Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.09.1957) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 1957 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I
Der Turn- und Sportverein H. ließ in der Zeit von Februar 1951 bis August 1952 eine Vereinsturnhalle in unbezahlter freiwilliger Eigenarbeit der Vereinsmitglieder bauen. Die Beklagte übersandte dem Verein den Heberollenauszug (§ 809 der Reichsversicherungsordnung – RVO –) vom 24. November 1952; darin wurde auf Grund eines geschätzten Entgelts von 1.000,– DM eine Prämie von 75,– DM festgesetzt. Mit Einspruchsbescheid gemäß §§ 814, 815 RVO vom 26. Januar 1953 lehnte die Beklagte die beantragte Prämienniederschlagung ab. Hiergegen legte der Verein Beschwerde ein. In dem Verfahren, das als Klage auf das Sozialgericht (SG) überging, gab der Kläger an, bei dem Turnhallenbau seien von den Vereinsmitgliedern rund 3000 Arbeitsstunden geleistet worden; ständig seien 5 Mitglieder, insgesamt manchmal bis zu 20 Mitglieder tätig gewesen. Die Beklagte forderte daraufhin mit Heberollenauszug vom 24. September 1953 – unter Zugrundelegung des berichtigten Entgelts von 2.025,– DM – eine zusätzliche Prämie von 76,90 DM.
Das SG Stuttgart hat die Klage gegen den Bescheid vom 26. Januar 1953 abgewiesen: Der Kläger sei beim Bau seiner Turnhalle als Unternehmer nichtgewerbsmäßiger Bauarbeiten aufgetreten (§§ 629, 783 RVO). Die Prämienzahlungspflicht sei zu bejahen. Entgegen der Ansicht des SG Heilbronn – dieses hatte in einer gleichliegenden Sache den Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 RVO für die bei Sportplatzarbeiten tätigen Vereinsmitglieder und deshalb auch die Beitragspflicht des Vereins verneint – hat das SG Stuttgart ausgeführt, die Beitragspflicht hänge nicht davon ab, ob auf die beim Bau Tätigen § 537 Nr. 10 RVO anwendbar sei. Die Mitglieder des Klägers hätten jedoch eine weisungsgebundene wirtschaftlich wertvolle Arbeit geleistet, so daß die Voraussetzungen des § 537 Nr. 10 RVO gegeben seien. Wegen der Abweichung vom SG Heilbronn hat das SG die Berufung zugelassen.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Aufhebung der Heberollenauszüge vom 24. November 1952 und 24. September 1953, des Bescheides vom 26. Januar 1953 sowie des SG-Urteils; den außerdem gestellten Antrag auf Feststellung der Prämienfreiheit für den Eigenbau hat der Kläger auf Anregung des Landessozialgerichts (LSG) zurückgezogen. Zur Berufungsbegründung hat der Kläger geltend gemacht, der Turnhallenbau habe keinem wirtschaftlichen Zweck gedient. Eine Inanspruchnahme bezahlter Arbeitskräfte sei nicht erspart worden; denn ohne Selbsthilfe der Mitglieder wäre die Turnhalle überhaupt nie gebaut worden. Die Tätigkeit am Bau sei für die Mitglieder keine Arbeitsleistung, sondern Freizeitgestaltung und Sportersatz gewesen, sie hätten nur ihren eigenen in der Mitgliederversammlung gefaßten Beschluß ausgeführt, seien also nicht an Weisungen gebunden gewesen. § 537 Nr. 10 RVO sei nicht anwendbar, mithin bestehe auch keine Beitragspflicht. Das LFG Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen; Bei den vom Kläger angegebenen 3000 Arbeitsstunden handele es sich um längere Bauarbeiten i. S. des § 798 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Der Kläger – ein e.V. mit eigener Rechtspersönlichkeit – habe als Unternehmer bei diesen Bauarbeiten seine Mitglieder beschäftigt; unbeachtlich sei, daß die einzelnen Mitglieder in der Versammlung den Bau selbst beschlossen hätten. Der Einwand, es liege kein Betrieb vor, entfalle schon nach altem Recht (§ 783 RVO i.V.m. §§ 544, 537 Nr. 3 RVO aF); dementsprechend habe das Reichsversicherungsamt (RVA) in einem Beschluß vom 22. Oktober 1932 die Prämienzahlungspflicht eines eingetragenen Vereins für den Bau eines Sportplatzes durch die Vereinsmitglieder bejaht. Im vorliegenden Fall seien die Vereinsmitglieder schon hiernach versichert gewesen; denn ihre Tätigkeit habe dem Willen des Vereins entsprochen und sei auch in persönlicher Abhängigkeit verrichtet worden. Nach § 537 Nr. 10 RVO in der jetzt geltenden Passung sei der Versicherungsschutz erst recht allein deshalb zu bejahen, weil es sich um eine für das Unternehmen geleistete Arbeit von wirtschaftlichem Wert gehandelt habe; ohne Bedeutung sei es, ob die Mitglieder aus sportlichen, kameradschaftlichen oder sonstigen ethischen Beweggründen mitgearbeitet hätten. – Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 9. Dezember 1957 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Januar 1958 Revision eingelegt und sie innerhalb der bis zum 9. März 1958 verlängerten Frist wie folgt begründet: Verletzt seien §§ 783, 798 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Der Kläger als Idealverein verfolge keinen wirtschaftlichen Zweck und sei deshalb kein Unternehmer; die einzelnen Mitglieder stünden dem Verein nicht als Dritte gegenüber, seien daher keine „Beschäftigten”; vielmehr seien die Mitglieder, die in ihrer Gesamtheit den Verein bildeten, als Teilunternehmer tätig geworden. Die Rechtsfähigkeit habe auf das Wesen des Vereins keinen Einfluß. Die Mitglieder hätten ihre Tätigkeit freiwillig, unentgeltlich und persönlich unabhängig verrichtet und dabei auch nicht das Bewußtsein gehabt, dem Verein als bei ihm beschäftigte Personen gegenüberzustehen; vielmehr hätten sie sich als Vereinsmitglieder gefühlt und für sich selbst arbeiten wollen. Der Kläger beantragt,
- die Urteile des LSG vom 26. September 1957 und des SG vom 28. September 1955, die Heberollenauszüge vom 24. November 1952 und 24. September 1953 sowie den Einspruchsbescheid der Beklagten vom 26. Januar 1953 aufzuheben,
- festzustellen, daß der Kläger wegen der von seinen Mitgliedern freiwillig und unentgeltlich zu seinen Gunsten ausgeübten Eigenbautätigkeit keine Unfallversicherungsprämien kraft Gesetzes an die Beklagte zu leisten habe.
Die Beklagte hat Zurückweisung der Revision beantragt und auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16. Mai 1958 hingewiesen, das den Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 31. Januar 1961 (2 RU 173/58) bildete.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Von der nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegebenen Befugnis, in dieser Weise zu entscheiden, hat der Senat Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet.
Die Klage, die nach § 215 Abs. 4 SGG aus der Beschwerde (§ 816 RVO) hervorgegangen ist, hat sich ursprünglich gegen den Heberollenauszug vom 24. November 1952 gerichtet, den die Beklagte auf den Einspruch des Prämienpflichtigen (§ 814 RVO) bestätigt hat. Durch den weiteren Heberollenauszug vom 24. September 1953 hat die Beklagte auf Grund der ihr nunmehr erst bekannt gewordenen wirklichen Zahl der verwendeten Arbeitstage einen höheren Entgelt errechnet, die Prämie entsprechend heraufgesetzt und den Restbetrag nachgefordert. Auf diesen neuen Verwaltungsakt war die nur für Rentenfeststellungsbescheide geltende Vorschrift des § 1608 RVO nicht anwendbar. Er wurde auch, da er vor dem 1. Januar 1954 erging, nicht gemäß § 96 SGG ohne weiteres Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSG 4, 281). Das SG, das von der Prämiennachforderung keine Kenntnis besaß, hat sich hiermit in seinem Urteil nicht befaßt. Der Kläger hat jedoch im Berufungsverfahren auch die Aufhebung des Heberollenauszugs vom 24. September 1953 beantragt, die Beklagte hat sich in ihrer Berufungsentgegnung ohne Einschränkung darauf eingelassen. Hierin ist eine zulässige Klagänderung zu erblicken (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG), durch welche auch die Prämiennachforderung in das Verfahren einbezogen worden ist. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 215 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Heberollenauszüge vom 24. November 1952 und 24. September 1953 sowie der Bescheid vom 26. Januar 1953 sind zu Hecht ergangen. Der Kläger war hinsichtlich der von seinen Mitgliedern beim Bau der Turnhalle unentgeltlich ausgeführten Arbeiten „Unternehmer längerer, nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten” und hat hierbei seine Mitglieder „beschäftigt” (§ 798 Abs. 1 Nr. 1, § 783 Abs. 1 RVO).
Der Kläger zieht zu Unrecht seine Unternehmereigenschaft mit dem Hinweis auf die rein ideelle Zielsetzung des Vereins in Zweifel. Nach § 633 Abs. 1 RVO ist Unternehmer eines Betriebes oder einer Tätigkeit derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb oder die Tätigkeit geht. Dies ist hinsichtlich der zu beurteilenden Bauarbeiten der klagende Verein; denn ihm als dem Eigentümer des Bauwerks gereichte das wirtschaftliche Ergebnis der Arbeiten, wenn es positiv war, unmittelbar zum Vorteil, wenn mangelhafte Arbeit geleistet wurde, zum Nachteil. Daß nach Fertigstellung der Turnhalle die einzelnen Mitglieder Nutzen daraus ziehen konnten, indem die Halle ihnen eine bessere turnerische Betätigung ermöglichte, machte nicht etwa die Mitglieder zu Unternehmern (vgl. RVA EuM 23, 182; RVO-MitglKomm. § 633 Anm. 3 S. 262; Schräder/Strich, Die deutsche Unfallversicherung, § 633 S. 721). Die Unternehmereigenschaft des Klägers hinsichtlich der Bauarbeiten wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Turnhalle nicht als Quelle wiederkehrender Einnahmen dienen sollte. Der Begriff des Unternehmers setzt keinen Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit voraus. Dies folgt schon für das vor dem 1. Januar 1942 geltende Recht aus dem Beispiel des § 633 Abs. 2 i.V.m. § 537 Nr. 6, 7 RVO aF; auch bei nicht gewerbsmäßigem Halten von Reittieren oder Fahrzeugen war der Halter Unternehmer i. S. des Dritten Buches der RVO. In Übereinstimmung hiermit hat schon das RVA eine Kirchengemeinde hinsichtlich der von Gemeindemitgliedern beim Bau einer Kirche unentgeltlich geleisteten Arbeiten als Unternehmerin angesehen (AN 1911, 408 Nr. 2470). Das Sechste Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 hat demgegenüber noch eine Ausweitung des Unternehmerbegriffs mit sich gebracht (vgl. Berufsgenossenschaftliche Schiedsstelle, Entsch. vom 26.11.1951, BG 1952, 116). Schließlich trifft die Auffassung der Revision nicht zu, daß nicht der Verein als solcher, sondern die Mitglieder in ihrer Gesamtheit Unternehmer und deshalb jedes einzelne Mitglied Teilunternehmer seien. Der wirtschaftliche Wert der Turnhalle fiel ausschließlich dem Kläger als solchem zu, der als ein in das Vereinsregister eingetragener sogenannter Idealverein Rechtsfähigkeit besitzt. Ihm gehört das Vereinsvermögen, das durch die Errichtung der Turnhalle vermehrt wurde; die Vereinsmitglieder sind nicht Miteigentümer (vgl. RGRKomm. zum BGB § 38 Anm. 2).
Dem LSG ist auch darin beizupflichten, daß die Vereinsmitglieder, die in der angeführten Weise beim Bau der Turnhalle geholfen haben, i. S. des § 783 RVO beschäftigt waren.
In dieser Hinsicht ist von Bedeutung, daß die Vorschriften über die Zweiganstalten für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten (§§ 783 ff RVO) insofern eine bloße Zuständigkeitsregelung enthalten, als sie einerseits die Leistungspflicht aus der gesetzlichen Unfallversicherung und andererseits das Recht zur Prämienerhebung ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit des Unternehmers zu einer anderen Berufsgenossenschaft der Zweiganstalt der örtlich zuständigen Berufsgenossenschaft von Baugewerbetreibenden zuweisen. Sie regeln, obwohl es in § 783 Abs. 1 RVO heißt: „… sind die Personen versichert, die ein Unternehmer … beschäftigt”, nicht, welche der bei der Durchführung nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten beschäftigten Personen unter Versicherungsschutz stehen, sondern erklären unter der Voraussetzung, daß eine der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallende Tätigkeit vorliegt, die Zweiganstalt zum zuständigen Versicherungsträger. Fehlt es an einer Tätigkeit, aus der eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers erwachsen kann, so ist der Unternehmer auch nicht zur Entrichtung von Beiträgen oder Prämien verpflichtet. Deshalb läßt sich zB aus § 783 Abs. 1 RVO nicht herleiten, daß nach § 541 Nr. 3 RVO versicherungsfreie Mitglieder geistlicher Genossenschaften, wenn sie sich an nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten der Genossenschaft beteiligen, versichert wären. Demgemäß ist auch im vorliegenden Falle – wie das LSG offenbar nicht verkannt hat – der Kläger zur Prämienzahlung nur verpflichtet, wenn und soweit er seine Mitglieder in einer Weise beschäftigt hat, die den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach sich zog. Als versicherungspflichtige Beschäftigung der helfenden Mitglieder kommt eine solche nach § 537 Nr. 1 oder Nr. 10 RVO in Betracht.
Der Umstand, daß die tätig gewordenen Personen Vereinsmitglieder des Unternehmers waren, schließt die Möglichkeit einer solchen Beschäftigung nicht von vornherein aus. Ebenso wie für das Gebiet des Arbeitsrechts anerkannt ist, daß zwischen einem Verein – insbesondere einem rechtsfähigen – und seinen Mitgliedern ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann (vgl. Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Bd. 1 § 14 V 4; Hueck/Nipperdey, Deutsches Arbeitsrecht, 6. Aufl., 1959 Bd. 1, 43), so ist es auch denkbar, daß Mitglieder eines eingetragenen Vereins – jedenfalls solche Mitglieder, die nicht dem Vorstand angehören – in einem Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 537 Nr. 1 RVO zum Verein stehen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl., § 537 RVO Anm. 15; Teutsch. Das Beschäftigungsverhältnis als Grundlage des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes und des Haftungssonderrechts der Unternehmer S. 30, 31; RVA AN 1929, 443 Nr. 3583; vgl. auch RVA AN 1897, 318 Nr. 572 betr. versicherungspflichtiges Dienstverhältnis zwischen einem Gewerken und der Gewerkschaft). Ob Entsprechendes auch für den grundsätzlich nach den Regeln der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu behandelnden, nicht rechtsfähigen Verein gilt (verneinend: RVA AN 1908, 660 Nr. 2284; Bayer. LSG vom 5. November 1957, Amtsbl. des Bayer. Arb. und SozMin. 1958 S. B 61; Lauterbach aaO S. 57), brauchte aus Anlaß des vorliegenden Streitfalls nicht entschieden zu werden. Schließt somit die Mitgliedschaft in einem rechtsfähigen Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 537 Nr. 1 RVO zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein nicht von vornherein aus, so kann nach der Auffassung des Senats ein Vereinsmitglied auch „wie” ein nach Nr. 1 Beschäftigter für den Verein tätig und damit nach § 537 Nr. 10 RVO versichert sein.
Bei vielen Verrichtungen, die ein Vereinsmitglied für seinen Verein erbringt, wird freilich das Tätigwerden ein unmittelbarer Ausfluß der Mitgliedschaft selbst sein, so daß in solchen Fällen Bedenken bestehen, neben der Mitgliedschaft noch ein besonderes Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Dies dürfte vor allem für geringfügige Verrichtungen gelten wie zB für Ordnungsdienste bei Veranstaltungen des Vereins, den Verkauf von Eintrittskarten regelmäßige Arbeiten zur Reinigung und Herrichtung des Sportplatzes usw. Auch bei umfangreicheren Arbeitsleistungen wird man, wenn die Vereinssatzung oder ein Beschluß der Mitgliederversammlung den Mitgliedern eine solche Verpflichtung auferlegt, möglicherweise zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Arbeitsleistung ausschließlich den Mitgliedspflichten entspringt (vgl. RVA AN 1929, 443 Nr. 3583). Wie im einzelnen das aus der Mitgliedschaft sich ergebende Tätigwerden von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung abzugrenzen ist, mag zweifelhaft sein. Im vorliegenden Falle bedurfte es keiner genauen Abgrenzung, weil die Arbeitsleistungen, für welche die Beklagte Prämien festgesetzt hat, offensichtlich den Rahmen der Pflichten überschreiten, die sich aus der Satzung des Klägers, aus Beschlüssen seiner Mitgliederversammlung oder aus allgemeiner Übung ergeben könnten. Nach dem festgestellten Sachverhalt waren, wenn auch die Mitgliederversammlung die Errichtung einer Turnhalle beschlossen hatte, die Mitglieder nicht zur Mitarbeit verpflichtet, vielmehr stand es jedem Mitglied frei, ob und in welchem Maße es sich an den unentgeltlichen Arbeiten beteiligen wollte und wann es sich zur Verfügung stellte. Die Arbeitsleistung der mithelfenden Vereinsmitglieder war daher kein Ausfluß ihrer Vereinszugehörigkeit.
Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 537 Nr. 1 RVO steht nicht entgegen, daß die Beschäftigung der einzelnen helfenden Mitglieder nur von kurzer Dauer, also vorübergehend war. Dagegen fehlt es nach den vom LSG getroffenen Feststellungen an einer Abhängigkeit zwischen den Helfenden und dem Kläger in dem Sinne, daß dieser die Verfügungsgewalt über die Arbeitskraft der Helfenden gehabt hätte (vgl. Lauterbach aaO § 537 RVO Anm. 15 S. 41). Scheidet aus diesem Grunde die Anwendbarkeit der Nr. 1 aus, so sind jedenfalls die Voraussetzungen der Nr. 10 des § 537 RVO, wie das LSG mit Recht angenommen hat, gegeben. Die zu beurteilende unentgeltliche Mithilfe stellt eine ernsthafte, dem Kläger dienliche und seinem Willen entsprechende Arbeitsleistung dar; eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 537 Nr. 10 RVO nicht (BSG 5, 168, 172).
Das Bundessozialgericht ist dem LSG auch darin gefolgt, daß Personen, die – wie im vorliegenden Falle die mithelfenden Vereinsmitglieder – nach § 537 Nr. 10 RVO tätig werden, ebenso unter § 783 Abs. 1 RVO fallen wie Beschäftigte i. S. des § 537 Nr. 1 RVO. Dem steht die Verwendung des Begriffs „beschäftigt” in § 783 Abs. 1 RVO nicht entgegen. Diese Vorschrift bestand schon, als § 537 Nr. 10 RVO durch das Sechste Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 (RGBl S. 107) in das Dritte Buch der RVO eingefügt wurde. Es versteht sich aus dem Sinn der Zuständigkeitsregelung des § 783 RVO, daß die „wie” auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten bei demselben Versicherungsträger wie jene nach § 537 Nr. 1 RVO Versicherten versichert sein sollen und daß deshalb die Zweiganstalt auch insoweit die Prämie zu beanspruchen hat.
Dem auf Feststellung der Prämienfreiheit gerichteten Revisionsantrag zu 2. hat der Senat keine selbständige Bedeutung beigemessen. Den gleichlautenden Berufungsantrag hat der Kläger vor der Entscheidung des LSG zurückgezogen. Selbst wenn der Kläger nunmehr diesen Antrag ausdrücklich neu zu stellen beabsichtigen sollte, stünde seiner Berücksichtigung die Vorschrift des § 168 SGG entgegen.
Hiernach war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Brackmann, Bundesrichter Schmitt ist infolge Urlaubs verhindert, das Urteil zu unterschreiben. Brackmann, Dr. Baresel
Fundstellen