Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung von Verwaltungsakten
Orientierungssatz
Zur Bindungswirkung von Verwaltungsakten:
1. Es ist zulässig, andere rechtliche Gründe nachzuschieben, wenn der bestehende Verwaltungsakt dadurch nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkung nicht wesentlich verändert und die Rechtsstellung des Betroffenen nicht beeinträchtigt, sondern nur auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wird (Anschluß an BSG 1958-02-12 11/9 RV 948/55 = BSGE 7, 8).
2. Da ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung rechtmäßig ist oder nicht, ist nicht nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern im Zeitpunkt der letzten Entscheidung der Verwaltung zu beurteilen (Anschluß an BSG 1958-02-12 11/9 RV 948/55 = BSGE 7, 8). Inzwischen ergangene Rechtsänderungen sind also nicht zu beachten.
Normenkette
SGG § 77; KOVVfG §§ 41, 42 Abs. 1 Nr. 9, § 24
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 08.02.1956) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 1956 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Auf Antrag des A K, der am 25. September 1957 gestorben ist, hatte das Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamt durch Bescheid vom 10. Januar 1944 chronische Nierenentzündung als Wehrdienstbeschädigung im Sinne der Verschlimmerung nach dem Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz (WFVG) anerkannt, jedoch kein Versehrtengeld gewährt. 1947 beantragte K wegen dieses Leidens Rente nach dem Bayerischen Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG). Dabei erwähnte er den Bescheid vom 10. Januar 1944 nicht, die Frage nach früheren Leistungen wegen seines Nierenleidens beantwortete er mit "keine" und den bisher festgestellten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) bezeichnete er mit "Versehrtenstufe II". Das Versorgungsamt (VersorgA.) erkannte durch Bescheid vom 30. Juni 1950 "chronische Nierenentzündung mit Bluthochdruck", hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des KBLG, als Leistungsgrund an und gewährte vom 1. Februar 1947 an Rente nach einer MdE. um 70 v. H. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten. Nach Auffindung der früheren Versorgungsakten hob ihn aber das VersorgA. durch Bescheid vom 25. Juli 1951 nach § 84 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG auf, erkannte als Schädigungsfolge "chronische Nierenentzündung im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung" an und versagte die Rente, da der auf den Wehrdienst entfallende Anteil der Verschlimmerung die Erwerbsfähigkeit nicht beeinträchtige. Nach den alten Versorgungsakten habe das Nierenleiden schon vor dem Wehrdienst bestanden; nach dem rechtsverbindlichen Bescheid vom 10. Januar 1944 sei es nur im Sinne der Verschlimmerung, jedoch ohne Versehrtheit anerkannt gewesen. K habe dies verschwiegen. Der Bescheid vom 30. Juni 1950 sei daher unter unzutreffenden Voraussetzungen erteilt.
Das Oberversicherungsamt (OVA.) wies die Berufung (alten Rechts) durch Urteil vom 7. Mai 1952 zurück. Der Rekurs K ging am 1. Januar 1954 als Berufung auf das Landessozialgericht (LSG.) über. Dr. D erklärte in seinem Gutachten für das LSG., auch unter Berücksichtigung der alten Versorgungsakten sei nicht sicher, ob das Nierenleiden Ks vor dem Wehrdienst durch die in der Anamnese erwähnte Angina ausgelöst worden sei. Wenn bei der Einstellungsuntersuchung im April 1942 eine Eiweißtrübung festgestellt worden sei, so besage dies nicht, daß die Nierenentzündung bei Beginn des Wehrdienstes schon bestanden habe. Wahrscheinlich sei vielmehr, daß sie durch Einflüsse des Wehrdienstes hervorgerufen worden sei. K hätte wegen des Eiweißbefundes zur Zeit der Einberufung zurückgestellt werden müssen. Der Zusammenhang mit dem Wehrdienst sei zu bejahen, weil infolge schwerer Durchnässung im Dienst eine Lungen- und Nierenentzündung eingetreten sei. Der Facharzt für innere Krankheiten Dr. M war dagegen der Ansicht, ein chronisches Nierenleiden habe schon vor dem Wehrdienst bestanden und sei durch die Erkrankung im Wehrdienst nur gering, jedenfalls nicht richtunggebend verschlimmert worden, was vor allem aus dessen Verlauf hervorgehe. Der Beklagte stützte den Rücknahmebescheid schließlich noch auf die §§ 41, 42 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VerwVG), die nach seinem § 52 auf laufende Verfahren anzuwenden seien. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 9 VerwVG könne erneut entschieden werden, wenn nachträglich eine zur Zeit der Entscheidung bereits vorhandene Urkunde, die eine andere Entscheidung herbeigeführt hätte, gefunden werde. Das LSG. hob das Urteil des OVA. und den "Zuungunstenbescheid" vom 25. Juli 1951 auf. Dieser Bescheid sei nach Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG zu beurteilen, jedoch seien die Voraussetzungen, unter denen der Bewilligungsbescheid habe zurückgenommen werden können, nicht erfüllt gewesen. Jedenfalls stehe nicht fest, daß der Bewilligungsbescheid ohne jeden Zweifel unrichtig gewesen sei. Auch nach den alten Versorgungsakten sei nicht sicher, daß das Nierenleiden Ks schon vor dem Wehrdienst bestanden habe, vielmehr sei es erstmals sechs Wochen nach Eintritt in den Wehrdienst und bei einer unwiderlegbar auf eine schwere Erkältung zurückzuführenden Lungenentzündung festgestellt worden. Zwar sei in der den Krankenblättern der Lazarette I, S und P angefügten ärztlichen Beurteilung vom 26. Februar 1943 vermerkt, K sei nach eigenen Angaben schon vor Eintritt in die Wehrmacht nierenkrank gewesen. Im Lazarett I habe er jedoch am 11. Dezember 1942 als Zeitpunkt der ersten Nierenerkrankung den 27. Mai 1942 angegeben und hinzugefügt, er sei vorher nie ernstlich krank gewesen. Daran habe er bei den folgenden Untersuchungen festgehalten. Wahrscheinlich beruhe daher die Annahme einer Nierenerkrankung vor dem Wehrdienst nicht auf den Angaben von K, sondern darauf, daß er angeblich 1940 an Diphterie oder Mandelentzündung erkrankt gewesen und bei der Einberufung zum Wehrdienst Eiweiß festgestellt worden sei. Auch die Wehrmachtsärzte hätten eine vordienstliche Nierenerkrankung nur angenommen, weil angeblich 1940 eine Fokalinfektion (Angina) vorgelegen habe. Nach Ansicht des Dr. D sei aber weder dieser Umstand noch der Eiweißbefund ein unwiderlegbarer Beweis für eine bei der Einstellung bereits vorhandene chronische Nierenentzündung, zumal K sonst nicht für k. v. befunden worden wäre. Schließlich habe K den Bewilligungsbescheid auch nicht arglistig erschlichen. In dem Versorgungsantrag sei nicht nach einem früheren Bescheid, sondern nach früheren Leistungen gefragt gewesen und mit dem Hinweis auf die Versehrtenstufe II (Versehrtheit ohne Bezug einer Rente) habe er nicht zum Ausdruck gebracht, daß sein Leiden früher nicht anerkannt gewesen wäre. Die §§ 41, 42 Abs. 1 Nr. 9 VerwVG seien nicht anzuwenden, da sie erst am 1. April 1955 in Kraft getreten seien. Verwaltungsakte, wie der "Zuungunstenbescheid" vom 25. Juli 1951, seien nach dem Recht im Zeitpunkt ihres Erlasses zu beurteilen. Das LSG. ließ die Revision zu.
Der Beklagte legte Revision ein und beantragte, das Urteil des LSG. aufzuheben und die Klage abzuweisen. Er rügte: Verletzt seien Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG, die §§ 41, 42, 52 VerwVG und § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), Die Versorgungsverwaltung sei bei der Beurteilung des Versorgungsanspruchs am 30. Juni 1950 auf die Angaben Ks angewiesen gewesen. Dieser habe aber verschwiegen, daß sein Leiden nur im Sinne der Verschlimmerung anerkannt worden sei. Auch nach Auffassung des LSG. wäre bei Kenntnis dieses Umstandes der Bescheid vom 30. Juni 1950 anders ausgefallen. Schon deshalb sei die Aufhebung begründet. Auch sei das LSG. in Übereinstimmung mit Dr. D zu Unrecht davon ausgegangen, K habe sich die Nierenentzündung im Wehrdienst zugezogen, und die im April 1942 festgestellte Eiweißtrübung sei kein Beweis für eine damals schon vorhandene Nierenentzündung. Nach den Angaben Ks, den medizinischen Unterlagen, dem Verlauf des Leidens und dem wehrmachtärztlichen Gutachten vom 6. März 1944 sei vielmehr anzunehmen, daß das Nierenleiden durch den Wehrdienst jedenfalls nicht richtunggebend verschlimmert worden sei. Diese Umstände habe das LSG. nicht berücksichtigt. Dr. D habe die Verschlimmerung nur deshalb als richtunggebend angesehen, weil nach seiner Meinung K nach dem Eiweißbefund hätte zurückgestellt werden müssen. Die §§ 41, 42 Abs. 1 Nr. 9 VerwVG seien anzuwenden, weil ein Bewilligungsbescheid aufgehoben werden könne, wenn dessen Unrichtigkeit "in der letzten Tatsacheninstanz" festgestellt werde. Zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung des LSG. habe aber das VerwVG bereits gegolten.
K beantragte, die Revision zurückzuweisen.
Seine Witwe setzte den Rechtsstreit nach seinem Tode als seine Rechtsnachfolgerin fort.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 124 Abs. 2, 165, 153 SGG) einverstanden.
Die Revision ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft und, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils ist nicht deshalb eingeschränkt, weil das LSG. die Zulassung damit begründet hat, die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften des VerwVG habe grundsätzliche Bedeutung und sei vom Bundessozialgericht (BSG.) noch nicht geklärt. Zwar kann bei der Beurteilung des Umfanges der Zulassung ihre Begründung berücksichtigt werden. Diese läßt aber nicht erkennen, daß das LSG. die im Tenor des Urteils uneingeschränkt ausgesprochene Zulassung der Revision habe einschränken wollen. Vielmehr ergibt sich daraus nur, daß es der Frage grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, nach welchen rechtlichen Gesichtspunkten hier der Rücknahmebescheid zu beurteilen ist. Die Zulassung ermöglicht daher die Nachprüfung im vollen Umfange.
Angefochten ist der Bescheid des VersorgA. vom 25. Juli 1951. Durch diesen Bescheid hat der Beklagte Leistungen entzogen, die der Kläger auf Grund des Bescheides vom 30. Juni 1950 erhalten hat. Der Bewilligungsbescheid ist ein ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gewesen. Er ist deshalb in dem Zeitpunkt, in dem er dem Versorgungsberechtigten zugegangen ist, für die Beteiligten in der Sache bindend geworden (§§ 77 SGG, 24 VerwVG, allgem. Verwaltungsrechtsgrundsätze), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Beklagte hat den Bewilligungsbescheid daher nur zurücknehmen dürfen, wenn er gesetzlich dazu ermächtigt gewesen ist und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen bindende Verwaltungsakte aufgehoben oder geändert werden dürfen.
Zutreffend hat das LSG. entschieden, der Rücknahmebescheid vom 25. Juli 1951 habe jedenfalls nicht auf §§ 41, 42 VerwVG gestützt werden können. Zwar scheitert dies nicht daran, daß der Beklagte sich auf diese Vorschriften erst im Laufe des Verfahrens berufen hat. Es ist zulässig, andere rechtliche Gründe nachzuschieben, wenn der bestehende Verwaltungsakt dadurch nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkung nicht wesentlich verändert und die Rechtsstellung des Betroffenen nicht beeinträchtigt, sondern - wie hier - nur auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wird (BSG. 3 S. 209 (216); 7 S. 8 (12)). Da aber der Rücknahmebescheid ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung ist, ist die Frage, ob er rechtmäßig ist oder nicht, nicht nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern im Zeitpunkt der letzten Entscheidung der Verwaltung zu beurteilen (BSG. 6 S. 288 (291); 7 S. 8 (13) mit weiteren Hinweisen). Damals, am 25. Juli 1951, haben aber die §§ 41, 42 VerwVG noch nicht gegolten; sie sind erst am 1. April 1955 in Kraft getreten (§ 51 VerwVG).
Mit Recht hat daher das LSG. der Nachprüfung des Bescheides vom 25. Juli 1951 Art. 30 Abs. 4 Satz 1 des Bayerischen KBLG zu Grunde gelegt (BSG. 6 S. 288 (290); 7 S. 103 (105)).
Nach dieser Vorschrift hat ein Bescheid zuungunsten des Beklagten nur aufgehoben werden können, wenn sich die Voraussetzungen der Bescheidserteilung als unzutreffend erwiesen haben. Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG enthielt eine Ausnahme von dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung an ihre Bescheide. Die Verwaltung ist danach berechtigt gewesen, fehlerhafte Bescheide unter bestimmten Voraussetzungen auch zuungunsten des Versorgungsberechtigten zu ändern oder aufzuheben. Jedoch mußten die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen, unter denen der ursprüngliche Bescheid erteilt worden ist, offenbar und ohne jeden Zweifel unrichtig sein. Ein fehlerhafter Bescheid durfte nur geändert oder aufgehoben werden, wenn entweder die tatsächlichen Grundlagen in Wirklichkeit nicht vorgelegen haben oder anders gewesen sind, als die Verwaltung angenommen hat, oder wenn die Entscheidung auf der unrichtigen Anwendung des Gesetzes beruht hat (BSG. 1 S. 56; 7 S. 103). Über diese Voraussetzungen hat das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 SGG) zu entscheiden.
Das LSG. ist der Ansicht, es sei nicht sicher nachzuweisen, daß die Nierenentzündung Ks durch Einflüsse des Wehrdienstes nicht hervorgerufen worden sei, sondern schon früher bestanden habe und nur geringfügig verschlimmert worden sei. Zwar sind die tatsächlichen Feststellungen des LSG. von der Revision nicht angegriffen und für das BSG. daher bindend (§ 163 SGG), der Beklagte ist aber der Meinung, das LSG. habe nicht berücksichtigt, daß sich die chronische Nierenentzündung seit April 1942 wesentlich gebessert und 1943 nur noch geringe Symptome gezeigt habe. Das LSG. hat darüber zu befinden gehabt, ob die Feststellung im Bescheid vom 30. Juli 1950, die chronische Nierenentzündung sei durch schädigende Einwirkung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 KBLG hervorgerufen, auf offenbar und ohne jeden Zweifel unzutreffenden Grundlagen beruht hat. Dies hat aber das LSG. verfahrensrechtlich einwandfrei und zutreffend verneinen dürfen. Grundlagen des Bescheides vom 30. Juni 1960 waren das Gutachten des Facharztes Dr. W vom 25. April 1950, der angenommen hat, K sei im Wehrdienst an einer Nierenentzündung erkrankt und diese sei als Wehrdienstbeschädigung anzusehen, sowie der Vermerk des Prüfarztes, dieses Leiden sei "KB wahrscheinlich im Sinne der Entstehung". Diese Grundlagen wären nur dann offenbar und ohne jeden Zweifel unzutreffend, wenn nachgewiesen wäre, daß K schon vor dem Wehrdienst eine Nierenentzündung gehabt hätte. Insoweit hat das LSG. die Beweise frei würdigen dürfen. Es hat die Grenzen dieses Rechts nicht überschritten. Sein Schluß, es sei nicht sicher, daß der Kläger schon vor dem Wehrdienst eine Nierenentzündung gehabt habe, beruht auf der abwägenden und sachgerechten Würdigung aller in dieser Hinsicht erheblichen Umstände, der Angaben Ks und der Äußerungen der ärztlichen Sachverständigen. Es hat den Hinweis in der ärztlichen Beurteilung, K sei nach eigener Angabe schon vor Eintritt in den Wehrdienst nierenkrank gewesen, schon deshalb bezweifeln dürfen, weil K in der für diese Beurteilung maßgebenden Krankengeschichte als Zeitpunkt der ersten Nierenerkrankung selbst den 27. Mai 1942 angegeben hat. Das LSG. hat ferner berücksichtigen dürfen, daß K. sich nachher stets darauf berufen hat, die Nierenentzündung sei erstmals im Wehrdienst aufgetreten und gehe auf die wiederholt und übereinstimmend im einzelnen geschilderten Einflüsse dieses Dienstes zurück. Das LSG. hat diese Angaben für umso zutreffender halten dürfen, als auf eine Nierenentzündung vor dem Wehrdienst lediglich daraus geschlossen wurde, daß K 1940 angeblich an Diphterie und Mandelentzündung erkrankt und der Eiweißbefund bei der Einstellung positiv gewesen sei. Es hat diese Schlußfolgerungen nicht als begründet ansehen müssen, zumal dieser Befund nach dem Gutachten von Dr. D jedenfalls nicht unbedingt auf eine Nierenentzündung hinweise, auch wenn früher tatsächlich eine Mandelentzündung vorgelegen hatte.
Auch der Verlauf der Nierenentzündung schließt nicht aus, daß sie durch schädigende Einwirkung im Sinne des Art. 1 KBLG hervorgerufen worden ist. Es kann dahinstehen, wann die Nierenentzündung chronisch geworden ist. Jedenfalls ist K am 11. Dezember 1942 wegen eines akuten Schubs einer chronischen Nierenentzündung in das Reservelazarett I aufgenommen worden, und es ist dabei festgestellt worden, daß die erste Nierenerkrankung am 27. Mai 1942 aufgetreten ist. Wenn auch die Beschwerden zeitweise nachgelassen haben, so ist doch die Nierenentzündung nie vollständig ausgeheilt worden und bis zum Tode Ks ständig fortgeschritten. Nur wenn eine akute Nierenentzündung nachweisbar vollständig ausgeheilt gewesen wäre, wäre zu prüfen gewesen, ob eine neue Erkrankung die Folge einer seit der ersten Nierenentzündung im Wehrdienst bestehenden Anfälligkeit oder von Umständen ist, die schädigenden Vorgängen im Sinne des KBLG nicht mehr zuzurechnen sind. Darauf ist es hier nicht angekommen, wenn die erste Erkrankung im Wehrdienst schon in einer Form aufgetreten ist, welche die Wehrmacht veranlaßt hat, sofort die Entlassung Ks wegen Dienstuntauglichkeit einzuleiten und ihn auch tatsächlich deswegen zu entlassen, und wenn schließlich seine Nierenentzündung von der ersten Erkrankung im Mai 1942 an einen Verlauf genommen hat, der zu seinem Tode geführt hat.
Mit Recht hat das LSG. auch verneint, K habe die frühere Entscheidung über seinen Versorgungsanspruch arglistig verschwiegen. Er hat die Frage (Nr. 14 des Versorgungsantrags), welche Leistungen er bereits früher wegen der Körperbeschädigung erhalten habe, verneinen dürfen. Er hat unter Leistungen in diesem Sinne offensichtlich die Rente, nicht die Heilfürsorge verstanden, zumal diese in ärztlicher Behandlung, nicht in Geldleistungen zu bestehen pflegt. Er brauchte auch die Frage 14 b ("von welcher Stelle und unter welcher Grundlisten-Nr.") nicht zu beantworten, wenn er gemeint hat, Leistungen, wie er sie verstanden hat, nicht erhalten zu haben. Aus diesen Antworten auf die Fragen im Versorgungsantrag kann jedenfalls nicht geschlossen werden, K habe verheimlichen wollen, daß sein Leiden früher im Sinne der Verschlimmerung anerkannt gewesen sei.
Das LSG. hat Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG sonach richtig angewandt. Die Revision des Beklagten ist deshalb nicht begründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen