Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Leistungsausschluss bei Ausbildungsförderung. Unterkunft und Heizung. Zuschuss gem § 22 Abs 7 SGB 2. keine Einkommensberücksichtigung nach SGB 2. keine Anrechnung von Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch nach § 22 Abs 7 SGB 2 hängt allein von der Höhe der ungedeckten Unterkunftskosten ab, ohne dass es einer Bedarfs- bzw Einkommensberechnung nach dem SGB 2 bedarf. Bildet ein BAföG-Bezieher mit seinen Eltern, die Bezieher von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB 2 sind, eine Bedarfsgemeinschaft, darf bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses nach § 22 Abs 7 SGB 2 das dem BAföG-Bezieher zufließende Kindergeld keine Berücksichtigung finden, da es nach § 21 BAföG bei der Prüfung der Bedürftigkeit nicht als Einkommen angerechnet wird. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ist bei der nach § 22 Abs 7 SGB 2 beabsichtigten Aufstockungsleistung ungedeckter Unterkunftskosten zu beachten.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2007 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 157,55 EUR für die Zeit vom 13. April 2007 bis zum 31. August 2007 zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Gründe

Die am 30. Juni 2007 beim Sozialgericht eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (2. Juli 2007), mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von monatlich 157,55 EUR ab Eingang des Eilantrages beim Sozialgericht zu gewähren, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung (Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 - BGBl. I, 1706) erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II u.a. Auszubildende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten und deren Bedarf sich nach § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Satz 1 gilt nicht, wenn die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 2a SGB II ausgeschlossen ist.

Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II sind im Falle der Antragstellerin erfüllt.

Ergibt sich - wie hier - eine vorrangige Anspruchsberechtigung nicht aus § 7 Abs. 6 SGB II, sind Auszubildende an sich nach § 7 Abs. 5 SGB II von dem Bezug laufender Leistungen ausgeschlossen. Mit der Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II hat der Gesetzgeber auf das Problem reagiert, dass in die Leistungen für Auszubildende teilweise Unterkunftskosten lediglich in nicht bedarfsdeckender Höhe eingerechnet sind und dies insbesondere bei einer nach § 22 Abs. 7 SGB II vorausgesetzten Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahlen zu einer Bedarfsunterdeckung führt (Berlit in: LPKSGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 126 m.w.N.). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/1410, S. 24) zielt die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II insbesondere auf BAföG beziehende Studierende, die im Haushalt der Eltern leben und Kosten für die Unterkunft und Heizung beisteuern müssen, weil die Eltern den auf das studierende Kind entfallenden Wohnkostenanteil nicht tragen können, insbesondere wenn sie selbst hilfebedürftig sind und daher einen Teil der Wohnkosten nicht erstattet bekommen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 2. Februar 2007, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 6. Februar 2007, Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II beantragt. Sie absolviert ein Studium, wohnt bei ihren Eltern und bezieht Leistungen nach § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG. Sie ist damit nach § 22 Abs. 7 SGB II anspruchsberechtigt. Der Wortlaut des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II lässt allerdings nicht erkennen, wie die Hilfeleistungen zu berechnen sind, insbesondere ob und ggf. in welcher Höhe Einkommen anzurechnen ist. Nach der Systematik des Gesetzes hängt der Anspruch nach § 22 Abs. 7 SGB II allein von der Höhe der ungedeckten Un...

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