(1) Erteilt die Pflegekasse den endgültigen schriftlichen Bescheid über den Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen oder wird eine der in § 18a Abs. 5 und 6 SGB XI genannten verkürzten Begutachtungsfristen (5 oder 10 Arbeitstage) nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 EUR an die antragstellende Person zu zahlen. Die Zahlung erfolgt unverzüglich nach Bescheiderteilung.

(2) Die Zahlungspflicht gilt nicht für Wiederholungs- oder Widerspruchsgutachten, befristete Leistungsbewilligungen (§ 33 Abs. 1 Satz 4 und Satz 8 SGB XI) oder wenn sich die antragstellende Person in vollstationärer Pflege befindet und bereits Leistungen mindestens in Höhe des Pflegegrades 2 erhält. Für den Zeitraum einer Verzögerung im Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, die die Pflegekasse nicht zu vertreten hat (Hemmungstatbestand), besteht ebenfalls keine Zahlungspflicht.

(3) Eine Verzögerung, die die Pflegekasse nicht zu vertreten hat, liegt insbesondere vor, wenn die Pflegekasse die fehlende Mitwirkungspflicht der versicherten Person nach § 60 SGB I festgestellt hat. Nach § 60 SGB I ist die versicherte Person verpflichtet

  1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen der Pflegekasse der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
  2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
  3. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen der Pflegekasse Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

Soweit für die Erhebung der in Punkt 1 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Zu den notwendigen Angaben für die Leistungsentscheidung gehört u.a. die Mitteilung, welche Leistung beantragt wird. Die Einwilligung der versicherten Person zur Auskunftserteilung nach § 18a Abs. 9 SGB XI ist erforderlich, wenn die behandelnden Ärzte, insbesondere die Hausärzte, einbezogen und ärztliche Auskünfte und Unterlagen über die für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wichtigen Vorerkrankungen sowie Art, Umfang und Dauer der Hilfebedürftigkeit eingeholt werden sollen. Dabei ist die versicherte Person auf den Zweck der vorgesehenen Verarbeitung oder Nutzung sowie auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen (§ 67b Abs. 2 Satz 1 SGB X). Die Einwilligung und der Hinweis bedürfen gemäß § 67b Abs. 2 Satz 3 SGB X der Schriftform.

Im Rahmen der Pflegebegutachtung können z.B. folgende Verzögerungsgründe auftreten, die die Pflegekasse nicht zu vertreten hat:

  • Die antragstellende Person befindet sich zum angekündigten bzw. vereinbarten Termin im Krankenhaus oder einer vollstationären Rehabilitationseinrichtung.
  • Die antragstellende Person befindet sich von Fristbeginn bis auf unbestimmte Zeit im Krankenhaus oder einer vollstationären Rehabilitationsenrichtung. Daher ist eine Vereinbarung eines Begutachtungstermins im häuslichen Bereich nicht möglich.
  • Der angekündigte bzw. vereinbarte Termin (zur persönlichen Untersuchung im Wohnbereich, zur Begutachtung per Telefoninterview) wurde von der antragstellenden Person abgesagt oder abgelehnt.
  • Die antragstellende Person ist zum angekündigten bzw. vereinbarten Termin verzogen. Die antragstellende Person wurde zum angekündigten bzw. vereinbarten Termin zur persönlichen Untersuchung im Wohnbereich nicht angetroffen bzw. zum vereinbarten Termin einer Begutachtung per Telefoninterview telefonisch nicht erreicht.
  • Der Wohnsitz der antragstellenden Person ist nicht im Inland.
  • Der Hausbesuch oder das Telefoninterview musste wegen Verständigungsschwierigkeiten abgebrochen werden (z.B. Muttersprache).
  • Die antragstellende Person ist verstorben.
  • Der Hausbesuch oder das Telefoninterview musste wegen Gewaltandrohung oder ähnlich schwerwiegender Gründe abgebrochen werden.
  • Fehlende, aber für die Durchführung der Begutachtung zwingend erforderliche Informationen bzw. Unterlagen, die von der antragstellenden Person beizubringen sind.
  • Nachhaltige Störung der Infrastruktur (z.B. IT-Sicherheit, Naturkatastrophen).

(4) Liegt ein Verzögerungsgrund vor, der nicht von der Pflegekasse zu vertreten ist, wird der Lauf der Bearbeitungs- bzw. der Begutachtungsfrist gehemmt. Die Fristen laufen in dieser Zeit nicht weiter. Sie werden nach Beendigung der Hemmung fortgesetzt. Ein neuer Fristbeginn nach Beendigung der Verzögerung ist damit nicht verbunden.

Die Hemmung beginnt grundsätzlich mit dem Tag, an dem die Pflegekasse bzw. der MD oder die von der Pflegekasse beauftragte Gutachterin oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter Kenntnis über den Verzögerungsgrund erhält; spätestens mit dem Tag des Eintritts des Verzögerungsgrundes. Die Hemmung endet grundsätzlich mit der Kenntnis über den Wegfall des Verzögerungsgrundes; frühestens mit dem Tag, an dem der Tatbestand, der zur Hemmung führte, wegfällt...

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