Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildung, Rückforderung von Ausbildungsförderung trotz nicht zu vertretender Unterbrechung der Ausbildung. Ausbildungsförderung, Rückforderung von Ausbildungsförderung wegen Unterbrechung der Ausbildung. Rückforderung von Ausbildungsförderung wegen Unterbrechung der Ausbildung. Unterbrechung, Rückforderung von Ausbildungsförderung wegen Unterbrechung der Ausbildung. Vertrauensschutz gegenüber Rückforderung von Ausbildungsförderung
Leitsatz (amtlich)
Für Zeiten, in denen die Ausbildung unterbrochen ist, wird Ausbildungsförderung auch dann nicht geleistet, wenn die Unterbrechung vom Auszubildenden nicht zu vertreten ist.
Normenkette
BAföG (F. 1990) § 20; BAföG (F. 1990) § 53 S. 1; BAföG (F. 1990) § 53 S. 3; SGB X § 50 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 20.05.1997; Aktenzeichen 7 S 734/95) |
VG Karlsruhe (Entscheidung vom 09.12.1994; Aktenzeichen 13 K 1545/94) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Der 1968 geborene Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Ausbildungsförderung und gegen die Rückforderung bezogener Förderungsbeträge.
Er ist aufgrund einer spastischen Lähmung auf die Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen. Zum Wintersemester 1990/91 hatte er an der Universität H. ein Studium der Anglistik und Germanistik aufgenommen und hierfür vom Beklagten Ausbildungsförderung erhalten, zuletzt durch Bewilligungsbescheide vom 29. Oktober 1991 und vom 28. Juli 1992 für die Zeit von Oktober 1991 bis September 1992.
Am 23. April 1993 erfuhr der Sachbearbeiter des Beklagten in einem Telefongespräch mit dem Kläger, daß dieser seit drei Semestern keinerlei Lehrveranstaltungen mehr besucht und auch keine Scheine erworben hatte. Durch Bescheide vom 28. Juni 1993 setzte der Beklagte daraufhin den Förderungsbetrag für die Zeit von April 1991 bis September 1992 auf 0 DM fest und forderte zugleich vom Kläger die für diesen Zeitraum (2. bis 4. Semester) gezahlten Förderungsbeträge zurück. Hiergegen wandte sich der Kläger, indem er geltend machte, die zunächst schleppende Aufnahme des Studiums sei in seiner Behinderung begründet, weil er während der Lehrveranstaltungen nicht in dem erforderlichen Umfang habe mitschreiben können; er habe unter anderem auch deshalb keine Lehrveranstaltungen an der Universität besuchen können, weil er sich im Jahre 1991 sehr oft bei seinem schwerkranken Vater aufgehalten und nach dessen Tod im November 1991 um die Beerdigung und um die Auflösung des väterlichen Haushaltes habe kümmern müssen. Im Sommersemester 1992 sei er wegen eines Bruchs der rechten Hand zeitweise pflegebedürftig und außerstande gewesen, sich ohne fremde Hilfe fortzubewegen; ihm habe nur für eine begrenzte Zeit eine Begleitperson zur Verfügung gestanden, so daß er einen Kurs nur teilweise habe besuchen und nicht zu Ende führen können. Er sei aber die ganze Zeit über immatrikuliert gewesen und habe auch versucht, durch den nach Möglichkeit regelmäßigen Besuch der Universitätsbibliothek seine Rückstände aufzuholen.
Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide vom 28. Juni 1993 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 1994 aufgehoben, soweit darin die für die Ausbildung im 2. Fachsemester geleisteten Förderungsmittel zurückgefordert wurden, und die Klage im übrigen abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat der hiergegen eingelegten Berufung des Klägers hinsichtlich der Rückforderung des Förderungsbetrages für Oktober 1991 stattgegeben und die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Letzteres ist im wesentlichen wie folgt begründet:
Rechtsgrundlage der Rückforderung sei zwar – entgegen der Annahme des Beklagten – nicht § 20 Abs. 2 BAföG. Auch wenn der Kläger seine Ausbildung im 3. und 4. Semester unterbrochen habe, weil er sich in diesem Zeitraum zu anmeldepflichtigen Kursen nicht angemeldet, keine Scheine gemacht und mit Ausnahme eines Kurses auch keine Lehrveranstaltungen besucht habe, beruhe dies jedoch – wie der Verwaltungsgerichtshof im einzelnen ausführt – nicht auf Gründen, die der Kläger zu vertreten habe. Die Rechtmäßigkeit der Rückforderung ergebe sich aber für den Zeitraum von November 1991 bis September 1992 aus § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X, da sich im Oktober 1991 ein für die Leistung von Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand – der Besuch der Ausbildungsstätte (vgl. § 9 BAföG) – geändert habe. Vertrauensschutz komme dem Kläger nicht zu, weil er gegen seine Pflicht aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I verstoßen habe, dem Beklagten die Unterbrechung des Studiums unverzüglich mitzuteilen.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist, Revision eingelegt, mit der er die Verletzung von §§ 9, 20 Abs. 2 BAföG und § 86 Abs. 1, § 108 VwGO rügt.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 141 Satz 1 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Die rechtliche Beurteilung des Rückerstattungsverlangens durch das Berufungsgericht entspricht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Revision des Klägers ist deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO).
1. Dem Verwaltungsgerichtshof ist darin beizupflichten, daß die Pflicht des Klägers, die in dem hier noch streitigen Zeitraum (November 1991 bis September 1992) bezogenen Ausbildungsförderungsleistungen aufgrund der Bescheide vom 28. Juni 1993 zurückzuerstatten, sich nach § 53 BAföG in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) – 12. BAföGÄndG – i.V.m. § 50 SGB X beurteilt. Dort ist bestimmt, daß der Bewilligungsbescheid zuungunsten des Auszubildenden vom Beginn des Monats an, der auf den Eintritt der Änderung folgt, geändert wird, wenn sich ein für die Leistung der Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand ändert (§ 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG). § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung; Erstattungen richten sich nach § 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (§ 53 Satz 3 BAföG). Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine Heranziehung des Auszubildenden zur Rückerstattung von Förderungsleistungen, die er während einer Unterbrechung seiner Ausbildung bezogen hat, nicht nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 BAföG zulässig, wonach der Förderungsbetrag für den Kalendermonat oder den Teil eines Kalendermonats zurückzuzahlen ist, in dem der Auszubildende die Ausbildung aus einem von ihm zu vertretenden Grund unterbrochen hat. § 20 Abs. 2 BAföG regelt eine Rückzahlungspflicht wegen Unterbrechens der Ausbildung nicht umfassend und abschließend, so daß der von der Revision aus dieser Vorschrift der Sache nach gezogene Umkehrschluß nicht berechtigt ist. Vielmehr kann, auch wenn eine Rückzahlungspflicht nach § 20 Abs. 2 BAföG ausscheidet, weil der Auszubildende seine Ausbildung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unterbricht, er deswegen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund anderer Vorschriften zur Rückzahlung verpflichtet sein:
Schon zu der Ursprungsfassung von § 20 BAföG vom 26. August 1971 (BGBl I S. 1409) hat der Senat entschieden, daß während einer Unterbrechung der Ausbildung bezogene Förderungsleistungen nicht nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 dieser Vorschrift zu erstatten sind, sondern auch dann, wenn die Ausbildung aus einem nicht zu vertretenden Grund unterbrochen worden ist, dabei aber zugleich einer der in § 20 Abs. 1 BAföG geregelten Tatbestände erfüllt war (BVerwGE 58, 132 ≪133 f.≫). Zwar sind die eine Rückzahlungspflicht begründenden Tatbestände des § 20 Abs. 1 BAföG durch Art. 2 § 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469, ber. S. 2218) – SGB-VwVf – auf die Tatbestände der – hier von vornherein nicht einschlägigen – Nummern 3 und 4 eingeschränkt worden. Diese Gesetzesänderung war aber nur Folge der gleichzeitigen Inkraftsetzung der allgemeinen Vorschriften des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – über die Rücknahme bzw. Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte und über die Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen (§§ 45, 48, 50 SGB X). Diese Bestimmungen haben somit die Sonderregelungen über die Aufhebung und Erstattung von Ausbildungsförderung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG ersetzt (vgl. BVerwGE 78, 101 ≪103 ff.≫). Aus der zwischenzeitlichen Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs des § 20 Abs. 1 BAföG läßt sich darum nicht etwa herleiten, der Gesetzgeber habe eine Rückzahlungspflicht des Auszubildenden jetzt nur noch bei Vorliegen der in Absatz 1 verbliebenen Rückzahlungstatbestände oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten lassen wollen. Dementsprechend hat der Senat auch zu der nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – geltenden Fassung des § 20 BAföG entschieden, daß auf andere Erstattungsregelungen (seinerzeit des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – bzw. Zehnten Buches Sozialgesetzbuch) zurückgegriffen werden kann, wenn die Voraussetzungen der Sonderregelung des § 20 Abs. 2 BAföG nicht vorliegen (Urteil vom 17. September 1987 – BVerwG 5 C 75.84 – ≪Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 28 = NVwZ 1989, 156≫; vgl. auch Urteil vom 8. Juni 1989 – BVerwG 5 C 38.86 – ≪Buchholz a.a.O. Nr. 31 = NVwZ-RR 1990, 251≫).
In Fällen einer nicht zu vertretenden Unterbrechung der Ausbildung ist jetzt § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X einschlägig.
Allerdings hatte der Senat nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – die Rücknahme und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden als Voraussetzung für die Rückforderung geleisteter Förderungsbeträge zunächst grundsätzlich (Ausnahmen § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BAföG) nach den §§ 45 und 48 SGB X beurteilt (siehe BVerwGE 78, 101 ≪105≫; Urteil vom 24. September 1981 – BVerwG 5 C 87.79 – ≪Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 13≫; Urteil vom 17. September 1987 – BVerwG 5 C 75.84 – ≪a.a.O.≫) und angenommen, daß demgegenüber § 53 BAföG auf Fälle „außerhalb des Bereiches der Leistungserstattung” beschränkt sei (siehe BVerwGE 78, 101 ≪109≫). Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 53 BAföG galt jedoch nur, bis in § 53 BAföG durch Art. 1 Nr. 27 des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 16. Juni 1986 (BGBl I S. 897) die Bestimmung eingefügt wurde, daß § 48 SGB X keine Anwendung finde und Rückforderungen sich nach § 50 SGB X richteten. Aus der Anordnung des Gesetzgebers, daß § 48 SGB X im gesamten Geltungsbereich des § 53 BAföG unanwendbar sein soll (vgl. auch BTDrucks 10/5025 S. 14), und aus der ausdrücklichen Verweisung auf die Erstattungsregelung des § 50 SGB X ist zu ersehen, daß § 53 BAföG nach dem Willen des Gesetzgebers an die Stelle von § 48 SGB X treten, er jetzt also auch im Bereich der Leistungserstattung anwendbar sein soll. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, daß § 53 BAföG in der nunmehr einschlägigen Fassung einen anderen Regelungsgehalt hat als in seiner früheren Fassung (siehe BVerwGE 91, 306 ≪308≫; Urteil vom 24. März 1993 – BVerwG 11 C 14.92 – ≪Buchholz 436.36 § 53 BAföG Nr. 10≫). Als Rechtsgrundlage für die Änderung eines Bewilligungsbescheides, der infolge einer Veränderung der für die Leistungsbewilligung maßgeblichen Verhältnisse unrichtig geworden ist, kommt mithin jetzt nur noch § 53 BAföG in Betracht. Dies gilt einschränkungslos jedenfalls, nachdem durch Art. 1 Nr. 16 des Elften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) in § 53 Satz 1 BAföG die Worte „im Laufe des Bewilligungszeitraums” gestrichen und damit der Anwendungsbereich dieser Vorschrift auch auf die Fälle ausgedehnt worden ist, in denen sich die Verhältnisse in der Zeit nach dem Erlaß des Bewilligungsbescheides bis zum Beginn des Bewilligungszeitraumes geändert haben (siehe dazu auch Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage, Stand: März 1991, § 20 Rn. 6.1).
2. Die Voraussetzungen des § 53 Satz 1 Nr. 2 BAföG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind hier erfüllt.
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Bewilligungsbescheide vom 29. Oktober 1991 und 28. Juli 1992 geändert hat. Er hat den monatlichen Förderungsbetrag auf Null festgesetzt und hierdurch die vorherige Förderungsbewilligung aufgehoben (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1992 – BVerwG 5 C 41.88 – ≪Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 35 S. 37 f. m.w.N.≫).
b) Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof die Situation, in der sich das Studium des Klägers im Wintersemester 1991/92 und Sommersemester 1992 (3. und 4. Fachsemester) befand, zutreffend als Unterbrechung der Ausbildung gewertet.
Ein Auszubildender unterbricht seine Ausbildung in förderungsrechtlichem Sinne, wenn er sie nicht nur vernachlässigt, sondern nicht mehr betreibt, indem er die Ausbildungsstätte nicht mehr besucht. Der „Besuch” der Ausbildungsstätte ist der Vorgang, für den das Gesetz finanzielle Mittel zur Sicherstellung der Lebensgrundlage des Auszubildenden während seiner „Ausbildung” vorsieht (vgl. § 2 BAföG). Für den „Besuch” in diesem Sinne genügt es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht, daß der Auszubildende der Ausbildungsstätte korporationsrechtlich angehört, sondern er muß die dort angebotene Ausbildung auch tatsächlich betreiben, indem er an den nach dem Ausbildungsplan vorgesehenen Unterrichtsveranstaltungen teilnimmt (vgl. BVerwGE 55, 288 ≪290≫; 57, 21 ≪23≫; 58, 132 ≪135≫; siehe auch BVerwGE 71, 199 ≪201≫ zu § 9 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Bei einem Hochschulstudium, das bei vorgegebenen Ausbildungsinhalten weitgehend nach dem individuellen Ausbildungsplan des Studierenden stattfindet, hat der Senat eine Unterbrechung der Ausbildung in der Regel dann angenommen, wenn der Student gleichzeitig allen nach seinem eigenen Plan vorgesehenen Vorlesungen fernbleibt (BVerwGE 55, 288 ≪292≫). Dies gilt selbst dann, wenn er sich den dort angebotenen Wissensstoff in anderer Weise, etwa durch den regelmäßigen Besuch der Universitätsbibliothek, anzueignen versucht; in einem solchen Fall fehlt der Ausbildung nämlich die für den „Besuch” der Hochschule wesentliche Vermittlung von Kenntnissen und Erkenntnissen in von Hochschullehrern abgehaltenen Lehrveranstaltungen (BVerwGE 55, 288 ≪291≫).
So liegen, ausgehend von den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), die Verhältnisse hier:
Der Kläger hat sich im 3. und 4. Fachsemester zu anmeldepflichtigen Kursen nicht angemeldet, hat keine Scheine erworben und mit Ausnahme eines Übersetzungskurses im 4. Semester auch keine Lehrveranstaltungen besucht. Die Teilnahme an dem Übersetzungskurs steht der Annahme einer Unterbrechung des Studiums schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen diesen Kurs, für den er nicht eingetragen war, nur teilweise besucht und nicht zu Ende geführt hat (siehe die von ihm zur Vorlage bei der Widerspruchsbehörde gefertigte „Übersicht über die einzelnen Semester”). Darum kann dieser Umstand allenfalls als – gescheiterter – Versuch gewertet werden, das unterbrochene Studium wieder aufzunehmen.
c) Mit der Unterbrechung des Studiums hat sich hier – was auch das Berufungsgericht mit Recht so sieht – ein für die Leistung von Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand geändert; denn für Zeiten, in denen die Ausbildung unterbrochen ist, wird Ausbildungsförderung nicht geleistet. Dies folgt unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BAföG. Danach wird Ausbildungsförderung geleistet für den „Besuch” bestimmter Ausbildungsstätten, woran es im Falle einer Unterbrechung der Ausbildung, wie vorstehend dargelegt, gerade fehlt. Ebenso ergibt sich dies mittelbar aus § 15 Abs. 2 a BAföG. Dort ist bestimmt, daß Ausbildungsförderung auch – jedoch nicht über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus – geleistet wird, solange der Auszubildende infolge Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert ist, die Ausbildung durchzuführen. Diese Sondervorschrift regelt eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß bei Unterbrechung der Ausbildung Förderung nicht geleistet wird (vgl. auch Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 3. Auflage 1991, § 15 Rn. 5 a), und läßt erkennen, daß grundsätzlich auch eine Unterbrechung, die der Auszubildende nicht zu vertreten hat, den Förderungsanspruch entfallen läßt.
Der Kläger kann nicht geltend machen, daß bei ihm eine solche Ausnahme nach § 15 Abs. 2 a BAföG vorliege, ihm also Förderungsleistungen wenigstens für drei Monate des Unterbrechungszeitraums zustünden, in dem er krankheitsbedingt die Universität nicht habe besuchen können. Die Erkrankung des Klägers (im Sommersemester 1992) fiel in eine Zeit, in der seine Ausbildung schon aus anderen Gründen als durch Krankheit unterbrochen war. In einem solchen Fall greift § 15 Abs. 2 a BAföG nicht ein. Aus der Sicht des Zwecks des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Auszubildenden während seiner Ausbildung sicherzustellen, dabei aber nur Zeiten der tatsächlichen Durchführung der Ausbildung zu fördern (siehe BVerwGE 55, 154 ≪157≫), ist kein Grund erkennbar, der die Leistung von Ausbildungsförderung auch während eines Unterbrechungszeitraums für einen Zeitabschnitt rechtfertigen würde, in dem zu der bereits eingetretenen Unterbrechung eine Erkrankung hinzutritt.
d) Die vom Beklagten vorgenommene Änderung der Bewilligungsbescheide vom 29. Oktober 1991 und 28. Juli 1992 sowie die Rückforderung der Ausbildungsförderung ist vom Verwaltungsgerichtshof schließlich auch zu Recht (vgl. BVerwGE 91, 306 ≪312 f.≫) und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandendem Ergebnis unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 59, 128 ≪152, 166≫) beurteilt worden.
Die bei der Anwendung von § 53 BAföG unerläßliche Abwägung des Gewichtes des Vertrauensschutzinteresses des Auszubildenden gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer gesetzmäßigen und gesetzeszweckentsprechenden Verwendung der für die Ausbildungsförderung eingesetzten öffentlichen Finanzmittel mußte hier zur Versagung von Vertrauensschutz führen. Unabhängig davon, ob der Kläger durch pflichtwidriges Verschweigen der Unterbrechung seines Studiums gegenüber dem Beklagten bewirkt hat, daß ihm weiterhin Ausbildungsförderung geleistet wurde, ist jedenfalls seine etwaige – irrige – Annahme, ihm stehe auch für Zeiten, in denen er seine Ausbildung nicht betreibt, Ausbildungsförderung zu, nicht schutzwürdig. Während der jahrelangen Unterbrechung der Ausbildung bei gleichzeitigem Bezug von Ausbildungsförderung konnte sich für den Kläger, auch wenn er die Unterbrechung – wie vom Berufungsgericht mit für das Bundesverwaltungsgericht bindender Wirkung (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) angenommen – nicht zu vertreten hatte, keine rechtlich schützenswerte Vertrauensposition herausbilden, die seiner Heranziehung zur Rückzahlung der für diesen Zeitraum bezogenen Ausbildungsförderungsleistungen entgegenstehen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen
Haufe-Index 1377335 |
FamRZ 1999, 962 |
NVwZ-RR 1999, 249 |
FEVS 2000, 55 |
ZfSH/SGB 2001, 290 |
DVBl. 1999, 481 |