[1] Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der von Studenten ausgeübten Beschäftigungen ist die Zugehörigkeit zum Personenkreis der ordentlichen Studierenden. Dies setzt voraus, dass eine wissenschaftliche Ausbildung in einem geordneten Ausbildungsgang mit einem bestimmten Berufsziel erfolgt und der Student sich einer mit dem Studium in Verbindung stehenden oder darauf aufbauenden Ausbildungsregelung unterwirft (s. Urteil des BSG vom 19.12.1974 – 3 RK 64/72 – , USK 74169). Zu den ordentlichen Studierenden gehören diejenigen, die an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eingeschrieben (immatrikuliert) sind und deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden.
[2] Die Hochschulausbildung endet mit dem Tag der Exmatrikulation, wenn das Studium abgebrochen, unterbrochen oder in sonstigen Fällen durch Exmatrikulation ohne Prüfung beendet wird. Hat der Studierende die von der Hochschule für den jeweiligen Studiengang nach den maßgebenden Prüfungsbestimmungen vorgesehene Abschlussprüfung abgelegt (z. B. Diplomprüfung, Staatsexamen, Magisterprüfung, Bachelor), so endet die Hochschulausbildung mit dieser Abschlussprüfung. Zu welchem Zeitpunkt das Prüfungszeugnis ausgehändigt wird, ist unbeachtlich.
[3] Dementsprechend gehören Personen, die nach ihrem Hochschulabschluss weiterhin eingeschrieben bleiben, grundsätzlich nicht mehr zu den ordentlichen Studierenden im Sinne der Sozialversicherung (zum Aufbau- oder Zweitstudium s. Abschnitt B 1.2.9). Dies gilt auch für diejenigen, die nach ihrem Hochschulabschluss ein Promotionsstudium aufnehmen und daneben eine Beschäftigung ausüben. Das Bundessozialgericht hat dazu in seinem Urteil vom 23.03.1993 – 12 RK 45/92 – (USK 9318) entschieden, dass das Promotionsstudium nicht mehr zur wissenschaftlichen Ausbildung gehört. Wird nach einem Hochschulabschluss eine Beschäftigung und daneben ein Ergänzungs- oder Zweitstudium aufgenommen, das lediglich der beruflichen Weiterbildung dient, ist das Kriterium "ordentlicher Studierender" regelmäßig ebenfalls nicht mehr gegeben (s. Urteil des BSG vom 29.09.1992 – 12 RK 31/91 –, USK 9277, s. jedoch Abschnitt B 1.2.9).
[4] Für Personen, die die erste juristische Staatsprüfung abgelegt haben, besteht die Möglichkeit, die Prüfung zur Notenverbesserung zu wiederholen. Für die Dauer der Prüfungsvorbereitung bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung bleiben diese Personen an der Hochschule immatrikuliert. Eine Beschäftigung in dieser Zeit ist versicherungsrechtlich ebenfalls als Beschäftigung während der Dauer des Studiums als ordentlicher Studierender anzusehen. Allerdings scheidet das Werkstudentenprivileg aus, wenn der Betreffende den erreichten Abschluss des ersten juristischen Staatsexamens benutzt, um eine entsprechend höher qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen, z. B. in den Vorbereitungsdienst einzutreten, oder zu erkennen ist, dass er von der Möglichkeit der Wiederholungsprüfung tatsächlich keinen Gebrauch machen will (s. Urteile des BSG vom 11.11.2003 – B 12 KR 5/03 R –, USK 2003-32 und – B 12 KR 26/03 R –, USK 2003-34). Entsprechendes gilt für vergleichbare Regelungen in anderen Studienfachrichtungen.
[5] Eingeschriebene Studenten, die wegen Überschreitens der in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V in Verb. mit [akt.: § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 in Verb. mit Satz 1 SGB XI] genannten Fachsemesterzahl oder Altersgrenze nicht mehr nach diesen Vorschriften der Versicherungspflicht als Student in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen, können gleichwohl als ordentliche Studierende in einer Beschäftigung versicherungsfrei sein (s. Urteil des BSG vom 23.09.1999 – B 12 KR 1/99 R–, USK 9930).
[6] Der Beschäftigte verliert seinen Status als ordentlich Studierender nicht dadurch, dass er zum Semesterende die Hochschule wechselt und bei einem Wechsel von einer Fachhochschule (Exmatrikulation zum 28.02.) zu einer Universität (Semesterbeginn 01.04.) eine Lücke von einem Monat entsteht, in der der Studierende nicht eingeschrieben ist. Denn während der Wechsel von einer Universität zu einer Fachhochschule wegen der Überschneidung von Semesterende (Universität 31.03.) und Semesterbeginn (Fachhochschule 01.03.) versicherungsrechtlich keinerlei Probleme bereitet, ist auch in den umgekehrten Fällen insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
[7] Bei beschäftigten Studenten mit einer ungewöhnlich langen Studiendauer (sog. Langzeitstudenten) wird von der widerlegbaren Vermutung ausgegangen, dass bei einer Studienzeit von bis zu 25 Fachsemestern je Studiengang das Studium im Vordergrund steht und deshalb – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bzw. § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III in Betracht kommt. Ein Wechsel der Fachhoch- oder Hochschule innerhalb des Studienganges ist dabei unbeachtlich.