Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente (DBTR)
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Regierungspräsidium Magdeburg, Versorgungsstelle für Sonderversorgungssysteme, Magdeburg, Olvenstedter Straße 1/2, Beklagter und Revisionsbeklagter |
Nachgehend
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist die Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente (DBTR).
Der 1925 geborene Kläger erlitt als Oberstleutnant der Volkspolizei im Jahre 1970 einen Dienstunfall. Auf dem Heimweg von einer dienstlichen Veranstaltung rutschte er infolge Schnee und Glatteises aus und zog sich einen Außenknöchelbruch rechts zu. Wegen eines hieraus resultierenden bleibenden Schadens (MdE: 25 vH) bewilligte ihm das Ministerium des Inneren der ehemaligen DDR mit Bescheid vom 23. September 1970 eine DBTR nach der nicht veröffentlichten Ordnung 11/72 des Ministers des Inneren und Chefs der Volkspolizei über die soziale Leistungsgewährung (Versorgungsordnung - VersO) vom 1. Juli 1954 (zuletzt idF vom 1. Dezember 1985).
Ab 1. Oktober 1985 erhielt der Kläger nach der VersO eine Invalidenrente (Bescheid vom 30. Juli 1985) und mit (Änderungs-)Bescheid vom 4. Dezember 1989 nach Vollendung seines 65. Lebensjahres ab 1. Januar 1990 eine - wiederbewilligte - DBTR in Höhe von 116,00 Mark gemäß den Bestimmungen der VersO.
Durch den streitigen Bescheid der Bezirksregierung Halle des beklagten Landes vom 8. September 1992, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1992, verfügte das beklagte Land, ab 1. August 1991 werde die DBTR eingestellt; § 11 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs-und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Ergänzung der Rentenüberleitung vom 24. Juni 1993 (BGBl I S 1038), schreibe die Einstellung zwingend vor.
Das Sozialgericht Halle hat durch Urteil vom 23. Februar 1993 die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als darin die DBTR für die Monate August 1991 bis September 1992 entzogen worden war, ferner hat es das beklagte Land zur Zahlung von DBTR für diesen Zeitraum verurteilt; im übrigen hat es - sinngemäß -die Klage abgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 24. November 1993) und im wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Einstellung der DBTR sei § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG. Danach sei die DBTR neben einer Altersrente oder einer Invalidenrente, nämlich neben Renten iS von § 4 Abs 2 AAÜG, die in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden seien, nicht mehr zu gewähren. Die Rücknahme verstoße nicht gegen die Bestimmungen des Einigungsvertrages (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S 889). Die DBTR sei eine Sonderleistung, die im System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorgesehen sei und für die aus dem EV kein Bestandsschutz über den Zeitpunkt der durch das AAÜG erfolgten Überführung der Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung abgeleitet werden könne. Die Regelung in § 11 Abs 5 AAÜG sei auch nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen Art 14 Grundgesetz (GG) liege nicht vor. Gegenstand der Eigentumsgarantie seien nur die vom Bundesgesetzgeber unter der Geltung des GG neu begründeten Ansprüche gegen die Bundesrepublik. Art 3 GG werde ebenfalls nicht verletzt, da der Kläger gegenüber anderen Bestandsrentnern aus Sonderversorgungssystemen nicht schlechter gestellt werde, weil seine Gesamtversorgung auch nach dem Wegfall der DBTR diejenige anderer Versorgungsempfänger nicht sachwidrig unterschreite.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine fehlerhafte Anwendung von § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG und von Art 3 und 14 GG und trägt vor:
Das LSG habe bei der Prüfung, ob der allgemeine Gleichheitssatz verletzt sei, die Tragweite von § 11 Abs 5 Satz 1 AAÜG und von § 9 Abs 1 Nr 2 AAÜG verkannt. Beide Vorschriften gingen von der Weitergewährung der DBTR aus. DBTR werde auch nach Maßgabe des AAÜG gewährt und zwar als eine Leistung, die einen Schaden iS eines Sonderopfers bei Dienstunfall oder dienstbedingter Erkrankung ausgleichen solle. Normadressaten verschiedener Vergleichsgruppen iS von Art 3 Abs 1 GG seien somit diejenigen Empfänger von DBTR, die weiterhin die Leistungen erhielten und diejenigen, denen die Leistungen entzogen werden. Hierfür gebe es jedoch keinen sachlichen Differenzierungsgrund, weil dienstbedingte Unfallfolgen generell als Sonderopfer zu entschädigen seien. Es sei nicht erkennbar, weshalb gerade der Bezug einer Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente geeignet sei, den Wegfall der DBTR zu begründen. Zugleich werde durch den Entzug der DBTR auch Art 14 Abs 1 GG verletzt, weil der Wegfall des infolge eines Sonderopfers erworbenen Anspruchs auf DBTR ein Eingriff in seine durch Art 14 Abs 1 GG geschützte Rechtsposition sei. Zudem würden in § 11 Abs 5 Satz 1 AAÜG die als DBTR gewährten Leistungen nicht beseitigt, sondern nur begrenzt, so daß sie grundsätzlich auch unter Eigentumsschutz stünden. Es könne zwar sein, daß der Gesetzgeber den Anspruch auf DBTR im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit begrenzen und in bestimmten Fällen subjektiven Verschuldens auch habe entziehen können. Der völlige Wegfall der DBTR sei jedoch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit iS einer Erforderlichkeit nicht vereinbar. Die Leistungen wegen berufsbedingter Unfallfolgen gehörten zum Kernbestand der gemeindeutschen Rechtstradition auf allen Gebieten des Arbeits- und Dienstrechts. Zulässig und geboten sei es allerdings insoweit, Überkompensationen zu vermeiden. Die Bürger der DDR hätten nicht "grundrechtsschutzlos" den Status eines Bürgers der Bundesrepublik Deutschland erworben. Sie seien nicht erst durch den Vollzug der Deutschen Einheit und nach Maßgabe inhaltlicher Regelungen des EV Grundrechtsträger geworden. Spätestens mit dem "Verfassungsgrundsätzegesetz" der DDR vom 17. Juni 1990 hätten sie Grundrechtsschutz erworben; ausdrücklich seien darin das Eigentum sowie die Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze gewährleistet worden. Infolgedessen hätten Rechtspositionen, die der DDR-Gesetzgeber nicht habe entziehen dürfen, auch gesamtstaatlich nicht entzogen werden können. Unabhängig vom Wortlaut des EV hätten die ehemaligen Bezieher von DBTR, die einem Sonderversorgungssystem angehört hätten, einen Anspruch auf Weitergewährung der Leistung. Hierauf hätten sie vertrauen können. Dieses Ergebnis stehe nicht im Gegensatz zu Art 135a GG. Denn auch diese Grundrechtsnorm entbinde den Gesetzgeber nicht von seinen Verpflichtungen, Rechtsverhältnisse unter Beachtung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu regeln.
Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 10. Mai 1994 (4 RA 59/93) verkannt, daß die DBTR in EV Nr 9 weder aufgeführt noch eine vergleichbare Leistung iS von Buchst e der vorgenannten Bestimmung sei. Infolgedessen sei der Anspruch auf DBTR nicht zum 1. August 1991 entfallen. Rechtsgrundlage für die Weitergewährung der DBTR sei EV Nr 9 Buchst a Satz 2 und 3. Danach seien die noch nicht geschlossenen Sonderversorgungssysteme der DDR bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen; bis zur Schließung seien die versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Systeme anzuwenden und den allgemeinen Regeln der Sozialversicherung anzupassen. Aufgrund dieser Vorschrift sei die DBTR über den 3. Oktober 1990 weitergewährt und auch neu bewilligt worden. Der EV enthalte keine Bestimmung, die die Weitergewährung ausschließe. Ein systematischer Unterschied zwischen den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen und den Regelungen in den Sonderversorgungssystemen bei Arbeits- und Dienstunfällen bestehe nicht. Der Weitergewährung stehe auch nicht entgegen, daß die Überführung der Ansprüche aus Sonder-und Zusatzversorgungssystemen im "Sachgebiet H: Gesetzliche Rentenversicherung" geregelt worden sei. Die Überschrift sei ungenau; dort seien nämlich sämtliche Materien der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme erfaßt. Lediglich EV Nr 9 Buchst b beziehe sich speziell auf rentenrechtliche Ansprüche. Mithin sei Rechtsgrund für die Weitergewährung EV Nr 9 Buchst a. Das Gleichbehandlungsgebot in EV Nr 9 Buchst a Satz 3 bestätige die Systemgemäßheit dienstunfallrechtlicher Regelungen auch für Angehörige der Sonderversorgungssysteme und begrenze diese Ansprüche für die Zeit danach auf das Niveau der sozialversicherungsrechtlich Anspruchsberechtigten. Die Ansprüche auf DBTR stellten dem Grunde nach nur eine Ersatzleistung für eine sozialversicherungsrechtliche Regelleistung dar. Von einer systemspezifischen Priviligierung könne allenfalls hinsichtlich der Höhe der Leistung gesprochen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 2. Februar 1994 und vom 17. August 1994 (Bl 20 ff und Bl 50 ff dA) verwiesen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
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das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 1993 sowie das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Februar 1993 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 8. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1992 aufzuheben. |
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Der Beklagte beantragt (sinngemäß),
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die Revision zurückzuweisen. |
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Er trägt vor:
Gemäß § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG iVm § 1 Abs 3 AAÜG und der Anlage 2 Nr 2 sei die DBTR zu entziehen gewesen.
Art 14 Abs 1 GG greife zugunsten des Klägers nicht ein. Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen beruhten nicht auf Eigenleistungen des Begünstigten. Der EV habe derartige Renten aus Sonderversorgungssystemen ausdrücklich nicht unter Eigentumsschutz gestellt. Der Gesetzgeber sei durch den EV lediglich zur Überführung vergleichbarer Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung verpflichtet gewesen. Ein etwa vorhandener Vertrauensschutz der betroffenen Teilrentenempfänger trete gegenüber den finanziellen Interessen des Gesetzgebers an einer Änderung der Rechtslage zurück. Art 3 Abs 1 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Eine Gleichsetzung der Dienstbeschädigtenvollrenten mit DBTR sei nicht sachgerecht. Die Überführung der Vollrenten in das Versicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland sei zur Sicherung der Existenz und der Altersversorgung geboten gewesen. Die Teilrenten stellten Leistungen dar, die jedoch über eine Grundversorgung hinausgingen.
Wegen des Vorbringens im übrigen wird auf den Schriftsatz des beklagten Landes vom 28. Februar 1994 (Bl 46 ff dA) verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben, soweit dies im Revisionsverfahren zu überprüfen ist, zutreffend entschieden. Der streitige Bescheid vom 8. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1992 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf DBTR.
Mangels hinreichend eindeutiger verfassungsrechtlicher Maßstäbe steht nicht iS einer die Vorlagepflicht nach Art 100 Abs 1 GG auslösenden Überzeugung des Senats fest, daß der Bundesgesetzgeber mit § 11 AAÜG die Grenzen seines Gestaltungsspielraumes überschritten hat. Dies hat der Senat bereits in mehreren Entscheidungen (seit dem Urteil vom 10. Mai 1994 - 4 RA 49/93, zur Veröffentlichung vorgesehen) geklärt. Er hält hieran nach erneuter Überprüfung fest:
A: Dem Kläger stand zwar bis einschließlich Juli 1991 aufgrund der - für das BSG allein maßgeblichen (§ 162 SGG) bundesrechtlichen - Übergangsregelung in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 und entsprechend Buchst b Satz 2 ein Anspruch auf DBTR ab Oktober 1990 ("bis zur Überführung der in EV Nr 9 Buchst b Satz 1 genannten Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung") zu; dies war durch den gemäß Art 19 Satz 1 EV wirksam gebliebenen Bescheid vom 4. Dezember 1989 bindend (iS von § 77 SGG) anerkannt. Gemäß § 11 Abs 5 Satz 2 und 5 AAÜG war die Beklagte jedoch - ohne hierzu den Kläger anhören zu müssen - verpflichtet, diesen Anspruch mit Wirkung zum 1. August 1991 zu entziehen:
Dieser verfahrens- und materiell-rechtliche Gehalt ist dem Wortlaut und Aufbau der Vorschrift zwar nicht unmittelbar zu entnehmen. Auch die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/405 S 148; BT-Drucks 12/826 S 22 f) verdeutlichen nur, daß § 11 AAÜG die Gleichbehandlung zwischen den Sonderversorgungsberechtigten mit in die Rentenversicherung überführten und denjenigen mit nicht darin überführten Ansprüchen sichern soll. Daher hängt das Verständnis dieser komplexen gesetzlichen Regelung von ihrer sachthematischen Verknüpfung mit den §§ 4 Abs 1 bis 3, 9 Abs 1 und 10 Abs 1 und 2 aaO sowie mit EV Nr 9 Buchst b und e ab. Vor diesem Hintergrund läßt der Gesetzestext die Rechtsnormen, die er im Blick auf Dienstbeschädigungs-(Voll- und Teil-)Renten verlautbaren soll, mit rechtsstaatlich gerade noch hinreichender Klarheit erkennen. Sie lauten:
Wer im "engeren" Staatsdienst der DDR (Anlage 2 zum AAÜG: Nationale Volksarmee, Deutsche Volkspolizei, Feuerwehr, Strafvollzug, Zollverwaltung und MfS) beschäftigt war und in innerem Zusammenhang mit einem solchen Dienst eine Dienstbeschädigung erlitten hat, erhält ab 1. August 1991 keine Dienstunfallentschädigung mehr. Dies gilt nicht, solange der Berechtigte das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine DBTR, aber noch keine Rente wegen Alters und keine Volleistung aus dem Versorgungssystem bezieht; erhält er daneben eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit iS von §§ 43 bis 45 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) oder von Art 2 §§ 7 ff des Rentenüberleitungs-Gesetzes (RÜG), wird diese auf die DBTR in voller Höhe anspruchsmindernd angerechnet. Der Fortfall der Ansprüche auf DBTR und die Begrenzung "isolierter" DBTR-Ansprüche ist in jedem Fall zum 1. August 1991 unter Aufhebung entgegenstehender Verwaltungsakte durchzusetzen, ohne daß eine Anhörung der Betroffenen erforderlich ist.
B: Dies ergibt sich im wesentlichen aus folgendem:
1. Durch EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und Buchst e Satz 2 war die Grundentscheidung getroffen worden, die Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine (Voll-)Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder in nur eine hiermit vergleichbare Versorgungsleistung einmünden zu lassen, und zwar auch dann, wenn der Rechtsgrund für den Rentenanspruch in einer Dienstbeschädigung lag:
a) |
Die og vier Sonderversorgungssysteme (Anlage II zum AAÜG) enthielten im wesentlichen Vorschriften über die Soziale Sicherung der hauptberuflich im engeren Staatsdienst der DDR Beschäftigten und ihrer Familienangehörigen bei Krankheit, Dienstunfall, Invalidität, Alter und Tod. Außerdem regelten sie auch ("dienstrechtliche") Übergangsleistungen (zB bei Einkommenseinbußen) für die Zeit nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst. Strukturell stimmten diese Regelungen weitgehend mit den allgemeinen, für alle sonstigen Beschäftigten geltenden Regeln über die Soziale Sicherheit überein; jedoch gehörten die Bediensteten im engeren Staatsdienst während der Zeit ihres aktiven Dienstes der allgemeinen Sozialversicherung nicht an ("Sonder"-Versorgung). Voll- oder Teilrenten wegen einer Dienstbeschädigung, die auf einem Dienstunfall, einem diesem gleichgestellten Unfall oder auf einer Diensterkrankung (im folgenden: Dienstunfall) beruhen konnten, durften aber grundsätzlich nur nach der vorzeitigen Entlassung aus dem aktiven Dienst gewährt werden (Ausnahmen waren uU nur bei besonderer beruflicher oder persönlicher Betroffenheit zugelassen). |
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b) |
Der EV hat Ansprüche und Anwartschaften wegen vor dem 3. Oktober 1990 eingetretener Arbeitsunfälle, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR verursacht worden sind, in die gesetzliche Unfallversicherung überführt, wenn es sich hierbei um Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten iS der allgemeinen Sozialversicherung der DDR gehandelt hat. Hingegen hat er die Regelungen der Sonderversorgungssysteme ua über Renten aufgrund von Dienstunfällen nicht in die gesetzliche Unfallversicherung übergeleitet, sondern dem Sachgebiet "Rentenversicherung" (iS des EV) zugeordnet. Hier wurde bestimmt, daß nur die Ansprüche und Anwartschaften wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod in die gesetzliche Rentenversicherung überführt (EV Nr 9 Buchst b Satz 1), sonstige Sonderversorgungsrenten jedoch ab 1. Januar 1991 nur noch den in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 genannten Bestandsrentnern und Anwartschaftsinhabern gewährt werden sollten. Hierbei ist nicht verkannt worden, daß im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung keine Leistungsarten vorhanden sind, die nach ihrem Rechtsgrund und ihrer Ausgestaltung den Dienstbeschädigungs-(Voll-und Teil-)Renten oder den sonstigen Übergangsleistungen aus den Sonderversorgungssystemen entsprechen. Insbesondere sind Dienstbeschädigungsrenten keine "Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" iS von EV Nr 9 Buchst b Satz 1, der den Sprachgebrauch des SGB VI übernimmt und damit das Ziel der vorgeschriebenen Überführung sowie die Rentenarten konkretisiert, für die Buchst b aaO in direkter Anwendung gilt. |
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c) |
Die Geltung der sonstigen Sonderversorgungsregelungen über ua Dienstbeschädigungsrenten ist in EV Nr 9 Buchst e abschließend geregelt worden: Satz 1 aaO bestimmte deren Außerkrafttreten mit dem 31. Dezember 1990. Ansprüche auf solche Versorgungsleistungen konnten nach EV Nr 9 Buchst e Satz 2 nur noch Personen haben, die am 3. Oktober 1990 bereits die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hatten und bis Ende 1990 aus dem aktiven Dienst entlassen worden waren; für diesen allein noch berechtigten Personenkreis galt nach Satz 2 Halbsatz 2 aaO EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und 3 "entsprechend" (nicht aber Satz 4 und 5, also nicht die sog Zahlbetragsgarantie). Nach diesen Vorschriften waren die bisherigen Versorgungsregelungen "bis zur Überführung" weiterhin anzuwenden, die Leistungen aber nach Art, Grund und Umfang denjenigen der allgemeinen Rentenversicherung anzupassen. Die "entsprechende Anwendung" bezweckt also vor allem, Besserstellungen gegenüber den Sonderversorgungsberechtigten zu verhindern, deren Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden (Anpassungsvorbehalt). |
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2. Das AAÜG setzt dieses bundesrechtliche Normprogramm vor allem in den §§ 4 und 11 aaO um:
a) |
§ 4 Abs 2 und 3 aaO überführt (zum 31. Dezember 1991 - § 2 Abs 2 AAÜG) die in Sonderversorgungssystemen erworbenen Ansprüche auf "anpaßbare" Leistungen (Invalidenvollrente, Altersrente und Hinterbliebenenrente) in die Rentenversicherung, wie sie am 1. August 1991 im Beitrittsgebiet bestand. Für die Dienstbeschädigungs-Vollrente, die grundsätzlich eine dienstunfallbedingte Invalidität oder Dienst- und Arbeitsverwendungsunfähigkeit voraussetzte und ähnlich wie eine Invalidenvollrente zu berechnen und dieser insoweit "gleichartig" war, (und für die Dienstbeschädigungshinterbliebenenrente) wurde die "Überführung" dadurch ermöglicht, daß sie im Wege der Fiktion als Invalidenrente (bzw Hinterbliebenenrente) iS des damals im Beitrittsgebiet gültigen Rentenversicherungsrechts eingeordnet wurde. Damit ist sie als eigenständige Unfallentschädigung abgeschafft. Eine derartig "überführte" Dienstbeschädigungsvollrente "gilt" also als Invalidenrente iS der allgemeinen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet (vgl § 27 des Sozialversicherungsgesetzes vom 28. Juni 1990 [GBl I Nr 38 S 486] und Art 2 § 7 RÜG). Damit ist zugleich schon entschieden, daß eine Dienstunfallentschädigung neben oder zusätzlich zu einer Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gewährt wird. |
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b) |
Diesen schon in § 4 Abs 2 und Abs 3 AAÜG enthaltenen Grundsatz spricht § 11 Abs 5 Satz 2 aaO im Blick auf die DBTR aus um klarzustellen, daß Dienstunfallteilbeschädigte gegenüber Dienstunfallvollbeschädigten nicht bessergestellt sein sollen. Aus Gründen der Gleichbehandlung der nach § 4 aaO in die Rentenversicherung überführten Ansprüche mit den schlechthin nicht "anpaßbaren", aber weiter zu zahlenden Versorgungsleistungen bestimmt § 11 Abs 1 aaO, daß für diese dieselben Höchstbeträge iS von § 10 AAÜG gelten sollen, wie für die überführten Ansprüche. |
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c) |
Die Grundentscheidung des AAÜG, ausschließlich eine Volleistung (sei es aus der Rentenversicherung, sei es als weitergeführte Versorgungsleistung) zu gewähren, wird von den weiteren Regeln bekräftigt: Die in § 11 Abs 1 AAÜG genannten Volleistungen aus den Sonderversorgungssystemen (Vorruhestandsgeld, Invalidentrente bei Erreichen besonderer Altersgrenzen, befristete erweiterte Versorgung, Übergangsrente) entfallen mit Beginn einer Rente wegen Alters und - sogar ohne Rentenanspruch - mit der Vollendung des 65. Lebensjahres; wird ab 1. Januar 1992 ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§§ 43 ff SGB VI; Art 2 §§ 7 ff RÜG) erworben, wird diese Rente auf die verbliebene Versorgungsleistung angerechnet (§ 11 Abs 3 und 4 AAÜG). |
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d) |
Nach alledem enthält das AAÜG folgende Grundsätze: Es gibt nur und ausschließlich eine Volleistung; weitergezahlte Versorgungs-Volleistungen werden höchstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt; sie entfallen mit Gewährung einer Altersrente und soweit eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird; eine zusätzliche Dienstunfallentschädigung gibt es nicht. Demgemäß gestaltet § 11 Abs 5 AAÜG auch die Weiterzahlung ua einer DBTR aus, die nur noch als "isolierte" oder als Bestandteil einer Zusammenrechnung von Teilrenten gewährt werden darf: Zwecks Gleichbehandlung mit den Dienstbeschädigungsvollrentnern wird auch die DBTR der proportionalen Kürzung nach § 10 Abs 1 und 2 AAÜG unterworfen (Abs 5 Satz 1 aaO). Das Prinzip der Ausschließlichkeit nur einer Volleistung wird wiederholt (Abs 5 Satz 2 aaO) und für das Zusammentreffen mehrerer Teilrenten präzisiert (Satz 3 aaO), ebenso wie bei der Altersgrenze und bei dem Wegfallgrund des Bezuges einer Altersrente (Satz 4 aaO). Dies bedeutet für die DBTR, daß ab 1. August 1991 eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage hierfür nur noch vorhanden ist, wenn der Berechtigte keinen Anspruch auf eine Volleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf eine weitergezahlte Volleistung iS von § 11 Abs 1 AAÜG und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ein solcher Anspruch ist proportional gekürzt (Abs 5 Satz 1 aaO) und nur begrenzt rentensteigernd mit anderen Teilrenten verbunden (Abs 5 Satz 3 aaO). Wird in der Zeit ab 1. Januar 1992 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt, ist deren Betrag in voller Höhe auch auf die DBTR anzurechnen (§ 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG). Hingegen unterliegt die "isolierte" DBTR keiner weiteren Einkommensanrechnung (§ 2 Abs 1 Satz 2 der Verordnung über nicht überführte Leistungen der Sonderversorgungssysteme der DDR vom 26. Juni 1992 [BGBl I S 1174]). |
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Nach alledem verlautbart § 11 AAÜG die Rechtsnorm, daß eine eigenständige Dienstunfallentschädigung ab 1. August 1991 grundsätzlich nicht mehr gewährt werden darf; lediglich eine isolierte DBTR ist "vorübergehend" weiterzuzahlen. Hiermit wird den besonderen Erschwernissen dieser Behinderten beim Wiedereintritt ins allgemeine Erwerbsleben Rechnung getragen.
Gemäß § 11 Abs 5 Satz 2 und Satz 5 Halbsatz 1 AAÜG stand dem Kläger also ab 1. August 1991 materiell-rechtlich kein Anspruch auf DBTR mehr zu, weil er eine Invalidenrente als "Volleistung" bezog, die nach § 4 Abs 2 und 3 AAÜG als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung "galt".
3. § 11 AAÜG verdeutlicht auch noch hinreichend, daß dieses materiell-rechtliche Anpassungsprogramm uneingeschränkt ab 1. August 1991 verwirklicht werden soll:
Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 5 Satz 5 Halbsatz 1 aaO sagen dies ausdrücklich. § 11 Abs 1 Satz 2 und Abs 5 Satz 5 Halbsatz 2 AAÜG belegen darüber hinaus die gesetzliche Entscheidung, daß der zuständige Versorgungsträger Rechtsmacht und Befugnis haben soll, diese materiell-rechtliche Rechtsänderung auch dann durchzusetzen, wenn den Berechtigten weitergehende Ansprüche durch bindenden Verwaltungsakt (hier: durch den Bescheid vom 4. Dezember 1989) zuerkannt worden sind. Denn nach diesen Vorschriften gilt § 10 Abs 5 AAÜG entsprechend. Daher hat der Versorgungsträger die in § 11 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 vorgesehene Anpassung der Versorgungsleistungen "durch Bescheid" vorzunehmen; die Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß dieses Bescheides ist nicht erforderlich; im übrigen gelten gemäß § 8 Abs 3 Satz 2 AAÜG die Regelungen des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), dh die §§ 31 ff SGB X über den Verwaltungsakt.
Das BSG (BSGE 72, 50, 57 f = SozR 3-5870 § 10 Nr 1) hat bereits entschieden und hält nach erneuter Überprüfung daran fest, daß § 10 Abs 5 AAÜG eine abschließende Spezialermächtigung zur Aufhebung auch bindender Leistungsbewilligungen und zur Herabsetzung, Entziehung oder Feststellung des Erlöschens materiell-rechtlicher Ansprüche ist, welche die Anwendung der §§ 45 bis 48 SGB X und die des Art 19 Satz 2 EV nur für diesen besonderen Eingriffsakt einmalig ausschließt. Auch die Bezugnahmen in § 11 Abs 1 Satz 2 und Abs 5 Satz 5 AAÜG verdeutlichen die Regelungsabsicht, die Rechtsänderung für alle Betroffenen ab 1. August 1991 wirksam zu machen.
Deswegen und nur für den hierbei notwendigen einmaligen Eingriff ist ferner § 24 SGB X, der seit dem 1. Januar 1991 anzuwenden ist, spezialgesetzlich verdrängt.
Gemäß § 11 Abs 5 Satz 5 AAÜG war die Beklagte also befugt, den Anspruch auf DBTR ab August 1991 zu entziehen, ohne den Kläger zuvor anzuhören, weil er Anspruch auf eine Volleistung iS von § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG hat und daneben ab August 1991 ua eine DBTR nicht zu gewähren ist.
C: Der Senat ist nicht in dem von Art 100 Abs 1 GG vorausgesetzten Maß davon überzeugt, daß die gesetzgebende Gewalt zu Unrecht in verfassungsrechtlich geschützte oder in verfassungswidriger Weise in gesetzlich begründete Positionen eingegriffen hat oder verfassungsrechtlich verpflichtet ist, dem Kläger (bzw dem von ihm repräsentierten Personenkreis der dienstunfallbeschädigten Bestandsrentner aus dem engeren Staatsdienst der DDR) eine Dienstunfallentschädigung neben einer Volleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer gleichgestellten Volleistung (§ 11 Abs 1 Satz 1 Buchst a AAÜG) zu gewähren:
1. § 11 Abs 5 Satz 2 AAÜG beeinträchtigt keine verfassungsrechtlich geschützten Positionen:
Ansprüche auf Dienstbeschädigungsrenten standen nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG; denn ein inhaltsbestimmendes Bundesgesetz, das solche Sonderversorgungsrenten als Eigentum iS der Institutsgarantie dieser Grundrechtsbestimmung qualifiziert und diesem einen bestimmten und dauerhaften Inhalt gegeben hätte, liegt nicht vor. Die sog Zahlbetragsgarantie des EV Nr 9 Buchst b Satz 4 und 5 greift zugunsten des Klägers nicht ein. EV Nr 9 Buchst e Satz 2 Halbsatz 2 hat für die weitergezahlten Versorgungsleistungen (hier: DBTR) gerade nicht auf die "Zahlbetragsgarantie" verwiesen. Diese bezieht sich nur auf dem Entstehungsgrund nach "echte" (Buchst b Satz 1 aaO) Rentenversicherungsansprüche und -anwartschaften. EV Nr 9 Buchst e genügt im übrigen den Anforderungen an ein inhaltsbestimmendes Gesetz iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG schon deshalb nicht, weil die entsprechend Buchst b Satz 2 aaO weiter anzuwendenden leistungsrechtlichen Regelungen nach Halbsatz 2 aaO unter einem Anpassungs-und Umgestaltungsvorbehalt stehen. Da die §§ 4, 9 und 11 AAÜG das Regelungsprogramm des EV Nr 9 im Blick auf Dienstbeschädigungsrenten erfüllt haben, kommt es auf die Frage nach einem Geltungs- oder Anwendungsvorrang des EV Nr 9 vor dem AAÜG, der nicht besteht (dazu: Vorlagebeschluß des Senats vom 30. März 1994 - 4 RA 33/92), nicht an.
Wegen des Anpassungsvorbehaltes in EV Nr 9 Buchst e Satz 2 Halbsatz 2 ist auch schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nicht verletzt. Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob ein Dienstunfall im engeren Staatsdienst der DDR ein "Sonderopfer" iS des sog Aufopferungsanspruchs sein kann; denn dieses "Sonderopfer" wäre dem Kläger von der DDR, nicht aber von der Bundesrepublik Deutschland oder den Bundesländern aufgenötigt worden. Ein Bundesgesetz, das die Beklagte verpflichtet, für eine solche denkbare Schuld der DDR durch andere oder höhere Sozialleistungen einzustehen, als in den §§ 4, 9, 10 und 11 AAÜG vorgesehen sind, ist nicht ersichtlich.
Es steht aber grundsätzlich im freien, nur an das GG gebundenen Gestaltungsermessen des Bundesgesetzgebers, ob und ggf in welchem Umfang er sozialrechtliche Einstandspflichten der Länder für Entschädigungsansprüche begründet, die in einem anderen Staat in dessen Dienst oder sonst gegen diesen entstanden sind. Auch Art 33 Abs 5 GG verpflichtet den Bundesgesetzgeber nicht, dem Kläger eine Entschädigung unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, etwa nach den §§ 35 ff Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG), zu gewähren; denn der Kläger hat ua weder seinen Dienstunfall bei Ausübung eines öffentlichen Dienstes iS dieser Vorschrift erlitten noch ist das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der DDR auf die Beklagte übergegangen. Sie ist lediglich Funktionsnachfolgerin (Art 13 Abs 2 EV) und nur gemäß der von ihr in EV Nr 9 zugesagten nachgehenden Fürsorge (BSGE 72, 50, 56) angehalten, überhaupt Leistungen vorzusehen, die über das im Sozialstaat Unerläßliche hinausgehen. Dem ist sie nachgekommen.
2. Es liegt auch kein verfassungswidriger Entzug gesetzlich begründeter Rechte vor:
Die Regelungen des § 11 AAÜG, soweit sie hier einschlägig sind, dienen einem verfassungsgemäßen Zweck. Sie sollen nämlich insgesamt sicherstellen, daß Sonderversorgungsberechtigte nicht allein deshalb besser dastehen, weil die ihnen gewährte Leistung in die Rentenversicherung nicht überführt werden konnte. Insbesondere die Begrenzungsregelungen in §§ 11 Abs 2, Abs 5 Satz 2 und 9 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AAÜG verwirklichen in diesem Zusammenhang in geeigneter, schonender und verhältnismäßiger Weise das Gebot der Gleichbehandlung, weil sie sicherstellen, daß Berechtigte mit nicht überführten Versorgungsansprüchen daraus keine insoweit sachlich ungerechtfertigten Vorteile erlangen. Die betroffenen Rechtspositionen waren überdies - wie ausgeführt - mit einem Anpassungsvorbehalt belastet, in dessen Rahmen das AAÜG sich gehalten hat.
3. Der Senat hat zwar Bedenken, konnte sich aber nicht davon überzeugen, daß durch die Gesamtheit dieser Regelungen ein iS von Art 100 Abs 1 GG verfassungswidriger Zustand herbeigeführt worden ist. Denn es ist nicht eindeutig, daß Art 3 Abs 1 GG zwingend gebietet, dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR neben einer Vollrente oder diese erhöhend eine Unfallentschädigung zu gewähren:
Zwar muß die an den Gleichheitssatz und das Sozialstaatsgebot gebundene gesetzgebende Gewalt bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten und Pflichten das Ziel der Gleichheit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet berücksichtigen und darf bei Verfolgung ihrer Zwecke nur sachgerecht und verhältnismäßig differenzieren.
Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich bedenklich, daß der Bundesgesetzgeber im Vergleich zu allen anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft im Bundesgebiet (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Soldaten, Richter) nur den dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der DDR keine eigenständige Unfallentschädigung zuerkennt. Im Gesamtsystem der Sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen nur sie von einer Unfallentschädigung wegen eines Arbeits- oder Dienstunfalls ausgeschlossen: Die Arbeiter und Angestellten haben nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung Anspruch auf eine Verletztenrente, die bei einem Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur zu deren teilweisen Kürzung führt. Den wehrdienstbeschädigten Soldaten wird zB ein wegen des Dienstunfalls erhöhtes Unfallruhegehalt oder eine auf andere Leistungen im wesentlichen nicht anrechenbare Grundrente nach den §§ 80 ff Soldatenversorgungsgesetz (SVG) iVm §§ 30, 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährt. Die Beamten und Richter erhalten nach einem Dienstunfall mit dauerhafter Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit einen Unfallausgleich neben den Dienstbezügen oder zB neben dem Ruhegehalt (§ 35 BeamtVG), ferner bei dienstunfallbedingter Dienstunfähigkeit Unfallruhegehalt oder erhöhtes Unfallruhegehalt (§§ 36, 37 BeamtVG); ein durch Dienstunfall verletzter früherer Beamter, dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet hat, erhält für die Dauer der durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung einen Unterhaltsbeitrag (§ 38 BeamtVG).
Den vorgenannten sozialstaatlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen hätte es zwar iS eines "verfassungsnäheren Zustandes" eher entsprochen, wenn der Gesetzgeber sich dazu entschlossen hätte, eine Unfallentschädigung nach dem Modell der sog Eigenunfallversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung oder eine an das BeamtVG, das SVG oder wenigstens an das BVG angelehnte Entschädigung bei Dienstbeschädigungen (mit Ausnahmen bei Unrechtsakten) vorzusehen. Hierfür würde auch sprechen, wenn der bundesrechtliche Grundsatz, allen abhängig Beschäftigten eine eigenständige Entschädigung bei Arbeits- oder Dienstunfall zu gewähren, zu einem allgemeinen Prinzip des Arbeits-und Dienstunfallrechts erstarkt wäre. In diesem Fall könnte der Gesetzgeber dieses Systemprinzip für einen abgrenzbaren Personenkreis durchbrochen haben, ohne daß verfassungsgemäße sachgerechte Differenzierungskriterien etwa im Vergleich zu den übrigen abhängig Beschäftigten - auch im sonstigen öffentlichen Dienst der DDR - erkennbar wären, die den völligen Ausschluß einer Unfallentschädigung gerechtfertigt hätten. Derartiges kann insbesondere dann, wenn - anders als hier - in geschützte Rechtsbestände eingegriffen wird, Willkür indizieren.
Gleichwohl ist hierauf nicht näher einzugehen. Denn der Senat ist letztlich aufgrund von funktions- und kompetenzrechtlichen Erwägungen nicht iS von Art 100 Abs 1 GG davon überzeugt, daß der Bundesgesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet war, für die Sonderversorgungsberechtigten eine eigenständige Unfallentschädigung neben oder zusätzlich zur Alters- und Invaliditätssicherung vorzusehen. Da dem Gesetzgeber - wie ausgeführt - kein verfassungsrechtlich geschützter Rechtsbestand vorgegeben war, stand ihm die gesamte Breite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes zu. Insbesondere im Blick auf die vielfältigen und vielschichtigen Probleme der Bewältigung der Folgen ua des Staatsbankrottes der DDR, dessen Auswirkungen auch die Sonderversorgungsberechtigten zu tragen gehabt hätten, für welche aber die beklagte Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, obliegt es gerade dem Gesetzgeber, in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht die Prioritäten für die Annäherung der Lebensverhältnisse in Deutschland zu setzen. Grenzen für seinen Entscheidungsspielraum ergeben sich dabei nur insoweit, als das GG eindeutige Festlegungen getroffen hat, welche als Maßstabsnormen die rechtsprechende Gewalt überhaupt erst in Stand setzen, eine Abweichung der gesetzgebenden Gewalt vom GG festzustellen. Art 3 Abs 1 GG enthält aber selbst keine inhaltlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang steht außer Frage, daß die gesetzgebende Gewalt gehalten war, für eine jedenfalls das sog konventionelle Existenzminimum wahrende soziale Absicherung auch der dienstunfallverletzten Sonderversorgungsberechtigten zu sorgen. Dies ist - wie auch die Beträge der Versorgung des Klägers (Invalidenrente/Altersrente) ausweisen - grundsätzlich und in aller Regel schon durch das AAÜG, also ohne Rückgriff auf die Sozialhilfe geschehen. Eine weitergehende Verpflichtung des Gesetzgebers, jetzt zugunsten des hier betroffenen Personenkreises tätig zu werden, kann dem Gleichbehandlungsgebot nicht mit hinreichender Eindeutigkeit entnommen werden. Soweit es an den Gesetzgeber gerichtet, aber inhaltlich durch andere verfassungsrechtliche Vorgaben nicht konkretisiert ist, liegt es gerade in der ausschließlichen Kompetenz der gesetzgebenden Gewalt, Inhalt und Prioritäten der Gesetzgebung zu bestimmen. Insoweit ist die rechtsprechende Gewalt mangels grundgesetzlicher Maßstäbe nicht kompetent, die Entscheidungen des Gesetzgebers als verfassungswidrig zu bewerten.
Mangels Eindeutigkeit einer grundgesetzlichen Bindung des Gesetzgebers iS der Gewährung einer Unfallentschädigung auch für sonderversorgungsberechtigte Dienstunfallverletzte aus dem engeren Staatsdienst der DDR kommt eine Vorlage iS von Art 100 Abs 1 GG nicht in Betracht.
Das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 17. August 1994, in dem er sich mit dem Urteil des Senats vom 10. Mai 1994 (4 RA 49/93) auseinandergesetzt hat, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Der Kläger verkennt, daß nach Art 8 EV mit dem Wirksamwerden des Beitritts in den neuen Ländern grundsätzlich Bundesrecht in Kraft getreten ist, soweit ua in Anlage I des EV nichts anderes bestimmt ist. Lediglich ausnahmsweise blieb - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - gemäß Art 9 Abs 2 EV das in der Anlage II aufgeführte Recht der DDR mit den dort genannten Maßgaben als Bundesrecht in Kraft. Infolgedessen hat das Recht der DDR als Bundesrecht nur weitergegolten, soweit dies in der Anlage II oder in hierzu speziellen Regelungen des EV ausdrücklich bestimmt worden ist. Die Anlage II gliedert sich nach in die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Bundesministerien fallenden Sachthemen. Eine Fortgeltung dienstunfallentschädigungsrechtlicher Vorschriften von Angehörigen der Sonderversorgungssysteme ist dort nicht vorgesehen. Weder in Kapitel VIII Sachgebiet G der Anlage II, das sich mit der Krankenversicherung befaßt, noch in Sachgebiet I der Anlage II, in dem die gesetzliche Unfallversicherung geregelt ist, werden entsprechende Bestimmungen aufgeführt. Etwas anderes läßt sich auch nicht Nr 4 (Sachgebiet I) entnehmen, in dem eine Fortgeltung ua von § 220 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 ([AGB] GBl I Nr 18 S 185) angeordnet worden ist. Zwar gilt nach § 220 Abs 4 AGB als Arbeitsunfall ua auch ein Dienstunfall. Wie sich bereits aus dem Anwendungsbereich der Norm, die allein den Begriff des Arbeitsunfalls definiert, ergibt, kommt ihr Bedeutung im Rahmen des EV lediglich für die Zukunft, also für die Zeit ab 3. Oktober 1990 zu. Für die bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Dienstunfälle der sonderversorgungsberechtigten Bestandsrentner kommt die Spezialregelung des EV Nr 9 Buchst e zur Anwendung. "Sachgebiet H: Gesetzliche Rentenversicherung" Nr 9 regelt ausschließlich und umfassend eine Fortgeltung der sich aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ergebenden Ansprüche. Entgegen dem Wortlaut "Gesetzliche Rentenversicherung" erfaßt dieses Sachgebiet auch die arbeits-, dienst-, entschädigungs-, rentenversicherungs- und versorgungsrechtlichen Rentenregelungen der DDR (vgl hierzu Beschluß des Senats vom 24. August 1994 - 4 BS 4/93). Unter EV Nr 9 Buchst e fallen solche Ansprüche auf Versorgungsleistungen von Sonderversorgungsberechtigten, die - wie auch die DBTR -grundsätzlich bei Ausscheiden aus dem aktiven Dienst entstehen und die nicht, wie die Ansprüche wegen verminderter Erwerbstätigkeit, Alter und Tod, gemäß EV Nr 9 Buchst b in die Rentenversicherung überführt worden sind. EV Nr 9 Buchst a hat entgegen der Auffassung des Klägers keine leistungsrechtliche Bedeutung. Dort sind nur die Schließung der Versorgungssysteme und die bis zur Schließung begrenzte und unter einen Anpassungsvorbehalt gestellte nachrangige Weiteranwendung der "versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen" der Versorgungssysteme angeordnet. Es trifft auch nicht zu, daß Sonderversorgungsberechtigte bei Ausscheiden aus dem Sonderversorgungssystem nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung keinen Krankenversicherungsschutz hätten. Insoweit greift nämlich Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Nr 1 ein. Danach gilt das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ab 1. Januar 1991. § 309 Abs 5 iVm Abs 2 SGB V stellt jedoch ausdrücklich fest, daß auch Mitglieder von Sonderversorgungssystemen, die mit Ablauf des 31. Dezember 1990 aus dem Sonderversorgungssystem ausgeschieden waren, versichert bleiben.
Schließlich verkennt der Kläger auch die Bedeutung des Verfassungsgrundsätzegesetzes der DDR. Es kann dahinstehen, ob die DBTR eine durch diese Verfassung geschützte Rechtsposition war. Denn auch dann könnte sie nicht dem Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden. Die Bundesrepublik Deutschland war zwar iS der Präambel des GG für das ganze Deutschland verantwortlich. Ihre Staatsgewalt erstreckte sich jedoch tatsächlich und rechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (vgl hierzu BVerfGE 84, 90, 122 f). Die vor dem 3. Oktober 1990 verkündeten Gesetze der DDR können daher auch nicht dem Verantwortungsbereich des Bundesgesetzgebers zugerechnet werden (vgl hierzu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] vom 30. Oktober 1993 - 1 BvL 42/92). Infolgedessen oblag diesem allein die Verpflichtung, im EV die zu regelnden Rechtsverhältnisse der deutschen Staatsbürger in der ehemaligen DDR - zukunftsorientiert - verfassungskonform, also nach den Maßstäben des GG, zu gestalten (vgl hierzu BVerfGE aaO, 125).
Die Revision ist nach alledem zurückzuweisen; im Hinblick auf die Rechtskraft der sozialgerichtlichen Entscheidung war Gegenstand des Revisionsverfahrens allein noch ein Anspruch des Klägers auf DBTR für die Zeit ab 1. Oktober 1992.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen