[1] Der Hinweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von nicht im Vierten Kapitel [des SGB V] genannten Leistungserbringern nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse ist so zu verstehen, dass es sich um Leistungserbringer handeln muss, die zwar zu den dort genannten Berufsgruppen gehören, aber eine entsprechende Zulassung nicht beantragt haben. Damit können nach wie vor etwa Heilpraktiker nicht zu Kassenlasten in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für Leistungserbringer, die kollektiv auf eine Zulassung verzichtet haben (§ 95b Abs. 3 Satz 1 SGB V). Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen war es nicht Absicht des Gesetzgebers, über die Vorschrift des § 13 Abs. 2 SGB V generell die Inanspruchnahme von nicht zugelassenen Leistungserbringern zu ermöglichen. Aus dem Sachzusammenhang ist zu entnehmen, dass dies nur den Versicherten vorbehalten bleiben soll, die sich für eine Leistungsinanspruchnahme im Rahmen der Kostenerstattung entschieden haben.
[2] Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung hat die Krankenkasse medizinische und soziale Aspekte zu berücksichtigen und dabei gleichzeitig zu bewerten, ob eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass von Art und Umfang der begehrten Leistungen aus Qualitätsgesichtspunkten nur die im Rahmen einer Sachleistung zugelassenen Leistungen erstattungsfähig sind.
[3] Die vom Gesetzgeber geforderte "zumindest gleichwertige Versorgung" schließt hinsichtlich der vom Leistungserbringer zu fordernden Qualitätsgesichtspunkte alle Kriterien ein, die von Leistungserbringern für die Ausübung ihres Berufes und Teilnahme an der Gesundheitsversorgung innerhalb der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung zu erfüllen sind. Diese finden Niederschlag in den standesrechtlichen Bestimmungen und in den leistungs- und vertragsrechtlichen Voraussetzungen etwa bei niedergelassenen Vertragsärzten oder ermächtigten Klinikärzten. Somit empfiehlt sich im Einzelnen z.B. zu fordern:
- zulassungsäquivalente Nachweise der Qualifikation,
- zulassungsäquivalente Nachweise der Strukturqualität der Einrichtung/Praxis/Operationsräume/Teambesetzung/Dienstbereitschaft usw.,
- Fortbildungsnachweis nach den jeweils gültigen gesetzlichen oder vertraglichen Anforderungen,
- Nachweis der Teilnahme an den gesetzlich geforderten Maßnahmen zur Qualitätssicherung.
[4] Bei allen diesen Nachweisen definieren für den ärztlichen Bereich die Vorgaben der Berufsordnung, der Ärztekammern und der Kassenärztlichen Vereinigungen für den entsprechenden Versorgungsbereich als Ausdruck der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen wesentliche Qualitätsanforderungen. Entsprechendes gilt auch für die übrigen im Vierten Kapitel [des SGB V] genannten nichtärztlichen Leistungserbringer. Hieran ist die Beurteilung zu orientieren. D.h. also, es ist vor einer Zustimmung der Krankenkassen zur Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Leistungserbringers der Nachweis zu führen, dass der Leistungserbringer nach Qualifikation und Durchführung der Leistungserbringung dem Versicherten die gleiche Qualität gewährleisten kann wie ein im Vertragsverhältnis stehender Leistungserbringer. Soweit ein Versicherter die Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Leistungserbringers beantragt, empfiehlt es sich für die Krankenkasse, zur Abklärung der aufgezeigten vielschichtigen Gesichtspunkte den Medizinischen Dienst einzuschalten. Sofern aus vorausgegangenen Aufträgen keine einschlägigen Hinweise zur Qualifikation des Leistungserbringers vorliegen, sollte der Medizinische Dienst die Krankenkasse bei der Einholung und Bewertung entsprechender Nachweise über die Qualifikation des Leistungserbringers unterstützen. Im Übrigen sollten gleichzeitig auch die im Rahmen der [korr.] Ermessensentscheidung der Krankenkasse als Rechtfertigungsgrund für eine Inanspruchnahme eines Nicht-Vertragspartners zu berücksichtigenden medizinischen und sozialen Aspekte überprüft und mit in die Bewertung einbezogen werden.
[5] Mit dem Ziel der Gleichbehandlung und einheitlichen Beurteilung der Qualitätsvoraussetzungen der Leistungserbringer und der medizinischen oder sozialen Inanspruchnahmegründe ist unter Berücksichtigung gewonnener Erfahrungen für die Zukunft der Bedarf für ein standardisiertes Begutachtungsverfahren – möglichst auch mit einem Katalog einschlägiger Beispielsfälle für medizinische oder soziale Rechtfertigungsgründe zur Leistungsinanspruchnahme eines Nicht-Vertragsleistungserbringers – zu prüfen.
[6] Bis zur Erstellung einer standardisierten Begutachtungshilfe sind durch den Medizinischen Dienst entsprechende Einzelfallempfehlungen zu treffen.
[7] Es erscheint im Übrigen sinnvoll, im Einzelfall vom Versicherten im Zuge seiner Beratung eine schriftliche Bestätigung dahingehend zu verlangen, dass er darüber informiert ist, dass die Kostenerstattung dem Grunde und der Höhe nach auf zugelassene Vertragsleistungen beschränkt ist.