Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Versicherten auf Heilmittelverordnung außerhalb des Regelfalls in Form der Langzeitverordnung
Orientierungssatz
1. Die Verordnung von Krankengymnastik als als Langzeitheilmittelverordnung außerhalb des Regelfalls nach § 32 Abs. 1a SGB 5 setzt einen medizinisch notwendigen Therapiebedarf von mindestens einem Jahr voraus.
2. § 8a der nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB 5 erlassenen Heilmittel-Richtlinie verlangt entweder das Vorliegen einer der in Anlage 2 gelisteten Diagnosen oder einer schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigung. Ein Therapiebedarf von mindestens einem Jahr muss bei dem Versicherten erforderlich sein.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf einer Heilmittelverordnung (Krankengymnastik) außerhalb des Regelfalls in Form der Langzeitverordnung streitig.
Von Juli bis November 2011 wurde zu Lasten der Beklagten Behandlungen der Klägerin mit Krankengymnastik auf ärztliche Verordnung innerhalb des Regelfalls wegen Wirbelsäulenbeschwerden zur Schmerzbehandlung/Schmerzlinderung durchgeführt und erneut ab Januar 2012 (insgesamt 28 Behandlungseinheiten).
Am 29. Juni 2012 ging bei der Beklagten der Antrag der Klägerin auf Genehmigung von Heilmitteln (Krankengymnastik) außerhalb des Regelfalls als Langzeitverordnung zur Behandlung anhaltender Schmerzen/Beschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS) und Halswirbelsäule (HWS) ein. Dem Antrag war eine Verordnung ihres Hausarztes Dr. C. (Arzt für Allgemeinmedizin) vom 26 Juni 2012 beigefügt über sechsmal Krankengymnastik zweimal wöchentlich unter Angabe des Indikationsschlüssels "WS 2b" und der Diagnosen "Wirbelsäulenerkrankungen m. prognost. länger dauerndem Behandlungsbedarf (insbes. Einschränkungen v. relev. Aktivitäten): Schmerzen durch Fehl- oder Überlastung discoligamemtrer Strukturen im Bereich LWS / HWS" sowie der Therapieziele "Funktionsverbesserung / Verringerung Fehl-/Überlastung" und der medizinischen Begründung "ohne Therapie ist mit einer Zunahme der Symptomatik zurechnen". Dem Antrag war des Weiteren eine Bescheinigung des Hausarztes vom 26. Juni 2012 beigefügt. Darin führt der Hausarzt aus, die Notwendigkeit der Behandlung außerhalb des Regelfalles als Langfristverordnung ergebe sich aus einer störungsbildabhängigen und weiterführenden Diagnostik des Krankenbildes. Das Krankheitsbild erfordere eine kontinuierliche Behandlung von mindestens einem Jahr. Ebenfalls dem Antrag beigefügt war ein Bericht des Physiotherapeuten F. vom 10. Mai 2012. Danach ergebe der Stand der Therapie eine "leichte Lockerung d. Nacken- und Rückenmuskulatur, Dehnung d. Beinmuskulatur und soweit möglich Kräftigungs- und Stabilisationsübg./Traktion d. HWS u. LWS, daher sollte die Therapie auch weiterhin fortgesetzt werden". Die Klägerin sei weiterhin sehr schmerzempfindlich und die Therapie habe noch keine langanhaltende Verbesserung erbracht. Die Verordnungen sollten fortgesetzt werden, um den Behandlungsansatz weiterzuführen.
Die Beklagte veranlasste eine aktenmäßige Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK), die am 3. Juli 2012 erstellt wurde. Danach seien eigenverantwortliche Maßnahmen ausreichend.
Gestützt darauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 3. Juli 2012 ab.
Der Widerspruch der Klägerin ging am 3. August 2012 ein. Sie legte u.a. ein ärztliches Attest des Orthopäden D. vom 10. Juli 2012 vor, in dem folgende Diagnosen bescheinigt werden "chron. rez. HWS-Syndrom, Protrusion C5 - C 7, chron. rez. LWS-Syndrom, Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1". Aus orthopädischer Sicht sei aufgrund der starken, chron. Schmerzen und diesen Diagnosen eine kontinuierliche Krankengymnastik auch mit manueller Therapie dringend erforderlich.
Die Beklagte veranlasste erneut eine aktenmäßige Stellungnahme des MDK, die am 17. September 2012 erstellt wurde. Der MDK führte aus, es liege zwar eine Erkrankung und Schädigung vor, die langfristig zu Beschwerden führen könne. Die notwendige physikalische Therapie liege vor allem darin, eine muskuläre Ausgangssituation zu schaffen, damit die Beschwerden längerfristig gelindert würden. Dazu trage ein muskuläres Aufbautraining bei, welches nach therapeutischer Anleitung durch den Patienten selbständig durchgeführt werden könne. Bei auftretenden Beschwerden und Verspannungen könne der Patient Wärmeanwendungen eigenverantwortlich durchführen. Aufgabe des Therapeuten sei es, den Patienten in eigenverantwortliche Maßnahmen einzuweisen. Eine Therapie werde der Versicherten nicht vorenthalten, da sie wie bisher physikalische Therapien nach der Heilmittel-RL erhalte und dies auch weiterhin möglich sei.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19...