Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine vom Kläger im Rahmen seines Vorbereitungsdienstes als Rechtsreferendar bei der Beklagten ausgeübte Beschäftigung Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten deshalb begründet, weil ihm von der Beklagten neben dem Unterhaltszuschuß ein Entgelt gezahlt worden ist.
Der Kläger wurde vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts für die Zeit vom 18. Dezember 1972 bis 3. Juli 1973 der Beklagten zur Ausbildung im Rahmen der Verwaltungsstation überwiesen. Während der Zuteilungszeit zahlte ihm die Beklagte bei halbtägiger Beschäftigung neben dem vom Land Schleswig-Holstein gewährten Unterhaltszuschuß einen monatlichen Betrag von 350,-- DM brutto. Mit Bescheid vom 4. Mai 1973 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie ihn mit Wirkung vom 1. April 1973 zur Rentenversicherung der Angestellten angemeldet habe und die entsprechenden Beitragsanteile von seinen monatlichen Bezügen abziehen werde. Referendare im juristischen Ausbildungsdienst, die neben den Unterhaltszuschüssen von den ausbildenden Stellen zusätzliche Vergütungen erhielten, seien während dieser "Zweitbeschäftigung" rentenversicherungspflichtig. Zahle ein Arbeitgeber in der Ausbildungsstation zusätzlich Entgelt, so müsse davon ausgegangen werden, daß dieser Arbeitgeber von dem Auszubildenden eine über den Rahmen der eigentlichen Ausbildung hinausgehende echte Arbeitsleistung verlange, die auf besonderer Vereinbarung mit diesem beruhe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. September 1973). Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Kiel nach Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und festgestellt, daß der Kläger während seiner Tätigkeit bei der Beklagten nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung war (Urteil vom 9. April 1974). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat, nachdem der Kläger seinen vor dem SG gestellten Feststellungsantrag zurückgenommen hatte, die Berufung der Beigeladenen zurückgewiesen (Urteil vom 2. Juli 1976). Das LSG hat zur Begründung u.a. ausgeführt: Der Kläger sei während des gesamten Umfangs seiner Beschäftigung bei der Beklagten für seinen Beruf ausgebildet worden. Seine gesamte Beschäftigung habe sich im Rahmen der durch die juristische Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Ausbildung gehalten und sei auch ohne Vergütung zu erbringen gewesen.
Die Beklagte und die Beigeladene haben - die vom LSG zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Angestelltenversicherungsgesetz‹ (AVG). Sie sind der Auffassung, bei Zusammentreffen von Stationsausbildung und Gewährung eines zusätzlichen Entgelts in der Station sei die Tätigkeit des Referendars nicht nur Ausbildung für den künftigen Beruf, sondern auch eine Beschäftigung, die wirtschaftlich und tatsächlich verwertbare Ergebnisse hervorbringe. Es entspreche dem Schutzzweck der Sozialversicherung, die aus dem besonderen Arbeitseinsatz des Klägers bezogene Vergütung als beitragspflichtiges Entgelt anzusehen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten. Er hat keinen Antrag gestellt und sich auch zur Sache nicht geäußert.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen sind unbegründet. Sie sind zurückzuweisen.
Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, daß für den Kläger aufgrund seiner bei der Beklagten ausgeübten Beschäftigung keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten begründet wurde. Sie haben hierbei zutreffend Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG für das Beschäftigungsverhältnis insgesamt angenommen.
Nach der genannten Vorschrift sind versicherungsfrei u.a. Beamte der Länder, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden. Daß dies für den Vorbereitungsdienst der Rechtsreferendare zutrifft, steht außer Streit. Die Beklagte und die Beigeladene verneinen die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit jedoch für einen Teil der vom Kläger während des Vorbereitungsdienstes bei der Beklagten ausgeübten Beschäftigung, den sie als eine für die zusätzlich gezahlte Vergütung erbrachte wirtschaftlich relevante Arbeitsleistung ansehen und von der eigentlichen Ausbildungsbeschäftigung absondern wollen. Für eine solche Trennung fehlen indes schon die sachlichen Voraussetzungen.
Den tatsächlichen Feststellungen des LSG - die von den Revisionen nicht angegriffen wurden und die deshalb für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG) - ist zu entnehmen, daß der Kläger in dem streitigen Zeitraum bei der Beklagten seinen Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendar und damit als Beamter auf Widerruf in der Verwaltungsstation nach Maßgabe der für das Land Schleswig-Holstein geltenden Vorschriften über die Juristenausbildung ableistete und dabei - entgegen der in den Verwaltungsstationen an sich üblichen ganztägigen Beschäftigung - nur halbtags eingesetzt war. Dagegen ist kein Anhalt dafür gegeben, daß das Beschäftigungsverhältnis - sei es durch ausdrückliche Vereinbarung, sei es durch tatsächliche Gestaltung des Arbeitsablaufs konkret in zwei voneinander unabhängige Teile getrennt war, nämlich einerseits in ein reines Ausbildungsverhältnis zwischen dem Kläger als Auszubildendem und dem Beklagten als vom Dienstherrn beauftragte Ausbildungsstelle und andererseits in ein auf Erbringung einer von Ausbildungszwecken freien Arbeitsleistung abgestelltes Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger als Arbeitnehmer und dem Beklagten als Arbeitgeber. Unter Beachtung des Inhalts und Umfanges der in § 38 der Schleswig-Holsteinischen Landesverordnung über die Ausbildung der Juristen (JAO) vom 25. Mai 1972 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein 1972, 91) vorgeschriebenen Referendarausbildung in der Verwaltung, durfte das LSG aufgrund seiner unangegriffenen Feststellungen vielmehr zu dem Ergebnis kommen, daß die vom Kläger bei der Beklagten ausgeübte Beschäftigung insgesamt im Rahmen der Ausbildung blieb. Die Möglichkeit einer konkreten Abgrenzung ist auch von der Beklagten und der Beigeladenen nicht geltend gemacht worden. Für eine abstrakte Aufspaltung des zum Zwecke der Ausbildung begründeten, diesem Zwecke dienenden und auch inhaltlich von ihm geprägten Beschäftigungsverhältnisses, nur weil es gleichzeitig auch wirtschaftlich relevante Arbeitsleistungen enthält, besteht kein Anlaß. Es ist Ausbildungsbeschäftigungen durchaus eigen, daß sie der ausbildenden Stelle auch wirtschaftlichen Nutzen bringen können. Das ist z.B. bei den Auszubildenden (früher Lehrlingen) in der gewerblichen Wirtschaft nicht selten, ohne daß dies dem Sinn und Zweck der Ausbildung und dem rechtlichen Status des Auszubildenden entgegenstehen muß. Auch die Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst innerhalb der herkömmlichen Stationen bei den staatlichen Behörden, bei denen eine zusätzliche Vergütung schon aus haushaltsrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, bringt ganz allgemein wegen ihrer Praxisbezogenheit der ausbildenden Stelle einen Nutzen, der sich insbesondere bei - im Interesse ihrer Ausbildung - einsatzfreudigen Referendaren in einer spürbaren Entlastung des Personals bemerkbar machen kann. Daß im Gegensatz zu den üblichen Ausbildungsstationen die vom Kläger bei der Beklagten durchlaufene Verwaltungsstation mit einer ohne zwingenden Rechtsgrund gewährten zusätzlichen Vergütung verbunden war, gab dieser Ausbildung keinen anderen rechtlichen Charakter. Sie blieb vielmehr ihrem Wesen und ihrem Inhalt nach insgesamt Ausbildung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG versicherungsfrei ist.
Eine andere Beurteilung läßt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung von Beamten und Richtern (vgl. BSGE 20, 123; 31, 66; 40, 208; BSG SozR Nr. 2 zu § 6 AVG; SozR 2200 § 169 Nr. 4) nicht gewinnen. Diese hatte Beschäftigungen zum Gegenstand, die von den Beamten neben ihrer versicherungsfreien Hauptbeschäftigung ausgeübt wurden. Auf solche Nebenbeschäftigungen kann sich die Versicherungsfreiheit deshalb nicht erstrecken, weil es sich um abgrenzbare und von der Hauptbeschäftigung unabhängige andere Beschäftigungsverhältnisse handelt, auf die der Ausnahmetatbestand der Versicherungsfreiheit nicht zutrifft und die deshalb nach dem Grundsatz zu behandeln sind, daß entgeltliche Beschäftigungsverhältnisse versicherungspflichtig sind. Dabei hat das BSG zwar ausgesprochen, daß dies auch dann gilt, wenn die Nebenbeschäftigung "ausbildungskonform" ist (BSGE 31, 66, 68), also der Ausbildung nützt. Dies kann jedoch die Auffassung der Revision, der Kläger müsse ebenso behandelt werden, nicht stützen. Entscheidend ist nämlich, daß dort trotz der Ausbildungsbezogenheit ein vom versicherungsfreien Ausbildungsverhältnis getrenntes, außerhalb der Ausbildung liegendes und daher für sich selbständiges Nebenbeschäftigungsverhältnis vorlag, während dies beim Kläger eben nicht der Fall war. Während dort zwei Beschäftigungsverhältnisse mit unterschiedlichen versicherungsrechtlichen Folgen vorhanden waren, liegt hier nur ein der Ausbildung dienendes einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor, das auch versicherungsrechtlich nur einheitlich behandelt werden kann.
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß im Falle einer etwaigen Nachversicherung nach § 9 Abs. 2 AVG für die Berechnung der Beiträge der bezogene Unterhaltszuschuß maßgebend ist (§ 124 Abs. 2 Satz 2 AVG). Aus dieser Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, daß es sich bei einer ohne zwingenden Rechtsgrund zusätzlich zum Unterhaltszuschuß gewährten Vergütung indiziell um ein versicherungspflichtiges Entgelt handeln müßte, ohne daß es des Nachweises bedürfte, daß neben dem versicherungsfreien Ausbildungsverhältnis eine eigenständige anderweitige Beschäftigung ausgeübt wird. Diesen Nachweis hat aber das LSG zu Recht als nicht erbracht angesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen