[1] Die Wahlerklärungen der Versicherten sind einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Auf sie finden die Regelungen des BGB zur Willenserklärung entsprechende Anwendung, solange die SGB-Vorschriften keine spezialgesetzlichen Regelungen treffen. Das Wirksamwerden der Wahlerklärungen richtet sich somit nach § 130 BGB, was grundsätzlich dazu führt, dass eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird dann nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Im Interesse der Versicherten hat sich jedoch seit Jahren die Praxis etabliert, wonach die freie Krankenkassenwahl den Versicherten, die vom Wahlrecht bei unverändertem Versicherungsverhältnis Gebrauch machen (vgl. Abschnitt 3.2), bis zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Kündigung zugestanden wird. Die Wahlerklärung kann dadurch in den Fällen des § 175 Abs. 4 SGB V noch bis zum Ende der Kündigungsfrist durch den Widerruf einer bzw. mehrerer Wahlerklärung(en) "korrigiert" werden; eines förmlichen Widerrufes der Wahlerklärungen bedarf es nicht. Sollte das Wahlrecht mehrfach ausgeübt worden sein, gilt die Krankenkasse als gewählt, die der Versicherte der zur Meldung verpflichteten Stelle gegenüber benennt. Sofern bei freiwillig Versicherten keine zur Meldung verpflichtete Stelle vorhanden ist, ist der Versicherte zu befragen.
[2] Mitglieder, die bei unverändertem Versicherungsverhältnis zunächst eine Wahlerklärung gegenüber einer oder mehreren Krankenkasse(n) abgegeben haben und anschließend gleichwohl bei ihrer bisherigen Krankenkasse verbleiben wollen, haben ihre Entscheidung formlos der bisherigen Krankenkasse mitzuteilen. Diese hat die Entscheidung des Mitglieds in geeigneter Weise zu dokumentieren. Anschließend übernimmt die bisherige Krankenkasse in ihrer Funktion als "wiedergewählte" Krankenkasse die Verpflichtung, die andere(n) betroffene(n) Krankenkasse(n) über die geänderte Wahlentscheidung des Mitglieds im Rahmen des Meldeverfahrens nach § 175 Abs. 2 SGB V zu informieren. Ein Widerruf der Wahlerklärung(en) gegenüber der(n) zunächst gewählten Krankenkasse(n) durch das Mitglied ist nicht notwendig. Sofern der Versicherte die zur Meldung verpflichtete Stelle über die Wahl einer neuen Krankenkasse bereits informiert hat, hat er sie auch über den Widerruf bzw. über den Verbleib bei der bisherigen Krankenkasse zu benachrichtigen. Eine neue Bindungsfrist (vgl. Abschnitt 8) wird durch die Entscheidung des Mitglieds über den Verbleib bei der bisherigen Krankenkasse nicht ausgelöst.
[3] Ein Widerruf der Krankenkassenwahl nach dem Ende der Kündigungsfrist und damit nach Beginn der Mitgliedschaft bei der gewählten Krankenkasse ist hingegen ausgeschlossen. Entsprechendes gilt bei der Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V.
[4] Ein identisches Verfahren hat sich auch im Rahmen eines sofortigen Krankenkassenwahlrechts anlässlich des Eintritts einer Versicherungspflicht (vgl. Abschnitt 3.3) entwickelt. Den Versicherten steht das Wahl- bzw. Gestaltungsrecht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht zu. Eine bzw. mehrere Wahlerklärung(en) können innerhalb dieser Frist "korrigiert" werden. Sofern ein Versicherter mehreren Krankenkassen gegenüber erklärt, deren Mitglied werden zu wollen, meldet die zur Meldung verpflichtete Stelle den Betroffenen bei der Krankenkasse an, die ihm vom Versicherten benannt wird. Dies gilt auch für Mitglieder, die aus Anlass des Eintritts eines neuen Versicherungspflichttatbestandes zunächst eine Wahlerklärung gegenüber einer oder mehreren Krankenkasse(n) abgegeben haben und anschließend gleichwohl bei ihrer bisherigen Krankenkasse verbleiben wollen. Ein förmlicher Widerruf der Wahlerklärung(en) gegenüber der(n) zunächst gewählten Krankenkasse(n) durch das Mitglied ist nicht notwendig. Die "wiedergewählte" Krankenkasse informiert die andere(n) betroffene(n) Krankenkasse(n) im Rahmen des Meldeverfahrens nach § 175 Abs. 2 SGB V über die geänderte Wahlentscheidung des Mitglieds. Eine neue Bindungsfrist (vgl. Abschnitt 8) wird durch die Entscheidung des Mitglieds über den Verbleib bei der bisherigen Krankenkasse nicht ausgelöst.
[5] Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht, wenn ein Krankenkassenwechsel mit dem Zeitpunkt des Übergangs von einer Pflichtversicherung (oder Familienversicherung) zu einer freiwilligen Mitgliedschaft zusammenfällt. Die auf den Krankenkassenwechsel gerichtete Willenserklärung des Mitglieds (Wahlerklärung nach § 175 SGB V) erfüllt in diesem Fall gleichzeitig die Funktion einer Beitrittserklärung nach § 9 Abs. 2 i.V.m. § 188 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Das Wirksamwerden solcher Wahlerklärungen richtet sich nach § 130 BGB.