1.1 Personenkreis
Der Anspruch steht allen Arbeitnehmern zu. Dazu gehören Arbeiter, Angestellte und Auszubildende. Auf die Art des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht. Deswegen können auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer oder Rentner ohne einen Krankengeldanspruch die Entgeltfortzahlung beanspruchen.
Faktisches Arbeitsverhältnis
Der Anspruch setzt ein wirksames Arbeitsverhältnis voraus. Wird erkannt, dass ein Arbeitsverhältnis (z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Arbeitnehmers) unwirksam oder nichtig ist (faktisches Arbeitsverhältnis), bleibt es für die Vergangenheit beim Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und ihnen gleichgestellte Personen haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Heimarbeiter
Für Heimarbeiter gilt in der Krankenversicherung der allgemeine Beitragssatz. Sie haben bei Arbeitsunfähigkeit einen sofortigen Anspruch auf Krankengeld.
1.2 Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch eine Krankheit arbeitsunfähig und damit gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Krankheit ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand des Arbeitnehmers. Regelwidrig ist der Zustand, wenn er nach allgemeiner Erfahrung unter Berücksichtigung eines natürlichen Verlaufs des Lebensgangs nicht bei jedem anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist.
Behandlungsbedürftigkeit
Der arbeitsrechtliche Begriff der Krankheit setzt keine Behandlungsbedürftigkeit voraus und weicht damit vom krankenversicherungsrechtlichen Begriff ab.
Der Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig, wenn er infolge der Krankheit seine vertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder nicht ausüben sollte, weil die Heilung nach ärztlicher Prognose hierdurch verhindert oder verzögert würde. Damit kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit objektiv nicht leisten. Die Arbeitsleistung kann unmöglich erbracht werden, und der Arbeitnehmer ist an der Arbeitsleistung verhindert.
Quarantäne
Ein Arbeitnehmer ist auch dann arbeitsunfähig, wenn wegen einer ansteckenden Infektionskrankheit gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG behördlich die Isolierung (Quarantäne) oder Absonderung verfügt wurde.
1.3 Alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung
Für einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung muss die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein (Monokausalität). Der Anspruch auf Arbeitsentgelt darf nicht bereits wegen anderer Ursachen entfallen. Der erkrankte Arbeitnehmer hätte ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber gehabt.
Altersteilzeit
Ein Arbeitnehmer kann während der Freistellungsphase weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeld beanspruchen. Erkrankt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase, ist das ausgefallene Arbeitsentgelt durch die Entgeltfortzahlung zu ersetzen.
Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist z. B. nicht die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung
- bei einem Streik, einer Aussperrung oder einer streikbedingten Betriebsstilllegung,
- wenn sie mit einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots während der Schutzfristen des § 3 MuSchG zusammentrifft,
- während der Elternzeit,
- während eines unbezahlten Urlaubs.
Ein gesetzliches Beschäftigungsverbot schließt die Entgeltfortzahlung wegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus. Davon ausgenommen sind gesetzliche Beschäftigungsverbote, die Folge einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung sind (z. B. eine angeordnete Quarantäne aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion).
Erholungsurlaub
Der Erholungsurlaub ist zweckgebunden. Deswegen wird der Urlaubsanspruch bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kraft Gesetzes unterbrochen. Die Krankheitstage werden auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.
1.4 Verschulden des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet hat. Dabei geht es um das Verschulden des Arbeitnehmers gegen sich selbst.
Verschulden
Der Verschuldensbegriff aus § 276 BGB (Fahrlässigkeit oder Vorsatz gegenüber Dritten) ist bei der selbstverschuldeten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht anzuwenden.
Schuldhaft handelt der Arbeitnehmer, der in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt. Dabei ist von einem ob...