereits angestellten Arzt gilt insofern nichts anderes (ebenso Ladurner, Ärzte-ZV, 2017, § 32 RdNr 26). Das MVZ darf also zB einen als Hausarzt angestellten Arzt für Innere Medizin, der an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt und deshalb grundsätzlich keine fachärztlichen Leistungen erbringen darf (vgl BSG Urteil vom 13.2.2019 - B 6 KA 62/17 R - SozR 4-2500 § 73 Nr 6 RdNr 20 ff mwN, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen), nicht mit der Begründung zur Erbringung fachärztlicher Leistungen einsetzen, dass er einen im selben MVZ angestellten Facharzt vertreten habe. Daran hat sich durch die in § 32b Abs 6 Satz 1 Ärzte-ZV idF des GKV-VSG mWv 23.7.2015 geregelte entsprechende Anwendung des § 32 Abs 1 und 4 Ärzte-ZV auf die Vertretung angestellter Ärzte nichts geändert. Nach ihrem Wortlaut betrifft auch die Verweisung in § 32b Abs 6 Satz 1 Ärzte-ZV allein den Fall, dass für den zu vertretenden angestellten Arzt ein anderer Arzt beschäftigt wird und damit nicht den Fall der gegenseitigen (internen) Vertretung zwischen Ärzten, die bereits in einer BAG oder bei einem MVZ beschäftigt sind.
Aus dem Umstand, dass § 32 Ärzte-ZV nicht unmittelbar auf Fälle der internen Vertretung innerhalb eines MVZ anwendbar ist, folgt entgegen der Auffassung des LSG jedoch nicht, dass interne Vertretungen ohne jede zeitliche Beschränkung zulässig wären. Vielmehr bleibt es zunächst bei dem Grundsatz, dass Anstellungsgenehmigungen mit Bezug auf die Person des einzelnen anzustellenden Arztes erteilt werden, dass die im MVZ tätigen Ärzte gesetzlich Versicherte nur im Umfang der erteilten Anstellungsgenehmigung behandeln dürfen und dass das MVZ keinen Anspruch auf Vergütung für ärztliche Behandlungen hat, die von der erteilten Anstellungsgenehmigung nicht umfasst sind.
Andererseits geht der Senat davon aus, dass MVZ nicht darauf beschränkt werden können, Ausfälle wegen Krankheit oder Urlaub eines angestellten Arztes allein durch externe Vertretungen auszugleichen. Die Erweiterung der Anstellungsgenehmigung der bereits angestellten Ärzte durch den Zulassungsausschuss zum Zwecke der Urlaubs- oder Krankheitsvertretung kommt in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich allerdings nicht in Betracht, weil sich der Versorgungsgrad durch den urlaubs- oder erkrankungsbedingten Ausfall eines Angestellten nicht ändert. Dass externe Vertretungen in dem in § 32 Abs 1 Ärzte-ZV geregelten Umfang auch bezogen auf die Angestellten eines MVZ zulässig sind, kann jedenfalls seit der Einführung des § 32b Abs 6 Ärzte-ZV durch das GKV-VSG keinem Zweifel mehr unterliegen. Es gibt aber auch keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber interne Vertretungen durch bereits in einer BAG oder in einem MVZ beschäftigte Ärzte vollständig ausschließen und allein externe Vertretungen durch neu anzustellende Ärzte hätte zulassen wollen, und es sind auch keine Gründe ersichtlich, die eine solche Begrenzung sachgerecht erscheinen ließen. Auch die Beklagte ist davon nicht ausgegangen.
Die Frage, ob und ggf für welchen Zeitraum und in welchem Umfang in Teilzeit angestellte Ärzte die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten, die Grundlage der erteilten Anstellungsgenehmigung geworden sind, überschreiten dürfen, um urlaubs- oder krankheitsbedingt ausgefallene Arbeitskollegen zu vertreten, ist allerdings gesetzlich nicht geregelt. Insofern liegt nach Auffassung des Senats eine planwidrige Regelungslücke vor, die sinnvoll nur durch die entsprechende Anwendung der in § 32b Abs 6 iVm § 32 Abs 1 Ärzte-ZV für die externe Vertretung getroffenen Regelungen geschlossen werden kann. Die zu regelnden Sachverhalte sind insoweit gleichartig (zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 9.2.2011 - B 6 KA 12/10 R - SozR 4-5520 § 24 Nr 6 = juris, RdNr 18 mwN). Der Senat geht deshalb davon aus, dass die für genehmigungsfreie externe Vertretungen geregelten zeitlichen Beschränkungen sinngemäß auch für den Fall gelten, dass ein in Teilzeit beschäftigter Angestellter seine Arbeitszeit vorübergehend erhöht, um einen Arbeitskollegen zu vertreten, der etwa urlaubs- oder krankheitsbedingt oder wegen der Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder an einer Wehrübung ausfällt. Danach ist die genehmigungsfreie urlaubs- oder krankheitsbedingte Vertretung in entsprechender Anwendung von § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV auf die Dauer von drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten beschränkt.
Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass eine interne Vertretung - jedenfalls wenn sie der KÄV nicht angezeigt worden ist - nichts daran ändert, dass das MVZ bei einer Plausibilitätsprüfung auf der Grundlage arztbezogener Quartalszeitprofile auffällig wird, wenn ein angestellter Arzt die zeitlichen Grenzen der ihm genehmigten Beschäftigung überschreitet. Die Frage, ob die Abrechnung trotz der Auffälligkeiten ordnungsgemäß ist, weil ein Vertretungsfall vorgelegen hat, ist Gegenstand der "weiteren Prüfung" nach § 12 AbrPr-RL. Dabei ist es Aufgabe des MVZ, die Umstände, die das Vorliegen eines Vertretungsfalles begründen, vollständig darzulegen. Soweit das nicht gelingt, geht dies zu Lasten des MVZ, das geltend macht, die Überschreitung der im Tageszeitprofil oder im Quartalszeitprofil maßgebenden Arbeitszeiten sei durch eine nicht genehmigungsbedürftige Vertretung gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang kommt es auch darauf an, in welchem Umfang der in Teilzeit beim MVZ beschäftigte Arzt durch anderweitige berufliche Verpflichtungen - etwa als angestellter Krankenhausarzt, als Angestellter eines anderen MVZ oder als Vertragsarzt - gebunden ist. Zwar verweist § 32b Abs 2 Ärzte-ZV wegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Anstellungsgenehmigung nicht auf § 20 Ärzte-ZV und nach hM in der Literatur sind die in § 20 Abs 1 Ärzte-ZV getroffenen Regelungen zur Unvereinbarkeit wegen Dauer und zeitlicher Lage einer anderweitigen Beschäftigung auch über § 1 Abs 3 Nr 2 Ärzte-ZV jedenfalls nicht ohne Weiteres auf MVZ und die dort angestellten Ärzte übertragbar (vgl Gerlach in Krauskopf, soziale Krankenversicherung/ Pflegeversicherung, Stand Juni 2019, § 95 SGB V RdNr 52, 177; Pawlita in juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 95 RdNr 155; Rademacker in Kasseler Komm, § 95 SGB V RdNr 119, Stand Einzelkommentierung August 2019; Wenner, GesR 2004, 353, 356; aA Lindau, GesR 2005, 494, 497). Das ändert indes nichts daran, dass Abrechnungsauffälligkeiten - hier in Gestalt einer Überschreitung der im Quartalszeitprofil maßgebenden Stundenzahl - geeignet sind, die Unrichtigkeit einer Abrechnung insgesamt zu belegen, soweit sie sich nicht zugunsten des Arztes bzw des MVZ erklären lassen (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 18 RdNr 25; BSG Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 19 RdNr 20, 22, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Mit einer rechtlich zulässigen internen Vertretung kann die Auffälligkeit aber nur erklärt werden, wenn der angestellte Arzt, der die Vertretung übernommen hat, tatsächlich in der Lage war, die unter seiner Arztnummer abgerechneten Leistungen zu erbringen. Ob das angenommen werden kann, hängt auch davon ab, in welchem Umfang dieser durch anderweitige, insbesondere arbeitsvertragliche Pflichten gebunden ist. Die nach § 106a Abs 2 Satz 2 SGB V gebotene Gleichbehandlung angestellter Ärzte mit Vertragsärzten im Rahmen der Plausibilitätsprüfung kann in ihrer Wirkung also nicht darauf beschränkt werden, Benachteiligungen angestellter Ärzte gegenüber Vertragsärzten auszuschließen; vielmehr gelten für MVZ und die dort angestellten Ärzte auch die die Vertragsärzte belastenden Regelungen zur Plausibilitätsprüfung, soweit sie ihrer Art nach übertragbar sind.
Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kommt es auf mögliche anderweitige, insbesondere arbeitsvertragliche Pflichten des Dr. E. indes nicht an. Die Beklagte hat ihrer Entscheidung über die Höhe des Regresses für diesen in den Quartalen 4/2007 bis 2/2008 auf einer halben Stelle bei der Klägerin beschäftigten Arzt bereits Vertretungszeiten im Umfang von drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten zugrunde gelegt; das hat sie auch im gesamten gerichtlichen Verfahren nicht mehr in Frage gestellt. Eine Änderung des angefochtenen Bescheides und des allein von der Klägerin mit der Berufung angegriffenen Urteils des SG zu deren Lasten ist unter dem Gesichtspunkt der reformatio in peius ausgeschlossen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Klägerin hat die Kosten des von ihr im Ergebnis ohne Erfolg geführten Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Fundstellen
BSGE 2020, 220 |
ArztR 2020, 134 |
MedR 2021, 79 |
SGb 2020, 99 |
GesR 2020, 264 |
ZP 2020, 1 |