Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. keine Beitragspflicht der Auszahlung einer Deckungsrückstellung aus einer Direktversicherung
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall einer nicht als Versorgungsbezug anzusehenden Auszahlung einer sog. Deckungsrückstellung aufgrund einer Lebensversicherung.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 23. Dezember 2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 20. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2008 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerinnen haben der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vor dem Sozialgericht Gießen - S 15 KR 275/08 -, mit der sie sich gegen die Bemessung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der Auszahlung der Leistung einer Lebensversicherung wendet.
Die bei der Antragsgegnerin zu 1. nunmehr im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner versicherte Antragstellerin war bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. Oktober 2007 wegen Personalabbaus vorzeitig beendet. Seit 1. November 2007 bezieht die Antragstellerin eine Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses wurde zu Gunsten der Antragstellerin eine Kapital-Lebensversicherung abgeschlossen (C. Lebensversicherungs-AG Vers.-Nr. ...- Versorgungswerk für die Arbeitnehmer bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften). In der Versicherungsbescheinigung finden sich die folgenden Regelungen:
“IV. Ansprüche auf die Versicherungsleistungen1. Versicherungssumme
Die Versicherungssumme steht zu:
a) bei Vollendung des 65. Lebensjahres dem versicherten Arbeitnehmer, (…)
3. Deckungsrückstellung
Die Deckungsrückstellung steht jedem versicherten Arbeitnehmer zu, der vor Eintritt des Versicherungsfalles (Tod oder Vollendung des 65. Lebensjahres) aus der Gruppenversicherung ausscheidet (Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei den US-Stationierung Streitkräften) und im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 5 Jahre versichert war. (…)VI. Beendigung der Versicherung
Die im Gruppenversicherungsvertrag geführte Kapital-Lebensversicherung endeta) bei Eintritt des Versicherungsfalles (Tod oder Vollendung des 65. Lebensjahres)
b) durch Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles.„
Zum 13. November 2007 wurde der Antragstellerin ein gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. als “einmaliger Versorgungsbezug„ bezeichneter Betrag von 51.580,01 € ausbezahlt. Im Schreiben vom 27. Mai 2008 stellte die C. Lebensversicherung-AG gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. klar, dass die Antragstellerin nach vorzeitiger Entlassung die Auszahlung ihrer bis dahin erworbenen Ansprüche beantragt habe.
Mit Bescheid vom 20. November 2007 setzte die Antragsgegnerin zu 1. monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 65,67 € und monatliche Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 8,38 € fest.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und führte unter Berufung auf das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Juni 2007 - S 11 KR 366/05 - aus, sie sei wegen Personalabbaus vorzeitig ausgeschieden. Daher habe sie ihre Deckungsrückstellung aus der Gruppenversicherung nicht zur Altersversorgung erzielt. Es handele sich nicht um eine Kapitalleistung, die an die Stelle des Versorgungsbezuges getreten sei, sondern um eine nicht beitragspflichtige Kapitalleistung, die an die Stelle eines künftigen Versorgungsanspruches getreten sei. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin von ihrem Recht auf Auszahlung der Deckungsrückstellung Gebrauch gemacht habe und die Gruppenversicherung nicht als Einzelversicherung weitergeführt habe, könne zu keiner negativen Beurteilung führen, da es sich nicht um eine missbräuchliche Umgehung der Beitragspflicht handele. Sie habe lediglich im Rahmen der vertraglich zugesicherten Gestaltungsmöglichkeiten gehandelt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid beider Antragsgegnerinnen vom 11. November 2008 zurückgewiesen. Die Kapitalleistung diene Versorgungszwecken unabhängig von der “vorzeitigen„ Auszahlung, da die Antragstellerin seit 1. November 2007 eine Altersrente erhalte und aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei.
Bereits am 4. November 2008 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gestellt, der vom Sozialgericht dahingehend ausgelegt wurde, dass er nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und Klageerhebung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eben dieser Klage aufrechterhalten worden ist.Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie habe die Deckungsrückstellung nicht wegen einer Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit oder zur Altersversorgung erzielt, vielmehr sei die Deckungsrückstellung zur Ausza...