Zusammenfassung
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen ihren Arbeitgeber, wenn sie
- wegen einer Krankheit,
- einer Sterilisation,
- eines Schwangerschaftsabbruchs oder
- einer Organ- oder Blutspende
arbeitsunfähig sind. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet oder nicht die einzige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist. Die Entgeltfortzahlung wird für längstens 6 Wochen geleistet. Die Vorschriften über die Entgeltfortzahlung werden auf Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation entsprechend angewendet, wenn die Maßnahme von einem Sozialleistungsträger bewilligt wird (z. B. durch einen Rentenversicherungsträger). Arbeitgebern wird ein Teil ihrer Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung von den Krankenkassen erstattet, wenn sie nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen.
Sozialversicherung: Die Voraussetzungen und die Dauer der Entgeltfortzahlung richten sich nach §§ 3, 3a EFZG. Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und Gleichgestellte erhalten im Krankheitsfall keine Entgeltfortzahlung, sondern einen Zuschlag zum Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Der Anspruch eines Arbeitnehmers darf nicht vertraglich ausgeschlossen werden (§ 12 EFZG). Die Vorschriften über die Entgeltfortzahlung werden auf Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation entsprechend angewendet (§ 9 EFZG). Arbeitgebern mit nicht mehr als 30 Arbeitnehmern wird ein Teil ihrer Aufwendung für die Entgeltfortzahlung nach §§ 1 ff. AAG erstattet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bei einer SARS-CoV-2-Infektion mit einem symptomlosen Verlauf trotz fehlender Schutzimpfung eine unverschuldete, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit erkannt und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung festgestellt (BAG, Urteil v. 20.3.2024, 5 AZR 234/23 m. w. N.). Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben am 25.6.1998 ein Gemeinsames Rundschreiben (GR v. 25.6.1998) zum EFZG veröffentlicht.
1 Voraussetzungen
1.1 Personenkreis
Der Anspruch steht allen Arbeitnehmern zu. Dazu gehören Arbeiter, Angestellte und Auszubildende. Auf die Art des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht. Deswegen können auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer oder Rentner ohne einen Krankengeldanspruch die Entgeltfortzahlung beanspruchen.
Faktisches Arbeitsverhältnis
Der Anspruch setzt ein wirksames Arbeitsverhältnis voraus. Wird erkannt, dass ein Arbeitsverhältnis (z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Arbeitnehmers) unwirksam oder nichtig ist (faktisches Arbeitsverhältnis), bleibt es für die Vergangenheit beim Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und ihnen gleichgestellte Personen haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Heimarbeiter
Für Heimarbeiter gilt in der Krankenversicherung der allgemeine Beitragssatz. Sie haben bei Arbeitsunfähigkeit einen sofortigen Anspruch auf Krankengeld.
1.2 Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch eine Krankheit arbeitsunfähig und damit gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Krankheit ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand des Arbeitnehmers. Regelwidrig ist der Zustand, wenn er nach allgemeiner Erfahrung unter Berücksichtigung eines natürlichen Verlaufs des Lebensgangs nicht bei jedem anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist.
Behandlungsbedürftigkeit
Der arbeitsrechtliche Begriff der Krankheit setzt keine Behandlungsbedürftigkeit voraus und weicht damit vom krankenversicherungsrechtlichen Begriff ab.
Der Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig, wenn er infolge der Krankheit seine vertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder nicht ausüben sollte, weil die Heilung nach ärztlicher Prognose hierdurch verhindert oder verzögert würde. Damit kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit objektiv nicht leisten. Die Arbeitsleistung kann unmöglich erbracht werden, und der Arbeitnehmer ist an der Arbeitsleistung verhindert.
Quarantäne
Ein Arbeitnehmer ist auch dann arbeitsunfähig, wenn wegen einer ansteckenden Infektionskrankheit gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG behördlich die Isolierung (Quarantäne) oder Absonderung verfügt wurde.
1.3 Alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung
Für einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung muss die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein (Monokausalität). Der Anspruch auf Arbeitsentgelt darf nicht bereits wegen anderer Ursachen entfallen. Der erkrankte Arbeitnehmer hätte ohne die Arbeitsunfäh...