Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit.
Der 1926 geborene Kläger arbeitete von 1941 - 1947 als Friseurlehrling, Werksbahnjungmann und Hilfsarbeiter, von 1947 bis 1952 im Bergbau als Gedingeschlepper und Lehrhauer und von 1952 bis 1960 als Postfacharbeiter. 1960 wurde er von der Bundespost in das Beamtenverhältnis übernommen und im August 1974 in den Ruhestand versetzt. Seit November 1974 bezieht er Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG).
Den Antrag des Klägers vom März 1974 auf Rente lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 1. Juli 1974; Widerspruchsbescheid vom 26. März 1975). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 1978); das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 17. November 1981 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Bisheriger Beruf des Klägers i.S. des § 46 Abs. 2 RKG, § 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) sei die Tätigkeit eines Postfacharbeiters. Diesen Beruf könne der Kläger nicht mehr ausüben, wohl aber noch die Tätigkeiten eines Verwiegers 1 im Steinkohlenbergbau, wenn auch ohne Nachtschicht. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Postfacharbeiter der Berufsgruppe der Facharbeiter zuzurechnen sei. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse sich auch ein Facharbeiter auf die Tätigkeit des Verwiegers 1 verweisen lassen. Auch sei für die Tätigkeit des Verwiegers 1 ohne Nachtschicht eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden. Nach einer für den gesamten Bereich der Ruhrkohle AG repräsentantiven Auskunft der Bergbau AG Westfalen betrage der Anteil der Verwieger 1 ohne Nachtschicht bei dieser Gesellschaft 22,5 v.H. (= 14) der gesamten Arbeitsplätze.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 46 Abs. 2 RKG, 1246 Abs. 2 RVO, 103, 128 Abs. 1 Satz 2, 136 Abs. 1 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 313 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) durch das Berufungsgericht.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7. Dezember 1978 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. Juli 1974 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1975 zu verurteilen, dem Kläger ab März 1974 Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren; hilfsweise beantragt er, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist i.S. der Zurückverweisung begründet.
Berufsunfähig ist der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit in Folge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwächen seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 46 Abs. 2 RKG; § 1246 Abs. 2 RVO). Die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, richtet sich damit nach seinem "bisherigen Beruf" i.S. der §§ 46 Abs. 2 RKG, 1246 Abs. 2 RVO (Hauptberuf).
Die Vorinstanzen haben zu Recht den Hauptberuf des Klägers in der Tätigkeit des Postfacharbeiters gesehen. Auch beim Wanderversicherten kann die Entscheidung über eine Berufsunfähigkeit und damit über den bisherigen Beruf des Versicherten nur einheitlich getroffen werden (BSGE 11, 69, 72; BSGE 26, 48, 49). Zu Recht ist die beamtete Tätigkeit des Klägers bei der Ermittlung des Hauptberufes außer acht gelassen worden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kommt als "bisheriger Beruf" i.S. der §§ 46 RKG, 1246 RVO nur eine pflichtversicherte Beschäftigung in Frage. Nur sie bestimmt das Versicherungsrisiko (vgl. den Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes - BVerfG - vom 1. Februar 1978 = BVerfGE 47, 168 = SozR 2200 § 1246 Nr. 28 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Nach den Feststellungen des BSG kann der Kläger seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben. Doch kann er noch vollschichtig, jedoch ohne Nachtschicht als Verwieger 1 arbeiten. Diese Tätigkeit kann dem Kläger auch i.S. der §§ 46 Abs. 2 Satz 2 RKG, 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO zugemutet werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG bestimmt sich die Zumutbarkeit eines Verweisungsberufes nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes des Versicherten. In der Berufswelt der Arbeiter lassen sich mehrere hierarchisch geordnete Gruppen auffinden, die durch Leitberufe, nämlich die des Vorarbeiters mit Leitungsfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Arbeiters, des Facharbeiters, des Arbeiters mit einem sonstigen Ausbildungsberuf (angelernter Arbeiter) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden. Wer nach seinem bisherigen Beruf einer dieser Gruppen angehört, kann jeweils nur auf eine Tätigkeit der nächstunteren Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 29 m.w.N.). Das LSG konnte es im vorliegenden Fall zu Recht offen lassen, ob die vom Kläger verrichtete Tätigkeit als Postfacharbeiter zu der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters, des angelernten oder des ungelernten Arbeiters zählt. Die Gruppenzuordnung des Hauptberufes erfolgt lediglich zu dem Zweck, den Wertabstand zwischen ihm und der Verweisungstätigkeit zu ermitteln. Bewegt sich die größte Wertdifferenz, die sich bei der Einstufung der Tätigkeit des Postfacharbeiters in die Gruppe der Facharbeiter ergeben würde, noch im Rahmen des Zumutbaren, so muß dies erst recht für die sich ergebenden kleineren Wertdifferenz bei Zugrundelegung der wertmäßig darunterliegenden Gruppen geilen (so auch BSG SozR 2200 Nr. 95 zu § 1246, SozR 2200 § 1246 Nr. 34).
Die Tätigkeit des Verwiegers 1 gehört zwar zu den ungelernten Tätigkeiten, wird jedoch, da sie besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit und das Verantwortungsbewußtsein stellt, in Lohngruppe 07 über Tage der für den rheinisch-westfälischen Steinkohlen-Bergbau geltenden Lohnordnung eingestuft. Da Tätigkeiten im allgemeinen nach ihrem qualitativen Wert bezahlt werden, kann angenommen werden, daß diese Arbeit sich qualitativ deutlich aus dem Bereich der ungelernten Arbeiten heraushebt, so daß ihre Ausübung auch einem Facharbeiter noch zumutbar ist (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 25. April 1978 in BSGE 46, 118, 121 = SozR 2600 § 45 Nr. 21 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Klägers kann er auch auf eine knappschaftliche Tätigkeit verwiesen werden, obwohl sein bisheriger Beruf in den Bereich der Arbeiterrentenversicherung (§ 1246 Abs. 2 RVO) fällt. Die Frage nach der Verweisung auf berufsfremde Tätigkeiten stellt sich nicht nur innerhalb der knappschaftlichen Rentenversicherung und damit innerhalb eines einzelnen Versicherungszweiges. Da in den in Frage kommenden Vorschriften aller drei Versicherungszweige (Angestelltenversicherung, Arbeiterrentenversicherung, knappschaftliche Rentenversicherung) durch die am 1. Januar 1957 in Kraft getretenen Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze der Begriff der Berufsunfähigkeit übereinstimmend definiert ist, kann die Auslegung der im Gesetz aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen nur übereinstimmend ausfallen. Nach den in allen drei Versicherungszweigen gleichlautenden Vorschriften über die Berufsunfähigkeitsrente kommen als Verweisungstätigkeiten alle Tätigkeiten in Betracht, die den Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherten entsprechen und ihm zumutbar sind. Aus den im Zusammenhang zu sehenden Worten Erwerbsfähigkeit in Satz 1 und Tätigkeit in Satz 2 ergibt sich, daß unter Tätigkeit jede Arbeit zu verstehen ist, durch deren Ausübung ein dem Lebensunterhalt dienendes Entgelt erworben werden kann (BSG Großer Senat, Beschluß vom 11. Dezember 1969 in BSGE 30, 167, 172 = SozR Nr. 79 zu § 1246 RVO). Diese schon vom Wortlaut her gebotene Auslegung entspricht auch dem Zweck des Gesetzes und den Zielvorstellungen des Gesetzgebers. Die Berufsunfähigkeitsrente soll einen Ausgleich für die Minderung der Erwerbsfähigkeit schaffen, also der Fähigkeit, durch Ausübung einer Tätigkeit ein Entgelt zu erwerben. Daraus folgt, daß sich der soziale Schutz der Rentenversicherung auch nur auf diese verminderte Fähigkeit zum Erwerb erstrecken kann, sobald sie ein gewisses Ausmaß erreicht hat. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, daß er durch bloßen Zeitablauf auf Tätigkeiten im Bergbau nicht mehr verweisbar sei, so käme man zu einem Schutz des Berufszweiges bzw. der Berufssparte und nicht selten zu einem Rentenanspruch bereits bei unwesentlicher Erwerbsminderung. Dieses Ergebnis würde den Zielvorstellungen des Gesetzgebers nicht mehr entsprechen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist deshalb auch eine Verweisung auf berufsfremde Tätigkeiten grundsätzlich zulässig (vgl. BSGE 9, 254; 11, 206; SozR Nrn. 13, 103, 104, 107, 108 zu § 1246 RVO; SozR 2200 § 1246 Nrn. 4, 71). Dabei ist diese berufsfremde Verweisung nicht auf den Versicherungszweig beschränkt, in dem der Versicherte im "bisherigen Beruf" versicherungspflichtig gewesen ist. Damit im Einklang hat der erkennende Senat bereits wiederholt entschieden, daß sich die Versicherten, die im bisherigen Beruf eine bergmännische Tätigkeit ausgeübt haben, zumutbar nicht nur auf Arbeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben, sondern darüber hinaus auch auf entsprechende rentenversicherungspflichtige Beschäftigungen außerhalb des Bergbaus verweisen lassen müssen (vgl. BSGE 11, 206; SozR Nr. 6 zu § 46 RKG; SozR Nr. 108 zu § 1246 RVO; SozR 2600 § 46 Nr. 1). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß der gleiche Grundsatz auch zu gelten hat, wenn für einen in der Arbeiterrentenversicherung Versicherungspflichtigen eine knappschaftlich versicherte Verweisungstätigkeit in Betracht kommt.
Allerdings wird eine derartige Verweisung auf berufsfremde Tätigkeiten auch außerhalb des bisherigen Versicherungszweiges häufig daran scheitern, daß der Versicherte mit den ihm fremden Tätigkeiten überfordert ist. Bestehen jedoch in dieser Hinsicht - wie im vorliegenden Fall im Hinblick auf die frühere Berufsausübung im Bergbau - keine Bedenken, kommt es allein auf die Frage der Zumutbarkeit an, also darauf, ob die Tätigkeit nach der maßgebenden Auffassung der Tarifpartner, kein wesentlich geringeres Ansehen genießt als die Tätigkeit im bisherigen Beruf.
Zwar hat der erkennende Senat es den Versicherungsträgern und Gerichten nahe gelegt, eine zumutbare Verweisungstätigkeit zunächst in dem für den Versicherten bisher maßgebenden Tarifvertrag zu suchen, um einen dem Hauptberuf verwandten bzw. nahestehenden Verweisungsberuf zu finden und erst dann auf andere Verweisungstätigkeiten zurückzugreifen (BSGE 38, 153, 156 = SozR 2200 § 1246 Nr. 4). Dieser primär aus praktischen Gründen gegebene Hinweis schließt indes eine Verweisung auf berufsfremde Tätigkeiten nicht grundsätzlich aus.
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht, daß der Kläger auf Tätigkeiten im Bergbau nicht verwiesen werden kann. In den §§ 1246 RVO, 46 RKG hat der Grundsatz von Treu und Glauben insoweit bereits seine Ausprägung in dem Tatbestandsmerkmal der Zumutbarkeit gefunden, so daß darüber hinaus eine erneute eigenständige Prüfung unter diesem Gesichtspunkt - jedenfalls was die Vereinbarkeit angeht - nicht angezeigt ist.
Kann der Kläger also durchaus auf die Tätigkeit des Verwiegers 1 als eine seinem Hauptberuf fremde Tätigkeit verwiesen werden, so muß ihm aber der Arbeitsmarkt hierfür offen stehen. Denn die Erwerbsfähigkeit ist nicht abstrakt, d.h. losgelöst von der Wirklichkeit des Arbeitslebens zu betrachten (Beschlüsse des Großen Senats vom 11. Dezember 1969 in BSGE 30, 167; 30, 192 = SozR Nr. 79 zu § 1246 RVO; SozR Nr. 20 zu § 1247 RVO und vom 10. Dezember 1975 in BSGE 41, 41 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13). Zwar besteht nach der Rechtsprechung des BSG im Regelfall kein Anlaß, Feststellungen zur Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze zu treffen, wenn der Versicherte fähig ist, vollzeitig in Beschäftigungen tätig zu sein, die in einem Tarifvertrag erfaßt sind. Dann gilt die - wenn auch widerlegbare - Vermutung, daß die in dem Tarifvertrag oder in den Tarifverträgen aufgezählten Vollzeitarbeitsplätze in nicht nur geringer Zahl vorhanden sind (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 19, 30 und 78). Denn die Tarifparteien werden im allgemeinen nur solche Tätigkeiten aufnehmen, die es in hinreichender Zahl gibt. Wenn der Versicherte aber zum Beispiel nicht uneingeschränkt zu der im Tarifvertrag genannten Tätigkeit fähig ist, sondern nur in einem Teilbereich dieser Tätigkeit eingesetzt werden kann, etwa weil er die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht oder nicht unter den betriebsüblichen Bedingungen verrichten kann, dann besteht Veranlassung, über die Zahl der verbleibenden Arbeitsstellen konkrete Feststellungen zu treffen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 82).
Der Kläger kann die Tätigkeit des Verwiegers 1, wie das LSG festgestellt hat, nur ohne Nachtschicht ausüben. Er kann also die Verwiegertätigkeit zeitlich nicht uneingeschränkt und damit nicht unter den betriebsüblichen Bedingungen ausüben. Damit sind konkrete Feststellungen über die Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze notwendig. Insoweit reichen aber die bisherigen Feststellungen für eine abschließende Beurteilung der Frage eines verschlossenen oder offenen Arbeitsmarktes nicht aus. Zwar hat das LSG festgestellt, daß bei der Bergbau AG Westfalen 22,5 v.H. der insgesamt für Verwieger 1 vorhandenen Arbeitsplätze auf solche ohne Nachtschicht entfallen und daß dieses Ergebnis für den gesamten Bereich der Ruhrkohle AG repräsentativ sei. Das besagt aber noch nichts darüber, ob dem Kläger der Arbeitsmarkt hinsichtlich des Verwiegers 1 offen ist.
Der Rechtsprechung des BSG, daß der Versicherte nicht mehr berufsfähig ist, dem für seinen und für zumutbare Verweisungsberufe der Arbeitsmarkt verschlossen ist, liegt der Gedanke zugrunde, daß der Versicherte nur dann auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit verwiesen werden kann, wenn dafür in der Arbeitswelt, wie sie sich gerade tatsächlich darstellt, eine reale Chance der Verwirklichung besteht, wenn also eine nicht nur theoretische Möglichkeit vorhanden ist, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erlangen (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 16. Oktober 1981, 5b RJ 36/81 und vom 9. September 1982, 5b RJ 76/81). Hierbei geht der Senat davon aus, daß eine Relation zwischen der Zahl der potentiellen Bewerber einerseits und den vorhandenen Einsatzmöglichkeiten andererseits herzustellen ist (vgl. Urteil des Senats vom 8. September 1982, 5b RJ 16/81 in SozR 2200 § 1246 Nr. 101). Je weniger Versicherte die Anforderungen einer bestimmten Tätigkeit erfüllen, um so geringer kann die Zahl der Arbeitsplätze sein, die bei der Verweisung den Arbeitsmarkt nicht als verschlossen erscheinen läßt. So hat der Senat in seinem Urteil vom 8. September 1982 (5b RJ 28/81) hundert Arbeitsplätze als ausreichend angesehen, um eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für Prüfschweißer zu verneinen. Er ist dabei davon ausgegangen, daß der Prüfschweißer in der Qualitätsüberwachung eines Herstellers von Materialien über spezielle Kenntnisse und Erfahrung verfügen müsse, wodurch die Zahl der Bewerber zwangsläufig eingeschränkt ist. Aus dem gleichen Grunde hat er in seinem Urteil vom 4. August 1981 (5a/5 RKn 22/79) für eine Verweisung im Rahmen der Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit bei einem Versicherten mit einschlägiger Vorbildung als Offsetvervielfältiger sechzig Arbeitsplätze im Bergbau an der Ruhr und an der Saar genügen lassen. Gerade an solchen Besonderheiten fehlt es indes bei der hier in Betracht gezogenen Verweisungstätigkeit, so daß entgegen der Annahme des LSG die zuletzt genannte Entscheidung das angefochtene Urteil nicht stützen kann.
Mit der Berücksichtigung der Relation zwischen Bewerbern und angebotenen Arbeitsplätzen ist allerdings nicht eine abstrakte zahlenmäßige Relation zwischen den vorhandenen Arbeitsplätzen und den Arbeitsuchenden gemeint, etwa i.S. der Entscheidungen des Großen Senates vom 11. Dezember 1969 (BSGE 30, 167; 30, 192). Es handelt sich vielmehr um eine Prognose: Hat der Versicherte bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage mit der Leistungsfähigkeit, die er noch bieten kann, eine, wenn auch schlechte Chance, in einem zumutbaren Verweisungsberuf unterzukommen? Wenn ja, ist er arbeitslos. Hat er dagegen bei vernünftiger Betrachtung praktisch keine derartige Chance mehr, so ist er nicht nur arbeitslos. Das Absinken seiner Leistungsfähigkeit hat ihn dann vielmehr vom Arbeitsmarkt schlechthin ausgeschlossen.
Die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitsmarkt dem Versicherten verschlossen ist, ist damit schon nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung davon abhängig gemacht worden, wie groß die Chance des Bewerbers ist, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Dafür kann nach der Rechtsprechung des Senats auch maßgebend sein, ob Bewerber mit einschlägiger Berufserfahrung gegenüber denjenigen regelmäßig bevorzugt werden, die als bisher berufsfremde erst einer besonderen Einweisungs- und Einarbeitungszeit bedürfen. Im vorliegenden Falle muß deshalb geprüft werden, ob die Zahl der für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsplätze praktisch nicht ins Gewicht fällt, weil diese als "Schonarbeitsplätze" intern den leistungsgeminderten Betriebsmitgliedern vorbehalten bleiben, somit nur noch von im Bergbau tätigen Bewerbern besetzt werden und nicht von denjenigen, die - wie der Kläger - vor etlichen Jahren vom Bergbau abgekehrt sind (vgl. Urteile des Senats vom 8. September 1982, 5b RJ 16/81 = SozR 2200 § 1246 Nr. 101 und 5b RJ 28/81 jeweils m.w.N.).
Sollte das LSG zu dem Ergebnis kommen, daß sich die Chance des Klägers, eine Arbeitsstelle in einem bestimmten zumutbaren Verweisungsberuf, z.B. als Verwieger 1, zu erhalten, nahezu auf Null reduziert, deshalb praktisch nicht ins Gewicht fällt und damit vernachlässigt werden kann, so kann es sich bei seiner erneuten Entscheidung nicht auf die Bezeichnung dieser einen Verweisungstätigkeit beschränken (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 45 und 98).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen