Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung eines behördlichen Hinweises vom Verwaltungsakt als Zulässigkeitsvoraussetzung eines Widerspruchs
Orientierungssatz
1. Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs setzt einen Verwaltungsakt voraus. Gegen einen solchen muss sich nach §§ 83, 78 Abs. 1 S. 1 SGG der Widerspruch richten.
2. Ein Verwaltungsakt i. S. von § 31 S. 1 SGB 10 ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
3. Lediglich der Hinweis des Grundsicherungsträgers auf bereits früher ergangene Bescheide enthält keine eigene Regelung i. S. des § 31 S. 1 SGB 10. Ein solches Schreiben der Behörde enthält keinen eigenen Regelungscharakter. Damit liegt ein Verwaltungsakt i. S. von § 31 S. 1 SGB 10 nicht vor.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Unterkunftskosten im Rahmen des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) streitig.
Die 1953 geborene Klägerin steht seit 2008 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Sie bezog Anfang 2014 ohne Zustimmung des Beklagten eine Wohnung in der C-Straße in A-Stadt, wobei der Beklagte die Kaution der Wohnung nicht übernahm. Zudem hatte der Beklagte von Januar bis März 2014 gegenüber der Klägerin eine 100 %-Sanktion ausgesprochen und dementsprechend keinerlei Zahlungen veranlasst. Wegen Mietrückständen sprach der Vermieter in der Folge eine Kündigung aus. Die Klägerin beantragte bei dem Beklagten mehrfach die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten sowie der Kaution, was der Beklagte mit verschiedenen Bescheiden im Jahr 2013 und 2014 jedoch ablehnte.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2015 (Bl. 1711 der Verwaltungsakte) forderte die Klägerin den Beklagten zur sofortigen Barauszahlung der Kaution für die von ihr bewohnte Wohnung in Höhe von 1.170 Euro auf. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 (Bl. 1712 der Verwaltungsakte) wies der Beklagte die Klägerin hinsichtlich der Übernahme der Mietkaution auf die Bescheide vom 3. April 2014 und 18. Dezember 2013 hinsichtlich der Ablehnung der Wohnraumanmietung sowie den Widerspruchsbescheid vom 11. März 2014 hin. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin am 23. Juni 2015 (Bl. 1734 der Verwaltungsakte) Widerspruch ein. Sie begründete diesen damit, dass die weitere Verweigerung der Kautionszahlung für die angemessene Wohnung nicht akzeptabel sei. Es laufe bereits die Klage auf Räumung und die Umstände der Anmietung der vorliegenden Wohnung seien dem Beklagten bekannt gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2015 (Bl. 1809 der Verwaltungsakte) wies der Beklagte diesen Widerspruch als unzulässig zurück. Bei dem Schreiben vom 10. Juni 2015 handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern lediglich um ein Informationsschreiben.
Hiergegen richtet sich die am 11. September 2015 zum Sozialgericht Frankfurt erhobene Klage. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass die bewohnte Wohnung angemessen sei und es keinen Grund gebe, die Kostenübernahme für die Kaution zu verweigern.
Die Klägerin beantragte, den Beklagten unter Aufhebung des Schreibens vom 10. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015 zu verurteilen, ihr 1.170 Euro für die Kaution für die Wohnung in der C-Straße in A-Stadt auszuzahlen.
Der Beklagte trat dem entgegen. Zur Begründung seines Antrags verwies der Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheids.
Mit Urteil vom 21. April 2016 wies das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage ab.
Die zulässige Klage sei unbegründet. Zu Recht habe der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben vom 10. Juni 2015 als unzulässig verworfen.
Nach §§ 83, 78 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) müsse sich der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt richten, die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs setze damit einen Verwaltungsakt voraus (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2009, L 19 B 346/09 AS mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, B 5 RJ 66/04 R m.w.N.).
Bei dem Schreiben des Beklagten vom 10. Juni 2015 handele es sich jedoch nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach sei ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei.
Das Schreiben des Beklagten vom 10. Juni 2015 sei lediglich ein Hinweis auf bereits früher ergangene Bescheide und enthalte keine eigene Regelung im Sinne des § 31 S. 1 SGB X. Eine Regelung sei eine Entscheidung, die auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerich...