Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 06.11.2007; Aktenzeichen 4 LC 225/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. November 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte diesen Zulassungsgrund in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet hat. Die Beschwerde hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde macht geltend,
“die Frage der Art und Weise der Anwendung des externen Vergleichs im Rahmen der (der) zunächst entscheidenden Schiedsstelle zustehenden Einschätzungsprärogative sowie deren Überprüfbarkeit erlangt praktische Bedeutung über den Einzelfall hinaus”,
und wendet sich nachfolgend dagegen, dass das Berufungsgericht die Abweichung der Schiedsstelle von dem im Wege des externen Vergleichs ermittelten Investitionsbetrages unter dem Gesichtspunkt des “Vertrauensschutzes” als Verstoß gegen die materiellrechtlichen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts beanstandet hat. Soweit damit als klärungsbedürftig die Frage aufgeworfen werden soll, an welchen Grundsätzen sich die Schiedsstelle bei der Festsetzung eines Investitionsbetrages für eine stationäre Pflegeeinrichtung (§ 93 Abs. 7 Satz 4 BSHG) zu orientieren hat, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision. Denn in der vom Verwaltungsgericht und vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. Dezember 1998 – BVerwG 5 C 17.97 –, BVerwGE 108, 47), die insoweit der zur Bemessung der Investitionskosten ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entspricht (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 3 P 1/03 R – BSGE 91, 182), ist geklärt, dass bei der Ermittlung einer leistungsgerechten Vergütung, welche den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht, grundsätzlich und vorrangig auf einen Vergleich der Entgelte verschiedener Einrichtungen für vergleichbare Leistungen (“externer Vergleich”) abzustellen ist und etwas anderes nur gilt, wenn ein Marktpreis nicht ermittelt werden kann, etwa weil es wegen Besonderheiten der Einrichtung nicht möglich ist, eine ausreichend große Zahl vergleichbarer Angebote zu erhalten.
Es folgt unmittelbar aus dem Gesetz und wird von dem Beklagten wohl im Ansatz auch nicht in Abrede gestellt, dass die Grundsätze, die für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG gelten, auch im Rahmen von Vereinbarungen über die Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten zu beachten sind; denn nach § 93 Abs. 7 Satz 4 BSHG sind die Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 SGB XI nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach Abschnitt 7 getroffen worden sind. Nach den insoweit nicht mit beachtlichen Revisionsrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Einklang stehen, konnte die Beigeladene hier auch einen hinreichend tragfähigen externen Vergleich durchführen und zu dem Ergebnis gelangen, dass das Angebot des Klägers von 13,70 € je Pflegeplatz und Tag unter Berücksichtigung der Leistungsstandards innerhalb der Bandbreite der vereinbarten Investitionsbeträge mit vergleichbaren Einrichtungen liegt.
Die darüber hinausgehende, höhere und von dem Berufungsgericht aufgehobene Festsetzung des Investitionsbetrages durch die Schiedsstelle gründet darin, dass von der über einen externen Vergleich ermittelten Bandbreite abgewichen und allein aufgrund von Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Erhöhung vorgenommen worden ist. Dass eine solche Erhöhung allein aus Vertrauensschutzgesichtspunkten mit den hier entsprechend anzuwendenden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit als Rahmen und Vorgabe für die Einschätzungsprärogative, die der Schiedsstelle zuzubilligen ist und eine lediglich eingeschränkte verwaltungsgerichtliche Überprüfung bewirkt (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2002 – BVerwG 5 C 25.01 – BVerwGE 116, 78), unvereinbar ist, ergibt sich ohne revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf aus dem Übergang vom Selbstkostenprinzip zum Grundsatz der prospektiven Entgeltvereinbarung unter Ermittlung der marktgerechten Entgelte durch einen externen Vergleich. Selbst dann, wenn im Rahmen des Vertrauensschutzes investive Aufwendungen berücksichtigt werden, für deren Abdeckung eine Einrichtung bislang besondere Landeszuwendungen erhalten haben sollte, betrifft dies die Selbstkosten dieser Einrichtung und jedenfalls dann nicht die bei wirtschaftlicher und sparsamer Leistungserbringung berücksichtigungsfähigen Kosten, wenn sie (deutlich) höher sind als der durch einen externen Vergleich zutreffend ermittelte “Marktpreis”.
Die von dem Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Leipzig (Urteil vom 19. Februar 2004 – 2 K 1430/03 – PflR 2005, 283) und des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 26. Januar 2006 – L 8/14 P 18/04 – Sozialrecht aktuell 2006, 216) weichen von der vorbezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts auch insoweit nicht ab, als sie auf die Selbstkosten als untere Grenze des festzusetzenden Entgelts abstellen, weil dies daran gebunden wird, dass die Selbstkosten den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen – was gerade durch einen externen Vergleich zu ermitteln ist; sie weisen auch sonst nicht auf einen weiteren oder zusätzlichen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf. Diese instanzgerichtlichen Entscheidungen verhalten sich auch nicht zu der von dem Beklagten aufgeworfenen Frage einer Erhöhung des durch einen externen Vergleich ermittelten marktgerechten Preises um einen Zuschlag aus Vertrauensschutzgesichtspunkten.
2. Soweit der Beklagte geltend macht,
bereits die Feststellung des Berufungsgerichts, dass für die Festsetzung des Entgelts für Investitionskosten ausschließlich das Ergebnis des externen Vergleichs maßgeblich sein dürfe, verkenne, dass es den Kostenträgern gelungen sei, die so genannten Marktpreise in der Region ad absurdum zu führen,
und sich darauf beruft, eine korrekte Marktpreisermittlung habe nicht vorgelegen, bezeichnet dies keine revisionsrechtlicher Klärung zugängliche grundsätzliche Rechtsfrage des revisiblen Bundesrechts. Der Sache nach wird mit diesem Vorbringen geltend gemacht, dass der externe Vergleich hier fehlerhaft durchgeführt worden sei, weil die bei dem Vergleich herangezogenen Werte deswegen tatsächlich nicht vergleichbar gewesen seien, weil die vorherige Anwendung des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses dazu geführt habe, dass die Bewohner in geförderten Heimen lediglich mit einem sehr geringen Investitionskostensatz belastet worden seien. Unabhängig davon, dass das Berufungsgericht diesen Einwand nicht als durchgreifend bewertet hat, könnte eine aus Sicht des Beklagten fehlerhafte Durchführung des externen Vergleichs im Einzelfall nicht mit der Grundsatzrüge geltend gemacht werden. Dies bewirkte insbesondere nicht, dass es mit Bundesrecht vereinbar sei, zusätzlich zu den bei einem zutreffend durchgeführten externen Vergleich ermittelten Werten einen Aufschlag aus Vertrauensschutzgesichtspunkten vorzunehmen. Die von dem Beklagten vorgenommene Gleichsetzung einer erforderlichen Korrektur – aus seiner Sicht – marktfremder Einflüsse, die als Eingriff in das Machtgefüge bei der Bestimmung des Investitionsbetrages nicht außer Acht gelassen werden dürften, mit den von der Schiedsstelle unter dem Gesichtspunkt des Kriteriums “Vertrauensschutz” berücksichtigten Aufwendungen findet zudem in den nicht mit der Verfahrensrüge angegriffenen und daher bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts keine Stütze.
3. Soweit die Beschwerde mit der Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes sinngemäß die Frage aufwerfen wollte, unter welchen bundes(verfassungs)rechtlichen Voraussetzungen Subventionen abgebaut oder eingestellt werden können, rechtfertigte auch dies nicht die Zulassung der Revision. Die hier zu beachtenden bundesrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (aus jüngerer Zeit etwa Senat, Urteil vom 11. Mai 2006 – BVerwG 5 C 10.05 – BVerwGE 126, 33). Die vom Berufungsgericht geprüfte und verneinte Frage, ob sich ein Vertrauensschutz aus dem Wegfall des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses nach § 13 NPflegeG a.F. und der in § 18 Abs. 1 NPflegeG getroffenen Finanzierungsregelung zu Gunsten der örtlichen Träger der Sozialhilfe herleiten lasse, betrifft Normen des irrevisiblen Landesrechts, dessen Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann (siehe etwa BVerwG, Beschluss vom 1. März 2007 – BVerwG 10 B 11.07 –, stRspr).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 und § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Hund, Schmidt, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen