Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenregelung im Vergleich
Orientierungssatz
Enthält der den Rechtsstreit beendende Vergleich eine Regelung über die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten, kann ein Antrag nach § 193 Abs 1 S 3 SGG nicht mehr gestellt werden. Eine Kostenregelung zum Klageverfahren erfasst nicht auch eine Kostenübernahme für das Vorverfahren.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juli 2005 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Vorverfahrens zu erstatten hat.
Mit seiner am 23. August 2001 beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage richtete sich der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. August 2001, mit dem die Beklagte die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an den Kläger abgelehnt hatte. Nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 12. September 2003 gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Januar 2004 ein Vergleichsangebot ab. Danach erkannte die Beklagte an, dass bei dem Kläger seit 5. September 2003 eine volle Erwerbsminderung vorliege und dem Kläger demgemäß ab 1. Oktober 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werde. Weiter erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten im Sinne des § 193 SGG für das Klageverfahren zu ½ zu übernehmen. Mit der Annahme dieses Angebotes sollte der Rechtsstreit als erledigt betrachtet werden. Am 16. Februar 2004 nahm der Kläger das Vergleichsangebot an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Im Rahmen der Berechnung der außergerichtlichen Kosten beantragte der Kläger die Entscheidung des Gerichts, dass die Beklagte auch die außergerichtlichen Kosten für das Vorverfahren zur Hälfte zu erstatten habe. Der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung bedinge auch eine anteilige Kostenerstattung für das der Klage vorausgegangene Widerspruchsverfahren. Das Vorverfahren sei eine zwingende Prozessvoraussetzung. Mit Beschluss vom 5. Juli 2005 entschied das Sozialgericht Frankfurt am Main, dass die Beklagte dem Kläger die Hälfte seiner im Vorverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Die Parteien hätten sich über die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten nicht vergleichsweise geeinigt, da im Vergleich nur von Klageverfahren gesprochen worden sei. Die für das Klageverfahren vergleichsweise vereinbarte Kostenquotelung von ½ erscheine dem Gericht auch für das Vorverfahren angemessen.
Mit ihrer am 29. August 2005 eingelegten Beschwerde richtet sich die Beklagte gegen den ihr am 16. August 2005 zugestellten Beschluss. Nach Auffassung der Beklagten erfasst der den Rechtsstreit beendende Vergleich lediglich die Kosten für das Klageverfahren, nicht aber für das Widerspruchsverfahren. Eine Kostengrundentscheidung sei durch das Gericht nicht zu treffen gewesen, da der Vergleich unmittelbare Grundlage für die Kostenfestsetzung sei. Auch aus dem Rechtsgedanken des § 195 SGG lasse sich ableiten, dass eine Tragung der anteiligen Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht in Betracht komme. Denn nach dieser Vorschrift hätten die Beteiligten im Falle der Erledigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich ihre Kosten selbst zu tragen, wenn im Vergleich keine Bestimmung über die Kosten getroffen worden sei. Aber auch in der Sache sei die hälftige Kostentragung der Beklagten für das Vorverfahren nicht angemessen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bestehe nicht einmal ein Kostenerstattungsanspruch nach § 193 SGG, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch erst während des Rechtsstreits erfüllt würden und dem von Seiten der Beklagten unverzüglich Rechnung getragen werde. Da der Leistungsfall erst während des Klageverfahrens eingetreten sei, sei der Ausgangs-und Widerspruchsbescheid nicht zu beanstanden gewesen, so dass auch eine anteilige Kostentragung für das Widerspruchsverfahren nicht sachgerecht sei.
II.
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und auch sachlich begründet.
Das Sozialgericht hat mit dem Beschluss vom 5. Juli 2005 die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger die Hälfte seiner im Widerspruchsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Rechtsstreit des Klägers gegen die Beklagte wurde durch die Annahme des Vergleichsangebotes der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 8. Januar 2004 beendet. Der Vergleich enthielt auch eine Regelung über die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten. Hiernach sollte die Beklagte dem Kläger die Hälfte der für das Klageverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten erstatten. Die Kosten für das Widerspruchsverfahren, die zwar grundsätzlich auch von der Vorschrift des § 193 Abs. 2 SGG erfasst sind, sind ni...