Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Abgrenzung der beruflichen Fortbildung (AFG § 41 Abs 1) von der beruflichen Umschulung (AFG § 47 Abs 1) ist die bei Beginn der Maßnahme vorhandene Qualifikation des Teilnehmers mit der Qualifikation zu vergleichen, die als Ziel der Maßnahme ausgewiesen ist.
2. Um Fortbildung handelt es sich jedenfalls dann, wenn die vorher vorhandenen Kenntnisse und Fertigkeiten einen wesentlichen Bestandteil des Bildungsganges für die angestrebte Qualifikation darstellen.
3. Unbeachtlich ist hingegen, inwieweit diese Kenntnisse tatsächlich in dem später ausgeübten Beruf verwendet werden; unbeachtlich ist auch, ob der neue Beruf als eigenständiger Beruf mit eigenständigem Ausbildungsgang angesehen wird (Fortführung von BSG 1974-10-22 7 RAr 38/74 = BSGE 38, 174).
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 47 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 3 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1969-12-18
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1974 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 1. Februar 1972 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte das vom Kläger in der Zeit vom 16. Februar 1970 bis 25. Juni 1971 zurückgelegte und mit der Graduiertenprüfung erfolgreich abgeschlossene dreisemestrige Aufbaustudium zum Ingenieur der Produktions- und Wirtschaftstechnik an der früheren Privaten Rheinischen Ingenieurschule in K als Maßnahme der beruflichen Umschulung gem. § 47 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) i. V. m. der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 - AFuU 1969 - (ANBA 1970, 85) zu fördern hat.
Der am 20. September 1939 geborene Kläger durchlief nach Erwerb der mittleren Reife eine dreijährige Lehre als Maschinenschlosser, die er im März 1960 erfolgreich abschloß. Anschließend arbeitete er bis Juni 1960 in diesem Beruf und leistete sodann vom Juli 1960 bis März 1962 den gesetzlichen Wehrdienst ab. Vom April 1962 bis August 1962 war er zunächst als Praktikant (Flugzeugbau und Gießerei) tätig und absolvierte dann vom September 1962 bis Juli 1965 ein sechssemestriges Studium an der früheren Ingenieurschule der Freien und Hansestadt H (Fachrichtung Maschinenbau, Flugzeugbau und Kraftfahrzeugbau), das er mit der staatlichen Ingenieurprüfung erfolgreich abschloß. In der Zeit vom Oktober 1965 bis Dezember 1969 leistete er als technischer Offizier auf Zeit Dienst bei der Bundesluftwaffe. Am 16. Februar 1970 begann er das Aufbaustudium der Produktions- und Wirtschaftstechnik an der damaligen Privaten Rheinischen Ingenieurschule K. Gegenüber der allgemein für dieses Studienfach vorgeschriebenen Anzahl von sechs Semestern war das Aufbaustudium auf drei Semester beschränkt, weil nur Bewerber aufgenommen wurden, die die Vorprüfung in einem technischen Ausbildungsbereich einer Ingenieurschule bestanden hatten.
Die Beklagte lehnte den am 13. Februar 1970 beim Arbeitsamt K gestellten Antrag auf Förderung dieses Studiums mit Bescheid vom 8. Juli 1970 ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. November 1970). Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 1. Februar 1972). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land-Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 18. Dezember 1974 das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, das Aufbaustudium des Klägers zum Ingenieur für Produktionstechnik als Umschulungsmaßnahme zu fördern. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Gemessen an der beruflichen Ausbildung des Klägers und der beruflichen Tätigkeit, welche er bis zur Aufnahme des Ingenieurstudiums der Produktionstechnik verrichtet habe, habe dieses Studium zum Ziel gehabt, den Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit, nämlich eine Tätigkeit mit neuem Inhalt, zu ermöglichen. Das frühere Ingenieurstudium sei dem technisch-naturwissenschaftlichen Ingenieurbereich zuzurechnen. In diesem Bereich hätten nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit die beruflichen Fertigkeiten des Klägers gelegen. Mit der Aufnahme des Studiums der Produktionstechnik habe er eine Ausbildung in einem anderen Ingenieurbereich angestrebt, der dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich zuzuordnen sei. Die inhaltlich und von der Aufgabenstellung her andersartige Ingenieurausbildung in der Produktionstechnik ergebe sich aus der vergleichenden Betrachtung des Lehrstoffes für dieses Studium. Das Studium der Produktionstechnik baue nicht auf bereits vorher erworbenen technisch naturwissenschaftlichen Ingenieurkenntnissen auf, sondern sei als eigenständiges in sich abgeschlossenes sechssemestriges Ingenieurstudium konzipiert. Es knüpfe mithin inhaltlich nicht an bereits vorhandene berufliche Ausbildungen oder Kenntnisse mit dem Ziel oder mit der Folge an, dieses schon vorhandene Wissensgut aus einem oder mehreren Bereichen um zusätzliche Kenntnisse zu erweitern oder beruflichen Anforderungen anzupassen. Das Studium sei somit nicht auf ein typisches Ziel beruflicher Fortbildung ausgerichtet gewesen, sondern habe - wie insbesondere die Eigenständigkeit des Studienganges verdeutliche - dem Ziel gedient, gemessen an der früheren Ingenieurausbildung einen Ingenieurberuf mit neuem, andersartigem Inhalt ausüben zu können. Die wissenschaftliche Ingenieurausbildung und -tätigkeit erfordere je nach Fachbereich so spezielle Ausbildungsinhalte, daß von einem einheitlichen Berufsbild des Ingenieurs mit lediglich fachbezogenen Schwerpunktbildungen nicht gesprochen werden könne.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 41, 47 AFG. In der Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, trägt sie vor: Der durch das Zweitstudium ermöglichte Zugang zu einem für den Kläger neuen Funktionsbereich des Ingenieurberufs sei kein Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit i. S. des § 47 Abs. 1 AFG, sondern eine im bisherigen Berufsgebiet bewirkte Erweiterung der Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne einer Neuorientierung des fachlichen Schwerpunkts, d. h. Fortbildung. Der Kläger habe die früher erworbenen Fähigkeiten in die angestrebte neue Tätigkeit im wesentlichen Umfang übernehmen können. Wie das LSG selbst festgestellt habe, seien die Grundlagenfächer des Erststudiums und des Zweitstudiums inhaltlich einander so weitgehend ähnlich, daß das bereits vermittelte Grundlagenwissen den unmittelbaren Einstieg in den eigentlich spezialisierenden Abschnitt des gewählten Vollstudienganges - unter Anrechnung von drei Semestern des Erststudiums - ermöglicht habe. Die Tatsache, daß subjektive Fortbildung durch eine den objektiven Kriterien der Fortbildung nicht genügende Maßnahme angestrebt und erreicht worden sei, eröffne keine Möglichkeit der individuellen Förderung nach dem AFG.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Aufbaustudium des Klägers zum Ingenieur für Produktions- und Wirtschaftstechnik zu fördern.
Der Senat vermochte die Auffassung des LSG, bei dem Studium habe es sich um eine Maßnahme der beruflichen Umschulung (§ 47 AFG) gehandelt, nicht zu teilen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 AFG fördert die Beklagte die Teilnahme von Arbeitsuchenden an Maßnahmen, die das Ziel haben, den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit zu ermöglichen, insbesondere um die berufliche Beweglichkeit zu sichern oder zu verbessern (berufliche Umschulung). Eine andere berufliche Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist eine Berufstätigkeit mit neuem Inhalt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 AFuU 1969). Aus den genannten Vorschriften kann allerdings noch nicht entnommen werden, welcher Grad beruflicher Veränderungen im einzelnen erreicht sein muß, ehe von einer Umschulung ausgegangen werden kann. Diese Grenze ergibt sich erst unter Berücksichtigung des Tatbestandes, den der Gesetzgeber als berufliche Fortbildung umschreibt. Nach § 41 Abs. 1 AFG ist berufliche Fortbildung die Teilnahme an einer Maßnahme, die das Ziel hat, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzt. Die Aufzählung der einzelnen Ziele einer Fortbildungsmaßnahme und die Notwendigkeit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder angemessenen Berufserfahrung als objektive Voraussetzung der Förderung der Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme lassen deutlich werden, daß die Bildungsmaßnahme stets an ein bestimmtes Berufswissen des einzelnen Teilnehmers anknüpft. Daraus ergibt sich die Abgrenzung zwischen der Fortbildung und der Umschulung. Für die Unterscheidung beider Bildungsmaßnahmen ist entscheidend, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mitübernommen werden oder ob diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die "andere geeignete berufliche Tätigkeit" i. S. des § 47 Abs. 1 AFG Bedeutung haben, insoweit also ein Beruf "mit neuem Inhalt" erlernt wird (BSGE 38, 174, 176).
Das LSG ist mit dem Kläger der Auffassung, das Ingenieurstudium der Produktionstechnik sei als Maßnahme der beruflichen Umschulung anzusehen, weil es nicht auf bereits vorher erworbenen technisch-naturwissenschaftlichen Ingenieurkenntnissen aufbaue, sondern als eigenständiges, in sich abgeschlossenes Ingenieurstudium angelegt sei. Dies ist insofern richtig, als nach den vom LSG getroffenen und von der Revision nicht angefochtenen, das Revisionsgericht bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen im allgemeinen für das Studium der Wirtschafts- und Produktionstechnik als Zugangsvoraussetzung die Fachhochschulreife oder ein gleichwertiger Abschluß genügt. Lediglich für das Aufbaustudium der Fachrichtung Produktionstechnik an der vom Kläger besuchten Privaten Rheinischen Ingenieurschule K wurde als Zugangsvoraussetzung die bestandene Vorprüfung in einem technischen Ausbildungsbereich einer Ingenieurschule vorausgesetzt. Für die Abgrenzung zwischen Fortbildung und Umschulung nach den §§ 41, 47 AFG kommt es aber nicht darauf an, ob ein Beruf durch einen besonderen Studiengang als eigenständig ausgewiesen ist. Auch wenn die Bildungsmaßnahme den Teilnehmer befähigt, einen vom bisherigen Beruf deutlich unterscheidbaren auszuüben, spricht dies nicht gegen eine Fortbildung i. S. des § 41 Abs. 1 AFG (BSG, Urteil vom 11. Mai 1976 - 7 RAr 113/74 -). Entscheidend ist vielmehr allein, welche Bedeutung die Bildungsmaßnahme im beruflichen Werdegang des einzelnen Bildungswilligen Bürgers hat. Hiernach erweist sich das Aufbaustudium der Produktionstechnik beim Kläger als eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung (§ 41 Abs. 1 AFG). Es hat beim Kläger unter weitgehender Verwertung des in der früheren Berufsausbildung zum Flugzeugbauingenieur erworbenen technisch-naturwissenschaftlichen Grundwissens zu einer Erweiterung des bisherigen Qualifikationsstandes und nicht etwa zu einer völligen beruflichen Umorientierung geführt. Der Kläger hat auch mit dem bereits vorhandenen Fachwissen technisch-naturwissenschaftlicher Art bisherige berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten in nicht unwesentlichem Umfang mit in den neuen Ausbildungsgang eingebracht und verwertet. Das ergibt sich schon aus der vom LSG unangefochten festgestellten Tatsache, daß das vom Kläger durchlaufene Aufbaustudium anstelle der allgemein vorgesehenen sechs Semester nur drei Semester umfaßte, also auf die Hälfte der Studiendauer beschränkt war. Der fachliche Bezug dieser Studienverkürzung zu der früheren beruflichen Ausbildung ist dadurch belegt, daß sie nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG "angesichts der ingenieurmäßigen Vorbildung" vorgesehen wurde. Darüber hinaus läßt sich aber auch anhand des Berufsbildes eines Produktionsingenieurs ersehen, daß es sich bei dem vom Kläger angestrebten Berufswechsel nicht um die völlige Umorientierung in einen Beruf mit neuem Inhalt, d. h. ohne Bezug zu dem früheren Beruf und der darin erworbenen Qualifikation handelt. Der Produktionsingenieur gehört zur Berufsgruppe der Wirtschaftsingenieure. Diese Berufsgruppe hat sich im Zuge der industriellen Entwicklung mit ihrer Trennung zwischen Planungs-, Ausführungs- und Kontrollfunktionen als notwendig herausgestellt. Während sich zunächst - und teilweise auch noch heute - die bisher mit rein technischen Problemen beschäftigten Fachingenieure auch mit den Gebieten Planung, Organisation, Personal und Verkauf beschäftigen mußten, obwohl sie auf diesen Fachgebieten kaum ausgebildet waren, wurden nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland zunächst an einigen Technischen Hochschulen und nach dem zweiten Weltkrieg auch an Ingenieurschulen das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens eingeführt, das in der Form eines Simultan- oder eines Aufbaustudiums organisiert sein kann. Während das Aufbaustudium eine abgeschlossene Ingenieurausbildung - oder wenigstens wie im vorliegenden Fall die Vorprüfung - voraussetzt, wechselt bei einem Simultanstudium das Angebot technisch-naturwissenschaftlicher und wirtschaftlicher Fächer innerhalb eines Studienjahres. Bei einem Wirtschaftsingenieur handelt es sich um einen Ingenieur, der nicht nur eine Ausbildung in den technischen und im Zusammenhang damit in den Naturwissenschaften erhalten hat, sondern auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, der also sowohl über technische - oder über naturwissenschaftlich-technische - als auch über ökonomische Kenntnisse verfügt. Er zeichnet sich über das rein funktionsbezogene Denken des Fachingenieurs hinaus durch ein systemorientiertes Denken aus, das auf die geordnete Gesamtheit aller Produktionsfaktoren gerichtet ist. Seine Funktionen gliedern sich in drei Bereiche, nämlich Planungs-, Organisations- und Kontrolltätigkeiten. Diese Funktionsbereiche werden auch heute noch in den Unternehmen verbreitet von Ingenieuren verschiedenster Fachrichtungen oder Betriebswirten wahrgenommen, die sich die wirtschaftlichen bzw. technischen Kenntnisse auf anderen Wegen als durch spezielle Ausbildung angeeignet haben (vgl. hierzu Blätter zur Berufskunde, herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit, Bd. 2 - IX C 30 Wirtschaftsingenieurgrad).
In der Berufspraxis wird es allerdings vorkommen, daß ein Wirtschaftsingenieur im Rahmen seiner Berufstätigkeit häufig stärker seine wirtschafts-wissenschaftlichen Kenntnisse einsetzen muß und weniger seine naturwissenschaftlich-technischen. Solche Besonderheiten der Berufsausübung sind indessen für die Einstufung der Bildungsbemühungen als Fortbildung oder Umschulung im Sinne des AFG nicht von entscheidender Bedeutung. Fortbildung i. S. des § 41 Abs. 1 AFG ist nicht an Berufsausübungsformen orientiert, sondern nur an den im Gesetz festgelegten Zielen, berufliche Kenntnisse festzustellen, zu erweitern, zu erhalten oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Daneben kommt es nur noch darauf an, daß eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine entsprechende Berufserfahrung vorhanden ist. Auch dort, wo eine Maßnahme beispielsweise auf einen beruflichen Aufstieg gerichtet ist, geht es um das Erreichen eines bestimmten Qualifikationsniveaus. Hieraus wird deutlich, daß es auch für die Abgrenzung von Fortbildung und Umschulung regelmäßig nur auf den Vergleich der bisherigen Kenntnisse und Fertigkeiten mit denjenigen ankommt, die für das Erreichen des Maßnahmeziels Voraussetzung sind. Dies ist auch sachgerecht. Die meisten Abschlüsse von Bildungsmaßnahmen eröffnen nämlich die Möglichkeit, das Erlernte in einer Vielzahl von verschiedenen Berufsformen anzuwenden (vgl. hierzu Molle, Mitt IAB 1968 S. 148 ff). Da auch die subjektiven Vorstellungen über die spätere Verwendung des Erlernten oft nicht festliegen oder gewechselt werden, wäre es meist nur schwer möglich, von vornherein den Charakter einer Maßnahme festzulegen, wenn dabei auf die spätere Berufsausübungsform abgestellt werden müßte. Eine Ausnahme gilt hier nur bei Berufen, bei denen die Ausbildung zu einer einheitlichen Berufsausübungsform hinführt. Das ist beispielsweise beim Beruf des Lehrers aller Fachrichtungen und Schulstufen der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 1974 - 7 RAr 51/72 -; SozR 4100 § 43 Nr. 9 S. 17; BSG, Urteil vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 84/73 -; BSG, Urteil vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 5/74 -).
Da der Wirtschaftsingenieur nach seinem Berufsbild und den vom LSG getroffenen Feststellungen seinen Beruf nicht nur in einer einheitlichen Form am Arbeitsmarkt ausüben kann, sondern die verschiedensten Berufsausübungsformen möglich sind, ist bei einer Bildungsmaßnahme, die zu diesem Berufsziel hinführt, nur zu prüfen, welcher Anteil der bisher vom Bewerber erworbenen Qualifikationen - hier denen eines technischen Ingenieurs - erforderlich ist, um den Bildungsabschluß als Wirtschaftsingenieur zu erreichen. Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen ist das Aufbaustudium des Klägers zum Ingenieur der Produktions- und Wirtschaftstechnik an der früheren privaten Rheinischen Ingenieurschule in K unter Verkürzung der allgemeinen Studiendauer um drei Semester aufgrund seines Abschlusses als technischer Ingenieur und nach den vom Berufungsgericht festgestellten inhaltlichen Anforderungen als Fortbildungsmaßnahme anzusehen. Dafür spricht auch noch, daß darüber hinaus seine Kenntnisse als ausgebildeter technischer Ingenieur geeignet sind, ihm die Zusammenarbeit mit Technikern zu erleichtern. Im übrigen gehört das Hineinwachsen von Angehörigen technischer Berufe in damit verbundene kaufmännische Aufgaben zu den typischen - vielseitigen - Ausübungsformen technischer Berufe (vgl. Molle, aaO S. 155).
Das somit allein als Fortbildungsmaßnahme einzustufende Aufbaustudium des Klägers ist jedoch nicht förderungsfähig, weil es hierfür an den gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen für die Maßnahme - abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung -, wie sie in § 41 Abs. 1 AFG vorgeschrieben sind, fehlt. Das vom Kläger absolvierte Aufbaustudium schrieb nämlich als objektive, d. h. generelle und nicht nur auf den einzelnen Teilnehmer bezogene Zugangsvoraussetzung lediglich die bestandene Vorprüfung in einem technischen Ausbildungsbereich einer Ingenieurschule vor. Für die Aufnahme an einer Ingenieurschule ist aber regelmäßig eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht generelle Zugangsvoraussetzung. Es wurde somit weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine angemessene Berufserfahrung verlangt, so daß diese Bildungsmaßnahme institutionell, also auf den Maßnahmeträger bezogen, keine der Förderung durch die Beklagte unterliegende Maßnahme der beruflichen Fortbildung ist (BSGE 36, 48). Daß sie subjektiv für den Kläger Fortbildung war, kann die genannte objektive Anspruchsvoraussetzung nicht ersetzen.
Nach allem hat der Kläger somit keinen Anspruch gegen die Beklagte, sein Aufbaustudium zum Ingenieur der Produktions- und Wirtschaftstechnik als Maßnahme der beruflichen Umschulung (§ 47 AFG) oder der beruflichen Fortbildung (§ 41 AFG) zu fördern. Das Urteil des LSG muß deshalb aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen