Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenfreiheit. Wahrnehmung von Aufgaben einer gemeinsamen Einrichtung nach dem SGB 2 durch die BA
Leitsatz (amtlich)
Die Bundesagentur für Arbeit ist, wenn sie als Trägerin der Grundsicherung für Arbeit auf der Grundlage von § 44b Abs 4 SGB II einzelne Aufgaben wie zB den Forderungseinzug für eine gemeinsame Einrichtung wahrnimmt, vor den Sozialgerichten von der Pflicht zur Entrichtung einer (Pausch-)Gebühr aus § 184 SGG befreit.
Normenkette
SGB II § 44b Abs. 1 Sätze 1, 2 HS 2, Abs. 4, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGG §§ 184, 186, 189 Abs. 2 S. 2; SGB X § 64 Abs. 3 S. 2; SGB I § 19a Abs. 2
Tenor
Auf die Erinnerung wird die Feststellung einer Gebührenschuld in Höhe von 225,00 Euro zu Lasten der Erinnerungsführerin wegen des Verfahrens L 7 AL 51/15 NZB im Gebührenverzeichnis vom 3. Februar 2016 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Erinnerungsführerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung einer Pauschgebühr nach § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Jobcenter Wetterau, einer gemeinsamen Einrichtung der Erinnerungsführerin und des Wetteraukreises, stand gegenüber der Klägerin des Ausgangsverfahrens ein bindend festgestellter Anspruch auf Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von knapp 850 Euro zu, mit dessen Einziehung das Jobcenter die Beklagte beauftragt hatte. In diesem Zusammenhang mahnte die Erinnerungsführerin die Klägerin des Ausgangsverfahrens mit Schreiben vom 1. Juli 2014 und setzte gleichzeitig eine Mahngebühr in Höhe von 4,50 Euro fest. Der entsprechende Bescheid in Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2014 und darüber hinaus die Mahnung waren im Ausgangsverfahren streitig. Dieses endete, nachdem das Sozialgericht (SG) Gießen (Az.: S 20 AL 188/14 verbunden mit S 20 AL 219/14) die Klage durch Gerichtsbescheid vom 6. Mai 2015 abgewiesen hatte, durch Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 29. Dezember 2015 (Az.: L 7 AL 51/15 NZB), mit dem das LSG die Beschwerde der Klägerin des Ausgangsverfahrens gegen die Nichtzulassung der Berufung zurückwies.
Durch Gebührenverzeichnis vom 3. Februar 2016 ist wegen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens eine (Pausch-)Gebührenschuld in Höhe von 225,00 Euro gegenüber der Erinnerungsführerin festgestellt worden. Dagegen hat diese am 16. Februar 2016 (Schreiben vom 12. Februar 2016) Erinnerung eingelegt, der der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 7. März 2016). Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe den Forderungseinzug im Auftrag des SGB II-Trägers auf der Grundlage von § 44b Abs. 4 SGB II durchgeführt und sei daher nach § 64 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - von Gerichtsgebühren befreit. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass das Verfahren ohne Urteil geendet habe, so dass sich die Gebührenpflicht, wenn sie denn bestehen sollte, gemäß § 186 SGG auf die Hälfte ermäßigt habe.
Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,
die Feststellung der Gebührenschuld in Höhe von 225,00 Euro wegen des Verfahrens L 7 AL 51/15 NZB im Gebührenverzeichnis vom 3. Februar 2016 aufzuheben.
Die Erinnerungsgegnerin hat auf eine Äußerung verzichtet.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zum Erinnerungs- wie zum Ausgangsverfahren, die bei der Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig und begründet. Die Erinnerungsführerin wendet sich zu Recht gegen die Feststellung einer Gebührenschuld für das Verfahren L 7 AL 51/15 NZB.
Die Erinnerungsführerin hat, wie in § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgesehen, gegen die Feststellung der Gebührenschuld durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Verzeichnis nach § 189 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen Monatsfrist das Gericht angerufen. Die Erinnerung ist damit zulässig.
Sie ist auch begründet. Die Erinnerungsführerin ist hinsichtlich des Verfahrens L 7 AL 51/15 NZB nicht (pausch-)gebührenpflichtig.
Zwar sieht § 184 Abs. 1 SGG vor, dass Kläger und Beklagte, die - wie die Erinnerungsführerin - nicht zu den in § 183 SGG genannten kostenprivilegierten Personen gehören, für jede Streitsache eine (Pausch-)Gebühr zu entrichten haben, deren Höhe sich aus § 184 Abs. 2 SGG und § 186 SGG ergibt. Die Erinnerungsführerin ist jedoch auf Grund von § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X in Verfahren wie dem vorliegenden nicht kostenpflichtig. Nach dieser Vorschrift sind (u.a.) die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit von den Gerichtskosten befreit, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die dem hier nicht einschlägigen § 197a SGG unterfallen.
Diese Vorschrift ist auf die Erinnerungsführerin anwendbar, wenn sie - wie hier - für eine gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II Forderungen nach dem SGB II einzieht. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X