9.1 Allgemeines
[1] Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unterliegen unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, dann nicht der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, wenn für sie aufgrund des über- und zwischenstaatlichen Rechts ein Anspruch auf Sachleistungen besteht.
[2] In der VO (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wird der Personenkreis der Studenten nicht explizit genannt. Daher werden sie grundsätzlich dem Personenkreis nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. e VO (EG) Nr. 883/2004 zugeordnet. Danach gelten für Personen, die nicht von den Personenkreisen des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a bis d VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst werden (Arbeitnehmer, Selbstständige, Beamte, Arbeitslose und Wehr- oder Zivildienstleistende), die Rechtsvorschriften des Wohnstaates. Hält sich ein Student zum Zweck des Studiums nicht in seinem Wohnstaat sondern einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder einem anderen Abkommensstaat (Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Türkei oder Tunesien) auf, gilt in der Regel dieser Aufenthalt als vorübergehender Aufenthalt. Insoweit unterliegt er weiterhin dem Recht des Wohnstaates (BSG, Urteil vom 22.3.1988, 8/5a RKn 11/87, USK 88100).
[3] Das Wohnstaatsprinzip gilt u. a. nicht, sobald ein Studierender eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz aufnimmt. In einem solchen Fall gelten die Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Sollte eine Person in einem anderen als den vorgenannten Staaten studieren, unterliegt sie nur dann der Versicherungspflicht, wenn die Person auch gleichzeitig in Deutschland immatrikuliert ist bzw. bleibt.
9.2 Studium von im Ausland versicherten Personen in Deutschland
[1] Wohnt ein Student in einem EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder einem Abkommensstaat, der die Krankenversicherung umfasst, und begibt sich zum Zweck des Studiums nach Deutschland, unterliegt er weiterhin dem Recht des Wohnstaates (vgl. Art. 11 Abs. 3 Buchst. e VO – EG – Nr. 883/2004). Auch bei einem mehrjährigen Auslandsstudium kann ein gewöhnlicher Inlandsaufenthalt angenommen werden, wenn nach Abschluss des Studiums eine Rückkehr in den Wohnstaat beabsichtigt ist, der Studierende in den Semesterferien in seinen Heimatort zurückkehrt, ein eigenes Zimmer in seinem Elternhaus beibehält oder die Aufenthaltsgenehmigung im Ausland begrenzt ist. Die KVdS ist ausgeschlossen, wenn der Student einen Anspruch auf Sachleistungen nachweist. Der Anspruch auf Leistungsaushilfe aufgrund des vorübergehenden Aufenthalts wird in der Regel durch eine Europäische Krankenversichertenkarte (EHIC) oder eine provisorische Ersatzbescheinigung nachgewiesen.
[2] Die vorgenannten Regelungen, die sich auf die VO (EG) Nr. 883/2004 beziehen, gelten neben den EU-Mitgliedstaaten für Island, Liechtenstein und Norwegen (EWR-Staaten) sowie für die Schweiz.
[3] Bei einem Studierenden mit Wohnort in einem Abkommensstaat sind folgende Anspruchsbescheinigung vereinbart: Bosnien und Herzegowina – BH6, Montenegro – DE/MNE 111, Nordmazedonien – D/RM 111, Serbien – DE111 SRB, Türkei – A/T 11, Tunesien A/TN 11.
[4] Studierende aus dem vertragslosen Ausland, die durch die Einschreibung als Student in Deutschland versicherungspflichtig werden, haben nach den Regelungen des § 8 Abs. 1 SGB V grundsätzlich die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht auf Antrag befreien zu lassen, sofern sie das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Ausland nachweisen (vgl. Abschnitt 3).
9.3 Studium von in Deutschland versicherten Personen im Ausland
[1] Ist ein Studierender während des Studienaufenthalts in einem anderen EU-, EWR-Staat oder der Schweiz an einer dortigen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben, unterliegt er aufgrund des Wohnstaatsprinzips grundsätzlich den deutschen Rechtsvorschriften. Die Einschreibung an einer Hochschule in einem anderen EU-, EWR-Staat oder der Schweiz steht der Einschreibung an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule im Inland gleich (Sachverhaltsgleichstellung nach Art. 5 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004). Insoweit besteht – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen – Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Auch bei Aufnahme eines Auslandssemesters bei fortgesetzter Einschreibung in Deutschland bleibt es bei der Versicherungspflicht in der KVdS.
[2] Eine ausführliche Dokumentation über das Bildungswesen einer Vielzahl ausländischer Staaten ist in der Datenbank "anabin" der Kultusministerkonferenz (KMK) unter www.anabin.kmk.org einzusehen. Die Datenbank "anabin" hat den Auftrag, Informationen zur Bewertung von ausländischen Hochschuleinrichtungen für unterschiedliche Zwecke zur Verfügung zu stellen. Somit ist es auch möglich zu erkennen, ob eine Hochschule in einem anderen EU-, EWR-Staat oder in der Schweiz als staatlich oder staatlich anerkannte Hochschule gleichzustellen ist.
[3] Besteht ein Anspruch auf Leistungsaushilfe im Rahmen der VO (EG) Nr. 8...