Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Umsätzen mit Geldspielautomaten
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Verfahren ging es um die Höhe der Bemessungsgrundlage bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeiten. Streitig war, ob die Bemessungsgrundlage die Gesamtheit der Spieleinsätze ohne Abzug der automatisch an die Spieler ausgezahlten Gewinne umfaßt oder die ausgezahlten Gewinne abzuziehen sind.
Nach der bis dahin vertretenen Verwaltungsauffassung war als Besteuerungsgrundlage der zum jeweiligen Spiel berechtigende Geldeinsatz (nach Abzug der Umsatzsteuer) anzusetzen und die ausgezahlten Gewinne durften die Besteuerungsgrundlage nicht mindern.
Der EuGH hat entschieden, daß der Teil der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, nicht in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aufgenommen werden darf. Das bedeutet, daß nur der sogenannten Kasseninhalt die Bemessungsgrundlage bildet. Die Finanzverwaltung hat auf das Urteil mit BMF-Schreiben vom 5.7.1994 (BStBl. I 1994, 465) reagiert.
Beteiligte
Glawe H. J. Spiel- und Unterhaltungsgeräte Aufstellungsgesellschaft mbH & Co. KG |
Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst |
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
(Sechste Kammer)
„Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie – Geldspielautomaten – Besteuerungsgrundlage”
In der Rechtssache C-38/93
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag vom Finanzgericht Hamburg (Bundesrepublik Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
H. J. Glawe Spiel- und Unterhaltungsgeräte Aufstellungsgesellschaft mbH & Co. KG
gegen
Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1), erläßt
Der Gerichtshof
(Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini, der Richter M. Díez de Velasco, C. N. Kakouris, F. A. Schockweiler (Berichterstatter) und P. J. G. Kapteyn,
Generalanwalt: F. G. Jacobs
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der H. J. Glawe Spiel- und Unterhaltungsgeräte Aufstellungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch Steuerberater Prof. Dr. A. J. Rädler und Rechtsanwalt M. Lausterer, München;
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder und Regierungsdirektor C.-D. Quassowski, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigte;
des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. D. Colahan, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigten; Beistand: Barrister D. Bethlehem;
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Grunwald, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten;
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der H. J. Glawe Spiel- und Unterhaltungsgeräte Aufstellungsgesellschaft mbH & Co. KG, der deutschen Regierung, vertreten durch E. Röder und Rechtsanwalt J. Sedemund, Köln, des Vereinigten Königreichs und der Kommission in der Sitzung vom 20. Januar 1994,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. März 1994,
folgendes
Urteil
1 Das Finanzgericht Hamburg hat mit Beschluß vom 22. Dezember 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Februar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der H. J. Glawe Spiel- und Unterhaltungsgeräte Aufstellungsgesellschaft mbH & Co. KG (im folgenden: Klägerin) und dem Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst (im folgenden: Finanzamt) wegen des Umsatzsteuerbescheids der Klägerin für 1991.
3 Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Gaststätten aufstellt und betreibt. Die Funktionsweise dieser Automaten ist gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Der Aufsteller ist verpflichtet, vor ihrer erstmaligen Inbetriebnahme das für die Gewinnauszahlung vorhandene Münzstapelrohr mit Geldmünzen vollständig aufzufüllen. Wenn ein Spieler ein Geldstück in den Automaten einwirft, fällt es in die Automatenkasse, falls das Münzstapelrohr vollständig gefüllt ist. Ist das Münzstapelrohr infolge von Gewinnauszahlungen nicht mehr vollständig gefüllt, fallen die von den Spielern eingeworfenen Münzen nicht in die Kasse, sondern gelangen in das Münzstapelrohr. Beim Öffnen des Automaten kann der Aufsteller nur den Inhalt der Kasse entnehmen; vor der Wiederi...