Leitsatz (amtlich)
1. Zahlbetrag der Versichertenrente iS des RKG § 69 Abs 2 S 2 (= RVO § 1268 Abs 2 S 2) ist der Betrag ohne Kinderzuschuß, der in dem bindend gewordenen Bescheid des Versicherungsträgers festgestellt worden ist. Liegen die Voraussetzungen des RVO § 1744 Abs 1 vor, so kann der Versicherungsträger die Versichertenrente nicht nur dem Versicherten gegenüber, sondern nach dessen Tode auch seiner Witwe gegenüber jedenfalls noch mit Wirkung für die Berechnung der Mindestwitwenrente (6/10 des Zahlbetrages der Versichertenrente) neu feststellen.
2. Wird die für einen Wanderversicherten von dem nach den bis dahin bekannten Versicherungszeiten zuständigen Versicherungsträger festgestellte Versichertenrente wegen Vorliegens der Voraussetzungen des RVO § 1744 Abs 1 von dem infolge des Bekanntwerdens weiterer Versicherungszeiten zuständigen anderen Versicherungsträger niedriger festgestellt, so ist in entsprechender Anwendung des RKG § 101 Abs 1 S 2 (= RVO § 1310 Abs 1 S 2) das Verlangen des Versicherten zu berücksichtigen, daß seine Rente auf die Leistungen aus einzelnen Versicherungszweigen beschränkt wird. Dasselbe Recht steht nach dem Tode des Versicherten seiner Witwe für die Versichertenrente jedenfalls insoweit zu, als diese nach RKG § 69 Abs 2 S 2 (= RVO § 1268 Abs 2 S 2) für die Berechnung der Witwenrente Bedeutung hat.
3. Macht ein Versicherte oder nach dessen Tode seine Witwe von dem ihnen nach RKG § 101 Abs 1 S 2 (= RVO § 1310 Abs 1 S 2) zustehenden Recht Gebrauch, ihren Anspruch auf einzelne Versicherungszweige zu beschränken, so bleiben die den damit ausgeschlossenen Versicherungszweigen zuzurechnenden Versicherungszeiten auch für die Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers nach RKG § 102 (= RVO § 1311) unberücksichtigt.
Normenkette
RKG § 69 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1965-06-09, § 101 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-05-21, § 102 Abs. 1 Fassung: 1957-05-21, Abs. 2 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1268 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1965-06-09, § 1744 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 1310 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1311 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Februar 1972 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist der Rechtsnachfolger der am 5. Januar 1972 verstorbenen Witwe Karoline B. Streitig ist, ob dieser die Hinterbliebenenrente auf einen Betrag herabgesetzt werden durfte, der weniger als 6/10 des Zahlbetrages der Rente beträgt, die ihr Ehemann (Versicherter) im Zeitpunkt seines Todes wie sich nachträglich herausgestellt hat, in einer nicht gerechtfertigten Höhe, bezogen hat.
Der Versicherte hatte am 27. Februar 1952 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) O und M einen Antrag auf Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit gestellt und hierbei angegeben, er sei im Gebiet der heutigen Tschechoslowakei vom 1. Juli 1903 bis zum 9. Oktober 1911 als Kutscher, vom 1. Dezember 1918 bis zum 28. Februar 1919 als Hauer und vom 1. März 1919 bis zum 31. März 1948 als Ökonomie-Aufseher tätig gewesen. Vom 10. Oktober 1911 bis zum 6. November 1918 sei er zum Militär- und Kriegsdienst eingezogen gewesen. Die LVA gewährte ihm mit Bescheid vom 19. Juni 1952 das beantragte Ruhegeld und berücksichtigte außer den nach der Umsiedlung in die Bundesrepublik vom Jahre 1950 ab erbrachte Versicherungszeiten die in der Tschechoslowakei erbrachten Versicherungszeiten vom 1. März 1919 bis zum 30. April 1945, darunter auch die vom 1. November 1938 bis zum 30. April 1945 zur deutschen Angestelltenversicherung erbrachten Beiträge. Die nach ihrer Errichtung für die Versichertenrente zuständig gewordene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte setzte durch Bescheid vom 4. Juli 1957 den Anspruch auf Ruhegeld nach dem Fremdrentengesetz (FRG) aufgrund des inzwischen eingegangenen tschechoslowakischen Versicherungsverlaufs für Beschäftigungszeiten in der CSSR außerhalb des Bergbaus neu fest und stellte die Rente ab 1. Januar 1957 nach dem Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz als Faktorenrente in Höhe von monatlich 401 DM um. Durch die Rentenanpassungsgesetze erhöhte sich das Ruhegeld des Versicherten bis zu seinem Tode auf monatlich 682,20 DM.
Der Witwe des Versicherten gewährte die LVA O und M, die für die Feststellung dieser Rente wegen zuletzt zur Arbeiterrentenversicherung erbrachter Beiträge zuständig geworden war, mit Bescheid vom 19. Oktober 1966 ab 1. August 1966 eine Hinterbliebenenrente, die nach den erbrachten Beiträgen auf 301,30 DM errechnet wurde, aber auf sechs Zehntel des Zahlbetrages der im Zeitpunkt des Todes gezahlten Versichertenrente, d. h. auf 409,40 DM erhöht wurde. Im Mai 1968 gingen bei der LVA aus der Tschechoslowakei Versicherungsunterlagen über die bergbaulichen Versicherungszeiten des Versicherten ein. Danach waren vom 1. Januar 1914 bis 21. März 1914, vom 23. März 1914 bis 30. Mai 1914, vom 9. Dezember 1918 bis 7. Februar 1919 und vom 8. Februar 1919 bis 28. Februar 1919 insgesamt 8 Monate bergbaulicher Beitragszeiten vorhanden. Unter Einschluß der dazwischenliegenden Militär- und Kriegsdienstzeit von 53 Monaten ergab sich eine bergbauliche Versicherungszeit von 61 Monaten. Da damit die Wartezeit für die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) erfüllt war, wurde nach § 102 Abs. 2 RKG an sich die Beklagte für die Feststellung und Zahlung der Leistung zuständig.
Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 10. September 1969 die Witwenrente ab 1. August 1966 neu in Höhe von 349 DM fest und gewährte der Witwe vom 1. November 1969 an bis zu deren am 5. Januar 1972 erfolgten Tode diese Rente mit den sich durch die Rentenanpassungen ergebenden Erhöhungen.
Auf die Verrechnung und Einziehung der demnach für die Zeit vom 1. August 1966 bis zum 31. Oktober 1969 durch die LVA zu viel gezahlten Bezüge wurde verzichtet. Den gegen den Bescheid vom 10. September 1969 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 1970 zurück. Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) München den Bescheid vom 10. September 1969 und den Widerspruchsbescheid vom 17. April 1970 dahin geändert, daß die Beklagte verpflichtet wurde, die der Klägerin bis zum 31. Oktober 1969 durch die LVA O und M in Höhe von 469,80 DM gezahlte Witwenrente solange weiterzugewähren, bis die neu durch die Beklagte errechnete Rente aufgrund der gesetzlichen Rentenerhöhungen diesen Betrag überschreite.
Gegen das Urteil des SG legte die Beklagte Berufung und der Kläger als Rechtsnachfolger der Witwe Anschlußberufung ein. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 10. Februar 1972 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 1969 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 1970 dahin geändert, daß die Beklagte dem Kläger die dessen Rechtsvorgängerin durch den Bescheid der LVA O und M vom 19. Oktober 1966 mit Wirkung vom 1. August 1966 festgestellte Witwenrente unter Berücksichtigung der Rentenanpassungen zu gewähren hat. Das LSG ist der Ansicht, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Zahlung der Witwenrente von der LVA O und M zu übernehmen, weil der Versicherte mit der anzurechnenden Ersatzzeit die Wartezeit für die Bergmannsrente erfüllt gehabt habe. Die Beklagte sei gemäß § 1744 Abs. 1 Nr. 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nach Eingang der Unterlagen aus der Tschechoslowakei über die bergbaulichen Versicherungszeiten auch berechtigt gewesen, die Witwenrente von ihrem Beginn an ohne Bindung an den Bescheid der LVA Oberfranken und Mittelfranken vom 19. Oktober 1966 nach den Vorschriften der knappschaftlichen Rentenversicherung als Gesamtleistung neu festzustellen. Bei der Gegenüberstellung des ermittelten Betrages mit der Versichertenrente sei aber in jedem Fall von dem tatsächlichen letzten Zahlbetrag der Versichertenrente auszugehen. Die im Zeitpunkt des Todes des Versicherten rechtskräftig festgestellte Versichertenrente könne auch in einem Verfahren nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO nicht durch eine Aufhebung der bindenden Bescheide des Trägers der Angestelltenversicherung über die Bewilligung des Ruhegelds beseitigt werden, abgesehen davon, daß die Beklagte ein solches Verfahren nicht durchgeführt habe und diese Bescheide daher noch rechtsbeständige Verwaltungsakte seien. Selbst wenn man aber die Beklagte als befugt ansehen würde, ein solches Verfahren durchzuführen, hätte diese Prüfung im vorliegenden Fall zu keiner Minderung der Versichertenrente führen können. Der Versicherte habe nämlich seinen Antrag auf Ruhegeld vom 27. Februar 1952 ausdrücklich und unzweideutig auf Leistungen aus seinen zur Angestelltenversicherung und zur Invalidenversicherung geleisteten Beiträgen beschränkt. Er habe nicht die volle, sondern lediglich eine dreimonatige bergbauliche Beschäftigung angegeben, die nach damaligem Recht keinen Anspruch auf Leistungen aus der Knappschaftsversicherung habe auslösen können, weil sie weniger als 26 Wochen gedauert habe. Gegen seinen Willen hätte also zu seinen Lebzeiten ein knappschaftlicher Leistungsanteil nicht festgestellt werden können und daher könne eine solche Feststellung auch nicht nach seinem Tode getroffen werden. Daraus folge, daß die Beklagte gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG von der letzten tatsächlich gezahlten Versichertenrente auszugehen und die nach neuem Recht festgestellte Witwenrente auf sechs Zehntel des Zahlbetrages der letzten Versichertenrente zu erhöhen und mit Wirkung vom 1. August 1966 die von der LVA festgestellte Witwenrente zu gewähren habe. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.
Mit der von der Beklagten eingelegten Revision macht diese geltend, sie sei gemäß § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO berechtigt gewesen, die Witwenrente von ihrem Beginn an ohne Bindung an den Bescheid der LVA nach den Vorschriften der knappschaftlichen Rentenversicherung als Gesamtleistung (§ 101 RKG) neu zu berechnen. Die Auffassung des LSG, daß der verstorbene Versicherte seinen im Februar 1952 gestellten Antrag auf Ruhegeld ausdrücklich auf Leistungen auf seine zur Angestellten- und zur Invalidenversicherung geleisteten Beiträge beschränkt habe, treffe nicht zu. In einem Verfahren nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO dürfe auch die bindend festgestellte Versichertenrente für die Ableitung der Witwenrente geändert werden, wenn die nachträglich aufgefundenen Versicherungsunterlagen auch die Höhe der Versichertenrente beeinflußten. Bei der Anwendung des § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG, wonach die Witwenrente nicht weniger als sechs Zehntel des Zahlbetrages der Versichertenrente ohne Kinderzuschuß im Zeitpunkt des Todes betragen solle, könne nicht in jedem Falle der "Zahlbetrag" der Versichertenrente zugrunde gelegt werden, jedenfalls nicht dann, wenn dieser Betrag falsch ermittelt sei. Durch die in § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG getroffene Regelung solle der Versicherungsträger nicht gezwungen werden, auch noch Witwenrenten in der Mindesthöhe von sechs Zehnteln einer unrichtigen Versichertenrente zu zahlen. Mit dieser Regelung sollten vielmehr nur Härten beseitig werden, die sich aus den schon besitzstandsgeschützten und umgestellten Renten für Versicherte bei den Hinterbliebenenrenten ergaben. Daher könne mit dem Auffüllbetrag nach § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG nur die Hinterbliebenenrente versehen werden, die nicht sechs Zehntel der nach den tatsächlichen Versicherungszeiten in richtiger Höhe berechneten Versichertenrente erreiche. Eine mit dem geltenden Recht nicht übereinstimmende Rentenberechnung könne ihrer Höhe nach nicht den "Zahlbetrag" der Versichertenrente darstellen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Februar 1972 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. August 1971 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, daß der Nachweis weiterer Versicherungszeiten nach dem Tode des Versicherten nicht dazu führen könne, daß die Witwe eine geringere Rente als die vorher festgestellte erhalte. Eine Neuberechnung der Rente des verstorbenen Versicherten müsse unterbleiben, denn nur dieser könne eventuelle Unrichtigkeiten bezüglich seiner Beschäftigungen klarstelle; das sei aber nach seinem Ableben nicht mehr möglich.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen wird.
Durch den Eingang der bergbaulichen Versicherungsunterlagen aus der Tschechoslowakei im Mai 1968 ergab sich auch für die Zeit vor dem Militär- und Kriegsdienst des Versicherten noch eine bergbauliche Beitragszeit von 5 Monaten. Da Ersatzzeiten nach § 21 des Fremdrentengesetzes (FRG) dem Versicherungszweig zuzuordnen sind, dem die Beitragszeit zuzuordnen ist, die der Ersatzzeit vorangeht, ist der Militär- und Kriegsdienst der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen. Daher ergibt sich mit der Ersatzzeit eine bergbauliche Versicherungszeit von 61 Monaten, d. h. eine anrechnungsfähige knappschaftliche Versicherungszeit im Sinne des § 50 Abs. 2 Satz 1 RKG von 61 Monaten. Mit dieser Versicherungszeit ist die Wartezeit für die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 RKG erfüllt, so daß nach § 102 Abs. 2 RKG an sich die Beklagte für die Feststellung und Zahlung der Witwenrente zuständig wäre.
Die von der LVA O und M für den Monat nach dem Tode des Versicherten (August 1966) allein nach den zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten entrichteten Beiträgen errechnete Witwenrente betrug 301, 30 DM. Da der Versicherte im Zeitpunkt des Todes eine Versichertenrente von monatlich 682,20 DM bezogen hatte, hatte die LVA die Witwenrente gemäß § 1268 Abs. 2 Satz 2 RVO auf sechs Zehntel dieses Betrages, also auf 409, 40 DM erhöht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die nach Eingang der bergbaulichen Versicherungsunterlagen im Mai 1968 für die Witwenrentenfeststellung zuständige Beklagte an den Witwenrentenbescheid der LVA gebunden war, denn selbst wenn das der Fall war, bestand für sie nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO die Möglichkeit, gegenüber dem bindend gewordenen Witwenrentenbescheid der LVA eine neue Prüfung vorzunehmen, da sie durch die neuen Unterlagen nachträglich in Stand gesetzt wurde, Urkunden zu benutzen, die einen für sie oder die Witwe günstigeren Bescheid herbeiführen würden. Für diese Prüfung hatte sie zunächst die Versichertenrente des verstorbenen Ehemannes unter Berücksichtigung der weiteren Beiträge zu ermitteln, weil hiervon die Höhe der Witwenrente abhängt (§ 69 Abs. 1 und 2 Satz 1 RKG). Bei der Ermittlung der Versichertenrente im Rahmen des § 69 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 RKG zum Zwecke der Neufestsetzung der Witwenrente war die Beklagte grundsätzlich nicht an die dem Versicherten zu Lebzeiten erteilten Versichertenrentenbescheide gebunden, denn der Tod des Versicherten stellt einen neuen Versicherungsfall dar, aus dem neue Ansprüche entstehen. Die neue Berechnung der Witwenrente aus den insgesamt zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten und zur bergbaulichen Rentenversicherung erbrachten Beiträgen ergab für den Monat August eine Witwenrente in Höhe von 349 DM, die also für die Klägerin günstiger war als die von der LVA errechnete Witwenrente von 301,30 DM. 349 DM sind sechs Zehntel der Versicherungsrente von 581,60 DM, die der Versicherte bei Mitberücksichtigung der bergbaulichen Versicherungszeiten zur Zeit seines Todes erhalten hätte. Daß der Versicherte im August 1966 mit der um fünf Beitragsmonate geringeren Versicherungszeit tatsächlich eine höhere Versichertenrente - 682,20 DM - erhielt, beruht darauf, daß infolge der Umstellung der Renten auf das neue Recht im Jahre 1957 eine Rente aus Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten pauschaliert nach Faktoren gewährt wurde, wogegen eine Rente, für deren Feststellung der Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung zuständig ist, ab 1. Januar 1957 nach neuem Recht errechnet werden mußte (Art. 2 § 23 des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes - KnVNG -). Die pauschalierte Faktorenrente wirkte sich im vorliegenden Fall für den Versicherten günstiger aus. Dessen war sich der Versicherte bei der Antragstellung im Jahre 1952 noch nicht bewußt; er hatte die bergbaulichen Versicherungszeiten angegeben, die ihm bekannt waren. Es war ihm offensichtlich entfallen, daß für ihn bereits im Jahre 1914 für fünf Monate bergbauliche Versicherungsbeiträge entrichtet worden waren. Es bestand für ihn damals kein Anlaß, seinen Antrag ausdrücklich auf Leistungen aus den zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten geleisteten Beiträgen zu beschränken, wie das nach § 1544 g Abs. 1 RVO aF (= § 1310 Abs. 1 Satz 2 RVO nF = § 101 Abs. 1 Satz 2 RKG) möglich gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift gilt der Leistungsantrag für alle beteiligten Versicherungszweige, soweit er nicht ausdrücklich auf einzelne Versicherungszweige beschränkt wurde. Die Annahme des LSG, der Versicherte habe eine solche Beschränkung vorgenommen, entbehrt einer Grundlage.
Nach § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG (= § 1268 Abs. 2 Satz 2 RVO) ist dann, wenn der Versicherte bis zu seinem Tode eine Rente bezogen und die nach den zurückgelegten Versicherungszeiten berechnete Witwenrente weniger als sechs Zehntel des Zahlbetrages der Versichertenrente ohne Kinderzuschuß im Zeitpunkt des Todes beträgt, die Witwenrente auf diesen Betrag zu erhöhen. Im Rahmen des § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG besteht also im Gegensatz zu § 69 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 RKG eine Abhängigkeit der Witwenrente von der gezahlten Versichertenrente. Zahlbetrag der Versichertenrente im Zeitpunkt des Todes war 682,20 DM, denn unter "Zahlbetrag" im Sinne dieser Vorschrift ist der dem Versicherten zur Zeit seines Todes auf Grund bindend gewordenen Bescheids zugesprochene Rentenzahlbetrag zu verstehen (vgl. BSG 14, 251, 252 und 28, 36, 37). Dem Versicherten war zur Zeit seines Todes auf Grund des ihm erteilten bindend gewordenen Rentenbescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Betrag von 682,20 DM zugesprochen worden. Es entsteht die Frage, ob die Beklagte im Rahmen des § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO diesen Zahlbetrag überprüfen kann.
Wenn die Versicherungsunterlagen aus der Tschechoslowakei noch zu Lebzeiten des Versicherten eingegangen wären, hätte die BfA ihren Bescheid über die Versichertenrente nach § 1744 Abs. 1 Nr. 6 RVO überprüfen und die Rente neu feststellen können. Dann muß aber auch der Versicherte berechtigt sein, nunmehr nachträglich die sich aus § 89 Abs. 1 Satz 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - (= § 1310 Abs. 1 Satz 2 RVO = § 101 Abs. 1 Satz 2 RKG) ergebende Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, seinen Leistungsanspruch ausdrücklich auf die Versicherungszweige Rentenversicherung der Angestellten und Rentenversicherung der Arbeiter zu beschränken. Erst jetzt war er nämlich erstmals mit Beitragszeiten konfrontiert, die die Zuständigkeit der Knappschaft und damit die im konkreten Fall ungünstigere Rentenberechnung nach Art. 2 § 23 KnVNG begründete. Der Senat ist darüber hinaus der Ansicht, daß auch dann, wenn im Rahmen des § 69 Abs. 2 Satz 2 RKG zu prüfen ist, ob eine Witwenrente auf sechs Zehntel des Betrages der dem verstorbenen Ehemann gezahlten Versichertenrente zu erhöhen ist, der Versicherungsträger beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1744 Abs. 1 RVO auch der Witwe gegenüber noch eine Prüfung des bindend gewordenen Bescheids über die Rente des verstorbenen Versicherten vornehmen und die Versichertenrente jedenfalls mit Wirkung für die Berechnung der Mindestwitwenrente in Höhe von sechs Zehntel der Versichertenrente neu feststellen kann. Eine solche Neufeststellung enthält der von der Beklagten erteilte Bescheid vom 10. September 1969, denn in diesem Bescheid ist die Rente, die der verstorbene Ehemann zur Zeit seines Todes bei Mitberücksichtigung der bergbaulichen Versicherungsbeiträge erhalten hätte, mit 581,60 DM neu errechnet worden. Allerdings kann die Witwe bei einer derartigen Überprüfung nicht schlechter gestellt werden, als der Versicherte zu Lebzeiten bei einer solchen Überprüfung gestanden hätte, d. h. auch sie kann bei der neuen Situation, die sich jetzt für sie durch das Auffinden weiterer zusätzlicher Versicherungsunterlagen ergibt, noch nachträglich von der sich in entsprechender Anwendung des § 101 Abs. 1 Satz 2 RKG (= § 1310 Abs. 1 Satz 2 RVO = § 89 Abs. 1 Satz 2 AVG) ergebenden Möglichkeit Gebrauch machen, die Versichertenrente jedenfalls mit Wirkung für die Berechnung ihrer Witwenrente noch auf die Versicherungszweige Rentenversicherung der Angestellten und Rentenversicherung der Arbeiter zu beschränken. Das ist auch geschehen, denn in ihrer Widerspruchsbegründung hat die Witwe B. ausgeführt, sie wolle die Witwenrente nach der Versichertenrente festgestellt haben, die von der BfA festgesetzt worden sei. Wegen der wenigen Monate, die ihr Ehemann bei der Knappschaft versichert gewesen sei, könne man ihre Rente nicht verringern. Sie verlange die Weiterzahlung ihrer Rente von der LVA und verzichte auf die neue Witwenrente von der Knappschaft.
Wenn ein Versicherter oder nach dessen Tode seine Witwe in Fällen der Wanderversicherung ihren Anspruch auf einzelne Versicherungszweige beschränken, so kann derjenige Versicherungsträger, der nunmehr keine Leistungen zu erbringen hat, auch nicht mehr nach § 102 Abs. 1 und 2 RKG (= § 1311 Abs. 1 und 2 RVO) für die Feststellung und Zahlung der Leistung zuständig sein. Zwar könnte der Wortlaut dieser Vorschrift für die Annahme sprechen, daß der ausgeschlossene Versicherungsträger weiterhin zuständig ist. Indessen baut § 102 RKG (= § 1311 RVO) auf § 101 RKG (= § 1310 RVO) auf. Er regelt, welcher Träger eines Zweiges der gesetzlichen Rentenversicherung, aus dem Leistungen nach § 101 RKG zu gewähren sind, zur Feststellung und Zahlung der Gesamtleistung aus den beteiligten Rentenversicherungszweigen berufen ist. Es besteht kein Anhalt für die Annahme, § 102 RKG begründe die Leistungszuständigkeit eines Versicherungsträgers, der einem Versicherungszweig angehört, für den nach § 101 Abs. 1 Satz 2 RKG der Leistungsantrag überhaupt nicht gilt. Versicherungszeiten, die der Versicherte für die konkrete Rente wirksam ausgeschlossen hat, können auch keine Rentenfeststellungs- und Leistungszuständigkeit begründen. Nach der von der Klägerin vorgenommenen Beschränkung ihres Witwenrentenanspruchs auf Leistungen aus der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten ist daher nicht die Beklagte, sondern die LVA für die Feststellung und Zahlung der Leistung zuständig, so daß schon aus diesem Grunde die angefochtenen Bescheide und Urteile aufzuheben wären. Nach Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 10. September 1969 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 17. April 1970 würde der bisher nicht aufgehobene Bescheid der LVA O und M vom 19. Oktober 1966 wieder seine volle Bedeutung erhalten. In diesem Verfahren muß daher die LVA O und M beigeladen werden. Die LVA ist aber vom LSG nicht zu dem Verfahren beigeladen worden, weil dies nach der von ihm vertretenen materiellen Rechtsauffassung nicht erforderlich war. Eine Beiladung im Revisionsverfahren ist unzulässig (§ 169 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Auch der Kläger hat seine im bisherigen Verfahren gestellten Anträge nicht auf die Möglichkeit abgestellt, daß die LVA O und M die Witwenrente in der von ihm begehrten Höhe zu zahlen haben könnte. Daher konnte der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden, sondern hat das angefochtene Urteil gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Das LSG wird vor einer neuen Entscheidung die LVA O und M zum Verfahren beizuladen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Fundstellen