Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 27.10.1965) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Oktober 1965 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Ehemann der Klägerin, Dipl. -Ingenieur Ladislaus R. verunglückte in der Nacht zum 26. April 1959 durch Sturz aus einem Eisenbahnzug tödlich. Er war in diesem Zug von seinem Wohn- und Beschäftigungsort Freiburg i. Br. nach Hannover unterwegs, um dort im Auftrag seines Beschäftigungsunternehmens die Industriemesse zu besuchen. Zu demselben Zweck und in demselben Auftrag reisten mit ihm sein Zwillingsbruder, Dipl. Ingenieur Stefan R. und Ingenieur Franz K.. Sie hatten den Zug in Freiburg kurz vor 23 Uhr bestiegen, zunächst ihre Plätze im Liegewagen belegt und dann den Speisewagen aufgesucht. Sie tranken Bier und Weinbrand. Der Ehemann der Klägerin und K. blieben bis gegen 2.30 Uhr im Speisewagen; Stefan R. hatte sich gegen 0.45 Uhr zur Ruhe begeben. Gegen 3.15 Uhr hatte ein Schrankenwärter beobachtet, daß die linke hintere Tür des am Zugende fahrenden Liegewagens beim Durchfahren seines Streckenabschnitts offenstand. Beim Absuchen der Strecke wurde der Ehemann der Klägerin auf dem Gleiskörper tot aufgefunden. Die Sektion der Leiche unterblieb; auch die Entnahme einer Blutprobe von ihr wurde unterlassen. Von Stefan R. um 8.30 Uhr in Hannover eine Blutprobe entnommen, deren Auswertung im Institut für gerichtliche Medizin der Universität Göttingen einen Alkoholgehalt von 1,02 ‰ ergab.
Mit Bescheid vom 25. September 1959 lehnte die Beklagte den Anspruch auf Hinterbliebenenentschädigung mit folgender Begründung ab: Der Unfall sei dadurch eingetreten, daß der Ehemann der Klägerin infolge starker Trunkenheit die Toilettentür mit der Ausstiegstür des Liegewagens verwechselt habe. Daher seien das Unfallereignis und die ihm vorausgegangenen Verrichtungen des Ehemannes der Klägerin dessen privater Lebenssphäre zuzurechnen.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Karlsruhe über den Umfang des Alkoholgenusses und die Dauer des Aufenthalts des Ehemannes der Klägerin im Speisewagen durch Vernehmung des damaligen Speisewagenkellners Beweis erhoben. Das SG hat durch Urteil vom 3. November 1961 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung zu gewähren. Das SG ist der Ansicht, daß ein Dienstreisender während seines Aufenthalts im Zuge unausgesetzt unter Versicherungsschutz stehe; diesen habe er auch nicht durch Alkoholbeeinflussung verloren.
Das Landessozialgericht (LSG) hat nach eingehender Beweiserhebung über Ursache und Hergang des Unfalls durch Urteil vom 27. Oktober 1965 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung ist ua ausgeführt: Der Unfall des Ehemannes der Klägerin habe sich auf einer Betriebsreise ereignet. Der Versicherungsschutz während der Fahrt in dem Eisenbahnzug habe sich auch auf den Aufenthalt im Liegewagen erstreckt. Die Beklagte vertrete zu Unrecht die Auffassung, dieser Aufenthalt sei der rein privaten und daher unversicherten Lebenssphäre des Ehemannes der Klägerin zuzurechnen; das gelte auch für den Sturz aus dem Liegewagen. Von dem Versicherungsschutz seien die an sich privaten Verrichtungen des Reisenden erfaßt, wenn dieser am Ort des Reiseaufenthalts einer hierfür typischen besonderen Gefahr erlegen sei (vgl. BSG 8, 48, 50; SozR Nr. 57 zu § 542 RVO aF). Während einer Fahrt im Liegewagen eines Fernschnellzuges sei dies ohne weiteres der Fall. Mit dem Aufenthalt im Zuge werde gleichzeitig der Weg zum Ziel der Betriebsreise zurückgelegt. Für rein eigenwirtschaftliche Verrichtungen bleibe nur ein enger Raum. Der Ehemann der Klägerin habe sich nicht im Vollrausch befunden, als er verunglückt sei. Der Ursachenzusammenhang mit der Betriebsreise sei daher nicht durch den Alkoholgenuß im Speisewagen gelöst worden. Soweit der Ehemann der Klägerin durch den Alkoholgenuß in seiner Verkehrssicherheit beeinträchtigt gewesen sei, habe er den Versicherungsschutz im Zeitpunkt des Unfalls nicht verloren gehabt; denn diese alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit sei nicht die rechtlich allein wesentliche Ursache für den tödlichen Sturz aus dem Zug gewesen. Auf Grund des Ergebnisses der Beweiserhebungen sei festzustellen, daß der Ehemann der Klägerin im Speisewagen nicht mehr als 3 bis 4 Flaschen Bier und 2 bis 3 Glas Weinbrand genossen habe. Der Umstand, daß er im Liegewagen erbrochen habe, zwinge nicht zu dem Schluß, daß er erheblich mehr als diese Menge getrunken habe, zumal da erwiesen sei, daß er „magenempfindlich” gewesen sei. Diese Empfindlichkeit habe sich nach den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen auch bei der Fahrt im Liegewagen, vor allem weil dieser am Schluß des Zuges gelaufen sei und deshalb stark geschlingert habe, ausgewirkt und Brechreiz hervorgerufen. Jedenfalls hätten diese Schlingerbewegungen mit zu dem Erbrechen geführt. Hierin sei eine unternehmenbedingte Unfallursache zu erblicken. Dem Ehemann der Klägerin sei, kurz nachdem er sich zur Nachtruhe begeben habe, übel geworden; dies habe ihn veranlaßt, von seinem Abteil aus durch den in Fahrtrichtung gesehen rechts verlaufenden Verbindungsgang zum hinteren Wagenvorraum zu eilen, sodann den Vorraum zu überqueren, um zur Toilette zu gelangen. Er müsse auf diesem Weg sein Oberhemd, das auf dem Gleiskörper mehrere Meter von ihm entfernt gelegen habe, in der Hand gehalten haben. Hieraus sei zu schließen, daß er wegen des Erbrechensdranges die Toilette habe aufsuchen wollen, aber an die Ausstiegstür geraten sei und diese versehentlich geöffnet habe. Der unfreiwillige Sturz nach draußen erkläre sich zwanglos durch die Schlingerbewegungen des Wagens; daß eine Verwechselung der Außentür mit der Toilettentür möglich sei, habe die Augenscheinseinnahme ergeben. Dazu komme, daß, wie der ärztliche Sachverständige Dr. R. überzeugend dargelegt habe, bei dem plötzlichen und gewaltsamen Erwachen infolge des Erbrechensdranges eine Beeinträchtigung der Fähigkeit des Ehemannes der Klägerin zu folgerichtigem Denken und Überdenken seines Tuns nicht ausgeschlossen werden könne. Die Entgegnung der Beklagten, daß hier nur die Alkoholwirkung zur Bewußtseinsstörung geführt habe, könne nicht auf den Beweis des ersten Anscheins gestützt werden. Es handele sich nicht um einen für einen unter Alkoholeinfluß stehenden Reisenden typischen Geschehensablauf; dies ergebe sich auch aus der Unfallstatistik der Bundesbahn. Der Ehemann der Klägerin sei schließlich nicht einer besonderen selbstgeschaffenen Gefahr erlegen; ebensowenig bestehe ein Anhalt für die Annahme des Sturzes aus dem Zuge in Selbsttötungsabsicht.
Die Revision ist zugelassen.
Das Urteil ist der Beklagten am 2. Februar 1966 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 28. Februar 1966 Revision eingelegt und diese am 19. April 1966 wie folgt begründet: Das LSG habe verkannt, daß nicht der Beklagten der Nachweis obliege, der Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin sei infolge Alkoholgenusses ausgeschlossen worden. Überdies sei schon der sachliche und rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsurteils zu beanstanden. Das LSG hätte den Dienstreisenden im fahrenden Zug einem auf Dienstreise befindlichen Hotelgast gleicherachten müssen. So wäre es zu dem Ergebnis gekommen, daß der Ehemann der Klägerin bei eigenwirtschaftlichen Verrichtungen verunglückt sei. Bei der Feststellung der von den drei Betriebsreisenden in der Unfallnacht im Speisewagen genossenen Alkoholmenge und deren Verteilung unter sie habe sich das LSG untauglicher Erkenntnismittel bedient und sei auf Grund Verstoßes gegen die Denkgesetze zu der Überzeugung gelangt, daß nicht der Ehemann der Klägerin, sondern sein Zwillingsbruder den Speisewagen betrunken verlassen habe. Das LSG habe auch außer Betracht gelassen, daß alle Drei schon vor Antritt der Reise Alkohol getrunken haben könnten. Jedenfalls hätte es bei einwandfreier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommen müssen, daß der Ehemann der Klägerin infolge Alkoholeinwirkung nicht mehr in der Lage gewesen sei, den Anforderungen zu genügen, die an ihn als Reisenden in einem fahrenden Zug gestellt worden seien.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie widerspricht den Darlegungen der Beklagten und pflichtet im wesentlichen den Ausführungen des Berufungsurteils bei.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig; sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Ehemann der Klägerin in dem Zug, aus dem er in der Nacht zum 26. April 1959 stürzte, auf einer Dienstreise befand. Den für diese Reise nach § 542 der Reichsversicherungsordnung idF bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (RVO aF) bestehenden Versicherungsschutz hat das LSG mit Recht auch für das Unfallereignis bejaht. Seine Ausführungen stehen im Einklang mit den Grundsätzen, welche der erkennende Senat in mehreren Entscheidungen zum Versicherungsschutz während Dienst- oder Geschäftsreisen entwickelt hat (vgl. BSG 8, 48 ff; 12, 247, 250; SozR Nr. 17, 33, 57 zu § 542 RVA aF und Nr. 47 zu § 543 RVO aF sowie neuerdings SozR Nr. 3 zu § 548 RVO). Nach dieser Rechtsprechung ist der Reisende nicht schon deshalb versichert, weil er sich im dienstlichen oder betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- und Wohnortes aufhalten und bewegen muß; es kommt hierbei vielmehr darauf an, ob die Betätigung des Reisenden jeweils mit seinem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. Das wird am Ort der auswärtigen Beschäftigung eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort. Der ursächliche Zusammenhang entfällt jedoch, wenn und soweit sich der Reisende unterwegs rein persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr beeinflußten Belangen widmet. Die in der angeführten Rechtsprechung nach funktionellen Merkmalen gezogene Begrenzung zwischen der betrieblichen – versicherten – und der persönlichen – unversicherten – Lebenssphäre des Reisenden ist vor allem auch für dessen Aufenthalt in einer Übernachtungsstätte maßgebend, die dem Reisenden unterwegs sowohl die eigene Häuslichkeit als unter Umständen auch die Arbeitsstätte ersetzt. Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten sind die Nachtruhe in einer Beherbergungsstätte und die damit zusammenhängenden Betätigungen grundsätzlich der persönlichen, vom Versicherungsschutz nicht mehr erfaßten Lebenssphäre des Reisenden zuzurechnen. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 22. September 1966 (SozR Nr. 3 zu § 548 RVO) – auf die Bezug genommen wird – ausdrücklich klargestellt hat, ist für Unfälle, welche der Dienstreisende am Ort der auswärtigen Übernachtung wegen seiner Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten des fremden Gefahrensbereichs erleidet, der Versicherungsschutz zu bejahen, auch wenn die unfallbringende Tätigkeit unmittelbar nur einer persönlichen Bedürfnisbefriedigung diente. Es muß allerdings hinzutreten, daß der Unfall durch das Wirksamwerden besonderer Gefahrenmomente im Bereich der Übernachtungsstätte wesentlich verursacht worden ist, und zwar muß es sich um gefahrbringende Umstände handeln, die in ihrer besonderen Eigenart dem Beschäftigen während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Betriebsort nicht begegnet wären.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gesichtspunkte kann es bei der Entscheidung des vorliegenden Streitfalles nach Ansicht des erkennenden Senats ungeprüft bleiben, ob allein wegen des ständigen Sichfortbewegens des Reisenden im Liegewagen eines Zuges zum Reiseziel hin der Versicherungsschutz ohne Rücksicht darauf gegeben ist, welcher Art die Betätigung des Reisenden im Zeitpunkt des Unfalls ist. Auch wenn für die Begrenzung des Versicherungsschutzes während der Nachtfahrt im Eisenbahnzug die vorstehend angeführten allgemeinen Beurteilungsmaßstäbe in Betracht zu ziehen sind, ist die Annahme des LSG gerechtfertigt, daß zu dem Sturz des Ehemannes der Klägerin aus dem Zuge Umstände geführt haben, die in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der Betriebsreise stehen. Der hier zu beurteilende, sich aus den von der Revision nicht wirksam angegriffenen tatsächlichen Feststellungen ergebende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, daß der Ehemann der Klägerin in dem am Schlusse des Zuges laufenden Liegewagen infolge Erbrechensdranges aus dem Schlaf gerissen worden war, eilig den Toilettenraum aufsuchen wollte, die Ausstiegstür des Liegewagens mit der unmittelbar benachbarten Tür zum Toilettenraum verwechselte und aus dem in voller Fahrt befindlichen, schlingernden Wagen stürzte. Es ist offenkundig, daß diesem Geschehensablauf ein sich aus der Benutzung des Zuges ergebendes besonderes Unfallrisiko eigen ist. Das für die Begründung des Versicherungsschutzes im Zeitpunkt des Unfalls erforderliche Wirksamwerden eines besonderen Gefahrenmomentes ist daher hier gegeben; in diesem Sinne sind nicht zuletzt auch die in dem angefochtenen Urteil berücksichtigten statistischen Erhebungen des Bundesbahnzentralamtes Minden über die Ursachen von Stürzen aus Eisenbahnzügen zu werten.
Den hiernach auch zur Unfallzeit bestehenden Versicherungsschutz hat der Ehemann der Klägerin entgegen der Meinung der Beklagten nicht dadurch verloren, daß er unter der Einwirkung von Alkohol stand. Zwar war es unzweifelhaft nicht durch betriebliche Zwecke geboten, daß sich der Ehemann der Klägerin in der Nachtzeit mehrere Stunden in dem Speisewagen aufhielt und dort alkoholische Getränke zu sich nahm. Träfe es daher, wie die Revision behauptet, zu, daß er sich in den Zustand des Vollrausches versetzt und deshalb versehentlich die Ausstiegstür des Liegewagens geöffnet hätte, wäre der für die Begründung des Klaganspruchs erforderliche innere Zusammenhang zwischen der zum Sturz aus dem Zuge führenden Betätigung des Ehemannes der Klägerin und der versicherten Fahrt allerdings entfallen. Dem stünde nicht entgegen, daß der Ehemann der Klägerin auch in diesem Zustand zwangsläufig seinem Reiseziel entgegenfuhr. Wie das LSG jedoch in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise festgestellt hat, war der Ehemann der Klägerin entgegen der Behauptung der Beklagten nicht volltrunken, als er aus dem Zuge stürzte. Das Revisionsvorbringen ist nicht geeignet, schlüssig darzutun, daß das Berufungsurteil insoweit auf einer verfahrensrechtlich fehlerhaften Überzeugungsbildung des LSG beruhe. Dieses war wegen Fehlens der Blutalkoholbestimmung freilich darauf angewiesen, die vom Ehemann der Klägerin im Speisewagen genossene Menge Alkohol aus sonstigen Tatumständen zu ermitteln. Dies ist in einem alle Klärungsmöglichkeiten so erschöpfenden Maße geschehen, daß auch die Revision den vom LSG festgestellten Grad der Alkoholbeeinflussung nur mit allgemeinen, auf das bloße Bestreiten der Richtigkeit des Beweiswürdigungsergebnisses hinauslaufenden und daher wirkungslosen Angriffen beanstanden konnte. Das gilt vor allem für ihre Rüge, das LSG hätte klären müssen, ob der Ehemann der Klägerin schon vor dem Antritt der Dienstreise Alkohol zu sich genommen hatte. Zu einer weiteren Beweiserhebung in dieser Richtung bestand für das LSG keinerlei Anlaß, und zwar um so weniger, als die Revision selbst nicht behauptet, daß die Beklagte auf diesen von ihr für möglich gehaltenen Umstand bereits im Verfahren vor den Tatsacheninstanzen hingewiesen habe. Somit ist die Feststellung des LSG, der Ehemann der Klägerin habe nicht im Zustand des Vollrausches gehandelt, als sich der tödliche Unfall ereignete, für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Eine Lösung des streitigen Ursachenzusammenhangs durch Volltrunkenheit des Ehemannes der Klägerin ist daher vom LSG zu Recht verneint worden.
Trotzdem wäre der Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin beim Sturz aus dem Zuge durch den Alkoholgenuß im Speisewagen gefährdet gewesen, wenn die – unzweifelhaft nicht betriebsbedingte – Alkoholeinwirkung die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls dargestellt hätte (vgl. BSG 12, 242; 13, 9). Das LSG hat auch das Vorliegen dieses den Versicherungsschutz ausschließenden Grundes mit Recht verneint. Allerdings konnte nach Ansicht des erkennenden Senats offenbleiben, ob, wie die Beklagte meint, der Ehemann der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls in einem Maße unter Alkoholeinfluß stand, daß er zwar nicht volltrunken, jedoch nicht mehr in der Lage war, sich in dem fahrenden Zuge verkehrssicher zu bewogen. Auch wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte er den Versicherungsschutz nicht verlieren können, da nach den insoweit von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG bei der Entstehung des Unfalls Umstände mitgewirkt haben, welche dem versicherten Zurücklegen der Eisenbahnfahrt zuzurechnen sind. Nach diesen Feststellungen hatte, wie bereits ausgeführt, den Ehemann der Klägerin ein durch Schlingerbewegungen des am Zugende laufenden Liegewagens mit hervorgerufener Erbrechensdrang aus dem Schlafe gerissen. Um diesem Erbrechensdrang abzuhelfen, lief er zum hinteren Vorraum des Wagens, wo sich der Toilettenraum befand. Statt des Griffes der Tür zu diesem Raum erfaßte und betätigte er den Türverschluß der daneben befindlichen Wagenausstiegstür und stürzte unfreiwillig hinaus. Auf dem Gleiskörper wurde einige Meter von seiner Leiche entfernt sein mit Erbrechensspuren versehenes Oberhemd gefunden. Bei diesem Sachverhalt ist es nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zu beanstanden, daß, wie den begründenden Ausführungen des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, das LSG die Schlingerbewegungen des Liegewagens als rechtlich wesentliche Mitursache für das Auftreten der Übelkeit und des Erbrechensdranges gewertet und den Weg vom Liegeabteil zum hinteren Wagenvorraum der versicherten Betriebsreise zugerechnet hat. Das LSG hat, entgegen dem Revisionsvorbringen, aber auch insofern keinen Rechtsfehler begangen, als es in der durch die Möglichkeit einer versehentlichen Verwechselung der beiden Türverschlüsse, insbesondere zur Nachtzeit, liegenden Beeinträchtigung der allgemeinen Reisesicherheit eine besondere Gefahr für den Zugreisenden erblickt und dieses Gefahrenmoment im vorliegenden Streitfall als einen betriebsbedingten Umstand gewertet hat. Da bei dieser Sach- und Rechtslage der Alkoholgenuß des Ehemannes der Klägerin jedenfalls nicht die rechtlich allein wesentliche Ursache des verhängnisvollen Sturzes aus dem Zuge gewesen ist, brauchte nicht geprüft zu werden, ob der Unfall vermeidbar gewesen wäre, wenn der Verunglückte nicht unter Alkoholeinfluß gestanden hätte.
Hiernach hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Klägerin ist daher die Witwenrente zu Recht zugesprochen worden. Die Revision mußte somit als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Brackmann, Demiani, Hunger
Fundstellen