Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. einstweilige Anordnung gegen Hinweis ab die Versicherten auf Arzneimittelbezug durch Versandapotheke. Verstoß gegen Arzneimittellieferungsvertrag und Wettbewerbsrecht
Orientierungssatz
1. Die Informationen einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber ihren Versicherten über den Bezug von Arzneimitteln und anderen Waren durch Versandapotheken verstößt gegen den bestehenden Arzneimittellieferungsvertrag und ist daher im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen.
2. Die von der Krankenkasse betriebene Telefonarbeit (so genannte "Outbound-Telefonie") zum Zwecke der Bindung der Versicherten an ihre Krankenkasse, bei der auf die Möglichkeit hingewiesen worden ist, OTC-Präparate im Versandhandel zu beziehen, ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen zu beanstanden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. August 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 100.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Das Verfahren betrifft eine Unterlassungsverpflichtung der Antragsgegnerin bei der Information ihrer Mitglieder über die Inanspruchnahme von Versandapotheken.
Die Antragsgegnerin informierte ihre Mitglieder in der Informationsbroschüre “ Aktuell" - “Informationen Ihrer AOK Hessen„ - (März 2006) über die Möglichkeit des Bezugs von Arzneimitteln über den Versandhandel. Mit dem Hinweis, dass ein “exklusives Angebot mit Versandapotheken vereinbart worden" sei, ist in diesem Informationsblatt u.a. folgender Wortlaut abgedruckt:
“Mit vereinten Kräften
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