Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung kompensatorischer Einsparungen zur Widerlegung der Unwirtschaftlichkeit vertragszahnärztlicher Leistungen
Orientierungssatz
1. Macht der Vertragsarzt im Rahmen der Honorarprüfung kompensatorische Einsparungen zur Entkräftung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit geltend, so muss er hinreichend darlegen, durch welche vermehrten Leistungen er in welcher Art von Behandlungsfällen aus welchem Grund welche Einsparungen erzielt hat. Dabei ist ein geltendgemachter Mehraufwand nur dann berücksichtigungsfähig, wenn nachgewiesen ist, dass gerade durch den Mehraufwand die Einsparungen erzielt werden und dass diese Behandlungsart medizinisch gleichwertig sowie auch insgesamt kostensparend und damit wirtschaftlich ist.
2. Die substantiierte Darlegung von Praxisbesonderheit und kompensatorischen Einsparungen kann wegen des den Prüfgremien zustehenden Ermessensspielraumes in zeitlicher Hinsicht im Verwaltungsverfahren nur bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses erfolgen und im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sowie die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 42.332,98 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den vier Quartalen I bis IV/05 in Höhe von insgesamt 42.332,98 €.
Der Kläger ist seit September 1997 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den Quartalen I bis IV/05 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):
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Quartal |
|
Fallzahl |
Pkte. pro Fall |
Mehrkosten pro Fall in Pkte. |
In % |
I/2005 |
VZA... |
434 |
140 |
44 |
45,8 |
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VG... |
410 |
96 |
|
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II/2005 |
VZA... |
503 |
168 |
75 |
80,6 |
|
VG |
438 |
93 |
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III/2005 |
VZA... |
459 |
154 |
64 |
71,1 |
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VG... |
408 |
90 |
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IV/2005 |
VZA... |
494 |
144 |
64 |
80,0 |
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VG... |
512 |
80 |
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Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - führte für die Quartale I bis IV/05 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bzgl. der konservierenden-chirurgischen Leistungen durch. Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der er nicht teilnahm.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2007, dem Kläger am 16. August 2007 zugestellt, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 43.356,18 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte auf die streitigen 42.332,98 € reduzierte. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen (nach Berücksichtigung der HVM-Einbehalte) vor:
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I/05 um |
2.185,49 € |
II/05 um |
16.044,61 € |
III/05 um |
10.808,16 € |
IV/05 um |
13.294,72 € |
Hiergegen legten der Kläger am 12. September 2007 und die Beigeladenen zu 2) bis 8) am 14. September 2007 Widerspruch ein.
Zur Begründung trug der Kläger vor, der Prüfungsausschuss lege nicht dar, welche Leistungen unwirtschaftlich gewesen sein sollten. Die Auffassung, dass bei einer Überschreitung der Punktzahl pro Behandlungsfall von mehr als 40 % von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen sei, könne nicht gefolgt werden. Der Prüfungsausschuss habe auch nicht berücksichtigt, dass er viel mehr Zähne erhalten habe, als dies bei durchschnittlichen Vertragszahnärzten der Fall sei. Sämtliche abgerechneten Leistungen seien zur Erzielung des Behandlungserfolges, Erhalt des jeweiligen Zahnes, notwendig gewesen. Berücksichtige man die ersparten Aufwendungen für die anschließende prothetische Behandlung nach der Entfernung eines Zahnes, sei seine Behandlung wirtschaftlicher als dies im Durchschnitt bei den Vertragsärzten der Fall sei. Eine statistische Betrachtungsweise könne nicht nur auf einen Kostenaspekt der Gesamtkosten begrenzt werden, und, wenn dieser eine Bereich über dem Durchschnitt liege, als eine insgesamt unwirtschaftliche Behandlung bewertet werden. Vielmehr müsse der Gesamtkomplex, sämtliche Kosten (auch die Folgekosten bei Verlust eines Zahnes) für den Vergleich herangezogen werden.
Der Beklagte führte eine Prüfsitzung durch, an der der Kläger in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten teilnahm. Mit Beschluss vom 12. Juni 2008, ausgefertigt am 23. Oktober 2008 und dem Kläger am 27. Oktober 2008 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers und den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) bis 8) als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe er im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Üb...