Zusammenfassung
Unter einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis ist ein Beschäftigungsverhältnis zu verstehen, in dem ein Ehegatte als Arbeitgeber und der andere Ehegatte als Arbeitnehmer fungiert. Dies gilt entsprechend für gleichgeschlechtliche Ehepartner sowie Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Wegen der besonderen Beziehung der Ehegatten bzw. Lebenspartner untereinander sind die Grenzen zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter Mitarbeit häufig nur schwer zu definieren.
Arbeitsrecht: Arbeitsrechtlich wichtige Rechtsgrundlagen sind §§ 611a, 1353 BGB und § 850h Abs. 2 ZPO (Pfändung von Einkommen).
Lohnsteuer: Einkommensteuerliche Erläuterungen zu den Voraussetzungen und den Besonderheiten eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses enthalten R 4.8 EStR sowie H 4.8 EStH. Sie sind nach H 19.0 LStH für die lohnsteuerliche Behandlung maßgebend. Ferner ist das Verbot der Steuerumgehung nach § 42 AO (Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten) zu beachten. Die Aufwendungen für das Ehegatten-Arbeitsverhältnis sind als Betriebsausgaben abzugsfähig nach § 4 Abs. 4 EStG.
Sozialversicherung: Was unter einer Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist, definiert § 7 SGB IV für alle Zweige der Sozialversicherung. Die versicherungsrechtliche Beurteilung in den einzelnen Sozialversicherungszweigen ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (Krankenversicherung), § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI (Pflegeversicherung), § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Rentenversicherung) und § 25 Abs. 1 SGB III (Arbeitslosenversicherung).
Für das obligatorische Statusfeststellungsverfahren gilt § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Zur Kennzeichnung von Familienangehörigen in der Anmeldung zur Sozialversicherung verpflichtet § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1d SGB IV die Arbeitgeber. Ergänzend hierzu haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben vom 21.3.2019-II die versicherungsrechtliche Beurteilung von Angehörigen zusammengefasst.
Arbeitsrecht
Ob es sich bei der Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten um ein Arbeitsverhältnis handelt oder ob etwa nur eine familiäre Mithilfe vorliegt, entscheidet sich nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien des Arbeitsvertrags. Die maßgeblichen Kriterien sind in § 611a Abs. 1 BGB niedergelegt. Zu denken ist daneben auch an eine "verdeckte" Stellung als selbstständige Erwerbstätigkeit beider Ehegatten. Liegt ein ausdrücklich als solcher bezeichneter Arbeitsvertrag vor, spricht die zulässige Vertragstypenwahl zunächst für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Der schriftliche Nachweis des Arbeitsvertrags trägt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit. Will sich eine Partei entgegen der schriftlichen Vereinbarung darauf berufen, es läge kein Arbeitsvertrag (sondern z. B. ein Scheingeschäft oder eine selbstständige Tätigkeit) vor, trägt diese Partei die entsprechende Darlegungs- und Beweislast. Fehlt es an einer eindeutigen Vertragstypenwahl, richtet sich die Abgrenzung nach den allgemeinen Merkmalen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Auch der Ehegatte muss in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebunden tätig sein. Dafür kommt es auf die jeweiligen Umstände im Einzelfall an, insbesondere einer den übrigen Arbeitnehmern vergleichbaren Eingliederung und Stellung im Betrieb sowie einer üblichen und angemessenen Vergütung. Erforderlich sind das Bestehen weisungsrechtlicher Vorgaben seitens des Arbeitgeber-Ehegatten hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der inhaltlichen Durchführung der Tätigkeit. Ein Ehegattenarbeitsverhältnis kann dabei auch mit einer juristischen Person, namentlich einer GmbH, ungeachtet der gleichzeitigen Gesellschafterstellung bestehen. Der Ehegatte ist in diesen Fällen echter Arbeitnehmer, insbesondere fehlt es nicht an der erforderlichen Weisungsgebundenheit. Er ist jedoch aufgrund seines i.Ü. bestehenden Näheverhältnisses zum Arbeitgeber dessen "Lager" zuzurechnen und daher nicht Arbeitnehmer i. S. d. Betriebsverfassungsrechts.
Fehlt es an einem Arbeitsverhältnis, gelten die arbeitsrechtlichen Schutzgesetze (z. B. das KSchG) nicht. Familienrechtlich besteht allerdings für den Ehegatten grundsätzlich keine Pflicht zur Mitarbeit im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten, gemäß § 1353 BGB allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen (z. B. Aufbau eines Geschäfts, Krankheit des anderen Ehegatten oder sonstige Notzeiten).
Weitere Besonderheiten bei Vorliegen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses sind:
- Die Scheidung rechtfertigt keine Kündigung. Eine Kündigung ist aber möglich, wenn sich die ehelichen Auseinandersetzungen so auf das Arbeitsverhältnis auswirken, dass der Arbeitgeber (nachvollziehbare) Gründe zu der Annahme hat, der Arbeitnehmer werde seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mit der geschuldeten Sorgfalt und Loyalität ausfüllen bzw. die Fortsetzung der ehelichen Streitigkeiten werde sich auf das Arbeitsverhältnis (negativ) a...