Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstbeschädigungsausgleich. Grundrente nach dem BVG. Kürzung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Für die Zeit vom 1.1.1999 bis 30.6.2007 besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs in Höhe der Grundrente "West".
Orientierungssatz
1. § 2 Abs 1 S 1 AusglBGG iVm § 84a BVG idF vom 19.6.2006 ändert nicht rückwirkend zum 1.1.1997 die bis dahin geltende Rechtslage ab, sondern stellt lediglich in Reaktion auf die Entscheidungen des früheren 4. Senats des BSG vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R = SozR 4-8855 § 2 Nr 2 und vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R ua = BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7 - die bisherige Rechtslage klar.
2. § 2 Abs 1 S 1 AusglBGG idF vom 11.11.1996 ist entgegen der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG vom 23.9.2003 - B 4 RA 54/02 R = SozR 4-8855 § 2 Nr 1 und vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R aaO - keinem Verständnis dahin zugänglich, dass die Vorschrift auf die Grundrente in § 31 BVG in der jeweiligen Höhe verweist, die für die im Beitrittsgebiet berechtigten Kriegsopfer iS des § 1 BVG maßgeblich ist. Hierfür geben weder Wortlaut der Bestimmung noch deren Entstehungsgeschichte etwas her.
3. Das BVerfG erklärt zwar § 84a BVG iVm den genannten Bestimmungen des EinigVtr hinsichtlich der Berechnung der Beschädigtengrundrente im Beitrittsgebiet ab 1.1.1999 ohne Einschränkung für nichtig (vgl BVerfG vom 14.3.2000 - 1 BvR 284/96 ua = BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Die Grenzen der Rechtskraft und der Gesetzeskraft bestimmen sich aber nach dem Inhalt der Entscheidung (vgl BVerfG vom 15.1.1985 - 2 BvR 1163/82 = BVerfGE 69, 92), sodass die Entscheidungsgründe ggf zur Auslegung des Tenors herangezogen werden dürfen bzw müssen.
Normenkette
BVerfGG § 31 Abs. 2; BVG § § 1, 31 Abs. 1, § 84a Fassung: 1990-09-23, § 84a S. 1 Hs. 1 Fassung: 2006-06-19; AusglBGG § 2 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1996-11-11, S. 1 Fassung: 2006-06-19; EinigVtr Anlage I Kap VIII K Abschn. III Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 S. 1, Buchst. l; EinigVtr Anlage I Kap VIII K; SGB 6 § 68 Abs. 3 Fassung: 1995-05-10; SGB 6 § 154 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Fassung: 2002-02-19, Nr. 2 Fassung: 2004-12-09; EntschR/AusglBGGÄndG Art. 1; SGB 10 § 45; EntschR/AusglBGGÄndG Art. 6 Nr. 3 Buchst. a; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten für die Zeit vom 1.1.1999 bis 30.6.2007 die Gewährung eines Dienstbeschädigungsausgleichs (DBA) in Höhe der Grundrente "West" ohne Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors für das Beitrittsgebiet.
Der im Jahr 1937 geborene Kläger gehörte in der DDR von 1956 bis 1965 als Berufsoffizier (Oberleutnant) der Nationalen Volksarmee (NVA) und dem Sonderversorgungssystem der NVA seit dessen Einführung an. 1965 wurde bei ihm ein Zustand nach Tuberkulose als Dienstbeschädigung anerkannt. Ab 1.12.1965 erhielt er eine Unfallteilrente aus der Sozialversicherung nach einem Körper- bzw Gesundheitsschaden (KS) von 30 vH und ab 1.7.1968 nach den Bestimmungen des Sonderversorgungssystems der NVA eine Dienstbeschädigungsteilrente (DBTR) nach einem KS von 20 vH in Höhe von 132 Mark bzw ab 1.7.1990 in Höhe von 152 DM. Nach der Wiedervereinigung wurde die DBTR bis zum Ablauf des 31.12.1996 von der Beklagten weiter gezahlt, zuletzt in Höhe von 206,34 DM. Am 30.9.1997 hob die Beklagte die Gewährung der DBTR mit Wirkung vom 1.1.1997 auf.
Mit Bescheid vom 1.10.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1.1.1997 einen DBA in Höhe der bisherigen DBTR.
Jeweils zum 1.7. eines Jahres erhöhte die Beklagte den DBA entsprechend der Änderung der Grundrente unter Kürzung mittels eines "Umrechnungsfaktors im Beitrittsgebiet". Der DBA betrug ab 1.7.1997 212,07 DM, ab 1.7.1998 213,01 DM, ab 1.7.1999 215,98 DM und ab 1.7.2000 216,63 DM (Bescheide vom 12.3.1998, 13.11.1998, 16.11.1999, 21.7.2000).
Wegen Bezugs einer vom Rentenversicherungsträger gewährten Altersrente ab 1.7.1997 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 11.7.2001 den Bewilligungsbescheid vom 1.10.1997 sowie die nachfolgenden Anpassungsbescheide nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X mit Wirkung ab 1.7.1997 zurück, gewährte für Bezugszeiten ab 1.7.1997 einen DBA in Höhe von 123 DM und erhöhte diesen ab 1.7.1998 auf 124 DM, ab 1.7.1999 auf 127 DM und ab 1.7.2000 auf 128 DM. Der jeweiligen Wertfestsetzung legte sie einen KS von 20 vH zugrunde, setzte ihn mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH iS des BVG gleich und stellte den sich hierfür aus § 2 Abs 1 S 1 und S 2 Halbs 2 des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet (DbAG) vom 11.11.1996 iVm § 31 Abs 1 BVG ergebenden Geldbetrag fest (ab 1.7.1997: 144 DM, ab 1.7.1998: 145 DM, ab 1.7.1999: 147 DM, ab 1.7.2000: 147 DM). Diesen Betrag vervielfältigte sie mit dem jeweils ab 1.7. gültigen "Umrechnungsfaktor im Beitrittsgebiet" (ab 1.7.1997: 0,8521, ab 1.7.1998: 0,8554, ab 1.7.1999: 0,8671 und ab 1.7.2000: 0,8676).
Mit Bescheid vom 12.7.2001 forderte die Beklagte den Kläger auf, den überzahlten Betrag von 4.268,28 DM zurückzuzahlen. Mit Bescheid vom 23.7.2001 erhöhte sie sodann den DBA ab 1.7.2001 entsprechend der Anpassung der Grundrente (150 DM) und dem bekannt gemachten "Umrechnungsfaktor im Beitrittsgebiet" (0,8706) auf 131 DM.
Der Kläger legte gegen die drei Bescheide Widersprüche ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass nach § 2 Abs 2 DbAG der Besitzstand erhalten bleibe. Dieser sei nicht wegen des Bezugs einer nach dem 31.12.1996 beginnenden Altersrente weggefallen. Jedenfalls sei die Berücksichtigung des Umrechnungsfaktors für das Beitrittsgebiet mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2001 zurück.
Vor dem SG Rostock hat der Kläger zunächst begehrt, die Bescheide vom 11.7.2001, 12.7.2001 und 23.7.2001 aufzuheben und "ihm einen monatlichen DBA in ungekürzter gesetzlicher Höhe zu gewähren".
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den DBA ab 1.7.2002 auf 69 Euro erhöht (Bescheide vom 2.8.2002 und 2.10.2003).
Hinsichtlich der Rückforderung haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG einen Teilvergleich geschlossen: Der Kläger hat sich verpflichtet, einen Betrag von 1400 Euro in sieben monatlichen Teilraten zurückzuzahlen. Die Beklagte hat die Zahlungsforderung hinsichtlich des verbleibenden Erstattungsbetrags aufgehoben.
Der Kläger hat daraufhin (ohne weitere Begründung) beantragt, "die Bescheide vom 11.7.2001 und 23.7.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1.1.1999 einen Dienstbeschädigtenausgleich in Höhe der Grundrente 'West' nach (dem) Bundesversorgungsgesetz zu gewähren". Das SG hat die Klage insoweit abgewiesen (Urteil vom 26.5.2005).
Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Aufhebungsbegehren auch auf die Bescheide vom 2.8.2002 und 2.10.2003 erstreckt. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.8.2006). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der DBA sei zutreffend unter Anwendung des "Abschlagsfaktors" für das Beitrittsgebiet geleistet worden. § 84a BVG sei vom BVerfG in seinem Urteil vom 14.3.2000 (1 BvR 284/96 ua - BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) lediglich hinsichtlich originärer Grundrenten für Kriegsopfer ab 1.1.1999 für nichtig erklärt worden. Diese Vorschrift sei jedoch bei allen Versorgungsberechtigten anzuwenden, die am 18.5.1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet gehabt hätten, aufgrund der Verweisungsvorschrift des § 2 Abs 1 DbAG auch auf den DBA. Das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet (SER/DbAG-ÄndG) vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) stelle lediglich die ohnehin geltende Rechtslage klar. Die Gewährung des DBA nur in Höhe einer abgesenkten Grundrente gemäß § 84a BVG sei nach wie vor verfassungsgemäß.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt sinngemäß, das LSG habe § 2 Abs 1 DbAG verletzt, weil unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ab 1.1.1999 ein Abschlag für das Beitrittsgebiet hätte vorgenommen werden dürfen. Dies habe der ehemalige 4. Senat des BSG mit seinen Urteilen vom 23.9.2003 (B 4 RA 54/02 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 1) und vom 7.7.2005 (ua B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2) geklärt. Die rückwirkende Neufassung des § 84a BVG und des § 2 Abs 1 S 1 DbAG verstoße als unzulässige echte Rückwirkung von Rechtsfolgen gegen das Rechtsstaatsprinzip. Eine vom BVerfG anerkannte Fallgruppe für eine zulässige belastende Rückwirkung liege nicht vor, insbesondere keine unklare oder verworrene Rechtslage. Die gesetzliche Neuregelung sei auch zukunftsgerichtet verfassungswidrig, weil es keinen erkennbaren sachlichen Grund dafür gebe, den DBA niedriger als die nun einheitliche Grundrente nach dem BVG festzusetzen.
Mit Beschluss vom 5.6.2007 - B 4 RS 21/07 R - hat der ehemalige 4. Senat des BSG das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 GG ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 2 Abs 1 S 1 DbAG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) insofern mit den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Justiziabilität vereinbar ist, als sich mittels der Verweisung in § 84a S 1 BVG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) der monatliche Wert des DBA aus den Maßgaben des Einigungsvertrages in Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst a Abs 1 S 1 (Regelung 4) und S 2 bestimmt. Auf die Anfrage der Berichterstatterin des BVerfG vom 20.2.2009, ob an dem Vorlagebeschluss festgehalten werde, hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 7.9.2010 - B 5 RS 14/09 R - entschieden, die Vorlage aufrechtzuerhalten, und hat das Verfahren erneut gemäß Art 100 Abs 1 GG ausgesetzt.
Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 2.9.2008, 29.3.2011, 28.11.2011 und 11.10.2012 den DbA des Klägers zum 1.7.2007, 1.7.2008 bzw zum 1.7.2009 unter Anwendung des "Umrechnungsfaktors im Beitrittsgebiet" auf 70,00 Euro, 71,00 Euro bzw 73,00 Euro erhöht und zum 1.7.2011 bzw zum 1.7.2012 in Höhe der Grundrente nach dem BVG auf 83,00 Euro bzw 85,00 Euro festgesetzt.
Das BVerfG hat mit Beschluss vom 4.6.2012 - 2 BvL 9/08 ua - BVerfGE 131, 88 - die Vorlagen für unzulässig erklärt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.7.2013 die Klage zurückgenommen, soweit Zeiträume ab dem 1.7.2007 betroffen sind.
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Der Kläger beantragt, |
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das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. August 2006, das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Mai 2005 und für Bezugszeiten ab 1. Januar 1999 die Bescheide vom 11. Juli 2001 und 23. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2001 sowie die Bescheide vom 2. August 2002 und 2. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für Bezugszeiten ab 1. Januar 1999 einen Dienstbeschädigungsausgleich in Höhe der Grundrente "West" ohne Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors für das Beitrittsgebiet zu zahlen. |
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Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, |
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die Revision des Klägers zurückzuweisen. |
Sie hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf einen DBA in Höhe der Grundrente "West" ohne Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors für das Beitrittsgebiet im Zeitraum vom 1.1.1999 bis 30.6.2007 zu.
A. Gegenstand des revisionsgerichtlichen Verfahrens sind lediglich die Bescheide der Beklagten vom 11.7.2001 und 23.7.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2001 sowie die Bescheide vom 2.8.2002 und 2.10.2003. Diese regeln die Höhe des dem Kläger gewährten DBA im vorgenannten Zeitraum. Der Bescheid vom 2.10.2003 entfaltet rechtliche Wirkung nur bis zum 30.6.2007. Mit Wirkung ab 1.7.2007 ist er durch den Bescheid vom 2.9.2008 ersetzt worden (vgl BSG SozR 4-8855 § 2 Nr 1 RdNr 12). Dieser gilt gemäß § 171 SGG als mit der Klage beim SG angefochten, weil er während des anhängigen Revisionsverfahrens ergangen ist. Zwar war das Revisionsverfahren seinerzeit ausgesetzt. Durch die Aussetzung eines Verfahrens wird dessen Rechtshängigkeit jedoch nicht beendet (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 94 RdNr 4a). Ebenfalls als mit der Klage beim SG gemäß § 171 SGG angefochten gelten die Bescheide vom 29.3.2011, 28.11.2011 und 11.10.2012.
B.1. Die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Bescheide richtet sich einfachgesetzlich allein nach § 2 Abs 1 S 1 DbAG in seiner zum 1.1.1997 in Kraft getretenen Neufassung durch Art 6 Nr 3 Buchst a SER/DbAG-ÄndG vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) und den von ihm in Bezug genommenen Normen. Hingegen sind die Vorschriften des SGB X nicht maßgeblich. Zwar nimmt der Bescheid vom 11.7.2001 den Bescheid vom 1.10.1997 und die nachfolgenden Anpassungsbescheide gemäß § 45 SGB X zurück, soweit diese dem Kläger einen DBA in Höhe der DBTR gewähren. Der Kläger hat diese Regelung aber nach Abschluss des Teilvergleichs vom 12.5.2005 schon vor dem SG nicht mehr angefochten. Bereits seinerzeit hat er den Bescheid vom 11.7.2001 nur insoweit angegriffen, als ihm dieser lediglich einen DBA in Höhe der abgesenkten Grundrente für das Beitrittsgebiet und nicht in Höhe der Grundrente "West" gewährt.
2. Nach § 2 Abs 1 S 1 DbAG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) wird der DBA bei einem Körper- oder Gesundheitsschaden, der nach den Regelungen der Sonderversorgungssysteme zu einem Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente geführt hat oder führen würde, in Höhe der Grundrente nach § 31 iVm § 84a S 1 BVG geleistet. § 84a S 1 Halbs 1 BVG in dessen Neufassung durch Art 1 des Gesetzes vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) bestimmt, dass Berechtigte, die - wie der Kläger - am 18.5.1990 und danach ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art 3 des EinigVtr genannten Gebiet hatten, vom 1.1.1991 an Versorgung nach dem BVG mit dem für dieses Gebiet nach dem EinigVtr geltenden Maßgaben erhalten.
Dieser ordnet in Anl I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst a Abs 1 S 1 als Maßgabe für das Inkrafttreten von § 31 Abs 1 und 5 BVG im Beitrittsgebiet an, dass die dort in der jeweils geltenden Fassung genannten DM-Beträge mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren sind, der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente (§ 68 Abs 3 SGB VI) in dem in Art 3 des Vertrages genannten Gebiet zur verfügbaren Standardrente, in dem Gebiet, in dem das BVG schon vor dem Beitritt gegolten hat, ergibt.
Hinsichtlich des Verständnisses dieser Vorschriften sieht sich der erkennende Senat im Ergebnis mittelbar an die Vorgaben des BVerfG im Beschluss vom 4.6.2012 (2 BvL 9/08 ua - BVerfGE 131, 88) gebunden. Hiernach ist nunmehr davon auszugehen, dass sich der genannten Normenkette ausgehend vom maßgeblichen Verständnishorizont eines Juristen mithilfe herkömmlicher Auslegungsmethoden ausreichende gesetzliche Vorgaben für die Wertbestimmung des DBA entnehmen lassen, die inhaltlich den rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernissen der Regelungsmaterie genügen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Der EinigVtr verweist zur Bestimmung eines Anpassungsfaktors Ost dynamisch auf diejenigen Beträge, die sich auf der Grundlage der jeweiligen Rechtslage im SGB VI jeweils im Verhältnis der verfügbaren Standardrenten in den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet ergeben.
Für den Bezugszeitraum 1.1.1999 bis 31.12.2000 galt daher § 68 Abs 3 SGB VI idF vom 10.5.1995 (BGBl I 678), gültig vom 1.1.1997 bis 31.12.2000. Nach S 4 der Vorschrift ergibt sich die verfügbare Standardrente, indem die Bruttostandardrente um den durchschnittlichen Beitragsanteil zur Krankenversicherung iS des § 106 Abs 2 SGB VI, den Beitragsanteil zur Pflegeversicherung und die ohne Berücksichtigung weiterer Einkünfte durchschnittlich auf sie entfallenden Steuern gemindert wird.
Die Bruttostandardrente definiert § 68 Abs 3 S 3 SGB VI als Regelaltersrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten mit 45 Entgeltpunkten (EP). Da das SGB VI zwischen EP und zwischen EP (Ost) unterscheidet (vgl § 254b SGB VI), sind bei der Berechnung der Bruttostandardrente West EP und bei der Bruttostandardrente Ost EP (Ost) zugrunde zu legen. Von dem sich auf dieser Grundlage ergebenden Betrag ist im Zähler und Nenner des Bruchs gleichermaßen jeweils allein derjenige Beitragsanteil zur Krankenversicherung in Abzug zu bringen, der sich ausgehend von dem jeweils zum Stichtag 1.1. bundeseinheitlich zu ermittelnden durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz aller Krankenkassen auf die Bruttostandardrente für die Zeit vom 1.7. des jeweiligen Kalenderjahres bis zum 30.6. des Folgejahres ergibt (BVerfGE 131, 88, 126 f). Dagegen kommt es auf den sonstigen Inhalt des § 106 Abs 2 SGB VI nicht an (BVerfGE 131, 88, 126 f). Ebenso ist unerheblich, dass der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen noch in den Jahren 1999 und 2000 für die alten und neuen Bundesländer unterschiedlich hoch festgesetzt worden ist (vgl Bekanntmachungen des BMG vom 20.3.1999 BAnz Nr 68/1999 S 6142 und vom 14.3.2000 BAnz Nr 81/2000 S 8014). Denn die verzögerte Umsetzung des Normbefehls durch die Exekutive betrifft nicht die inhaltliche Bestimmtheit der Norm, sondern kann sich nur bei deren Anwendung, dh der Berechnung der Standardrenten auswirken.
Des Weiteren ist im Zähler und Nenner des Bruchs jeweils der Beitrag abzuziehen, der sich für pflichtversicherte Rentner in der sozialen Pflegeversicherung ergibt. Dieses Ergebnis entspricht aus der maßgeblichen Sicht des rechtlich Kundigen der typisierten Versicherungsbiografie des Standardrentners. Schließlich ist die Bruttostandardrente West/Ost um den Betrag der Einkommensteuer zu vermindern, der ggf nach Maßgabe der Vorschriften des EStG ohne Berücksichtigung weiterer Einkünfte auf den bei regulärem Rentenalter maßgeblichen Ertragsanteil entfällt.
Obwohl der Begriff der verfügbaren Standardrente in der Zeit vom 1.1.2001 bis 31.12.2001 weder in § 68 Abs 3 SGB VI noch in einer anderen Vorschrift dieses Gesetzbuches definiert wird, ist der geschilderte Berechnungsmodus auf der Grundlage einer "bedeutungserhaltenden Auslegung" (BVerfGE 131, 88, 127 f) auch insofern fortzuführen.
Ab dem 1.1.2002 findet sich der Begriff der verfügbaren Standardrente - vom EinigVtr weiterhin erfasst und inhaltlich deckungsgleich mit der früheren Definition - in § 154 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB VI. Auch dass diese Vorschrift nicht mehr auf § 106 Abs 2 SGB VI verweist, ist in Ermangelung eines erkennbaren gesetzgeberischen Willens, den Begriff der verfügbaren Standardrente zu ändern, ohne Bedeutung.
Für Bezugszeiten vom 1.1.2005 bis 30.6.2007 definiert § 154 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB VI in der ab dann geltenden neuen Fassung die verfügbare Standardrente als Regelaltersrente aus der allgemeinen Rentenversicherung mit 45 EP ohne Berücksichtigung der auf sie entfallenden Steuern, gemindert um den durchschnittlichen Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung. Über die nunmehr weggefallende Relevanz der Steuerlast hinaus ergeben sich keine inhaltlichen Änderungen. Das Abstellen auf den "Beitrag" zur Pflegeversicherung - statt vorher "Beitragsanteil" - trägt begrifflich und sachlich der vollen Beitragstragung durch den in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherten Rentner seit dem 1.4.2004 Rechnung (§ 59 Abs 1 S 1 SGB XI). Der zum 1.1.2005 in der sozialen Pflegeversicherung eingeführte Beitrag für Kinderlose bleibt ohne Bedeutung, weil das Modell des Standardrentners individuelle Gegebenheiten wie die Elterneigenschaft unberücksichtigt lässt. Dagegen ist zu beachten, dass ab dem 1.7.2005 der "durchschnittliche Beitragsanteil zur Krankenversicherung" auch den zusätzlichen Beitragsanteil in Höhe von 0,9 vH der Standardrente mit umfasst.
C. § 2 Abs 1 S 1 DbAG iVm § 84a BVG idF des Gesetzes vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) ändert nicht rückwirkend zum 1.1.1997 die bis dahin geltende Rechtslage ab, sondern stellt lediglich - in Reaktion auf die Entscheidungen des früheren 4. Senats des BSG vom 7.7.2005 (B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2) und 20.10.2005 (B 4 RA 13/05 R ua) - die bisherige Rechtslage klar (vgl auch BT-Drucks 16/754 S 1 = BR-Drucks 39/06 S 2; BT-Drucks 16/1162 S 11 f zu B Nr 1).
§ 2 Abs 1 S 1 DbAG iVm § 84a BVG in der oben genannten Fassung bestimmt für vier Personengruppen, dass der DBA lediglich in Höhe der abgesenkten Grundrente "Ost" geleistet wird. Hierzu gehören zum einen Berechtigte, die am 18.5.1990 und danach unverändert ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten (§ 84a S 1 Halbs 1 BVG) sowie Berechtigte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt am Stichtag im Beitrittsgebiet hatten und ihn später in die alten Bundesländer verlegt haben (§ 84a S 1 Halbs 2 BVG - sog Umzügler). Zum anderen gilt diese Regelung entsprechend für Deutsche und deutsche Volkszugehörige aus den in § 1 der Auslandsversorgungsverordnung genannten Staaten, die nach dem 18.5.1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet begründet haben (§ 84a S 2 BVG - sog Zuzügler und Zuzügler-Umzügler).
Denselben Regelungsgehalt enthielten bereits § 2 Abs 1 S 1 DbAG idF vom 11.11.1996 (BGBl I 1674) und § 84a BVG idF des EinigVtr vom 31.8.1990 (BGBl II 885).
Bereits § 2 Abs 1 S 1 DbAG aF bestimmte, dass der DBA in Höhe der für das Beitrittsgebiet geltenden Grundrente nach dem BVG geleistet wird. Mit dem Bezug auf die "Grundrente nach dem BVG" verweist die Norm auf die Grundrente iS von § 31 BVG. Dagegen ist § 2 Abs 1 S 1 DbAG aF entgegen der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23.9.2003 - B 4 RA 54/02 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 1 RdNr 30 und vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2 RdNr 14) keinem Verständnis dahin zugänglich, dass die Vorschrift auf die Grundrente in § 31 BVG in der jeweiligen Höhe verweist, die für die im Beitrittsgebiet berechtigten Kriegsopfer iS des § 1 BVG maßgeblich ist. Hierfür geben weder Wortlaut der Bestimmung noch deren Entstehungsgeschichte etwas her. So verweist § 2 Abs 1 S 1 DbAG aF nicht generell auf das BVG, sondern nur auf die Grundrente nach dem BVG und bezieht sich damit ausschließlich auf dessen § 31. Dieser gewährt nicht nur Kriegsopfern eine Versorgungsleistung. Vielmehr zählen zu den Anspruchsberechtigten ua auch Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung iS der §§ 80 ff SVG erlitten haben und Beamte und Polizeivollzugsbeamte, die einen Dienstunfall erlitten haben (§ 35 BeamtVG für Bundesbeamte; § 2 BPolBG iVm § 35 BeamtVG für Polizeivollzugsbeamte des Bundes). An diesen Personengruppen und nicht an den Kriegsopfern hat sich der Gesetzgeber bei der Einführung des DBA orientiert. Dessen Ausgestaltung ist an das Unfallfürsorgerecht im Beamten- und Soldatenrecht angelehnt (BT-Drucks 13/4587, S 9 zu II und S 12 zu § 2 Abs 1).
Mit dem Bezug auf die Höhe der für das Beitrittsgebiet geltenden Grundrente nach dem BVG verweist § 2 Abs 1 S 1 DbAG aF außerdem auf den EinigVtr. Dieser hat - wie bereits oben dargelegt - bestimmt, dass die Grundrente im Beitrittsgebiet mit einem Anpassungsfaktor Ost berechnet wird. Zu dem von dieser Regelung betroffenen Personenkreis bestimmt der EinigVtr in Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst l S 1, dass diese Maßgabe für Berechtigte gilt, die am 18.5.1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten; S 2 ordnet die entsprechende Geltung für sog Zuzügler an. Zudem wurde durch Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn II § 84a aF eingefügt, der zumindest für "Umzügler" und "Zuzügler-Umzügler" gilt. Ob die Vorschrift nur diese beiden Personengruppen erfasst (so der frühere 4. Senat im Urteil vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2 RdNr 30 sowie vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R - BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7 RdNr 47 f und der 13. Senat in BSGE 102, 36 = SozR 4-2600 § 93 Nr 12 RdNr 66), oder sich auch auf Personen erstreckt, die dauerhaft seit dem 18.5.1990 (bzw ab Zuzug nach dem 18.5.1990) im Beitrittsgebiet wohnen (so wohl der 9. Senat im Urteil vom 10.8.1993 - 9 RV 4/93 - BSGE 73, 41, 42 = SozR 3-3100 § 84a Nr 1 und Beschluss vom 12.12.1995 - 9 BV 113/95 sowie BVerfG Urteil vom 14.3.2000 - 1 BvR 284/96 ua - BVerfGE 102, 41 - vgl hierzu Anm des 13. Senats aaO RdNr 65 und 107 sowie BT-Drucks 16/1162, S 11 zu B Nr 1), kann im hier maßgeblichen Zusammenhang dahinstehen. Bei beiden Auslegungsvarianten enthält das alte Recht - entweder durch § 84a BVG allein oder in Verbindung mit Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst l des EinigVtr - Regelungen, die für alle vier betroffenen Personengruppen die Geltung einer "abgesenkten" Grundrente Ost anordnen.
Das Urteil des BVerfG vom 14.3.2000 (1 BvR 284/96 ua - BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) hat § 84a BVG iVm Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst a des EinigVtr nicht vollständig mit Wirkung ab 1.1.1999 für nichtig erklärt mit der Folge, dass von diesem Zeitpunkt an bis zum Erlass des Gesetzes vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) keine Regelungen über die Festsetzung des Dienstbeschädigungsausgleichs nach Maßgabe der Grundrente Ost bestanden hätten (so aber der frühere 4. Senat des BSG Urteil vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2 RdNr 13, 19 ff) und die Rechtslage rückwirkend neu gestaltet worden wäre. Vielmehr erfasst die Nichtigerklärung die genannten Vorschriften nur insoweit, als diese die Gewährung einer abgesenkten Beschädigtengrundrente für Kriegsopfer Ost vorsehen.
Zwar erklärt die Entscheidungsformel, die gemäß § 31 Abs 2 BVerfGG Gesetzeskraft hat (BVerfGE 69, 92, 103), § 84a BVG iVm den genannten Bestimmungen des EinigVtr hinsichtlich der Berechnung der Beschädigtengrundrente im Beitrittsgebiet ab 1.1.1999 ohne Einschränkung für nichtig. Die Grenzen der Rechtskraft und der Gesetzeskraft bestimmen sich aber nach dem Inhalt der Entscheidung (BVerfGE 69, 92, 103), sodass die Entscheidungsgründe ggf zur Auslegung des Tenors herangezogen werden dürfen bzw müssen (vgl Sturm/Detterbeck in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 94 RdNr 12; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 93 RdNr 65; Meyer in von Münch/Kunig, GG, Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 94 RdNr 21). Wird eine Rechtsvorschrift, die auf verschiedene Personengruppen Anwendung findet, ohne Einschränkung für ungültig erklärt, während den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, dass die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschrift nur hinsichtlich einer bestimmten Personengruppe geprüft und verneint worden ist, erfasst die Nichtigerklärung auch nur diesen Teil des Anwendungsbereichs der Rechtsvorschrift (vgl auch BVerfGE 69, 92, 104).
So verhält es sich hier. Aus den Gründen des Urteils vom 14.3.2000 (1 BvR 284/96 ua - BVerfGE 102, 41, 59 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) ergibt sich eindeutig, dass das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit einer abgesenkten Grundrente Ost unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Art 3 Abs 1 GG lediglich hinsichtlich der Kriegsopfer geprüft und verneint hat. Dementsprechend erfasst die Nichtigerklärung § 84a BVG iVm den genannten Bestimmungen des EinigVtr nur insoweit, als diese die Gewährung unterschiedlich hoher Beschädigtengrundrenten nach § 31 Abs 1 BVG an Kriegsopfer in den alten und neuen Ländern bei gleicher Beschädigung (über den 31.12.1998 hinaus) regeln. In diesem Sinne hat auch die 3. Kammer des 1. Senats des BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 7.1.2005 - 1 BvR 286/04 - SozR 4-3100 § 84a Nr 5 - Juris RdNr 3) das Urteil vom 14.3.2000 aaO verstanden (ebenso 5a. Senat des BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 5a R 6/08 S - S 6; 13. Senat des BSG Urteil vom 13.11.2008 - BSGE 102, 36 = SozR 4-2600 § 93 Nr 12 RdNr 104 ff; Sächsisches OVG Beschluss vom 2.3.2012 - 2 A 270/10 - Juris RdNr 10).
§ 2 Abs 1 S 1 DbAG aF iVm den von ihm in Bezug genommenen Vorschriften bleibt daher schon aus diesem Grund von der Nichtigerklärung unberührt und ist über den 31.12.1998 gültig gewesen.
D. § 2 Abs 1 S 1 DbAG iVm § 84a BVG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) verstößt schließlich nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht aber, wenn er bei Regelungen, die verschiedene Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 - stRspr). Hierbei ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vorliegend besonders weit, weil es sich um die Bewältigung der Folgen der Herstellung der Deutschen Einheit handelt (vgl BVerfGE 95, 143, 155 ff; 104, 126, 147; 107, 218, 245 f mwN) und es zudem um die steuerfinanzierte Gewährung von Leistungen geht (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 7.1.2005 - 1 BvR 286/04 - SozR 4-3100 § 84a Nr 5 RdNr 12 mwN).
Der Kläger wird gegenüber allen Versorgungsempfängern benachteiligt, die zum Stichtag 18.5.1990 ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern hatten (dazu 1). Außerdem wird er schlechter behandelt als diejenigen, die zu dem von § 84a S 3 BVG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) begünstigten Personenkreis gehören und eine Versorgung auf "West-Niveau" erhalten (dazu 2).
Die Ungleichbehandlung ist aber hinreichend gerechtfertigt.
1. Zum einen ist es iS von Art 3 Abs 1 GG sachlich gerechtfertigt, den Dienstbeschädigungsausgleich an die Höhe der Grundrente zu koppeln. Der Dienstbeschädigungsausgleich ist an die Stelle der Dienstbeschädigungsteilrente getreten, die Anspruchsberechtigten aus einem Sonderversorgungssystem nach der Anlage 2 des AAÜG gewährt wurde. Zu den Berechtigten gehörten ua Angehörige der NVA (Anlage 2 Nr 1 des AAÜG). Die Dienstbeschädigungsrenten aus deren Sonderversorgungssystem dienten dem Ausgleich der Folgen einer Dienstbeschädigung nach dem Ausscheiden aus dem Dienst. Sie hatten damit den gleichen sachlichen und persönlichen Grund wie im Bundesrecht die Soldatenversorgung aufgrund einer Wehrdienstbeschädigung iS der §§ 80 ff SVG. Soldaten erhalten als Ausgleich für eine erlittene Wehrdienstbeschädigung aber ebenfalls eine Versorgungsleistung in Höhe der Grundrente (vgl auch BSG SozR 4-8855 § 2 Nr 1 RdNr 23 ff).
Zum anderen ist es unter dem Gesichtspunkt von Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden, dass der Dienstbeschädigungsausgleich lediglich in Höhe der abgesenkten Grundrente Ost gewährt wird.
Das BVerfG hat bereits entschieden, dass das vom Gesetzgeber gewählte Angleichungskonzept West-Ost verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BVerfGE 102, 41, 55 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 19). Nach dieser Entscheidung ist es unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG nicht sachwidrig, die Höhe der im Beitrittsgebiet geltenden Grundrente iS von § 31 Abs 1 BVG trotz ihrer besonderen immateriellen Komponente (BVerfGE 102, 41, 59 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 21; BVerfG Kammerbeschluss vom 16.3.2011 - 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 - Juris RdNr 44) an die Entwicklung der Standardrenten in den alten und neuen Bundesländern zu knüpfen und damit unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Unterschiede in West und Ost zu bestimmen (vgl BVerfGE 102, 41, 55 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 19). Denn der Grundrente iS von § 31 Abs 1 BVG kommt eine einheitliche Entschädigungsfunktion zu, deren immaterielle Komponente von der materiellen Komponente nicht zu trennen ist (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 16.3.2011 - 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 - SGb 2011, 702, 707; BVerfGE 102, 41, 61 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 23; BSG Urteil vom 24.5.2012 - B 9 V 2/11 R - BSGE 111, 79 = SozR 4-3520 § 7 Nr 1 RdNr 29). Dies gilt gleichermaßen für den Dienstbeschädigungsausgleich, der ebenso wie die Grundrente iS von § 31 Abs 1 BVG nicht nur Ersatz für den materiellen, sondern auch für den immateriellen Schaden gewährt (vgl BT-Drucks 13/4587 S 12).
Da der Grund der Ungleichbehandlung für Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigte im Verhältnis zu Versorgungsempfängern, die am Stichtag 18.5.1990 ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern hatten, die wirtschaftlichen Unterschiede in West und Ost sind, ist die Ungleichbehandlung grundsätzlich so lange gerechtfertigt, wie diese Unterschiede bestehen.
Im hier maßgeblichen Zeitraum Januar 1999 bis Juni 2007 waren die wirtschaftlichen Verhältnisse in den alten und neuen Bundesländern noch unterschiedlich (vgl auch BVerfG Kammerbeschluss vom 9.8.2000 - 1 BvR 514/00 - Juris RdNr 8; BVerfG Beschluss vom 12.2.2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218, 248 ff, 250; BVerfG Kammerbeschluss vom 7.1.2005 - 1 BvR 286/04 - SozR 4-3100 § 84a Nr 5 RdNr 19; BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 13 R 129/08 R - BSGE 102, 36 = SozR 4-2600 § 93 Nr 12 RdNr 82).
Nach der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts "20 Jahre Deutsche Einheit - Wunsch oder Wirklichkeit" aus dem Jahr 2010 haben sich die wirtschaftsstrukturellen Unterschiede zwischen Ost und West zwar mehr und mehr angeglichen (S 32). Ausweislich der veröffentlichten Einzelaufstellungen kann jedoch im hier streitigen Zeitraum nicht von einheitlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden. So hat etwa das Verdienstniveau in den neuen Ländern im Vergleich zum früheren Bundesgebiet noch im Jahr 2009 bei lediglich 75,5 % des Westniveaus gelegen (S 48) und das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte noch im Jahr 2008 im früheren Bundesgebiet 19 838 Euro betragen, während es sich in den neuen Ländern einschließlich Berlin lediglich auf 15 536 Euro belaufen hat (S 52; siehe auch die Daten zur Erwerbslosigkeit - S 45 -, zu staatlichen Transferleistungen - S 56 f - und Konsumausgaben - S 58).
Dieses Bild findet seine Entsprechung in der Situation der Standardrenten in den neuen und alten Ländern. Nach dem Rentenversicherungsbericht 2008 der Bundesregierung (BT-Drucks 16/11060, S 40) betrug der Verhältniswert des aktuellen Rentenwerts in den neuen zu dem in den alten Ländern an den Stichtagen 1.7.2007, 1.7.2008 und 1.7.2009 jeweils 87,9 %.
Die wirtschaftlichen Unterschiede in Ost und West sind im hier maßgeblichen Zusammenhang für den streitigen Zeitraum auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 14.3.2000 (1 BvR 284/96 ua - BVerfGE 102, 41, 55 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 18) weiterhin ein taugliches Differenzierungskriterium.
Nach dieser Entscheidung genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen, dass die durch § 84a BVG bewirkte Ungleichbehandlung der Kriegsopfer Ost und West nicht auf Dauer angelegt und angesichts der damaligen Unterschiede in den Lebensverhältnissen noch mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung vereinbar gewesen ist. Aufgrund des seit 1997 deutlich verlangsamten Anpassungsprozesses müsse für die Kriegsopfer in den neuen Ländern aber damit gerechnet werden, dass sie gleich hohe Renten wie im Westen nicht erleben würden (BVerfGE 102, 41, 58 f = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 20 f). Damit werde für sie die durch § 84a BVG angestrebte Ungleichbehandlung auf Zeit zu einer Ungleichbehandlung auf Dauer. Dies sei in Bezug auf die Grundrente nach § 31 Abs 1 S 1 BVG aufgrund ihrer rechtlichen Besonderheit, dh ihrer besonderen immateriellen Komponente vor Art 3 Abs 1 GG, nicht zu rechtfertigen (BVerfGE 102, 41, 59 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 21).
Entsprechende Erwägungen sind auch im Rahmen der Versorgung Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigter anzustellen.
Zwar unterscheidet sich diese Personengruppe in einem wesentlichen Punkt von der Personengruppe der Kriegsopfer. Anders als die Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten haben die Kriegsopfer Ost und West ein "Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat" erbracht, was der entscheidende Gesichtspunkt für das BVerfG gewesen ist, eine unterschiedliche Entschädigung der Kriegsopfer über den 31.12.1998 hinaus als gleichheitswidrig zu bewerten (BVerfGE 102, 41, 61 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 23). Dieser Grund trifft auf die Sonderversorgungsberechtigten der NVA, der Deutschen Volkspolizei und die übrigen in Anlage 2 des AAÜG genannten Berechtigten nicht zu.
Allerdings sind auch sie im Dienst für eine staatliche Gemeinschaft in ihrer körperlichen Integrität verletzt worden, wofür ihnen durch ein Bundesgesetz eine Entschädigung gewährt wird, der ebenfalls eine immaterielle Komponente zukommt (BT-Drucks 13/4587, S 12). Dementsprechend darf auch für die Gruppe der Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten die nur auf Zeit angestrebte Ungleichbehandlung nicht zu einer Ungleichbehandlung auf Dauer werden.
Diese Gefahr ist jedoch nicht gegeben. Zum einen handelt es sich bei der Gruppe der Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten anders als bei der Gruppe der Kriegsopfer nicht durchweg um hoch betagte Menschen. Die Kläger der beim Senat anhängigen Verfahren sind vielmehr zwischen 1930 und 1952 geboren. Zum anderen erhalten sie seit dem 1.7.2011 eine ungekürzte Versorgungsleistung. Gemäß § 84a BVG idF durch Art 1 Nr 30 des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften vom 20.6.2011 (BGBl I 1114) ist die Maßgabe nach Anlage I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Nr 1 Buchst a iVm Art 3 des EinigVtr vom 31.8.1990 (BGBl II 885, 1067) seit dem 1.7.2011 nicht mehr anzuwenden. Dementsprechend wurde durch Art 6 Abs 1 dieses Gesetzes auch der in § 2 Abs 1 DbAG enthaltene Verweis auf § 84a BVG gestrichen.
Dass der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten gewesen wäre, diese gesetzliche Änderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen, ist angesichts seines besonders weiten Gestaltungsspielraums im Zusammenhang mit der Bewältigung der Folgen der Wiederherstellung der Deutschen Einheit und der steuerfinanzierten Gewährung von Leistungen (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 7.1.2005 - 1 BvR 286/04 - SozR 4-3100 § 84a Nr 5 - Juris RdNr 15 mwN) nicht ersichtlich.
2. Die Ungleichbehandlung der Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten mit den von § 84a S 3 BVG idF vom 19.6.2006 (BGBl I 1305) begünstigten Personenkreisen, die eine Versorgung auf "Westniveau" erhalten, ist ebenfalls gerechtfertigt.
Zu den von der Norm begünstigten Personengruppen gehören neben den Kriegsopfern iS von § 1 BVG, mit denen die Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht vergleichbar sind, die Opfer des SED-Regimes (vgl hierzu BR-Drucks 322/00 S 13 zu Art 6). Zwischen diesen und der Gruppe der Dienstbeschädigungsausgleichsberechtigten bestehen ebenfalls Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass ihre ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist. Bei letzteren handelt es sich nicht um Opfer des Regimes, sondern um ehemalige Staatsbedienstete der DDR, die für ihren Staat ein Sonderopfer erbracht haben.
E. Mit seiner Entscheidung weicht der Senat zwar von den Urteilen des früheren 4. Senats vom 23.9.2003 (B 4 RA 54/02 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 1) und vom 7.7.2005 (B 4 RA 58/04 R - SozR 4-8855 § 2 Nr 2) ab. Er kann gleichwohl ohne Entscheidung des Großen Senats des BSG den vorliegenden Rechtsstreit selbst abschließend entscheiden. Eine zur Anrufung des Großen Senats nach § 41 Abs 2 SGG zwingende Divergenzvorlage besteht nicht mehr, weil der erkennende Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG seit dem 1.1.2010 für Streitigkeiten aufgrund § 3 S 1 DbAG ausschließlich zuständig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
BSGE 2014, 118 |
FA 2014, 63 |
WzS 2014, 20 |
SGb 2013, 577 |
Breith. 2014, 354 |