Entscheidungsstichwort (Thema)

Unionsbürgerschaft. Recht auf Freizügigkeit und auf freien Aufenthalt. Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats. Studium in einem anderen Mitgliedstaat. Ausbildungsförderung. Voraussetzungen. Mindestens zweijährige Ausbildungsdauer. Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses

 

Normenkette

AEUV Art. 20-21

 

Beteiligte

Elrick

Samantha Elrick

Bezirksregierung Köln

 

Tenor

Die Art. 20 AEUV und 21 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, nach der einer Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats, die dort ihren Wohnsitz hat, eine Ausbildungsförderung für das Studium in einem anderen Mitgliedstaat nur gewährt wird, wenn diese Ausbildung einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt, der den Abschlüssen entspricht, die im Leistungsstaat in Berufsfachschulen nach einem mindestens zweijährigen Ausbildungsgang vermittelt werden, obwohl der Betroffenen aufgrund ihrer besonderen Lage Ausbildungsförderung gewährt worden wäre, wenn sie sich dazu entschlossen hätte, im Leistungsstaat eine Ausbildung von weniger als zwei Jahren zu absolvieren, die derjenigen entspricht, die sie in einem anderen Mitgliedstaat absolvieren wollte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Hannover (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Mai 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juni 2012, in dem Verfahren

Samantha Elrick

gegen

Bezirksregierung Köln

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch V. P. Jørgensen und C. Thorning als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

 

Entscheidungsgründe

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 20 AEUV und 21 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Elrick, einer deutschen Staatsangehörigen, und der Bezirksregierung Köln wegen der Weigerung der Letztgenannten, Frau Elrick eine Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Vereinigten Königreich zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

In § 1 („Grundsatz”) des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 23. Dezember 2007 (22. BAföGÄndG, BGBl. I, S. 3254) (im Folgenden BAföG) heißt es:

„Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.”

Rz. 4

§ 2 („Ausbildungsstätten)” BAföG sieht vor:

„(1) Ausbildungsförderung wird geleistet für den Besuch von

1. weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsfachschulen, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung, ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des Absatzes 1a erfüllt,

2. Berufsfachschulklassen und Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, sofern sie in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln,

Maßgebend für die Zuordnung sind Art und Inhalt der Ausbildung. Ausbildungsförderung wird geleistet, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung – mit Ausnahme nichtstaatlicher Hochschulen – oder einer genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird.

(1a) Für den Besuch der in Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Ausbildungsstätten wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und

  1. von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist,

(5) Ausbildungsförderung wird nur geleistet, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. …”

Rz. 5

Gemäß § 4 BAföG wird Ausbildungsförderung vorbehaltlich der §§ 5 und 6 dieses Gesetzes für die Ausbildung in Deutschland ge...

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