[1] Der Erstattungsanspruch des § 105 gründet sich darauf, daß ein Sozialleistungsträger in Verkennung seiner Zuständigkeit eine Sozialleistung erbracht hat und die deshalb im Widerspruch zu dem für ihn geltenden Recht stand.
[2] Voraussetzung des Erstattungsanspruchs nach § 105 ist jedoch, daß ein anderer Leistungsträger zur Erbringung einer entsprechenden Leistung verpflichtet gewesen wäre.
[3] § 105 setzt voraus, daß für den Leistungsträger weder eine originäre noch eine Leistungspflicht im Sinne des § 102 bestanden hat.
[4] Im bisherigen Recht war ein mit § 105 vergleichbarer Erstattungsanspruch in § 81 b BVG und in § 1509 a RVO normiert. Gestrichen wurde § 1509 a RVO. Dagegen ist § 81 b BVG in der Weise umgestaltet worden, daß er eine Erstattungsregelung enthält, die sich auf Stellen bezieht, die keine Leistungsträger im Sinne des SGB sind. Unabhängig von den vorgenannten Regelungen ist jedoch die Rechtsprechung des BSG zur irrtümlichen Leistungsgewährung (Abwälzungsanspruch) mit der Regelung des § 105 vergleichbar.
[5] Von dieser Rechtsprechung wurden auch diejenigen Fälle erfaßt, in denen ein Sozialleistungsträger, um einer Benachteiligung des Leistungsempfängers vorzubeugen, bei ungeklärter Zuständigkeit vorgeleistet hat. Derartige Fallgestaltungen sind jedoch nunmehr § 102 zuzuordnen, da in der Regel der Sozialleistungsträger hier nach § 43 SGB I vorgeleistet haben wird.
[6] Das BSG hat die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs wegen irrtümlicher Leistungsgewährung dann nicht zugelassen, wenn die irrtümliche Leistung angesichts einer klaren Sach- und Rechtslage auf einem von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechenden Verwaltungshandeln beruhte.
[7] § 105 setzt zwar für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs kein Verschulden voraus. Der Erstattungsanspruch ist jedoch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs ausgeschlossen, wenn ein Leistungsträger in Kenntnis seiner Unzuständigkeit Leistungen an den Berechtigten erbringt und dann Erstattung von dem zuständigen Leistungsträger fordert.
[8] Im Verhältnis Krankenversicherung - Unfallversicherung werden z.B. von § 105 die Fälle der irrtümlich gewährten Familienkrankenhilfe erfaßt. Die Rechtsprechung des BSG hat hier bisher für die Erstattung § 1510 Abs. 2 RVO analog angewandt, weil nach Auffassung des BSG ein auftrags-ähnliches Verhältnis bestand. Für diese Rechtsprechung ist jedoch angesichts der Vorschriften über den Auftrag und in Anbetracht der Erstattungsregelungen der §§ 102 ff. kein Raum mehr. Die Fälle der irrtümlichen Familienkrankenhilfe sind nunmehr § 105 zuzuordnen, da hier unter Verkennung der Zuständigkeit Leistungen erbracht worden sind.
[9] Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den Vorschriften, die für den erstattungsverpflichteten Leistungsträger gelten. Dies bedeutet, daß Leistungen, die den Anspruch des Sozialleistungsberechtigten gegen den Erstattungspflichtigen überschreiten, nicht ausgeglichen werden, weil es insoweit an einer Bereicherung des Erstattungsverpflichteten fehlt. An einer solchen Bereicherung fehlt es auch dann, wenn der zuständige Leistungsträger bereits geleistet hat. Eine Erstattungspflicht besteht in diesem Falle jedoch nur dann nicht, wenn die Leistung in Unkenntnis der Leistung des unzuständigen Leistungsträgers erbracht worden ist (vgl. im übrigen die Ausführungen zu § 103 Abs. 1 zweiter Halbsatz).
[10] Nach § 105 Abs. 3 besteht gegenüber den Trägern der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe kein Erstattungsanspruch mit Wirkung für die Vergangenheit.