Leitsatz (redaktionell)
Es besteht kein Anlaß zu der Annahme, daß die früheren Gebührenordnungen den Begriff "Ort" in einem anderen Sinne gebraucht haben, als in dem der Gemeinde (Gebührenordnung vom 1960-12-27). Unter dem Begriff "Ortsmitte" ist der in den amtlichen Entfernungskarten von den Vermessungsbehörden für jede Gemeinde festgelegte Ortsmittelpunkt zu verstehen.
Bei der Hilfeleistung in einem Nachbarort ist, wenn die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte 2 km oder weniger beträgt, die Hebammenwohnung und der Hilfeleistungsort aber mehr als 2 km voneinander entfernt sind, der Berechnung der Wegegebühren - wie bei der Hilfeleistung innerhalb des Wohnorts der Hebamme - die tatsächliche Entfernung zwischen der Wohnung der Hebamme und der Wohnung der Wöchnerin zu Grunde zu legen.
Normenkette
HebGebV 1956; HebGebV § 5 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1960-12-27
Tenor
Die Revision der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 1959 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. August 1956 wird zurückgewiesen, soweit es sich um den Anspruch auf Wegegebühren im Falle K handelt. Im übrigen wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Wegegebühren, die einer Hebamme nach § 5 der Verordnung über die von den Krankenkassen der Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren vom 4. Juli 1941 (RGBl I 368) idF der Verordnung vom 3. April 1954 (BAnz. Nr. 68) - HebGebVO 1954 - zustehen. Diese Bestimmung hat, soweit sie hier in Betracht kommt, folgenden Wortlaut:
"(1) Für eine Geburt (Fehlgeburt) sind der Hebamme, wenn die Entfernung von ihrer Wohnung mehr als 2 km beträgt und kein freies Fuhrwerk gestellt wird, sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg die baren Auslagen oder, falls sie ein eigenes Fuhrwerk benutzt hat, eine Entschädigung von 0,25 DM je km zu vergüten. ... Benutzt die Hebamme ... kein Fuhrwerk, so steht ihr eine Wegegebühr von 0,20 DM je km zu.
(2) Für die Wochenbesuche steht der Hebamme im Fall des Abs. 1 eine Wegegebühr von 0,20 DM je km - auch bei Benutzung eines eigenen Fuhrwerks - zu, bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln jedoch nur die Erstattung der baren Auslagen.
(4) Wenn Wegegebühren innerhalb desselben Ortes zu zahlen sind, wird die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin berechnet.
(5) Hat die Hebamme einer außerhalb ihres Wohnortes wohnenden Frau Hilfe geleistet, so ist bei der Berechnung der Fuhrkosten und Wegegebühren die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte zugrunde zu legen. Falls die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte mehr als 2 km beträgt, sind Wegegebühren zu zahlen wenn die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin weniger als 2 km beträgt.
(6) Ist die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin größer als von Ortsmitte zu Ortsmitte, so sind die Kosten mit der Bezahlung von Ortsmitte zu Ortsmitte abgegolten.
(7) Geschlossene Siedlungen gelten als besondere Orte, wenn sie mindestens 10 Familien umfassen."
Die Klägerin ist Hebamme. Sie wohnt etwa in der Mitte der politischen Gemeinde R mittlere Bauerschaft (m. B.) Diese Gemeinde ist ein Straßendorf, an das sich nach Norden die Gemeinde R untere Bauerschaft (u. B.) und im Süden die Gemeinde R obere Bauerschaft (o. B.) anschließt, so daß die drei Gemeinden den Eindruck eines einzigen großen Straßendorfes erwecken. Mit Rechnung vom 20. August 1955 forderte die Klägerin, die in allen drei Gemeinden tätig ist, für ihre Besuche aus Anlaß der Entbindung einer Frau K in R u. B. eine Wegegebühr von 24,65 DM, die sie im Laufe des Verfahrens auf 23,55 DM ermäßigte, und mit Rechnung vom 18. Januar 1956 aus Anlaß der Entbindung einer Frau K in R o. B. eine Wegegebühr von 9,80 DM. Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) N bewilligte im Falle K nur eine Wegegebühr von 10,35 DM (Bescheid vom 4. Oktober 1955), während sie im Falle K die Zahlung einer Wegegebühr ablehnte (Bescheid vom 30. Januar 1956). Die Widersprüche wurden zurückgewiesen (Bescheide vom 17. Mai 1956). Die Klägerin erhob in beiden Fällen Klage beim Sozialgericht (SG) H, das beide Sachen zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Entscheidung verband und die Klage durch Urteil vom 23. August 1956 abwies. Die Berufung wurde zugelassen.
Zur Begründung führte das SG aus: Es handele sich bei den drei Gemeinden um drei verschiedene Orte, so daß nach § 5 Abs. 5 HebCebVO 1954 für die Wegegebühren die Entfernung von der Ortsmitte des Wohnorts der Klägerin zur Ortsmitte des Wohnorts der Wöchnerin maßgebend sei. Da die amtliche Entfernung zwischen R m. B. und R u. B. 2,3 km betrage, sei die Wegegebühr im Fall ... auf dieser Grundlage zu berechnen und nicht unter Berücksichtigung der wesentlich größeren Entfernung der beiden Wohnungen. Diese Entfernung sei nur maßgebend bei Besuchen innerhalb des Wohnorts der Hebamme. Da die Entfernung zwischen R m. B. und R o. B. 2 km nicht übersteige, stehe der Klägerin im Falle K nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 Abs. 5 aaO überhaupt keine Wegegebühr zu.
Die Klägerin legte Berufung ein und trug vor: Die drei Gemeinden seien nach ihrer Struktur als ein Ort i. S. der HebGebVO 1954 anzusehen. Der Begriff der politischen Gemeinde decke sich häufig nicht mit dem geographischen Begriff des Ortes. Die Berechnung der beklagten AOK sei für sie untragbar, weil die tatsächlich von ihr zurückzulegenden Entfernungen wesentlich größer seien.
Die Klägerin beantragte im Berufungsverfahren, das Urteil des SG Hannover vom 23. August 1956 und die Bescheide vom 4. Oktober 1955, 30. Januar 1956 und 17. Mai 1956 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24,75 DM zu zahlen.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen holte Auskünfte des Reg. Präsidenten von K, der drei Gemeinden R m. B., R o. B. und ... u. B., des Katasteramts R a. Rbge. und der AOK N für den Kreis N a. Rbge. ein. Es hob durch Urteil vom 24. Februar 1959 das Urteil des SG auf und verurteilte die beklagte AOK unter Abweisung im übrigen, an die Klägerin 24,30 DM zu zahlen. Die Revision wurde zugelassen.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das LSG im wesentlichen aus: Jede der drei Bauernschaften sei eine selbständige politische Gemeinde. Sie seien daher für die Berechnung der Wegegebühren nach § 5 HebGebVO 1954 als verschiedene Orte anzusehen. Das sei allerdings nicht in der Verordnung selbst ausgesprochen, aber dem bald nach ihrer Verkündung offenbar im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister ergangenen Erlaß des RMdJ vom 24. Januar 1942 (AN 1942, 100) zu entnehmen. Diese Auffassung entspreche auch dem sonst üblichen Sprachgebrauch. Deshalb seien die Wegegebühren der Klägerin für Hilfeleistungen in ... o. B. und u. B. grundsätzlich nach den Entfernungen von Ortsmitte zu Ortsmitte zu berechnen. Ortsmitte sei ein von der Katasterverwaltung für jeden Ort amtlich festgelegter Punkt, von dem aus die Entfernungen zu den Nachbarorten rechneten. Auch das sei in der Verordnung nicht ausdrücklich festgelegt. Bei der erheblichen Bedeutung, die diesen Ortsmittelpunkten und den in amtlichen Entfernungskarten niedergelegten Entfernungen für das Vermessungs-, das Straßenwesen und den gesamten Verkehr zukomme, hätte der Gesetzgeber es aber besonders hervorgehoben, wenn die Ortsmitte hiervon abweichend hätte bestimmt werden sollen. Die von den Katasterämtern bestimmten Ortsmittelpunkte seien auch schon früher für die Berechnung der Wegegebühren der Hebammen maßgebend gewesen, wie sich aus einer Verfügung des Preußischen Finanzministers vom 26. Februar 1940 ergebe. Die der Verwaltungsvereinfachung dienende Pauschalberechnung entspreche allerdings nicht völlig dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 HebGebVO 1954 vorangestellten allgemeinen Grundsatz, wonach den Hebammen eine Entschädigung für den Weg gezahlt werden solle, wenn die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin mehr als 2 km betrage. Im allgemeinen glichen sich die Fälle, in denen die Berechnung von Ortsmitte zu Ortsmitte für die Hebamme günstiger und in denen sie ungünstiger seien, untereinander aus. Davon sei auch der Gesetzgeber in § 5 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 aaO ausgegangen. Deshalb müsse es in Kauf genommen werden, daß sich bei der Pauschalberechnung im Durchschnitt stets gewisse Abweichungen nach oben oder nach unten ergäben, zumal diese Abweichungen im allgemeinen nicht erheblich sein könnten. Bei Straßendörfern lägen jedoch besondere Verhältnisse vor, weil sie sich nicht gleichmäßig auf eine Fläche verteilten. Schlössen sich an ein solches Dorf noch zwei weitere Straßendörfer an, so könnten die amtlich festgelegten Entfernungen von Ortsmitte zu Ortsmitte unter Umständen so erheblich von den wirklichen Wegeentfernungen abweichen, daß die Pauschalberechnung die tatsächlichen Aufwendungen der Hebamme nicht decke. Nach den Auskünften des Katasteramts und der drei Bauernschaften betrage die Entfernung von der Ortsmitte R m. B. bis zur nördlichen Grenze der Gemeinde R u. B. (Ortsausgang der an die alte Ortslage unmittelbar anschließenden Siedlung N) 5,6 km, während die amtliche Entfernung von der Ortsmitte R m. B. zur Ortsmitte R u. B. nur 2,3 km betrage. Nach Süden erstrecke sich die Gesamtsiedlung auf 4 km gegenüber einer amtlichen Entfernung nach der Ortsmitte o. B. von nur 2 km. Die Klägerin würde hiernach, wenn man von der amtlichen Entfernung (2 km) ausgehe, bei Wegen in die Gemeinde R o. B. in keinem Falle eine Entschädigung erhalten, obgleich die von ihr zurückzulegenden Wege im allgemeinen erheblich länger seien. - Auch bei Wegen in die Gemeinde R u. B. lägen wegen der weiten Ausdehnung dieses Ortes und seiner ungleichmäßigen Besiedlung die Verhältnisse außergewöhnlich ungünstig. Deshalb sei es gerechtfertigt, bei der Berechnung der Wegegebühren die Entfernung der Ortsmitten unter Berücksichtigung der Bevölkerungsdichte und der sich daraus ergebenden Wegehäufigkeit abweichend von der amtlichen Entfernungskarte festzulegen, und zwar von R m. B. nach R u. B. auf 3 km, von R m. B. nach R o. B. auf 2,4 km.
Der Klägerin stünden daher an Wegegebühren zu:
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im Fall K |
(in R u. B.) auf der Grundlage einer Entfernung von 3 km für die Entbindung 6 x 0,25 DM = |
1,50 DM |
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und für 10 Wochenbesuche 6 x 10 x 0,20 DM = |
12,- DM |
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zusammen |
13,50 DM, |
im Fall K |
(in R o. B.) auf der Grundlage einer Entfernung von 2,4 km für die Entbindung 4,8 x 0,25 DM = |
1,20 DM |
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und für 10 Wochenbesuche 4,8 x 10 x 0,20 DM = |
9,60- DM |
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zusammen |
10,80 DM. |
Die beklagte AOK habe ihr mithin noch 24,30 DM zu zahlen.
Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligten Revision eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil und die Bescheide vom 4. Oktober 1955 und 30. Januar 1956 abzuändern, den Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1956 aufzuheben und die beklagte AOK zu verurteilen, über den vom LSG zuerkannten Betrag von 24,30 DM hinaus die von ihr mit der Klage geforderten Beträge zu zahlen.
Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor:
Das LSG habe § 376 a Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i. V. m. § 5 HebGebVO 1954 verletzt. Das angefochtene Urteil verkenne den Begriff des Ortes. Unter "Ort" i. S. des § 5 HebGebVO 1954 sei nicht die politische Gemeinde zu verstehen. Dies sei besonders daraus zu schließen, daß die am 1. Dezember 1956 in Kraft getretene Verordnung über die von den Krankenkassen den frei beruflich tätigen Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren vom 15. Dezember 1956 (BAnz Nr. 248 vom 21.12.1956) - HebGebVO 1956 - die Bestimmung des § 5 Abs. 1 HebGebVO 1954 ("Geschlossene Siedlungen gelten als besondere Orte, wenn sie mindestens 10 Familien umfassen") nicht mehr enthalte. Es könne nicht im Willen des Gesetzgebers gelegen haben, die Hebammen gebührenmäßig schlechter zu stellen als bisher und ihnen die Entschädigung für wirklich zurückgelegte Wege zu entziehen. Das LSG habe auch zu Unrecht die Wegehäufigkeit in direkte Beziehung zur Einwohnerzahl gebracht. Die Häufigkeit der Wege richte sich allein nach der Geburtenhäufigkeit. Diese sei in der zur Gemeinde R u. B. gehörenden Arbeitersiedlung N höher als in dem übrigen nur von Bauern bewohnten Ortsteil. In tatsächlicher Hinsicht habe das LSG den neuen Mittelpunkt der Gemeinde R u. B. im Gegensatz zu der tatsächlichen Wege- und Geburtenhäufigkeit zum dauernden Nachteil der Klägerin fälschlich zu weit südlich angesetzt. Die Klägerin erhalte deshalb für Geburten in der Arbeitersiedlung N, wo ihre Haupttätigkeit liege, eine viel zu geringe Entschädigung für die wirklich zurückgelegten Wege.
Die beklagte AOK beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin sowie die von ihr eingelegte Revision zurückzuweisen.
Sie führt aus: Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin bei Hilfeleistungen außerhalb ihres Wohnortes Anspruch auf Wegegebühren nach einer Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte habe und daß jede der drei Bauernschaften eine selbständige politische Gemeinde sei. Das LSG erkenne auch zutreffend an, daß unter Ortsmitte jeweils ein von der Katasterverwaltung für jeden Ort amtlich festgelegter Punkt zu verstehen sei, von dem aus die Entfernungen zum Nachbarort gemessen würden. Die Berechnung auf der Grundlage der Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte bedeute auf die Dauer gesehen einen Ausgleich für die Hebamme, soweit die Ortsmitten nicht weniger als 2 km voneinander entfernt seien. Das Berufungsgericht sei jedoch nicht berechtigt gewesen, von der von ihm selbst als ordnungsgemäß angesehenen Gebührenberechnung abzuweichen. Es gehe nicht an, statt der katasteramtlich festgesetzten Ortsmitten neue Ortsmittelpunkte zu ermitteln und festzulegen. Die Bestimmung der Ortsmitte solle gerade der Erleichterung der Berechnung dienen, weil die für jeden Kreis vorliegende amtliche Meßkarte eine klare Feststellung der Entfernungen ermögliche. Es sei zwar nicht zu verkennen, daß die Regelung des § 5 HebGebVO 1954 in Einzelfällen zu gewissen Härten führen könne. Der Gesichtspunkt der Pauschalierung und der Verwaltungsvereinfachung verbiete jedoch eine Auslegung im Sinne des angefochtenen Urteils. Der Klägerin sei durch das angefochtene Urteil im übrigen mehr zugesprochen worden, als sie selbst nach Auffassung des LSG zu bekommen habe. Sie verlange im Fall K 23,55 DM und im Fall K 9,80 DM. Sie, die Beklagte, habe im Fall K 10,35 DM anerkannt und der Klägerin am 24. Oktober 1955 überwiesen. Das LSG hätte der Klägerin daher im Höchstfalle 13,95 DM zusprechen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
II.
1.) Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind (§ 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei dem Anspruch der Hebamme gegen die Krankenkasse, der durch die nach § 376 a RVO vom Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit erlassene Gebührenordnung geregelt ist, um einen im Recht der Sozialversicherung begründeten öffentlich-rechtlichen Anspruch (vgl. BSG 10, 260). In dieser Entscheidung ist ferner dargelegt, daß zwischen der Krankenkasse und der Hebamme kein Unterordnungsverhältnis besteht. Die beklagte AOK war daher nicht befugt, über den Gebührenanspruch der Klägerin durch Verwaltungsakt zu entscheiden.
2.) Die Revision der Klägerin ist unzulässig, weil sie durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist (BSG 6, 180, 182; 9, 17 19). Die Klägerin hatte ihren Gebührenanspruch im Falle K auf 9,80 DM und im Falle K auf 23,55 DM beziffert. Sie hatte dabei selbst angegeben, daß ihr die beklagte AOK im Falle K 10,35 DM gezahlt hat, so daß eine Differenz von 13,20 DM verblieb. Die im Streit befindliche Forderung betrug hiernach 23,- DM. Das LSG hat der Klägerin aber durch das angefochtene Urteil 24,30 DM zugesprochen, wobei es offensichtlich übersehen hat, daß die Beklagte bereits 10,35 DM an die Klägerin gezahlt hatte. Der Klägerin ist, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, durch dieses Versehen des Berufungsgerichts ein höherer Betrag zugesprochen worden, als sie selbst gefordert hatte. Die Klägerin ist deshalb durch das angefochtene Urteil nicht beschwert, so daß ihre Revision als unzulässig zu verwerfen ist.
3.) Die Revision der beklagten AOK ist begründet. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Auslegung des § 5 der Verordnung über die von den Krankenkassen den Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren vom 4. Juli 1941 (RGBl I 368) idF der VO vom 3. April 1954 (BAnz. Nr. 68) ab. Die vom Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und mit Zustimmung des Bundesrats erlassene VO vom 3. April 1954 hat den § 5 der VO des Reichsministers des Innern vom 4. Juli 1941, die im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichsarbeitsminister ergangen war, nicht geändert. Inzwischen sind auf Grund des § 376 a RVO idF des Gesetzes zur Regelung von Fragen des Hebammenwesens vom 4. Januar 1954 (BGBl I 1) die VO des BMJ vom 15. Dezember 1956 (BAnz. Nr. 248) - in Kraft getreten am 1. Dezember 1956 - und die VO des BMJ vom 27. Dezember 1960 (BAnz. Nr. 252) - in Kraft getreten am 1. Oktober 1960 - ergangen, die auch die hier maßgebenden Bestimmungen über die der Hebamme zu erstattenden Wegegebühren (§ 5 der HebGebVOen 1941 und 1954) geändert haben. Da die Erstattung der Wegegebühren für zwei Geburtsfälle des Jahres 1955 streitig ist, kommt § 5 der HebGebVO 1954 zur Anwendung. Nach § 5 Abs. 1 dieser VO sind der Hebamme für eine Geburt, wenn die Entfernung von ihrer Wohnung mehr als 2 km beträgt und kein freies Fuhrwerk gestellt wird, sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg die baren Auslagen zu vergüten oder, falls sie eigenes Fuhrwerk benutzt hat, eine Entschädigung von 0,25 DM je km zu zahlen. Nach § 5 Abs. 2 aaO steht der Hebamme für die Wochenbesuche im Falle des Abs. 1 - d. h. wenn die Entfernung von ihrer Wohnung mehr als 2 km beträgt und kein freies Fuhrwerk gestellt wird - eine Wegegebühr von 0,20 DM je km - auch bei Benutzung eigenen Fuhrwerks - zu, während ihr bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur die baren Auslagen zu erstatten sind. Für die Ermittlung der Wegegebühren bestimmt § 5 Abs. 4 aaO, daß bei Wegen innerhalb desselben Ortes die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin berechnet wird. Demgegenüber erhält die Hebamme bei Hilfeleistungen außerhalb ihres Wohnortes Pauschalgebühren, die sich nach der Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte richten (§ 5 Abs. 5 Satz 1 HebGebVO 1954). Maßgebend ist also bei Hilfeleistungen außerhalb des Wohnorts der Hebamme nach der Wortfassung des § 5 Abs. 5 Satz 1 aaO nicht die tatsächliche Entfernung zwischen der Wohnung der Hebamme und der Wohnung der Wöchnerin, es kommt vielmehr grundsätzlich nur auf die Entfernung der beiden Ortsmitten an. § 5 Abs. 5 Satz 2 HebGebVO 1954 bestimmt ferner, daß in den Fällen, in denen die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte mehr als 2 km beträgt, Wegegebühren auch dann zu zahlen sind, wenn die Entfernung der beiden Wohnungen weniger als 2 km beträgt. Den Grundsatz der Pauschalabgeltung spiegelt auch § 6 Abs. 6 HebGebVO 1954 wieder, wonach die Kosten mit der Bezahlung von Ortsmitte zu Ortsmitte abgegolten sind, auch wenn die Entfernung von der Wohnung der Hebamme zur Wohnung der Wöchnerin größer ist als die Entfernung der beiden Ortsmitten.
Wie das LSG mit Recht angenommen hat, ist unter "Ort" im Sinne des § 5 HebGebVO 1954 die politische Gemeinde zu verstehen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem bald nach Verkündung der HebGebVO 1941 ergangenen Erlaß des RMdJ vom 24. Januar 1942 (AN 1942, 100), sondern wird auch bestätigt durch § 5 Abs. 7 der HebGebVO vom 27. Dezember 1960. Dort ist bei der Regelung der Wegegebühren ausdrücklich bestimmt, daß unter "Ort" im Sinne dieser Verordnung die Gemeinde zu verstehen ist. Es besteht kein Anlaß zu der Annahme, daß die früheren Gebührenordnungen den Begriff "Ort" in einem anderen Sinne gebraucht haben. Es ist daher mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß die drei politischen Gemeinden R o. B., R m. B. und R u. B. selbständige Orte im Sinne des § 5 HebGebVO 1954 sind, obgleich sie nach der äußeren Erscheinung den Eindruck eines einzigen Straßendorfes machen.
Dem Berufungsgericht ist auch darin beizutreten, daß unter dem Begriff "Ortsmitte" der in den amtlichen Entfernungskarten von den Vermessungsbehörden im Einvernehmen mit den Gemeindebehörden für jede Gemeinde festgelegte Ortsmittelpunkt zu verstehen ist. Diese Auffassung entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Auch im Reisekostenrecht der Beamten ist für die Berechnung der Landwegstrecken die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte maßgebend, und zwar werden diese Strecken nach den Angaben der amtlichen Entfernungskarten oder Entfernungsverzeichnisse berechnet (AB Nr. 25 zu § 7 des Gesetzes über Reisekostenvergütung der Beamten).
Ausgehend von den für die drei Gemeinden R festgelegten Ortsmittelpunkten ist das LSG unter Berücksichtigung der Ausdehnung der Gemeinden und ihrer Bevölkerungsdichte zu der Auffassung gelangt, daß die Pauschalberechnung der Wegegebühren nach den amtlich festgelegten Ortsmitten in einem erheblichen Mißverhältnis zu den durch die tatsächliche Entfernung bedingten Aufwendungen der Klägerin stehe, zumal sie bei Hilfeleistungen in R o. B. wegen der Entfernung der beiden Ortsmitten (R m. B. - R o. B.) - von genau 2 km überhaupt keinen Anspruch auf Wegegebühren hätte. Die Annahme, daß der Klägerin bei Hilfeleistungen in R o. B. ohne Rücksicht auf die Entfernung von ihrer Wohnung keine Wegegebühr zustehe, ist jedoch rechtsirrig. Zwar sind bei Hilfeleistungen außerhalb des Wohnorts der Hebamme nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 5 Satz 1 HebGebVO 1954 die Wegegebühren nach der Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte zu berechnen. Diese der Verwaltungsvereinfachung dienende Pauschalregelung kann aber sinngemäß nur dann Platz greifen, wenn die Mitte des Wohnorts der Hebamme von der Mitte des Wohnorts der Wöchnerin mehr als 2 km entfernt ist, was in der Regel der Fall sein wird. Andernfalls würde der Hebamme, die innerhalb ihres Wohnorts einer mehr als 2 km entfernt wohnenden Wöchnerin Hilfe leistet, ein Anspruch auf Wegegebühren zustehen, während ihr der Anspruch bei einer Hilfeleistung außerhalb ihres Wohnorts ohne Rücksicht auf die Entfernung der beiden Wohnungen zu versagen wäre. Dieses Ergebnis wäre jedoch mit einer sinnvollen Pauschalregelung nicht vereinbar. Deshalb ist bei der Hilfeleistung in einem Nachbarort, wenn die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte 2 km oder weniger beträgt, der Berechnung der Wegegebühren - wie bei der Hilfeleistung innerhalb des Wohnorts der Hebamme - die tatsächliche Entfernung zwischen der Wohnung der Hebamme und der Wohnung der Wöchnerin zugrunde zu legen, sofern beide Wohnungen mehr als 2 km voneinander entfernt sind (im Ergebnis ebenso DOK 1959, 542).
Dem Berufungsgericht kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die für Hilfeleistungen in R u. B. maßgebende Pauschalregelung zwar grundsätzlich anzuwenden, die amtlich festgelegten Ortsmitten aber wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse zugunsten der Klägerin davon abweichend festzulegen seien. Eine solche Änderung der auch für andere Sachgebiete geltenden, durch die Vermessungsbehörden im Benehmen mit den Gemeinden festgelegten Ortsmitten muß der dafür zuständigen Behörde vorbehalten bleiben. Zwar ist nicht zu verkennen, daß die seit der Währungsreform einsetzende Bautätigkeit in zahlreichen Fällen zu einer Ausdehnung der Wohngebiete geführt hat; es muß jedoch den Beteiligten überlassen bleiben, bei den zuständigen Stellen anzuregen, daß Unstimmigkeiten, die sich dadurch auch hinsichtlich der Festlegung der Ortsmitten ergeben haben, beseitigt werden. Soweit es sich um Hilfeleistungen in dem zu R u. B. gehörigen Ortsteil N handelt, kommt im übrigen § 5 Abs. 7 HebGebVO 1954 in Betracht, wonach geschlossene Siedlungen als besondere Orte gelten, wenn sie mindestens zehn Familien umfassen. Ob der Grundgedanke dieser Bestimmung, der auch in § 5 Abs. 7 HebGebVO 1960 zum Ausdruck kommt, während der Geltungsdauer der HebGebVO 1956 anzuwenden ist, bedarf keiner Entscheidung.
Der Berechnung der Wegegebühren für Hilfeleistungen der Klägerin in R u. B. kann danach nur die Entfernung von Ortsmitte zu Ortsmitte, das sind 2,3 km, zugrunde gelegt werden. Es mag zutreffen, daß die Klägerin durch die Pauschalregelung im Durchschnitt gesehen Nachteile erleidet. Solche Auswirkungen jeder Pauschalberechnung müssen aber im Interesse der erleichterten Abrechnung in Kauf genommen werden.
4.) Das angefochtene Urteil ist daher auf die Revision der beklagten AOK aufzuheben.
Soweit es sich um den Anspruch der Klägerin auf Wegegebühren im Falle R handelt, stehen ihr bei einer Entfernung von 2,3 km (Ortsmitte R m. B. - Ortsmitte R u. B.) zu
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für die Entbindung: 4,6 km zu je 0,25 DM = |
1,15 DM |
für 10 Wochenbesuche: 4,6 km zu je |
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0,20 DM x 10 = |
9,20 DM |
das sind |
10,35 DM. |
Da die beklagte AOK diesen Betrag gezahlt hat, ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover insoweit zurückzuweisen.
Der Anspruch auf Wegegebühren im Falle K hängt davon ab, ob die Wohnung der Klägerin von der Wohnung der Wöchnerin mehr als 2 km entfernt ist. Da das angefochtene Urteil darüber keine Feststellung enthält, ist der Rechtsstreit insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen