Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessen bei Zulassung eines psychologischen Psychotherapeuten

 

Orientierungssatz

Der Zulassungsausschuss handelt nicht ermessenswidrig, wenn er bei der Entscheidung über die Praxisnachfolge eines ärztlichen Psychotherapeuten als Vertragsarzt in einem Bezirk mit Zulassungsbeschränkung, für die sich ausschließlich psychologische Psychotherapeuten beworben haben, von zwei gleichwertigen Mitbewerbern denjenigen auswählt, der sich bereits privatrechtlich mit dem Praxisinhaber geeinigt hat.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 11. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits auch im zweiten Rechtszug einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1) und 9) zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 120.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulassung des Beigeladenen zu 1) zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit als psychologischer Psychotherapeut im Rahmen der Praxisnachfolge der Beigeladenen zu 9).

Die Beigeladene zu 9) war als Fachärztin für psychotherapeutische Medizin mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 stellte der Zulassungsausschuss/Psychotherapie (ZA/P) bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) die Beendigung der Zulassung wegen Verzichts zum 31. Dezember 2005 fest. Bereits mit Beschluss vom 31. August 2005 ordnete der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Planungsbereich des Vertragsarztsitzes der Beigeladenen zu 9) für die Fachgruppe der ärztlichen Psychotherapeuten und die Fachgruppe der psychologischen Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen nach Nr. 22b der Richtlinien über die Bedarfsplanung und die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte -BedarfsplRL-Ä) an, weil nicht mindestens 40 % der Therapeuten ärztliche Psychotherapeuten waren.

Der Beigeladene zu 1) ist seit 1. Januar 1999 als psychologischer Psychotherapeut approbiert und seit dem 17. November 1999 in das Psychotherapeutenregister in Hessen eingetragen. Auf die von der Beigeladenen zu 9) am 22. Juli 2005 beantragte Ausschreibung des Vertragsarztsitzes derselben bewarb sich u.a. der Beigeladene zu 1) am 22. November 2005. Bewerbungen ärztlicher Psychotherapeuten erfolgten im Ergebnis in der einmonatigen Ausschreibungsfrist nicht.

Der ZA/P ließ den Beigeladenen zu 1) mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 zur Übernahme des Vertragsarztsitzes der Beigeladenen zu 9) zu und lehnte die Anträge vier weiterer Mitbewerber, bei denen es sich sämtlich um psychologische Psychotherapeuten handelte, ab.

Den dagegen von der Klägerin unter Hinweis auf Nr. 22b BedarfsplRL-Ä eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit dem am 7. April 2006 ausgefertigten Beschluss vom 22. Februar 2006 zurück.

Die hiergegen am 24. April 2006 von der Klägerin erhobene Klage hat das Sozialgericht Marburg mit Urteil vom 11. Oktober 2006 als unbegründet abgewiesen. Ein psychologischer Psychotherapeut könne die Praxis einer Fachärztin für psychotherapeutische Medizin nach § 103 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auch dann übernehmen, wenn im Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen nach Nr. 22b BedarfsplRL-Ä bestünden, weil der Anteil von mindestens 40 % ärztlicher Psychotherapeuten nicht eingehalten sei. Bei der Praxisnachfolge sei im Wesentlichen darauf abzustellen, ob der Übernehmer fachlich in der Lage sei, die Praxis fortzuführen, also den Teil der Versorgung sicherstellen könne, der zuvor in der Praxis erbracht worden sei. Dies aber sei vorliegend nicht zu bezweifeln. Nr. 22b BedarsplRL-Ä sei bei einer Nachfolgezulassung nicht zu beachten. Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bildeten nach § 101 Abs. 4 S. 1 SGB V eine Arztgruppe im Sinne des § 101 Abs. 2 SGB V. Bereits die Befristung der Quotierungsregelung nach Nr. 22b BedarsplRL-Ä zeige, dass es sich nur um Übergangsrecht im Zusammenhang mit der Integration der psychologischen Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung handle, hierdurch aber nicht eine grundsätzliche Unterschiedlichkeit der ärztlichen und psychotherapeutischen Arbeit zum Ausdruck komme. Die Quotierung bewirke lediglich, dass in einem gesperrten Planungsbereich mit einem Versorgungsgrad von über 110 % psychotherapeutisch tätige Leistungserbringer dennoch zugelassen werden könnten, sofern die für sie in der Untergruppe geltende Quote noch nicht ausgeschöpft sei. Systematische Folgerungen für die Praxisnachfolgeregelung in § 103 Abs. 4 SGB V, der allein auf die Arztgruppe im Sinne des § 101 Abs. 2 SGB V abstelle, seien hieraus nicht abzuleiten. Hierfür habe es eines weiteren gesetzgeberischen Aktes bedurft, vergleichbar der im § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V für die hausärztliche Versorgung getroffenen Regelung. § 103 Abs. 4 SGB V sei das Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht des nieder...

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