Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 9 B 98.34535) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. April 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde hält unter Berufung auf das Urteil erster Instanz für grundsätzlich klärungsbedürftig sinngemäß die Fragen, ob das Gericht bei Asylfolgeanträgen stets verpflichtet sei „durchzuentscheiden”, wenn es abweichend vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG für gegeben halte und zugleich die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an die Behörde nach § 113 Abs. 3 VwGO gegeben seien, und ob in einem solchen Fall für die Beurteilung der Abschiebungsandrohung auch auf § 37 Abs. 1, 2 AsylVfG in entsprechender Anwendung zurückzugreifen sei. Eine klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärungsfähige Rechtsfrage zeigt die Beschwerde damit nicht auf. Die erste Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits dahin geklärt, dass das Gericht in den genannten Fällen stets verpflichtet ist, die Asylfolgeanträge „durchzuentscheiden” (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 – BVerwG 9 C 28.97 – BVerwGE 106, 171); ihm ist hierbei auch der Rückgriff auf § 113 Abs. 3 VwGO hinsichtlich der asylrechtlichen Verpflichtungsbegehren verwehrt, da die Bestimmung nur auf Anfechtungsklagen Anwendung findet (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – BVerwG 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128). Abgesehen davon würden sich die beiden aufgeworfenen Fragen (die zweitgenannte Frage hat der 9. Senat in BVerwGE 106, 171 ≪175≫ ausdrücklich offen gelassen) in dem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das Berufungsgericht hält im Unterschied zum Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht für gegeben. An diese Beurteilung wäre der Senat gebunden, da gegen sie von der Beschwerde keine Revisionszulassungsgründe vorgebracht und die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen – wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt – nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen (§ 137 Abs. 2 VwGO) angegriffen werden.
Soweit die Beschwerde ferner die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob der Erlass der Abschiebungsandrohung nach § 71 Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 35 und 36 AsylVfG auch noch zeitlich nach der Ablehnung, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, vom Bundesamt nachgeholt werden darf, bedarf es zu deren Beantwortung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Dass das Bundesamt ohne Rechtsverletzung des Klägers so verfahren kann, ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz. Zwar „soll” nach § 34 Abs. 2 AsylVfG die Abschiebungsandrohung mit der Entscheidung über den Asylantrag – hier also im Fall des § 71 Abs. 4 AsylVfG mit der Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen – verbunden werden. Es kann dahinstehen, ob bei einem, wie hier, nachträglich erkannten Irrtum über die Entbehrlichkeit einer Abschiebungsandrohung nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG nicht ohnehin ein Absehen von der Verbindungspflicht aus § 34 Abs. 2 AsylVfG gerechtfertigt ist. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, führte dies jedenfalls nicht zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Denn bei dieser Sollvorschrift handelt es sich um eine Verfahrensbestimmung, die allein der Vereinfachung und Beschleunigung des Asylverfahrens dient. Wird ihr zuwider die Abschiebungsandrohung nicht mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden, berührt dies ersichtlich nicht deren Rechtmäßigkeit. Es entspricht vielmehr dem Gesetzeszweck, die Abschiebungsandrohung dann so bald als möglich nachfolgen zu lassen. Jedenfalls folgt aus dem zeitlichen Auseinanderfallen beider Entscheidungen keine Rechtsverletzung des Asylbewerbers, da § 34 Abs. 2 AsylVfG nicht seinen Interessen zu dienen bestimmt ist (ebenso Beschluß des Senats vom 12. Februar 1998 – BVerwG 9 B 654.97 – ≪juris≫ bei einem Verstoß gegen das Unverzüglichkeitserfordernis in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG; vgl. auch Funke-Kaiser in GK-AsylVfG § 34 Rn. 23).
Der von der Beschwerde in mehrfacher Hinsicht geltend gemachte Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan.
Das Berufungsgericht ist in Auswertung der von ihm herangezogenen Erkenntnismittel im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung davon ausgegangen, dass aus dem Ausland zurückkehrende Mitglieder der Medhin-Partei grundsätzlich nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsgefahr bedroht sind. Angesichts der zwischenzeitlichen Hinwendung der Medhin-Partei zur gewaltfreien friedlichen Verfolgung ihrer Ziele verringere sich die Wahrscheinlichkeit von Maßnahmen politischer Verfolgung noch weiter. Ob sich daraus auch Konsequenzen für besonders herausragende, führende Repräsentanten der Partei ergeben könnten, bei denen bisher eine hinreichende Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen bejaht worden sei, könne dahinstehen, weil der Kläger diesem Personenkreis nicht zuzurechnen sei (BA S. 11). Ausgehend hiervon konnte das Berufungsgericht dem Sachvortrag des Klägers keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass er das Ansehen und die Publikumswirksamkeit eines möglicherweise gefährdeten prominenten Exilpolitikers erlangt hätte (a.a.O.). Dabei hat das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers über seine exilpolitischen Aktivitäten im Berufungsverfahren offensichtlich als wahr angenommen, sodass es aus seiner insoweit maßgeblichen Sicht der Vernehmung der hierfür angebotenen Zeugen nicht bedurfte. Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Insbesondere zeigt sie nicht auf, weshalb das Berufungsgericht von seinem tatrichterlichen und rechtlichen Standpunkt aus auf der Grundlage der Beweisbehauptungen des Klägers im Berufungsverfahren, insbesondere in seinem Schriftsatz vom 18. Februar 2000, die benannten Zeugen hätte vernehmen müssen.
Entsprechendes gilt für den vom Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2000 vorgelegten „Drohbrief”. Sein hierauf bezogenes Vorbringen hat das Berufungsgericht ausweislich der Sachverhaltsschilderung in dem angefochtenen Beschluss (BA S. 4) zur Kenntnis genommen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (stRspr; vgl. etwa BVerfGE 96, 205 ≪217≫). Die Beschwerde legt nicht näher dar, weshalb das Berufungsgericht ausgehend von seiner rechtlichen Einschätzung der Rückkehrgefährdung allenfalls prominenter Exilpolitiker aus Gründen des rechtlichen Gehörs gehalten gewesen wäre, sich in dem Beschluss ausdrücklich mit dem von ihm ersichtlich nicht in Zweifel gezogenen – aber ebenso ersichtlich auch nicht für entscheidungserheblich gehaltenen – Vorbringen zu dem Drohbrief auseinander zu setzen.
Soweit die Beschwerde schließlich die Wahl des vereinfachten Berufungsverfahrens nach § 130 a VwGO durch das Berufungsgericht beanstandet, kann ihr nicht entnommen werden, dass die Entscheidung hierüber auf sachfremden Erwägungen oder groben Fehleinschätzungen beruhte. Nur daraufhin wäre das Ermessen des Berufungsgerichts zu einem Verfahren nach § 130 a VwGO jedoch überprüfbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Hund, Dr. Eichberger
Fundstellen