[1] Für die der Rente vergleichbaren Einnahmen wird im Gesetz der Begriff "Versorgungsbezüge" verwendet. § 229 Abs. 1 SGB V enthält eine abschließende Aufzählung der bei der Festsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen zu berücksichtigenden Versorgungsbezüge. Diese haben gemeinsam, dass sie an eine (frühere) Erwerbstätigkeit anknüpfen. Leistungen aus anderen als den dort genannten Rechtsverhältnissen und Quellen unterliegen in diesem Rahmen nicht der Beitragspflicht. Deshalb stellen Einkünfte, die nicht im Zusammenhang mit dem Erwerbsleben stehen, z.B. aus betriebsfremder privater Eigenvorsorge, von vornherein keine Versorgungsbezüge dar.

[2] Des Weiteren werden Versorgungsbezüge nur insoweit für die Beitragsbemessung herangezogen, als sie wegen

  • einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder
  • zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung

erzielt werden. Der Grad der Erwerbsminderung sowie die Altersgrenze(n) spielen dabei keine Rolle.

[3] Die Bezüge müssen jedoch die Funktionen der entsprechenden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom Grundsatz erfüllen, d.h. wie bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§§ 43 ff. SGB VI) und Renten wegen Alters (§§ 35 ff. SGB VI) Einkommensersatzfunktion sowie bei Renten wegen Todes (§§ 46 ff. SGB VI) Unterhaltsersatzfunktion haben (Versorgungscharakter). Problematisch kann die Abgrenzung werden, wenn mit der Leistung neben der Einkommens- bzw. Unterhaltsersatzfunktion auch andere Ziele verfolgt werden. Das Wesensmerkmal von Versorgungsbezügen besteht darin, dass die Zahlung einen Versorgungszweck erfüllt, d.h. auf eine Verbesserung der Versorgung des Betroffenen gerichtet ist (BSG, Urteil vom 26.3.1996, 12 RK 44/94, USK 9662). Leistungen mit z.B. Entschädigungscharakter sind nicht vergleichbar mit Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und unterliegen deshalb nicht der Beitragspflicht.

[4] Für die Zuordnung von Leistungen zu den Versorgungsbezügen muss der Leistung ein ursprünglich vereinbarter Versorgungszweck zuzuschreiben sein. Die Versorgung muss wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Daraus folgt u.a., dass der Charakter einer Leistung als Versorgungsbezug nicht dadurch – nachträglich – verloren geht, wenn die Auszahlung, z.B. wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, vor Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls erfolgt. Im Hinblick auf diesen objektiv zu bestimmenden Charakter der Leistung hat es zudem keinen Einfluss auf die beitragsrechtliche Bewertung, wie die Beteiligten die Leistung ursprünglich rechtlich eingeordnet haben oder welcher Charakter der Leistung zum Zeitpunkt der Auszahlung zugeschrieben wird (BSG, Urteile vom 25.4.2012, B 12 KR 26/10 R, USK 2012-20, und vom 29.7.2015, B 12 KR 4/14 R, USK 2015-56, und B 12 KR 18/14 R, USK 2015-64).

[5] Zum Tatbestandsmerkmal "wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit" hat sich das BSG in den Fällen einer Firmenrente im Lufthansa-Konzern wegen dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit auseinandergesetzt (Urteile vom 1.2.2022, B 12 KR 39/19 R und B 12 KR 40/19 R, USK 2022-1). Von einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne kann nach Auffassung des BSG bei Rentenleistungen ausgegangen werden, die – wie die Firmenrente der Lufthansa – ihren Grund in einer nicht nur vorübergehend bestehenden körperlichen oder geistigen Einschränkung haben, die (jedenfalls teilweise) zum Wegfall des Leistungsvermögens führt, und einem rententypischen Versorgungszweck dienen. Hingegen komme es nicht darauf an, dass der Versicherungsfall der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit in gleicher Weise wie nach dem SGB VI definiert werde oder im Einzelfall mit Eintritt der Flugdienstuntauglichkeit zugleich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt seien. Unerheblich ist nach Auffassung des BSG ebenfalls, wenn die Leistung/Rente auf das Leistungsvermögen in einem bestimmten Berufsfeld und nicht auf die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes abstellt. Dem Versorgungszweck stehe schließlich nicht entgegen, wenn die Zahlung der Leistung z.B. mit dem vollendeten 63. Lebensjahr endet. Eine Leistungsbefristung könne zwar einem Altersversorgungszweck entgegenstehen, schließe aber den Leistungsgrund der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht aus.

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge