Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. März 1990 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Kürzung des Kassenhonorars des Klägers für die Quartale I bis IV/82 und IV/83 bis III/84.
Der Kläger ist als Zahnarzt mit der Zusatzbezeichnung Oralchirurgie zur kassenzahnärztlichen Versorgung zugelassen. Der beigeladene Krankenkassenverband hat beantragt, die Behandlungsweise des Klägers zu überprüfen (Antrag vom Juni 1983 bezüglich der vier erstgenannten, vom März 1985 bezüglich der vier letztgenannten Quartale). Nach den im September und Dezember 1985 erfolgten Antragsbegründungen des Beigeladenen hat der Prüfungsausschuß der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Trier am 6. August 1986 und 29. Oktober 1986 Kürzungen beschlossen; die Bescheide ergingen am 2. Oktober und 11. Dezember 1986. Auf die Beschwerde des Klägers hat der beklagte Beschwerdeausschuß die Kürzungen reduziert; die Beschwerde des Beigeladenen wurde zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) hat auf die Klage des Zahnarztes die Kürzungsbescheide mit der Begründung aufgehoben, daß der Kläger, nachdem er erst nach zwei Jahren und sieben Monaten bzw nach einem Jahr und sieben Monaten von den Prüfanträgen erfahren habe, habe darauf vertrauen dürfen, nicht mehr geprüft zu werden und das ausbezahlte Honorar behalten zu können. Auf die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen; der Kläger könne keinen Vertrauensschutz beanspruchen, und das SG habe nun in der Sache selbst zu entscheiden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. März 1990 aufzuheben und die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision insoweit zurückzuweisen, als sie sich auf die Quartale IV/83 bis III/84 bezieht.
Der beigeladene Krankenkassenverband hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet, denn die vom LSG ausgesprochene Zurückverweisung an das SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Der beigeladene Kassenverband hat den Prüfantrag vom 14. Juni 1983 „gleichzeitig namens und im Auftrag” des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen, des Landesverbandes der Innungskrankenkassen, der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft und der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Kassel und den Prüfantrag vom 8. März 1985 „namens und im Auftrag” der zuvor genannten Verbände und Kassen sowie des AOK-Landesverbandes Südwest gestellt. Ob der Kassenverband zur Vertretung insbesondere der Landesverbände befugt (vgl zum Aufgabenbereich eines Krankenkassenverbandes § 407 der Reichsversicherungsordnung – RVO – und dazu BSGE 64, 124, 126 ff = SozR 2200 § 407 Nr 2) und insofern überhaupt ein wirksamer Prüfantrag gestellt worden ist, kann mangels deswegen erhobener Rügen der Revision auf sich beruhen. Jedenfalls ändert die Vertretung durch den beigeladenen Kassenverband nichts daran, daß Antragsteller auch (Prüfantrag vom 14. Juni 1983) bzw ausschließlich (Prüfantrag vom 8. März 1985) die in dem jeweiligen Antrag genannten Verbände und Kassen sind. Sie sind demzufolge iS des § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) notwendig beizuladen. Das wird das SG vorab nachzuholen haben.
2. Das SG hat den von ihm angenommenen Vertrauenstatbestand ausschließlich mit dem seit der Antragstellung erfolgten Zeitablauf bzw mit der späten Information des Klägers über das Prüfungsverfahren begründet und darauf seine Rechtsansicht gestützt, daß dieser Tatbestand der streitigen Honorarkürzung entgegengestanden habe. Der Senat hat zwischenzeitlich – nach der hier ergangenen erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Entscheidung -durch das (zur Veröffentlichung auch in BSGE bestimmte) Urteil vom 16. Januar 1991, 6 RKa 10/90 (= SozR 3-2500 § 106 Nr 4), entschieden, daß der gegen den Kassen(zahn)arzt gerichtete Anspruch auf Überprüfung der Wirtschaftlichkeit seiner Leistungen ebenso wie ein daraus resultierender Rückforderungsanspruch in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der ordnungsmäßigen Abrechnung verjährt. Der Senat hat zum Ausdruck gebracht, daß die Rücknahme eines Honorarbescheides jedenfalls insoweit nicht den Einschränkungen des § 45 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch, – Verwaltungsverfahren – (SGB X) unterliegt, als dem Kassen(zahn)arzt die vorab bezahlten Honorare durch die spätere Überprüfung der Wirtschaftlichkeit seiner Leistungen gekürzt werden.
3. Nach § 368n Abs 5 Satz 1 RVO aF hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse „zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen” zu errichten, und nach Satz 3 war den Vertragsparteien des Gesamtvertrages aufgetragen worden, „das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie das Verfahren vor den Ausschüssen” zu vereinbaren. In § 106 Abs 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung, (SGB V) wird mit Wirkung ab 1. Januar 1989 bestimmt, daß die Wirtschaftlichkeit der Versorgung in verschiedener Weise „arztbezogen” geprüft wird, und in Abs 3 wird vorgeschrieben, daß die Landesverbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit gemeinsam vereinbaren. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt gegenüber dem Arzt, sie ist „arztbezogen”. In der letztgenannten Vorschrift geht es um die Prüfung der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen nach Durchschnittswerten (Abs 2 Ziffer 1), um die Prüfung bei Überschreitung der „Richtgrößen für das Volumen verordneter Leistungen” nach § 84 SGB V (Abs 2 Ziffer 2) und um die „Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbeziehbaren Stichproben, die 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen” (Abs 2 Ziffer 3). Und nach Satz 3 können die genannten Vertragspartner über diese Prüfungen hinaus auch „andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren”. Gerade auch durch die Einbeziehung der ärztlichen Verordnungsweise, wobei es zur Auferlegung von Regressen kommen kann, macht deutlich, daß es bei dieser Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht nur um die Feststellung des rechtmäßigen Honorars, sondern um die Aufrechterhaltung von Funktionstüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung geht (vgl dazu Bundesverfassungsgericht in SozR 2200 § 368n Nr 29). Der Arzt wird geprüft, ob er sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeit gehalten hat oder nicht. Insoweit, als er verpflichtet ist, bei seinen Behandlungen und Verordnungen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten (§ 368e Satz 2 RVO, § 12 Abs 1 SGB V), trifft ihn ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Anspruch. Aus dieser Rechtspflicht, seine Leistungen in wirtschaftlicher Weise zu erbringen, folgt auch die Verpflichtung, die sich auf ihn beziehenden „arztbezogenen”) Prüfungen sowohl zu dulden als auch helfend mitzutragen. Hierauf hat der Senat schon in seinem obengenannten Urteil hingewiesen. Der geprüfte Arzt ist nicht nur reflexhaft als deren bloßes Objekt der Prüfung ausgesetzt, er hat bei ihr durch Vorlage der betreffenden Unterlagen und durch entsprechende Hinweise und Erläuterungen selbst mitzuwirken. Seine Rechtspflicht wird weder dadurch ausgeschlossen, daß er aktiv zur Mitwirkung gegenüber behördlichen Prüfungspflichten verpflichtet ist, noch dadurch, daß es dabei um eine bloße Folgewirkung seiner Rechtspflicht zum wirtschaftlichen Handeln geht. Denn auch eine bloße Mitwirkungspflicht kann vom Anspruchsberechtigten eingeklagt werden, und eine Rechtspflicht hört nicht deshalb auf, eine Rechtspflicht zu sein, weil sie sich aus einer übergeordneten Rechtspflicht herleiten läßt. Indem die Prüfungsgremien die Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen, zu der sie gesetzlich verpflichtet sind, erfüllen sie zwar den Auftrag des Gesetzgebers. Das schließt aber nicht aus, daß den bei der Umsetzung und Konkretisierung dieses Auftrages betroffenen Arzt als Prüfungsunterworfenen eine rechtliche Verpflichtung zur Duldung und Mitwirkung trifft. Dieser aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot resultierenden Pflicht ist auch nicht etwa deshalb eine rechtliche Qualität abzusprechen, weil sie durch Disziplinarmaßnahmen erzwungen werden kann. Im Gegenteil, die Rechtsnatur der Unterworfenheit des Arztes unter die Wirtschaftlichkeitsprüfung wird gerade dadurch deutlich, daß ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht disziplinarisch geahndet werden kann. Für den Anspruch gegen den Arzt, die Prüfung zu dulden und bei ihr mitzuwirken, ist es auch ohne maßgebliche Bedeutung, daß in § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V nunmehr ausdrücklich bestimmt wird, daß das Antragsrecht zur Einleitung des Prüfungsverfahrens der Krankenkasse und der KÄV zusteht, ein Prüfungsverfahren also einen Antrag der Kasse bzw der KÄV voraussetzt. Indem die Prüfungsgremien den Prüfungsanspruch nur durchsetzen, aber kein eigenes Recht auf die Ingangsetzung eines Prüfungsverfahrens haben, die Schaffung der in dem Antrag liegenden Verfahrensvoraussetzung also allein bei den Kassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen liegt, wird deren rechtliche Verantwortung für die Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nur unterstrichen (vgl § 106 Abs 1 SGB V), und bei den Prüfungsgremien verengt sich die Verantwortung auf die Durchführung als solche. All das zeigt, daß die arztbezogene Prüfung jedenfalls dann den Charakter eines selbständig verjährenden Anspruchs aufweist, wenn sie nicht lediglich eine unmittelbare und alternativlose Sanktionsumsetzung der ihr zugrundeliegenden ärztlichen Verpflichtung zur wirtschaftlichen Leistungserbringung darstellt. Letzteres ist aber nicht der Fall. Das zeigt sich schon darin, daß die arztbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung im System der gesetzlichen Krankenversicherung eine besondere Ausprägung erfahren hat. Der Gesetzgeber hat die Prüfgremien nicht nur als Dauereinrichtung geschaffen, er hat ihnen auch mit ihrer paritätischen Besetzung eine relative Selbständigkeit gegenüber den Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen gegeben (vgl § 368n Abs 5 RVO, § 106 Abs 4 SGB V). Auch erfolgt die Prüfung regelmäßig nicht einzelfallbezogen. So schreibt § 106 Abs 2 Ziffer 1 SGB V ausdrücklich die arztbezogene Prüfung „nach Durchschnittswerten” vor, was auch schon vor dem Inkrafttreten des SGB V die gewöhnliche Prüfungsart war (vgl aber die Stichproben-Regelung der Ziffer 3 der genannten Vorschrift). Darüber hinaus erlauben weder die Prüfung nach Durchschnittswerten noch die Prüfung im Einzelfall regelmäßig eine völlig eindeutige Feststellung im Sinne rechnerisch-mathematischer Sicherheit. Ob eine Behandlungs- bzw Verordnungsweise zweckmäßig/wirtschaftlich war oder nicht, unterliegt vielmehr in erster Linie einem gewissen Beurteilungsspielraum des Arztes. Dies ist – außer der Vermeidung eines unzumutbaren Aufwandes – mit ein Grund dafür, daß die kassenärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ihrer Natur nach in erster Linie auf einen Vergleich mit dem Verhalten anderer (vergleichbarer) Ärzte angewiesen ist. Denn nur ein solcher Vergleich läßt es zu, den genannten Beurteilungsspielraum durch eine Skala des Übergangsbereiches und des (offenbaren) Mißverhältnisses zu objektivieren. Damit wird aber zugleich deutlich, daß diese Prüfung ihrer Natur nach auf breit angelegte Beurteilungsvorgänge abstellen muß. All das zeigt, daß es sich bei der kassenärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung um einen eigenen Anspruch im Sinne des Verjährungsrechts handelt. Würde man dies verneinen und lediglich in dem gegen den Arzt gerichteten Wirtschaftlichkeitsgebot einen solchen Anspruch sehen, so käme man zu keinem wesentlich anderen Ergebnis. Wenn jeder Anspruch der Verjährung unterliegt und das dem Arzt obliegende, sich im konkreten Einzelfall realisierende Wirtschaftlichkeitsgebot einen solchen Anspruch darstellt, dann müßte auch eine Prüfung, der man den Anspruchscharakter abspräche, sich verjährungsmäßig an dem ihr zugrundeliegenden Wirtschaftlichkeitsanspruch orientieren; freilich wäre dann für den Verjährungsablauf der Zeitpunkt der Behandlung bzw Verordnung maßgeblich.
4. Was den Beginn der Verjährung anlangt, so kommt es jedenfalls unter Zugrundelegung des alten – vor Einführung des SGB V geltenden – Rechts, das im vorliegenden Fall allein maßgeblich ist, auf den Zeitpunkt an, zu dem eine ordnungsgemäße Abrechnung des Kassen(zahn)arztes vorliegt. Der Senat hat in seinem (zur Veröffentlichung bestimmten) Urteil vom 16. Januar 1991, 6 RKa 24/89, bei dem es ebenfalls um die Rechtmäßigkeit eines Honorarkürzungsbescheides (nach altem Recht) ging, den Grundsatz der Einheitlichkeit der Antragstellung aufgestellt und damit zum Ausdruck gebracht, daß es zur Einhaltung einer Frist ausreicht, wenn ein Prüfantrag der Kasse statt an den Prüfungsausschuß an die K(Z)ÄV und umgekehrt gerichtet war, daß also jede der beiden Stellen sich den Eingang bei der anderen Stelle zurechnen lassen muß. Das hat jedenfalls nach altem Recht auch im Hinblick auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für den Zugang einer ordnungsgemäßen (Quartals-)Abrechnung des Arztes zu gelten. Ab diesem Zeitpunkt war dem Prüfungsausschuß, der nach altem Recht noch nicht auf die Antragstellung seitens der K(Z)ÄV bzw der Kasse angewiesen war, eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit objektiv möglich, wenn man dieser Beurteilung die genannte Fiktion zugrunde legt. Mit dieser objektiven Prüfungsmöglichkeit beginnt die Entstehung des Prüfungsanspruchs (vgl § 198 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫); erst die Abrechnung läßt einen fälligen Prüfungsanspruch entstehen. Würde man beim Beginn der Verjährungsfrist dagegen auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem die K(Z)ÄV die Abrechnungsunterlagen dem Prüfungsgremium vorlegte, so würde der Verjährungsbeginn durch schlichte Untätigkeit unterlaufen werden können.
Nach der oben beschriebenen Neuregelung der Antragstellung (als einer Verfahrensvoraussetzung) wird zu klären sein, ob der Verjährungsbeginn auch nach neuem Recht – § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V – mit dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Abrechnung bei der K(Z)ÄV beginnt oder erst, wenn diese oder die Kasse einen Prüfantrag nach § 106 Abs 5 Satz 1 SGB V gestellt haben. Für letzteres könnte der Gesichtspunkt sprechen, daß es (seit dem 1. Januar 1989) ohne einen Antrag der K(Z)ÄV bzw der Kasse überhaupt nicht mehr zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung kommen kann, während nach altem Recht der Prüfungsausschuß auch ohne förmlichen Antrag tätig werden konnte. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, daß den beiden Körperschaften auch schon vor dem Inkrafttreten des SGB V das Recht zukam, beim Prüfungsausschuß ein Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren zu beantragen, der Kasse aufgrund ihrer generellen Verantwortung für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots schlechthin und der K(Z)ÄV aufgrund der ihr gegenüber der Kasse obliegenden Gewährleistungspflicht, „daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht” (vgl § 368n Abs 1 RVO, § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V). Wird nach neuem Recht kein Wirtschaftlichkeitsprüfungsantrag gestellt, dann kann auch keine Prüfung durchgeführt werden, und es stellt sich keine Verjährungsfrage. Wird aber ein Prüfantrag gestellt, so mag nicht einsichtig sein, warum die Zeit zwischen der Abrechnung des Arztes und dem Prüfantrag verjährungsrechtlich nach altem Recht erfaßt wird, nach neuem aber nicht. Denn in beiden Fällen wäre es möglich gewesen, das Verfahren voranzubringen, wenn auch nur im Vorfeld des Prüfungsausschusses und im Hinblick auf dessen eigentliche Prüfung. Ihre generelle Verantwortung für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes umfaßt auch die Rechtspflicht, bei der Antragstellung nach § 106 Abs 5 SGB V das schutzwürdige Interesse des Arztes daran zu berücksichtigen, daß ein eventuelles Prüfungsverfahren bis zu einem Erstbescheid in einem nach Treu und Glauben angemessenen Zeitraum abläuft. Der Senat neigt daher zu der Ansicht, daß die Verjährungsfrist nach neuem Recht zwar grundsätzlich erst nach Eingang des Prüfantrages beim Prüfungsausschuß, aber spätestens – fiktiv – nach einer angemessenen Vorprüfungsfrist beginnt. Dem Senat erscheint insoweit eine sechsmonatige Frist als rechtlich vertretbar.
5. Was die Dauer der Verjährungsfrist anlangt, so hat der Senat in dem genannten Urteil 6 RKa 10/90 unter Abwägung der Prüfungserfordernisse einerseits und des dem Kassen(zahn)arzt zuzubilligenden Vertrauensschutzes andererseits eine Frist von zwei Jahren für angemessen angesehen, wobei – dort wie hier – auch die generellen Erfahrungen der ehrenamtlichen Richter mit in die Entscheidung eingeflossen sind.
6. Wie der Senat weiter ausführte, hat jede Verjährung bzw verjährungsgleiche Ausschlußfrist keine anderen Zwecke als die der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Da das Vorbringen des Klägers und die erstinstanzliche Urteilsbegründung, die Honorarkürzung sei verspätet, auf diese beiden Grundsätze hinauslaufen, kann es hier nur auf die Frage ankommen, ob der gegen den Kläger gerichtete Überprüfungs- und Rückforderungsanspruch tatsächlich verjährt ist oder nicht. Es kann hier – wie auch schon in der vorgenannten Entscheidung des Senats – dahingestellt bleiben, ob und inwieweit es im öffentlichen Recht – wie im Privatrecht – einer ausdrücklichen Geltendmachung eines Verjährungseinwandes bedarf, um nach dem Ablauf der Verjährungsfrist die Nichtdurchsetzbarkeit des Anspruchs zu bewirken, und ob die Verwaltungsbehörde nach diesem Ablauf die öffentlich-rechtlichen Ansprüche auch ohne Verjährungseinrede des Bürgers überhaupt noch geltend machen darf (vgl dazu Stelkens/Bonk/ Leonhardt, Komm VwVfG, 3. Aufl 1990, RdNr 3 zu § 53). Wenn der Fristablauf im Interesse der Klarheit der öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse ohne weiteres die Nichtdurchsetzbarkeit bewirkt und es sich insoweit im eigentlichen Sinne um Ausschlußfristen handelt, ist der Anspruch jedenfalls nicht mehr durchsetzbar, und der Kläger hat andererseits schon vor seiner Revisionseinlegung geltend gemacht, daß der Prüfbescheid zu spät ergangen sei. Hinsichtlich der Quartale IV/83 bis II/84 ist eine Verjährung offensichtlich nicht eingetreten. Hinsichtlich der davorliegenden Quartale wurde der Zeitpunkt der (jeweiligen) Abrechnungen des Klägers bisher nicht festgestellt, so daß der Senat auch nicht den Beginn der Verjährungsfristen (- beginnend mit dem Schluß des Jahres, in das die Abrechnung fällt; § 201 BGB –) berechnen kann. Ob der Prüfungsbescheid vom 2. Oktober 1986 also noch innerhalb von 2 Jahren nach dem Ende des Jahres der Abrechnung oder erst später ergangen ist, ist insoweit vom Senat nicht feststellbar.
Der Kläger hat, wie bereits ausgeführt, den Umstand, daß er erst spät über die Prüfungsverfahren unterrichtet wurde, ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes geltend gemacht. Daß damit ein die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung tangierender Verfahrensmangel, insbesondere eine Verletzung des Grundgesetzes des rechtlichen Gehörs vorliegt, hat er nicht behauptet.
Das LSG hat die Sache „unter ausdehnender Auslegung” der Vorschrift des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG an das SG zurückverwiesen. Ob es hierzu berechtigt war, konnte der Senat nicht entscheiden, da kein Beteiligter dieses Verfahren gerügt hat. Insoweit und wegen der jedenfalls noch zu treffenden Verjährungsfeststellungen ist die Entscheidung des LSG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Deshalb war die Revision des Klägers zurückzuweisen. Das SG wird daher festzustellen haben, wann die Abrechnungen der früheren Quartale vorlagen und ob die Kürzungsbescheide bis zum Ende des jeweils übernächsten Jahres ergingen. Hinsichtlich der jüngeren, nicht verjährten Quartale hat es jedenfalls in der Sache zu entscheiden.
Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben; dabei wird zu bedenken sein, daß im vorliegenden besonderen Fall mit der „Zurückweisung der Revision” noch keine Entscheidung über den endgültigen Erfolg der Klage getroffen wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 1174307 |
BSGE, 147 |
NJW 1992, 1586 |
AusR 1992, 16 |