Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Verwaltung von Investmentvermögen, Investmentvermögensverwaltung, Begriff des Sondervermögens, Immobiliensondervermögen, Bewirtschaftung von Immobilienvermögen
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Kapitalanlagegesellschaften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gesellschaften, in denen Kapital von mehreren Anlegern gesammelt wird, die das Risiko tragen, das mit der Verwaltung des Vermögens verbunden ist, das in diesen Gesellschaften für den Ankauf, den Besitz, die Verwaltung und den Verkauf von Immobilien zur Erzielung eines Gewinns gesammelt wird, der an sämtliche Anteilsinhaber in Form einer Dividende auszuschütten ist, wobei diesen Anteilsinhabern auch aus der Wertsteigerung ihres Anteils ein Vorteil erwächst, unter der Voraussetzung als „Sondervermögen“ im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden können, dass der betroffene Mitgliedstaat diese Gesellschaften einer besonderen staatlichen Aufsicht unterworfen hat.
2. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff der „Verwaltung“ die tatsächliche Bewirtschaftung der Immobilien eines Sondervermögens nicht umfasst.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Beschluss vom 01.11.2013; ABl. EU 2014, Nr. C 39/7) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Befreiungen ‐ Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 ‐ Sondervermögen ‐ Begriff ‐ Immobilienanlagen ‐ Verwaltung von Sondervermögen ‐ Begriff ‐ Tatsächliche Bewirtschaftung einer Immobilie“
In der Rechtssache C-595/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 1. November 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 2013, in dem Verfahren
Staatssecretaris van Financiën
gegen
Fiscale Eenheid X NV cs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Sváby, A. Rosas (Berichterstatter), E. Juhász und C. Vajda,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Fiscale Eenheid X NV cs, vertreten durch T. Scheer, advocaat, K. Bruins und M. Morawski, adviseurs,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, B. Koopman und H. Stergiou als Bevollmächtigte,
‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, E. Karlsson, L. Swedenborg und C. Hagerman als Bevollmächtigte,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Christie als Bevollmächtigten im Beistand von R. Hill, Barrister,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und C. Soulay als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. Mai 2015
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staatssecretaris van Financiën (Finanzstaatssekretär) und der Fiscale Eenheid X NV cs (im Folgenden: X) wegen eines an diese gerichteten Bescheids über die Nacherhebung von Umsatzsteuer für das Jahr 1996.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Mehrwertsteuerrecht
Rz. 3
Gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer u. a. „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
Rz. 4
Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie „steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln“.
Rz. 5
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie lautet wie folgt:
„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschrif...