Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. April 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die auf Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gerichtete Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Die nach Auffassung der Klägerin grundsätzlicher Klärung bedürftige Frage,
“welche Kriterien für das Vorliegen von ‘besonderen Entwicklungsbeeinträchtigungen’ im Sinne des § 33 Satz 2 SGB VIII erfüllt sein müssen”,
stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht als eine dem revisiblen Recht zuzuordnende Rechtsfrage.
§ 33 Satz 2 SGB VIII, nach dem “für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche (…) geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen (sind)”, scheidet als unmittelbare Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf ein erhöhtes Pflegegeld für die Betreuung des Kindes M… ersichtlich aus, weil sie auf Konkretisierung und Umsetzung durch die zuständigen Stellen gerichtet ist, selbst aber noch keine Leistungsansprüche begründet, und ist auch von dem Berufungsgericht nicht als selbständig tragende Anspruchsgrundlage herangezogen worden. Soweit das Berufungsgericht als Anspruchsgrundlage für eine Bewilligung von Leistungen für die Kosten der Erziehung des Kindes M… auf ”§ 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 33 SGB VIII” Bezug genommen hat, kennzeichnet die Bezugnahme auf § 33 SGB VIII die Hilfeart (Vollzeitpflege in einer anderen Familie), für die nach § 39 SGB VIII Leistungen auch für die Kosten der Erziehung zu gewähren sind. § 33 Satz 2 SGB VIII begründet aber auch im Zusammenhang mit § 39 SGB VIII keinen Leistungsanspruch und wirkt auch insoweit nicht unmittelbar auf die Höhe der nach § 39 Abs. 1 SGB VIII zu gewährenden Leistungen ein, als in den für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder zu schaffenden geeigneten Formen der Familienpflege nach § 39 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VIII eine höhere Honorierung der erzieherischen Leistung in Betracht kommen kann (s.a. Berufungsgericht, Urteilsabdruck S. 9 ≪unter Hinweis auf Kunkel, in: LPK – SGB VIII, 2. Aufl., § 33 Rn. 9≫). § 39 Abs. 4, 5 SGB VIII, wonach die laufenden Leistungen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden sollen, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen, sie in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden sollen, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind, und die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden sollen, wobei dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen ist, stellen für die Bemessung der zu gewährenden Leistungen weder ausdrücklich noch durch Bezugnahme oder sinngemäß auf die Frage ab, ob Leistungen in Bezug auf ein besonders entwicklungsbeeinträchtigtes Kind zu gewähren sind.
Soweit die “Empfehlung zur Ausgestaltung und Finanzierung von sozialpädagogischen Pflegefamilien (Sonderpflegestellen) im Rahmen der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII”, die der Landesjugendhilfeausschuss des Freistaates Sachsen am 6. Dezember 1993 verabschiedet hat, an § 33 Satz 2 SGB VIII und damit auch an den Begriff der “besonders entwicklungsbeeinträchtigten Kinder und Jugendlichen” anknüpft, in Nr. 2 zu lit. b) finanzielle Anreize als fachlich gerechtfertigt und unumgänglich bezeichnet, um Fachkräfte für die Arbeit als sozialpädagogische Pflegefamilie zu gewinnen, und hierzu bestimmet, dass “mindestens die 4-fachen Kosten der Erziehung entsprechend den festgesetzten Pauschalbeträgen für laufende Leistungen zum Unterhalt bei Vollzeitpflege zugrunde gelegt werden” sollten, führt diese Anknüpfung nicht dazu, dass § 33 Satz 2 SGB VIII selbst entscheidungserheblich würde. Diese “Empfehlung” bleibt vielmehr unabhängig von der Antwort auf die von dem Berufungsgericht als zweifelhaft bezeichnete und offen gelassene Frage, ob der Begriff des Landesrechts in § 39 Abs. 5 SGB VIII weit auszulegen ist und eine konkrete Ausgestaltung der Pauschalen durch Verwaltungsvorschrift oder Empfehlungen zulässt, jedenfalls Verwaltungsvorschriften auch insoweit, als sie an gesetzliche Vorschriften des Bundesrechts anknüpfen. Verwaltungsvorschriften sind aber mangels Rechtssatzqualität nicht revisibel (s. nur BVerwG, Beschlüsse vom 11. Mai 1988 – BVerwG 2 B 58.88 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 148 = NJW 1988, 2907; vom 18. August 1992 – BVerwG 3 B 76.92 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 310; vom 25. Mai 1993 – BVerwG 1 B 21.93 – InfAuslR 1993, 298; vom 10. Juni 1994 – BVerwG 1 B 89.94 – Buchholz 402.240 § 54 AuslG 1990 Nr. 1 = InfAuslR 1994, 346; und vom 9. November 2000 – BVerwG 10 B 2.00 – juris; st. Rechtsprechung). Soweit für die Kennzeichnung des von dem Empfehlungsgeber Gewollten an die bundesrechtliche Norm des § 33 Satz 2 SGB VIII angeknüpft wird, scheidet eine Zulassung der Revision selbst bei unterstellter Rechtsnormqualität der Empfehlungen auch deswegen aus, weil die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage dann eine nicht der Revision unterliegende Frage des Landesrechts (s.a. § 39 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII) beträfe; Verweisungen oder Bezugnahmen auf Rechtssätze des Bundesrechts in dem für die Streitentscheidung maßgebenden Landesrecht führen nicht dazu, dass diese bundesrechtlichen Regelungen als revisibles Recht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Anwendung finden (s. BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1990 – BVerwG 5 B 37.90 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160; st. Rechtsprechung), denn weder gilt diese Regelung unmittelbar kraft Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers, noch verschafft sie den Rechtsbegriffen des § 33 Satz 2 SGB VIII ihrer Eigenschaft als Bundesrecht unmittelbare Geltung im Bereich des Landesrechts (vgl. Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl. 2000, Rn. 11 zu § 137; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, Rn. 10 zu § 137, jeweils m.w.N.). Dass das Berufungsgericht wegen der zu § 33 Satz 2 SGB VIII bezeichneten Frage kraft Bundesrechts zu einer bestimmten Auslegung des Landesrechts gezwungen gewesen wäre oder das von dem Berufungsgericht zu der Auslegung und Anwendung der Empfehlung gefundene Ergebnis Bundesrecht verletze, legt die Beschwerdeschrift nicht dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) und ist auch sonst nicht erkennbar.
Bei dieser Sachlage lässt der Senat offen, ob die von der Beschwerde zu § 33 Satz 2 SGB VIII bezeichnete Auslegungsfrage die Revisionszulassung deswegen nicht rechtfertigte, weil sie mit Blick darauf nicht entscheidungserheblich wäre, dass das Berufungsgericht nicht nur darauf abgestellt hat, dass sich nicht feststellen lasse, dass eine besondere fachliche Qualifikation erforderlich wäre, um eine Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII im Falle des Kindes M… wahrnehmen zu können (Urteilsabdruck S. 10 ff., lit. aa)), sondern ergänzend darauf hingewiesen hat, dass ein erhöhter Satz für die Kosten der Erziehung “selbst für den Fall einer besonderen Entwicklungsbeeinträchtigung” nicht gerechtfertigt wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Franke, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen
Haufe-Index 1412613 |
JAmt 2006, 146 |